Der BND und NSA Skandal !

AT&T tief verstrickt in NSA-Abhöraffäre !

Wichtigster und fleißigster Datenlieferant .....

Der US-Telekommunikationsgigant AT&T war nach Informationen der „New York Times“ („NYT“) tiefer in die Spähaktionen der NSA verstrickt als bisher angenommen.
Das geht der Zeitung zufolge aus Dokumenten hervor, die der ehemalige Mitarbeiter des US-Geheimdienstes, Edward Snowden, zur Verfügung gestellt hat.

Dem Bericht zufolge war der US-Konzern seit Jahrzehnten der größte und wichtigste Partner des Geheimdienstes.
Die Zusammenarbeit bei der Überwachung des Internets wurde von der NSA als „besonders produktiv“ eingestuft.
Das Unternehmen sei „höchst kooperativ“ und „extrem willig zu helfen“ gewesen, zitierten das Rechercheportal ProPublica und die „NYT“ (Onlineausgabe) am Samstag aus den Dokumenten, die aus den Jahren 2003 bis 2013 stammten.

Die „Partnerschaft“, wie die Zusammenarbeit von der NSA genannt wurde, mit AT&T lief unter dem Codenamen „Fairview“ und wurde bereits 1985 gestartet.
Diese Partnerschaft ließ sich die NSA laut Heise.de auch etwas kosten: Im Jahr 2011 betrug das Fairview-Budget rund 189 Millionen US-Dollar, im Jahr davor 232 Millionen.

Als Erster neue Überwachungswege ausprobiert
Laut dem Bericht gab AT&T der NSA mit Hilfe verschiedener gesetzlich gedeckter Methoden Zugang zu Milliarden von E-Mails.
Die Gesellschaft habe „binnen weniger Tage“ nach Beginn des Programms zur Überwachung ohne richterliche Vollmacht im Oktober 2001 damit angefangen, Unterlagen an die NSA weiterzuleiten.

Im September 2003 sei AT&T der erste „Partner“ gewesen, der eine neue Technik zur Datensammlung freigeschaltet habe, durch die der NSA zufolge eine „Live-präsenz im globalen Netz“ möglich geworden sei.
In einem der ersten Monate der Operation seien der NSA 400 Milliarden Onlinemetadatenunterlagen zugeleitet worden.

Auch UNO-Leitungen angezapft
Laut den Dokumenten gewährte AT&T dem Geheimdienst zudem von 2011 an Zugang zu den Daten von täglich 1,1 Milliarden Handygesprächen.
AT&T und andere Firmen werden in den Dokumenten nur mit Codenamen genannt, doch identifizierten frühere Geheimdienstmitarbeiter die Unternehmen.

AT&T hat der Zeitung zufolge auch technische Hilfe bei der Ausführung eines geheimen richterlichen Beschlusses geleistet, mit dem das Abhören aller Internetkommunikationen im New Yorker UNO-Hauptquartier genehmigt worden sei.

Staat half dabei, Klagen abzuwürgen
In all den Jahren hat AT&T offenbar nicht einmal versucht, sich vor Gericht gegen den Überwachungsauftrag zu wehren und die Daten seiner Kunden zu schützen.
Als später Kunden von AT&T gegen den Telekombetreiber klagten, legalisierte das US-Parlament die Spionage und verabschiedete zusätzlich ein Amnestiegesetz (FISA Amendment Act), wie Heise.de berichtet.
Auch mit dem Argument, eine gerichtliche Erörterung des Sachverhalts würde die nationale Sicherheit gefährden, wurden Klagen systematisch abgewürgt.

Die Dokumente Snowdens stammen von 2003 bis 2013. Keine Informationen gibt es darüber, wie das Thema Überwachung aktuell bei AT&T gehandhabt wird.
So kann nur darüber spekuliert werden, ob die Programme auch heute noch weiterlaufen.
Ein Unternehmenssprecher von AT&T erklärte lediglich, dass die Firma Ermittlungsbehörden keine Informationen ohne entsprechenden Gerichtsbeschluss gebe, außer wenn Gefahr in Verzug sei.


 
NSA-Enthüllungen: US-Regierung antwortete Kanzleramt schon im Mai !

Die US-Regierung soll dem Kanzleramt bereits Mitte Mai signalisiert haben, dass die parlamentarischen Geheimdienst-Kontrollgremien einen Einblick in die Liste mit den NSA-Suchbegriffen (Selektoren) erhalten dürfen.
Das berichtet der Spiegel in der aktuellen Ausgabe.

Demnach erhielt das Kanzleramt am 10. Mai einen Brief von Denis McDonough, dem Stabschef im Weißen Haus.
In diesem schrieb er, dass er die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste respektiere.
Laut dem Bericht des Spiegel war dies zwar keine explizite Zustimmung, allerdings habe McDonough auf diese Weise nicht untersagt, dass der Bundestag mehr Informationen über die NSA-Suchbegriffe erhält.
Denn die einzige, konkrete Bedingung habe demnach gelautet: Die Liste mit den NSA-Suchbegriffen dürfe auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen.

Pikant ist für das Kanzleramt vor allem der Zeitpunkt.
Denn am 13. Mai – also wenige Tage, nachdem der Brief das Kanzleramt erreicht hat – erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert auf der Bundespressekonferenz, dass es „keinen neuen Stand“ gebe.
Ebenso erklärten Regierungsvertreter in den folgenden Wochen und Monaten mehrmals, dass keine offizielle Antwort der US-Regierung vorliege.
Stattdessen wurde die Lesart verbreitet, dass die US-Regierung auf informeller Ebene eine klare Absage erteilt habe.
Zudem werde mit einer Einschränkung der Geheimdienst-Kooperationen gedroht, sollte das Kanzleramt die Liste mit den Suchbegriffen an die parlamentarischen Kontrollgremien des Bundestags weiterreichen.

Bereits in den letzten Wochen sickerte durch, dass die US-Regierung einer Weitergabe der Liste mit den NSA-Suchbegriffen bei Weitem nicht so skeptisch betrachtet, wie es von Kanzleramt und Bundesnachrichtendienst (BND) dargestellt wird.
Während Kanzleramtschef Peter Altmaier den Enthüllungen der letzten Wochen noch widersprach, will die Bundesregierung die aktuellen Vorwürfe auf Anfrage des Spiegel jedoch nicht kommentieren.
Dementsprechend kritisiert auch der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz: „Das Bundeskanzleramt macht das genaue Gegenteil von dem, was Merkel verspricht.
Statt Aufklärung wird hinter den Kulissen verschleiert, auch mit unlauteren Mitteln.“


 
NSA-Software XKeyscore im Austausch gegen Daten !

Um die NSA-Überwachungssoftware XKeyscore zu erhalten, hat sich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bereit erklärt, dem amerikanischen Geheimdienst so viele Daten wie möglich zu übermitteln.
Das geht aus einer als geheim klassifizierten Vereinbarung hervor, die Zeit Online vorliegt.

Auf dieses Abkommen verständigten sich die Geheimdienste im April 2013.
Vorausgegangen waren Verhandlungen, die anderthalb Jahre dauerten.
Denn die NSA-Software XKeyscore wurde den Verfassungsschutzmitarbeitern im Oktober 2011 vorgeführt – und diese zeigten sich begeistert.
In internen Dokumenten heißt es demnach, dass das Überwachungsprogramm „eine hohe Erkennung genutzter Applikationen, Internetanwendungen und Protokolle“ ermögliche.
So kann diese etwa Informationen über Dienste wie etwa „Hotmail, Yahoo oder auch Facebook“ aus vorliegenden Rohdatensätzen herauslesen.
Ebenso würden sich Benutzernamen und Passwörter ermitteln lassen.
Grundlage dieses Tests waren Datensätze, die der Verfassungsschutz zuvor bei genehmigten Abhörmaßnahmen erbeutet hatte.

Derweil handelt es sich bei XKeyscore um das Programm, das der Spiegel bei der Enthüllung im Jahr 2013 als Tool zur „digitalen Total-Überwachung“ beschrieben hat.
Demnach nutzt die NSA das Programm, um den abgefangenen Datenverkehr in Echtzeit auszuwerten.
In der Praxis bedeutet das: Wenn ein NSA-Mitarbeiter bei XKeyscore etwa die E-Mail-Adresse oder die IP-Adresse eingibt, analysiert das Programm ausgehend von dieser Information den Datenverkehr, um möglichst alle Internetaktivitäten einer Zielperson zu erfassen.
Dazu zählen dann E-Mails, die Browser-History, Eingaben bei Suchmaschinen und Diensten wie Google Maps sowie Social-Media-Aktivitäten.
Laut den Dokumenten aus dem Jahr 2013 mussten die NSA-Analysten lediglich den Facebook-Nutzernamen und einen Zeitrahmen bei XKeyscore eingeben, um einen Einblick der jeweiligen Person zu erhalten.

Es ist also wenig verwunderlich, dass auch der Verfassungsschutz an diesem Programm interessiert ist – denn es ermöglicht wesentlich umfangreichere Analysen als die Suchsysteme des deutschen Geheimdienstes.
Dementsprechend schrieb auch der damalige Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm in einem Brief an den ehemaligen NSA-Chef Keith Alexander: „Aus Sicht des (Bundesamt für Verfassungsschutz) bietet diese Software einen beeindruckenden Funktionsumfang und würde die hier bestehenden Möglichkeiten zur Überwachung und Analyse von Internetverkehr hervorragend ergänzen.“

Poseidon für die Datenflut
XKeyscore läuft beim Verfassungsschutz unter dem Codenamen Poseidon, wie es in einem weiteren Bericht von Zeit Online heißt.
Allerdings nutzt der deutsche Geheimdienst das Programm nicht, um den Datenverkehr in Echtzeit zu filtern.
Stattdessen sollen bereits vorliegende Datensätze ausgewertet werden.
Dabei werden unter anderem Metadaten analysiert, um etwa herauszufinden, mit wem eine Zielperson in Kontakt steht.
Zudem lässt sich ein Verhaltensprofil erstellen.
Denn XKeyscore ist in der Lage, relevante Daten von weniger wichtigen Informationen zu trennen, sodass sich ein riesiger Datenberg äußerst präzise auswerten lässt.

Zumal bei der Analyse nicht nur simple Angaben wie E-Mail- oder IP-Adressen eine Rollen spielen, sondern auch das Verhalten einer Person.
Dazu zählen etwa die Surfgewohnheiten.
Daher kann das Programm auch eine Person enttarnen, selbst wenn diese sich unter Pseudonymen im Netz bewegt.
Darüber hinaus lassen sich Benutzernamen und Passwörter ermitteln.
Das Programm ist zudem nicht nur auf Metadaten beschränkt.
Auch die Inhalte von privaten Gesprächen können erfasst werden.
Letztlich erstellt XKeyscore mit diesen Mitteln eine Art digitalen Fingerabdruck von einer Zielperson, der praktisch alles über die Internetaktivitäten verrät – und zudem Prognosen ermöglicht.

Deal: Technologie gegen Daten
Doch der Einsatz von XKeyscore hat einen Preis.
Und die Währung der NSA sind: Daten.
So heißt es in dem als „Terms of Reference“ bezeichneten Abkommen vom Jahr 2013, dass der Verfassungsschutz verpflichtet ist, sämtliche mit XKeyscore ergatterten Informationen zu übermitteln, die für die NSA nur irgendwie relevant sein könnten.
Per se entspricht das erst einmal der gängigen Kooperation der Geheimdienste, die ohnehin Daten austauschen – etwa im Rahmen des Anti-Terror-Kampfs.

Der Haken ist nur: Außerhalb des Verfassungsschutzes hat anscheinend kaum jemand von diesem Abkommen mit der NSA gewusst.
So kritisiert etwa Hans-Christian Ströbele, der für die Grünen im parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages (PKGr) sitzt: „Wieder muss ich von der Presse von einem neuen Vertrag BfV/NSA und unerlaubter Weitergabe deutscher Daten an den US-Geheimdienst erfahren.“
Denn bislang hatte der Verfassungsschutz nur mitgeteilt, dass XKeyscore zu Testzwecken eingesetzt wurde.
Von einem Abkommen wie dem „Terms of Reference“ war bis dato nicht die Rede.
Lediglich vom Bundesnachrichtendienst (BND) war bekannt, dass dieser die NSA-Software seit 2007 verwendet, um den abgefangenen Internet-Datenverkehr auszuwerten.

Ähnlich wie Ströbele äußerte sich der im Jahr 2013 noch aktive Datenschutzbeauftragte Peter Schaar gegenüber Zeit Online: „Von einem solchen Kompensationsgeschäft habe ich nichts gewusst.“
Ebenso wenig wurde er über einen Test mit Echtdaten informiert.
Ohnehin habe er erst vom Einsatz von XKeyscore erfahren, als er infolge der Enthüllungen direkt nachfragte.

Dass sowohl der Datenschutzbeauftragte als auch das parlamentarische Kontrollgremium nicht über den Einsatz von XKeyscore informiert wurden, ist für den Verfassungsschutz derweil kein Problem.
Denn nach Ansicht des Geheimdienstes muss lediglich die G10-Kommission informiert werden.
Erneut wird an dieser Stelle deutlich, wie zerfasert die Geheimdienste-Kontrolle in Deutschland ist.
Ein Punkt, den Schaar seit geraumer Zeit kritisiert.

Abkommen überhaupt legal?
Ein weiterer heikler Punkt ist die Rechtslage: Der Verfassungsschutz darf eigentlich keine massenhafte Überwachung durchführen, sondern nur einzelne Personen im Rahmen des G10-Gesetzes abhören.
Nun stellt sich die Frage, wie weit die Metadaten-Analyse mit XKeyscore geht.
Denn außerhalb des Verfassungsschutzes existiert keine politische und juristische Instanz, die letztlich kontrolliert, welche Informationen nun genau ausgewertet werden.
Zudem ist unklar, welche Erkenntnisse an die NSA übermittelt werden.
Auf Anfrage von Zeit Online erklärt der Verfassungsschutz lediglich: „Zu den Einzelheiten der Zusammenarbeit bzw. der Zahl von Datenübermittlungen kann sich das BfV nicht öffentlich äußern.“

Dass die NSA aber auf Informationen pochte, verraten die internen Dokumente.
Demnach forderte der US-Dienst „working results“.
Doch die rechtliche Brisanz war beim Verfassungsschutz offenbar klar
„Besondere Wünsche der NSA“ sollen nicht berücksichtigt werden, sofern „deutsches Recht dem entgegensteht“, heißt es in einem Vermerk, der während der Verhandlungen über das XKeyscore-Abkommen erstellt wurde.
Allerdings: G10-Daten – also Informationen über Personen aus Deutschland – übermittele der Verfassungsschutz ohnehin „regelmäßig“ an Partnerdienste.
Das ist nach Ansicht des Geheimdienstes rechtlich legitim und offenbar auch mit dem Innenministerium abgestimmt.

Dass der Verfassungsschutz trotz rechtlicher Bedenken nicht auf XKeyscore verzichten will, passt derweil in das Bild.
Zeit Online verweist dabei auf die von Netzpolitik.org veröffentlichten Haushaltspläne des Geheimdienstes für das Jahr 2013.
Für die „Massendatenauswertung von Internetinhalten“ will der Verfassungsschutz personell aufrüsten, um etwa Bewegungsprofile zu erstellen und die sozialen Netze aufzudecken.
XKeyscore wird in den Dokumenten zwar nicht erwähnt.
Doch für diesen Einsatz wäre die Überwachungssoftware bestens geeignet.


 
BND-Chef räumt Fehler bei Geheimdienst-Kooperation ein !

Selbst BND-Präsident Gerhard Schindler räumt mittlerweile ein, dass es bei der Kooperation mit der NSA zu Fehlern gekommen ist.
Der Bundesnachrichtendienst hätte besser kontrollieren müssen, ob der US-Geheimdienst mit den übermittelten Suchbegriffen auch Spionage-Ziele im Visier hat, die deutschen Interessen widersprechen.

Konkret erklärte Schindler im Interview mit der Bild: „Bei unserer Kooperation mit der NSA in Bad Aibling haben wir Fehler gemacht.“
Die NSA-Suchbegriffe (Selektoren) wären zwischen den Jahren 2005 und 2013 nur „unzureichend überprüft“ worden.
Mittlerweile habe der Bundesnachrichtendienst (BND) aber die Kontrollen verschärft.
Die Suchbegriffe würden nun „systematisch und gründlich“ geprüft, so Schindler.

Der Hintergrund dieser Aussagen: Der BND hatte über Jahre hinweg Suchbegriffe (wie etwa Telefonnummern oder IP-Adressen) von der NSA in die eigenen Überwachungssysteme eingespeist, die sowohl auf deutsche als auch europäische Unternehmen und Politiker abzielten.
Unklar ist aber noch, in welchem Ausmaß der BND womöglich Politik- und Wirtschaftsspionage für die NSA betrieben hat.
Daher prüft mittlerweile ein Sonderermittler die Liste mit den illegalen Suchbegriffen.

Derweil wehrt sich Schindler gegen den Vorwurf, der BND habe sich bewusst über deutsches Recht hinweg gesetzt, um die NSA zu unterstützen.
„Kritik ist völlig in Ordnung, vor allem, wenn sie berechtigt ist“, so der BND-Präsident.
Doch seiner Ansicht nach war diese oftmals „völlig überzogen“.
Schindler: „Der Vorwurf, der BND habe deutsche Interessen verraten, war sehr schwerwiegend und ungerechtfertigt.“
Die Verantwortung für den Skandal muss der Geheimdienst allerdings trotzdem auf sich nehmen.
So hatte etwa Innenminister Thomas de Maizière im NSA-Ausschuss des Bundestags erklärt, die Schuld liege „zu 100 Prozent“ beim BND.

Schindler betont zudem erneut, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten sei.
Dies gelte vor allem für den Kampf gegen Terrorgruppen wie den Islamischen Staat (IS).
„Insbesondere ohne die Informationen der Amerikaner geht es nicht“, so Schindler.
Denn die Geheimdienste der USA wären am „leistungsfähigsten“.

CIA hatte zeitweise direkten Zugriff auf deutsche Kommunikationsdaten
Trotz der beschwichtigenden Worte von BND-Präsident Schindler stellt sich aber nach wie vor die Frage, wie weit die Zugeständnisse der deutschen Dienste tatsächlich gehen.
So berichtete etwa der Spiegel erst am Wochenende über weitere Details zur Operation Glotaic, die der BND zwischen 2004 und 2006 zusammen mit der CIA durchgeführt hat.
Demnach soll der US-Geheimdienst einen „direkten und möglicherweise ungefilterten Zugriff“ auf den Datenverkehr vom deutschen Tochter-Unternehmen des amerikanischen Providers MCI erhalten haben, der hierzulande einen Standort in Hilden hat.

Das eigentliche Ziel dieser Operation war, die Kommunikation von Ausländern zu überwachen, die über die Leitungen von MCI in Deutschland übertragen wird.
Aufgrund einer Panne sollen allerdings auch Teile von „massiv deutschen Verkehren“ ins Visier der Dienste geraten sein.
So eine Überwachung darf der BND allerdings erst durchführen, wenn es die G10-Kommission gestattet hat.
Und laut dem Spiegel-Bericht existierte in diesem Fall keine Zustimmung.

Besonders pikant ist zudem: In einem als vertraulich eingestuften BND-Dokument heißt es, dass die Audiodaten von abgehörten Gesprächen „direkt nach USA geroutet“ wurden, sodass „die Audiofunktion ohne Aussetzer funktioniert“.
Im NSA-Ausschuss hatten BND-Mitarbeiter allerdings noch erklärt, dass alle Gespräche zunächst überprüft und gefiltert worden sind.
Ein weiterer Widerspruch: Die CIA soll dem BND im Rahmen der Operation Glotaic Rechner zur Verfügung gestellt haben.
Im NSA-Ausschuss hieß es allerdings, dass der deutsche Dienst keine Technik erhalten habe.

Dass Glotaic rechtlich heikel war, scheint allerdings auch innerhalb des BND klar gewesen zu sein.
Nach dem offiziellen Ende soll der Geheimdienst intern vor einem „politischen Skandal“ gewarnt haben.
So befürchtete man „schwerwiegende Risiken“, sofern bekannt werden sollte, dass die Operation nicht von der G10-Kommission abgesegnet wurde.


 
NSA-Ausschuss: BND hätte auch EU-Kommissar Oettinger überwachen können !

Der Bundesnachrichtendienst (BND) kann nicht ausschließen, dass die NSA nach wie vor Suchbegriffe übermittelt, die europäische Ziele im Visier haben.
Immerhin: Die Kontrollen wurden mittlerweile verbessert.
Denn vor dem Jahr 2013 hätte der BND sogar EU-Kommissar Oettinger für die NSA ausspionieren können.

Die parlamentarische Sommerpause ist vorüber, der NSA-Ausschuss des Bundestags hat nun die Arbeit wieder aufgenommen.
Nach wie vor versuchen die Abgeordneten aufzuklären, wie schludrig der Bundesnachrichtendienst (BND) mit den Suchbegriffen umgegangen ist, die die NSA übermittelt hat.
Es geht also immer noch um die Zusammenarbeit von BND und NSA in der Abhörstation im bayerischen Bad Aibling, die eigentlich den Nahen und Mittleren Osten überwachen soll.
Und wie zuvor schon BND-Chef Gerhard Schindler musste nun auch ein Techniker des Geheimdienstes öffentlich eingestehen: Möglicherweise wurden nicht alle europäischen Ziele erkannt, die sich unter den NSA-Selektoren befunden haben.
Bei diesen soll es sich in erster Linie um E-Mail-Adressen und Mobilfunknummern handeln, die der BND als Suchbegriffe in die eigenen Überwachungssysteme einspeist.

„Ich denke, dass meine Kontrolle nicht zu hundert Prozent gegriffen hat“, erklärte nun der BND-Mitarbeiter, der seit 2005 für die Prüfung der NSA-Selektoren zuständig ist.
Demnach habe er sich im Herbst 2013 gewundert, dass er damals kontrollieren sollte, ob sich unter den NSA-Selektoren auch europäische Ziele befinden.
Bis dato waren nicht einmal die Länder-Kennungen von europäischen E-Mail-Adressen wie etwa „fr“ für Frankreich, „it“ für Italien und „eu“ für die Europäische Union systematisch deaktiviert worden.
Was im Klartext bedeutet.
Wenn sich etwa EU-Kommissar Günther Oettinger vor dem Jahr 2013 im Nahen und Mittler Osten aufgehalten hat, ist es durchaus denkbar, dass er von Bad Aibling aus überwacht wurde.

Selbst wenn der BND mittlerweile wachsamer ist: Ausschließen lässt sich nicht, dass nach wie vor europäische Ziele von dem deutsch-amerikanischen Überwachungsprogramm erfasst werden.

BND-Techniker haben der NSA vertraut
Eines der Kernprobleme bei der Kooperation war offenbar: Die BND-Techniker haben sich schlicht darauf verlassen, dass die NSA keine illegalen Suchbegriffe übermittelt.
Dieses Vertrauen stammt aus der Anfangszeit der Zusammenarbeit.
So erklärt ein weiterer BND-Zeuge, der bis 2014 für die technische Aufklärung verantwortlich war: In der Anfangszeit der Zusammenarbeit habe es längere Diskussionen mit der NSA gegeben, um zu klären, welche Suchbegriffe rechtlich zulässig sind.
Diese Absprachen dauerten demnach solange, dass die ersten Selektoren von der NSA erst im Jahr 2005 übermittelt wurden.

Ende 2005 entdeckte ein BND-Mitarbeiter aber bereits, dass einige der Suchbegriffe nicht dem eigentlichen Überwachungsauftrag entsprachen, sondern auf die französischen Luftfahrtkonzerne EADS und Eurocopter abzielten.
Beim BND hat man das aber offenkundig als Lappalie abgetan und die entsprechenden Suchbegriffe einfach deaktiviert.
Es sei ein Versehen der NSA gewesen, das sich auf einen „Fehler in deren Prozess“ zurückführen lasse, so der BND-Zeuge.
Zumal er diesen Fund auch als Ausnahme beschreibt, danach sei nichts Vergleichbares mehr aufgefallen.
Der Haken an der Sache: Der BND hat „aber auch nicht danach gesucht“.

Wie groß das Vertrauen war, zeigt sich an der Tiefe der Kooperation.
Bis 2012 waren NSA-Mitarbeiter in Bad Aibling stationiert.
Und in dieser Zeit hatten diese auch direkten Zugang zu den BND-Systemen.
Allerdings geht der für die Selektoren zuständige BND-Techniker nicht davon aus, dass NSA-Mitarbeiter im Nachhinein nochmals die Einstufung einzelner Selektoren korrigiert haben.
Das wäre bei nachträglichen Überprüfungen im BND-Hauptquartier in Pullach aufgefallen.

Warum ist dann der BND auf zahlreiche fragwürdige Suchbegriffe gestoßen, als die Selektorenliste im August 2013 – unter dem Eindruck der Snowden-Enthüllungen – nochmals genauer geprüft wurde?

Eine interessante Erklärung liefert der für die Technische Aufklärung verantwortliche BND-Zeuge: Das liege am Abzug der NSA aus Bad Aibling im Jahr 2012.
Danach hätten die Kontrollen der Selektorenliste „möglicherweise an Effizienz“ eingebüßt.
Dennoch gehe er nicht davon aus, dass BND-Spionage gegen europäische Ziele tatsächlich Erkenntnisse gebracht habe, die für die NSA relevant waren.
Begründet wird das mit der Datenmenge, die von Bad Aibling aus überwacht wird – insgesamt gehe es um 200 Nachrichtensatelliten und 100.000 Kommunikationskanäle.
Da müssten die Dienste dann Prioritäten setzen – und die Spionage gegen europäische Ziele zähle nicht dazu.

Wie vertrauenswürdig sind Aussagen von BND-Mitarbeitern?
Die Frage ist nun allerdings, wie vertrauenswürdig solche Einschätzungen von BND-Mitarbeitern im NSA-Ausschuss sind.
Denn: In der aktuellen Befragung erklärte der für die technische Aufklärung zuständige BND-Zeuge, dass bereits im Jahr 2005 Suchbegriffe entdeckt wurden, die auf EADS und Eurocopter abzielten.
Bei einer vorherigen Sitzung nannte er diesen Vorfall zwar schon als Beispiel – aber nur als „fiktives Beispiel“.
„Nicht, dass es in dieser Form versucht worden wäre.
Ist nicht passiert“, war der Vorlaut, den der SPD-Abgeordnete Christian Flisek laut dem Live-Ticker von Netzpolitik.org scharf kritisierte.
Dass der BND-Zeuge die Falschaussage mit Gedächtnislücken argumentiert, lässt aktuelle Aussagen auch nicht unbedingt verlässlicher wirken.

Zudem wurde bereits in den letzten Wochen enthüllt, dass BND-Zeugen auch bei der Operation Gloatic offenbar nicht die vollständige Wahrheit gesagt haben.
Diese hatten erklärt: Im Rahmen des Projekt hätte die CIA nur gefilterte und kontrollierte Datenbestände erhalten.
Doch interne Dokumente zeigen, dass der US-Geheimdienst direkten Zugang zu dem Datenverkehr des betroffenen Providers hatte.

Eine der Hoffnungen ist nun der Sonderermittler Kurt Graulich, den die Bundesregierung im Sommer eingesetzt hat.
Dieser prüft derzeit die 40.000 NSA-Selektoren, die der BND bereits als illegal eingestuft und aussortiert hat.
Allerdings meldet die Opposition bereits Zweifel an.
Denn der Sonderermittler arbeitet in Büros des BND und wird auch von Technikern des Geheimdienstes unterstützt, um die Datenberge analysieren zu können.
Dem NSA-Ausschuss soll Graulich seine Ergebnisse im November präsentieren – doch dabei darf er nur einen vagen Lagebericht abgeben und keine genauen Details nennen.

Für Konstantin von Notz von den Grünen ist das Verfahren daher eine Farce.
„Wir erwarten wenig von dem Zeugen, aber ich lasse mich gern überraschen“, so von Notz gegenüber Zeit Online.
Es zeige sich aber, dass die Bundesregierung alles versuche, um die Aufklärungsarbeit des NSA-Ausschusses zu erschweren.


 
NSA-Ausschuss : Der Bundesnachrichtendienst als Pony der NSA !

Während es sich bei der NSA um einen Elefant handelt, ist der Bundesnachrichtendienst (BND) ein Pony – so beschreibt der ehemalige BND-Präsident August Hanning das Machtverhältnis zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Geheimdienst.
Nichtsdestotrotz verteidigt er die Kooperation bei der Befragung im NSA-Ausschuss.

Hanning zählt zu den prominenten Zeugen, da er von 1998 bis 2005 BND-Präsident und anschließend bis November 2009 Staatssekretär im Bundesinnenministerium war.
Dementsprechend startete während Hannings Amtszeit das Überwachungsprogramm im Standort Bad Aibling, bei dem die NSA illegale Suchbegriffe eingeschleust hatte, um sowohl deutsche als auch europäische Politiker und Firmen auszuspionieren.
Von Spionage-Aktivitäten, die sich gegen deutsches Interesse richten, will er allerdings nichts gewusst haben.

Dabei räumt Hanning offen ein, dass die NSA auch europäische Firmen wie EADS ins Visier nimmt.
Dann gehe es allerdings in erster Linie um Bereiche wie etwa Proliferation – also die Kontrolle von Waffengeschäften.
Demnach könnten auch deutsche Unternehmen betroffen sein, wenn diese etwa einen Standort im Iran haben.
Überraschend sei das allerdings nicht, sondern vielmehr üblich.
„Der BND macht das ja auch“, erklärte Hanning laut dem Live-Ticker von Netzpolitik.org.


Ebenso wenig scheint es den ehemaligen BND-Chef zu verärgern, dass die NSA seit Jahren das Kanzleramt, Ministerien, Behörden und sogar den BND überwachen soll.
„Jeder, der offen kommuniziert, muss damit rechnen, abgehört zu werden“, so Hanning.
Ein viel größeres Problem sei daher die „schlechte Sicherheitskultur“ in Deutschland, da zu viel über ungeschützte Leitungen kommuniziert werde.
Für ausländische Geheimdienste wäre das praktisch eine Einladung.
Dass etwa die NSA bei solchen Spionage-Aktivitäten gegen deutsche Gesetze verstößt, ist für ihn nicht allzu gravierend.
Stattdessen entspreche das dem üblichen Vorgehen der Geheimdienste – und das gelte auch für den BND.
„Natürlich verletzen wir nationales Gesetz, wenn wir chinesische Unternehmen ausspähen“, so Hanning.

Hilfe der NSA ist „unentbehrlich“
Darüber hinaus bezeichnet er die Zusammenarbeit mit der NSA ohnehin als „unentbehrliche Hilfe“.
So war der BND etwa Anfang der 2000er Jahre technologisch im Rückstand und drohte abgehängt zu werden.
Mit der Zunahme des Internet-Datenverkehrs und den Ausbau neuer Glasfasernetze war der deutsche Geheimdienst damals überfordert – und wäre aufgrund der begrenzten Ressourcen auch nicht in der Lage gewesen, aus eigener Kraft aufzuholen.
Trotz der Hilfe sei die NSA technisch aber weiterhin unendlich überlegen, sodass die Machtverhältnisse laut Hanning wie folgt aussehen: „Die Amerikaner sind der Elefant, wir sind das Pony.“
Doch zumindest in einigen Bereichen konnte der BND punkten.
„Wir waren in Teilbereichen so gut, dass auch die NSA gestaunt hat“, so der ehemalige BND-Chef.

Eine Aussage, die sogar schon durch NSA-Enthüllungen bestätigt wurde.
Demnach soll der BND bereits im Jahr 2008 in der Lage gewesen sein, Glasfaserkabel mit einem Datendurchsatz von 40 Gbit/s und 100 Gbit/s zu überwachen.
Das beeindruckte sogar den britischen GCHQ, dessen Tempora-Programm damals noch in den Kinderschuhen steckte und auf 10 Gbit/s beschränkt war.
Laut den Snowden-Dokumenten hat der GHCQ den Rückstand im Laufe der Jahre aber aufgeholt, bei Tempora handelt es sich mittlerweile um eines der größten Überwachungsprogramme der westlichen Geheimdienste.

BND-Überwachung im „rechtlichen Nirwana“
Die Kernthese von Hanning lautet allerdings: „Der BND hält sich strikt an Recht und Gesetz.“
An dieser Aussage bestehen jedoch erhebliche Zweifel – vor allem nach den jüngsten Sitzungen im NSA-Ausschuss sowie den zahlreichen Enthüllungen in den letzten Monaten.
Zumal der Geheimdienst kaum zu kontrollieren ist, wie der ehemalige Kanzleramt-Mitarbeiter Joachim Mewes bei der Befragung am Donnerstag bestätigte.
Erkennen ließe sich das bereits am zahlenmäßigen Missverhältnis: Im BND arbeiten rund 6.000 Personen, während im Kanzleramt etwa 30 Mitarbeiter für die Aufsicht zuständig sind.
Und diese stammen teilweise sogar aus den Reihen des Geheimdienstes.

„Ob das die ideale Lösung für die Dienstaufsicht ist, weiß ich nicht“, erklärte Mewes, der von 1999 bis 2008 im Kanzleramt arbeitete und unter anderem für die G10-Genehmigungen zuständig war.
Mewes musste in dieser Zeit prüfen, ob der BND die Kommunikation von deutschen Staatsbürgern überwachen darf.
Weil diese vom Grundgesetz geschützt ist, sind solche Überwachungsmaßnahmen nur erlaubt, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen.
Eine gründliche Überprüfung soll aber in den meisten Fällen nicht möglich gewesen sein, weil der BND eine „Eilbedürftigkeit“ anmeldete – die Kontrolle erfolgte also in Hauruck-Manier.

Noch düsterer sollen die Kontrolle aber bei dem Routine-Verkehr ausfallen.
So wird die Kommunikation bezeichnet, die ausschließlich zwischen Ausländern stattfindet und damit nicht vom Grundgesetz geschützt ist.
Mewes beschreibt die Überwachung in diesem Bereich als „rechtliches Nirwana“ und als „Dunkelfeld“, das „sich keiner so richtig angesehen hat“.
Ein wirkliches Problem stellt das für ihn aber offenkundig nicht dar, schließlich sei der BND „eine Behörde der besonderen Art“.

Wie problematisch die Unterscheidung in der Praxis ist, verdeutlichten Programme wie Eikonal, das bis 2008 lief.
Damals bereitete es dem BND einige Schwierigkeiten, die Kommunikation von deutschen Staatsbürgern aus den Datensätzen zu filtern, die an die NSA übermittelt wurden.
Und die Filterprogramme sind nach wie vor ein wunder Punkt in der Überwachungsmaschinerie des deutschen Geheimdienstes.


 
BND-Spionage zielte auch auf USA und EU-Staaten !

Nicht nur die NSA zielte mit den Überwachungsaktivitäten auf verbündete Staaten.
Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) soll zumindest bis 2013 politische Institutionen in anderen EU-Ländern und den USA ausspioniert haben – und das im „großen Stil“, wie Spiegel Online berichtet.

Demnach soll der BND sowohl in den USA als auch in Staaten wie Frankreich Botschaften und andere Behörden überwacht haben.
Bei den Selektoren (also Suchbegriffe wie Telefonnummern und IP-Adressen) soll es sich nicht um Einzelfälle handeln.
Stattdessen ist von mehreren Tausend die Rede, die in die Überwachungssysteme eingespeist wurden und zum Teil jahrelang liefen.
Aussortiert wurden diese erst im Herbst 2013.
Klar soll allerdings sein, dass mit diesen Spionage-Zielen gegen das Auftragsprofil verstoßen wurde, das dem BND von der Bundesregierung auferlegt wurde.

Dass auch der deutsche Geheimdienst gegen Partnerstaaten spioniert, soll die Bundesregierung am Mittwochabend dem Parlamentarischen Kontrollgremium im Bundestag mitgeteilt haben.
Die Kernfrage lautet nun: Wer wusste von diesen Überwachungsaktivitäten und von wem wurden diese angeordnet.
Daher wollen die Abgeordneten nun eine Task Force in das BND-Hauptquartier in Pullach schicken.
Um die Vorfälle aufzuklären, soll diese Gruppe einen Einblick in die Liste mit den fragwürdigen Selektoren erhalten und zudem Mitarbeiter des Geheimdienstes befragen.

Bis dato darf nur ein Sonderermittler die Selektoren-Listen direkt überprüfen.
Ob sich die Abgeordneten aus den Geheimdienst-Kontrollausschüssen nun auch weiterhin mit dieser Kompromisslösung abfinden werden, bleibt allerdings abzuwarten.

Dass der BND illegale Selektoren in die eigenen Überwachungssysteme eingespeist hatte, um sowohl Firmen als auch politische Institutionen in Deutschland und Europa auszuspionieren, wurde bereits im Frühjahr dieses Jahres publik.
Allerdings hieß es bis dato, dass die fragwürdigen Selektoren von der NSA eingeschleust wurden.
Der BND wurde nach dieser Lesart also in erster Linie ausgenutzt und für schlampige Kontrollen bestraft.

Daher ist nun besonders interessant, wer die Selektoren eingeschleust hatte, die Ziele in den USA ins Visier nahmen und auf welche Informationen es der deutsche Geheimdienst dabei abgesehen hatte.


 
Nach „sehr ernsten“ Vorwürfen sind Reformen nötig !

Nachdem enthüllt wurde, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) aus eigenem Antrieb auch Ziele in anderen EU-Staaten und den USA ausspioniert hat, wird nun der Ruf nach Reformen immer lauter.
Sowohl Justizminister Heiko Maas (SPD) als auch die Vertreter der parlamentarischen Kontrollgremien fordern schärfere Regeln.

In der Rheinischen Post erklärte Maas: „Die neuen Vorwürfe zeigen: Wir brauchen strengere Regeln für den BND.“
Zudem müsse sichergestellt werden, dass diese Regeln dann auch durchgesetzt werden.
Um so eine Kontrolle zu ermöglichen, müsse in erster Linie das Parlament mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden.
Konkret handelt es sich dabei um mehr Personal und erweiterte Befugnisse.

Doch nicht nur die Kontrolle muss verbessert werden.
Generell soll der BND für Überwachungs- und Spionage-Aktivitäten eine neue rechtliche Grundlage erhalten.
Maas: „Rechtsstaat und Grundrechte enden nicht an Deutschlands Grenzen.“
Mit dieser Forderung steht der Justizminister mittlerweile nicht mehr alleine da.
Selbst Vertreter von CDU/CSU sprechen sich mittlerweile für Reformen aus, um präzisere Vorgaben für die Arbeit des BND zu schaffen.

Laut einem Bericht von Golem bezeichnet Clemens Binninger, der stellvertretende Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, die Vorwürfe als „sehr ernst“.
Es wäre mehr als ein Verdacht, dass es sich bei den aufgedeckten Selektoren um Spionage-Ziele handelt, die nicht vom Aufgabenprofil des BND gedeckt werden.
Ob diese tatsächlich „unzulässig“ sind, will Binninger noch nicht abschließend bewerten.
Das wird ab nächster Woche eine Task-Force des Kontrollausschusses prüfen, die im BND-Hauptquartier in Pullach einen Einblick in die Selektoren-Liste erhalten soll.
In diesem Kontext soll dann auch aufgeklärt werden, wer innerhalb des BND für diese Spionage-Tätigkeiten verantwortlich ist und welche Rolle das Bundeskanzleramt dabei gespielt hat.

So richtet sich die Kritik der Opposition bereits gegen BND-Chef Gerhard Schindler und das Kanzleramt.
Diese hätten es versäumt, die aktuellen Enthüllungen im NSA-Ausschuss direkt anzusprechen.
So erklärt Martina Renner von der Linken: „Besonders ärgerlich daran ist, dass Gerhard Schindler als Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss schon im Frühsommer die Gelegenheit gehabt hätte, reinen Tisch in der Sache zu machen und die illegale BND-Lausch-Praxis unter Freunden offensiv als Fehler der Vergangenheit zu benennen.“

Dass nun ausschließlich das Parlamentarische Kontrollgremium für die Aufklärung verantwortlich sein soll, wird daher abgelehnt.
Renner bezeichnet das hingegen als erneuten Versuch der Bundesregierung, um die Aufklärungsarbeit im NSA-Ausschuss zu erschweren.

Spionage unter Freunden vom BND-Aufgabenprofil abgedeckt?
Derweil soll die Bundesregierung bestätigt haben, dass diese Selektoren nicht von der NSA stammen, sondern direkt von BND-Mitarbeitern in die Überwachungssysteme eingespeist wurden.
Das ist vor allem politisch brisant – allein schon wegen dem Credo von Kanzlerin Angela Merkel, die infolge der NSA-Enthüllungen im Jahr 2013 verkündet hatte: „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.“
Die Aussage war seit jeher umstritten, doch mit den aktuellen Enthüllungen wird sie vollends torpediert.

Die Frage ist allerdings, ob das Überwachen von Zielen in den USA und anderen EU-Staaten tatsächlich nicht mit dem Aufgabenprofil des BND übereinstimmt.
So verweist etwa der IT-Fachanwalt Thomas Stadler auf das BND-Gesetz, das dem Geheimdienst prinzipiell das Sammeln von Informationen gestattet, die „von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind“.
Und mit dieser Vorgabe könne auch das Überwachen von Behörden in den USA und anderen EU-Staaten – zumindest rechtlich – legitimiert werden.

Insbesondere mit Blick auf die öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung fordert Stadler daher ebenfalls Reformen: „Wenn ein Ausspähen unter Freunden gar nicht geht, wie Angela Merkel es formuliert hat, dann wäre es an der Zeit, dass der Gesetzgeber diese politische Aussage der Kanzlerin umsetzt und den Aufgabenbereich des BND entsprechend einschränkend definiert.“


 
Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Regin-Trojaner !

Die Bundesanwaltschaft soll nun doch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet haben, das die NSA und den britischen Partnerdienst GCHQ ins Visier nimmt, berichtet der Spiegel.
Denn der Hintergrund ist der „Regin“-Trojaner, der auf dem Rechner von einer Referatsleiterin im Kanzleramt entdeckt wurde.

Konkret ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen „Unbekannt“.
Doch der Vorwurf lautet „geheimdienstliche Agententätigkeit“ und IT-Experten schätzen es als sehr wahrscheinlich ein, dass Regin aus den Malware-Schmieden von der NSA und dem GCHQ stammt.
So wurde im Rahmen der NSA-Enthüllungen ein Quellcode von einer Schadsoftware namens QWERTY veröffentlicht, den Kaspersky Labs als Keylogger-Modul von Regin identifizierte.

Wenn der Trojaner erst einmal auf dem System einer Zielperson eingeschleust wurde, kann der komplette Datenverkehr überwacht werden.
Auf diese Weise sollen die Geheimdienste etwa im Jahr 2012 den belgischen Provider Belgacom infiltriert haben.
Bereits 2011 soll der Trojaner für einen Cyber-Angriff auf Systeme der EU-Kommission genutzt worden sein.
Und 2014 wurde Regin dann auf einem Privatrechner der Referatsleiterin des Kanzleramts entdeckt.

Bei diesem Ermittlungsverfahren würde es sich dann um das zweite handeln, das die Bundesanwaltschaft infolge der NSA-Enthüllungen aufgenommen hat.
Das erste betraf die Handy-Spionage gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Allerdings wurden die offiziellen Ermittlungen im Juni dieses Jahres wieder eingestellt, weil die Behörde keine gerichtsfesten Beweise fand.
Ähnlich sieht es mit der massenhaften Überwachung von deutschen Kommunikationsdaten durch die NSA und den GCHQ aus – nur, dass in diesem Fall nie offizielle Ermittlungen eingeleitet wurden, sondern es bei einem Prüfverfahren blieb.

Die Regin-Ermittlungen sollen allerdings bereits seit Jahresbeginn laufen.
Das erklärte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft auf Anfrage des MDR.
Konkrete Details wurden allerdings nicht genannt.


 
Sonderermittler Graulich erhebt Vorwürfe gegen USA !

Berlin . Der Sonderermittler wirft der NSA vor, gegen Verträge verstoßen zu haben: Auch grundgesetzliche geschützte Ziele wurden ausgespäht.

Der Sonderermittler der Bundesregierung, Kurt Graulich, erhebt in der Affäre um die NSA-Selektorenliste für den Bundesnachrichtendienst (BND) schwere Vorwürfe gegen die USA.
Unter Berufung auf Graulichs fast 300 Seiten dicken Abschlussbericht schreibt „Spiegel Online“ am Freitag, die USA hätten mit ihren Spähzielen klar gegen vertragliche Vereinbarungen verstoßen.

Auch deutsche Ziele, die durch das Grundgesetz vor der Ausforschung eigener Nachrichtendienste besonders geschützt seien, sind laut Graulich „in überraschend großer Anzahl“ auf der Wunschliste des US-Geheimdienstes NSA zu finden.
Darunter seien auch zahlreiche Wirtschaftsunternehmen aus oder mit Sitz in Deutschland gewesen.

„Keine massenhafte Ausspähung deutscher Bürger“
Die Bundesregierung betont dagegen in einer Mitteilung zu Graulichs Bericht, es gebe „nach wie vor keine Hinweise auf eine massenhafte Ausspähung deutscher und europäischer Staatsbürger“.
Gleichwohl bestünden „im Bereich der strategischen Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes technische und organisatorische Defizite“.

Grundlage der Untersuchung ist eine Liste von gut 39.000 Suchbegriffen der NSA, die der BND im Zeitraum von 2005 bis März 2015 in einer Ablehnungsliste zusammengefasst hatte, weil sie gegen deutsche oder europäische Interessen verstießen.
Die große Mehrzahl der Suchbegriffe waren E-Mail-Adressen.
Laut dem Bericht seien die meisten dieser Suchbegriffe – so genannte Selektoren – aussortiert worden, bevor sie in die Überwachungssysteme eingespeist wurden.
Teilweise aber seien sie länger als 100 Tage aktiv gewesen.

Amerikaner reagierten nicht auf Anfrage
Fast 70 Prozent der aussortierten Selektoren habe Regierungsstellen von EU-Ländern betroffen.
Bei zwei Dritteln aller 28 EU-Mitgliedsstaaten habe man Treffer gefunden, heiße es in dem Bericht.
Knapp 16 Prozent der Selektoren hätten aber auch Telekommunikationsteilnehmer in Deutschland betroffen.
Sie sind durch das Grundgesetz vor Ausspähung durch eigene Nachrichtendienste geschützt.
Die meisten dieser Telefon-, Fax- oder E-Mail-Adressen seien vom BND aber herausgefiltert worden, bevor sie aktiv wurden, hieß es bei „Spiegel Online“.

Er habe auf informellem Wege versucht, von der NSA eine Erklärung für die offenbar rechtswidrige Selektorenauswahl zu bekommen, schreibe der Sonderermittler.
Die Amerikaner aber hätten nicht reagiert.
Laut dem Bericht habe der Gutachter festgestellt, dass die Zusammenarbeit zwischen NSA und BND „weder transparent noch für die deutsche Seite steuerbar“ gewesen sei.
Am kommenden Donnerstag wird Graulich vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags als Sachverständiger auftreten.

Erst im Frühjahr 2015 war bekanntgeworden, dass der BND über seine bayerische Abhörstation Bad Aibling Zigtausende Spionageziele des US-Geheimdienstes NSA steuerte.


 
Sonderermittler droht als BND-Alibi unterzugehen !

Zwar wird der Sonderermittler Kurt Graulich erst heute sein Gutachten über die BND-Spionage im NSA-Ausschuss vorstellen, doch bereits im Vorfeld der Sitzung wächst die Kritik.
So soll Graulich viele der rechtlichen Einschätzungen direkt vom Bundesnachrichtendienst (BND) übernommen haben.

Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf geheime Dokumente.
Konkret geht es dabei um zwei Rechtsfragen: Die Weltraum-Theorie und der Austausch von Metadaten mit der NSA.

Die Weltraum-Theorie nutzt der BND, um die Überwachung der Satelliten-Kommunikation im Standort Bad Aibling zu rechtfertigen.
Die Logik dahinter ist, dass die entsprechenden Daten im Weltraum erfasst werden und daher nicht durch das Grundgesetz geschützt sind.
Den praktisch grenzenlosen Austausch von Metadaten rechtfertigt der BND derweil mit der Haltung, dass diese grundsätzlich nicht personenbezogen sind – und dementsprechend auch nicht durch das BND-Gesetz geschützt sind.

Beide Positionen sollen in Graulichs Abschlussbericht über die BND-Spionage eine dominierende Rolle einnehmen, obwohl diese unter Juristen äußerst umstritten sind und mehrheitlich abgelehnt werden.
Zu den Kritikern zählen unter anderem der Ex-Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar und Hans-Jürgen Papier, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts.
Und selbst das Kanzleramt soll diese laut dem Bericht der Süddeutschen Zeitung bereits im Jahr 1995 als rechtlich „kaum vertretbar“ eingestuft haben.
Von dieser Bewertung hat die Bundesregierung inzwischen aber wieder Abstand genommen.

Sorge der Opposition: Graulich soll BND reinwaschen
Dass in dem Abschlussbericht von Graulich aber nicht die juristische Mehrheitsmeinung, sondern die eigentümliche Auffassung des BND dominiert, verärgert die Opposition.
So erklärt der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Wir sehen unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt.“
Graulich helfe demnach der Bundesregierung bei dem Versuch, den BND von jeglicher Verantwortung reinzuwaschen.

Ähnlich lautete die Kritik von Linken und Grünen bereits in der letzten Woche, als die Kernaussagen aus dem Abschlussbericht publik wurden.
So kritisierte von Notz etwa gegenüber Netzpolitik.org, dass es nicht ausreiche, wenn die Schuld an der BND-Spionage vor allem bei der NSA gesucht werde.
Zudem untersuchte Graulich nur einen kleinen Teil der fragwürdigen Selektoren – als Suchbegriffe in Form von Telefonnummern, E-Mail- oder IP-Adressen.
Und ihm würde obendrein die technische Expertise fehlen, um bestimmte Fragen ohne Hilfe der BND-Mitarbeiter bewerten zu können.
Dass diese zu starken Einfluss auf den Bericht haben, wurde bereits im Vorfeld befürchtet.


 
Überwachung und Spionage am rechtlichen Abgrund !

Beim Sammeln und Übermitteln von Daten hält sich der Bundesnachrichtendienst (BND) vermutlich nicht immer an die Gesetze, die Rechtsauffassung ist ohnehin fragwürdig und letztlich sei der Überwachungskomplex kaum zu kontrollieren – so lautet das Fazit einer Mitarbeiterin der Bundesdatenschutzbeauftragten im NSA-Ausschuss.

Wie problematisch die Kontrolle vom BND ist, schildert Gabriele Löwnau als zuständige Referatsleiterin bei der Bundesbeauftragten für Datenschutz.
Seit den NSA-Enthüllungen im Jahr 2013 will die Behörde prüfen, was an den Vorwürfen gegen den BND dran ist.
Doch das Verfahren wurde immer noch nicht abgeschlossen.
Der Grund: Zu wenig Personal, das sich mit der Geheimniskrämerei des BND und einer Überwachungsmaschinerie herumschlagen muss, von der die Datenschützer bisweilen erst aus Medienberichten erfahren haben.
Daher waren auch mehrere Vorort-Termine im Standort Bad Aibling nötig, um den Schleier zumindest ein Stück weit zu lüften.

Das Problem ist allerdings: Die Struktur der Überwachungsmaschinerie ist so komplex, dass die Datenschützer schlicht nicht alle Aussagen prüfen können.
So kann Löwnau laut dem Live-Ticker von Netzpolitik.org etwa nicht ausschließen, dass der BND im Standort Bad Aibling Daten erhebt, die er nicht erheben darf.
Wenn aber die Metadaten und Inhalte von Nachrichten nicht legal erhoben werden, ist die Übermittlung an die NSA auf alle Fälle rechtswidrig.
Das gilt auch für die Berge an Metadaten, die laut BND eigentlich unproblematisch sein sollen, weil diese angeblich keine personenbezogenen Daten beinhalten – doch diese Auffassung teilen die Datenschützer nicht.

Wie sich bereits in vorherigen Sitzungen des NSA-Ausschusses gezeigt hat, reichen die Filterprogramme nicht aus, um deutsche Kommunikationsdaten vollständig auszusortieren.
„Uns ist klar geworden, dass man damit nicht alles ausfiltern kann, was geschützt werden sollte“, so Löwnau.
Wie gut diese Programme in der Praxis arbeiten, konnten allerdings auch die Datenschützer nicht endgültig klären.
Daher bestehe auf alle Fälle die Gefahr, dass Daten von deutschen Bürgern an die NSA übermittelt werden.

Hinzu kommt: Der BND betreibt in Bad Aibling Datenbanken mit Dateien als Grundlage, von denen die Datenschützer erst bei den Vorort-Terminen erfahren haben.
Zudem habe nur bei einer von sechs Dateien die gesetzlich vorgeschriebene Dateianordnung bestanden.
Eine Dateianordnung ist allerdings notwendig, weil auf diese Weise festgelegt wird, welche Inhalte in einer Datei gespeichert werden und inwieweit die Informationen verarbeitet werden.
Wenn diese Anordnung fehlt, ist das keine Formalie, sondern die entsprechende Datenverarbeitung schlicht rechtswidrig.

Weltraum-Theorie als juristisches Himmelfahrtskommando
Kein gutes Haar lässt Löwnau derweil an der Weltraum-Theorie.
Diese lautet: Der BND darf von Bad Aibling aus die Satelliten-Kommunikation überwachen, ohne dass rechtliche Beschränken gelten – denn die entsprechenden Daten würden nicht in Deutschland, sondern im Weltraum erfasst werden.
Demnach gelten auch nicht die Auflagen aus dem BND-Gesetz, wenn in Bad Aibling erfasste Daten an die NSA übermittelt werden.
Diese Rechtsauffassung lehnt die Datenschützerin aber rigoros ab.
Die Erfassung erfolge durch Antennen, die auf deutschem Boden stünden, dementsprechend gelte auch deutsches Recht.

Es ist eine Ansicht, mit der Löwnau nicht alleine darsteht.
Selbst im Kanzleramt ist die Weltraum-Theorie offenkundig umstritten, wie ein Bericht der Süddeutschen Zeitung verdeutlicht.
Aus internen Dokumenten und E-Mails geht demnach hervor, dass die in Bad Aibling erfasste Satelliten-Kommunikation erst im August 2013 als „im Ausland erhoben“ eingestuft wurde.
Ebenso sollen Metadaten erst zu diesem Zeitpunkt als „nicht personenbezogen“ klassifiziert worden sein.

Politischer Handlungsbedarf bestand damals, weil zuvor enthüllt wurde, dass der BND allein im Dezember 2012 rund 500 Millionen Metadaten an die NSA übermittelt hatte – eine Masse, die nicht durch das BND-Gesetz gedeckt ist.
Daher sollen die Spitzen von BND und Kanzleramt offenbar in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vereinbart haben, dass die rechtliche Grundlage schlicht umgedeutet wird, um den Datenaustausch nachträglich zu legitimieren.
Referenten im Kanzleramt, die die Weltraum-Theorie schon damals als „nicht nachvollziehbar“ bewerteten, wurden dabei schlicht übergangen.

BND spionierte befreundete Staaten und sogar deutsche Botschafter aus
Doch es sind nicht nur die Grundlagen für das massenhafte Sammeln und Übermitteln von Kommunikationsdaten, die dem BND um die Ohren fliegen.
Auch die Skandale um die gezielten Spionage-Aktivitäten im Ausland sorgen für einen stetig steigenden Druck.

So wurden in der letzten Woche immer mehr Details bekannt, die belegen, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst – zumindest bis 2013 – systematisch befreundete Staaten ausspähte.
Laut einem Bericht des Spiegel zielten BND-Selektoren wie Telefonnummern und E-Mail-Adressen auf Vertretungen von der EU und den Vereinten Nationen.
Ebenso sollen das US-Finanzministerium, das französische Außenministerium sowie die Einrichtungen von zahlreichen anderen EU-Staaten wie Großbritannien ausspioniert worden sein.
Und selbst Nichtregierungsorganisationen wie das Rote Kreuz und den Vatikan hat der BND ins Visier genommen.

Spionage-Aktivitäten gegen diplomatische Einrichtungen sind zwar per se nicht illegal. Klar wird allerdings: Der BND braucht keine NSA, um gegen Partnerstaaten vorzugehen.
Von Merkels Credo „Abhören unter Freunden – das geht gar nicht“ kann also keine Rede sein.

Dass der BND nach Informationen des Radiosenders RBB sogar den deutschen Diplomaten Hansjörg Haber auf Liste hatte, setzte dem Ganzen allerdings die Krone auf.
Es ist zwar noch unklar, wann genau und wie lange die Kommunikation von Haber abgehört wurde.
Doch als deutscher Staatsbürger steht er unter dem Schutz des Grundgesetzes und ist für den BND damit eigentlich tabu.

Selbst die Bundesregierung distanziert sich vom BND
Angesichts der Vorwürfe geht nun sogar die Bundesregierung auf Distanz.
„Im Auftragsprofil des BND ist die politische Ausspähung von Partnerstaaten nicht vorgesehen“, erklärt etwa der stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz laut Zeit Online.
Denn es gelte weiterhin die Ansage, dass das Ausspähen unter Freunden nicht gehe.
Eine solche Distanzierung ist auch nötig, werden die Spionage-Aktivitäten doch nun von Präsident François Hollande verurteilt.
Anlässlich eines EU-Afrika-Gipfels in Malta forderte er, dass nun alle Informationen auf den Tisch kommen.

Noch deutlichere Worte findet derweil die Opposition.
Dass der BND auch einen deutschen Diplomaten abhört, bezeichnet der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz laut Zeit Online als „einen handfesten Skandal in einer ganzen Reihe von Skandalen“.
Und Martina Renner, die für die Linke im NSA-Ausschuss sitzt, fordert: „Die Salami-Taktik von BND und Bundeskanzleramt, die Wahrheit über das Ausmaß der illegalen BND-Überwachung preiszugeben, muss jetzt endlich ein Ende haben.“
Bei BND und Bundeskanzleramt herrsche offenbar die Hoffnung vor, dass „auf diese Art und Weise die Öffentlichkeit, die Medien und wir als parlamentarische Kontrolleure irgendwann den Überblick verlieren und entmutigt aufgeben werden angesichts des schieren Ausmaßes an rechtswidrigen Aktivitäten des BND“.

Damit ist aktuell aber nicht mehr zu rechnen.


 
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