Griechenland Grexit NEWS: Pokernacht in Brüssel: "Grexit auf Zeit" ist vom Tisch

Ramsauer zu EU und Griechenland: "Wenn der Weg weitergeht, ist das Verrat an der Politik Kohls"



Dass die europäischen Staatschefs Griechenland die Tür noch immer offen halten, kritisiert Peter Ramsauer. Der stellvertretende Fraktionschef der CSU hält ein weiteres Hilfspaket für die Griechen unverantwortlich. Im Fall einer möglichen Abstimmung im Bundestag über neue Hilfen hofft er auf die Gegenwehr der Abgeordneten. Alles andere sei ein Verrat an der Politik Helmut Kohl und Theo Waigels.
 
DIW-Chef über Griechen-Rettung: "Ich denke, es wird eine Einigung geben"


Nach dem letzten Gipfel in Brüssel fragen sich alle: Ist eine Rettung Griechenlands und eine Abwendung des Grexit überhaupt noch möglich? Im Interview gibt sich Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, zuversichtlich. Die Frage sei nicht. ob, sondern wann die Einigung kommt.

 
Wieder Warten auf Athens Reformliste: Neue Frist, neuer Antrag, neues Glück

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Die Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern sind an dem Punkt angekommen, an dem sie schon vor dem Referendum gescheitert waren. Wieder scheint alles von Reformvorschlägen abzuhängen, für die Athen sich Zeit lässt.

Nach der neugegebenen Frist im Schuldenstreit konzentriert Griechenland seine Anstrengungen nun auf ein drittes Hilfspaket. Die Regierung stellte heute einen Antrag auf Gelder aus dem Euro-Rettungsfonds ESM mit einer Laufzeit von drei Jahren und versprach umgehende Steuer- und Rentenreformen, sollten die Kredite bewilligt werden. Bei einer von Tumulten begleiteten Rede im EU-Parlament in Straßburg zeigte sich Ministerpräsident Alexis Tsipras zuversichtlich - präsentierte aber wenig Konkretes.

Damit ähnelt die Situation der, die Brüssel bereits mehrfach in den vergangenen Monaten kurz vor dem Auslaufen von immer wieder verlängerten Fristen für eine Einigung erlebt hatte. Tsirpas und sein Finanzminister versprachen konkrete und ausreichende Vorschläge zu liefern, kritisieren aber gleichzeitig grundsätzlich die von den Gläubigern geforderte Sparpolitik. Im Unterschied zu den vergangenen Monaten und Jahren sind unterdessen allerdings die Banken in Griechenland geschlossen, die Wirtschaft steht vor dem akuten Zusammenbruch. Es gibt erste Engpässe bei der Grundversorgung der Bevölkerung.

In dem Brief an den ESM begründete der neue Finanzminister Euklid Tsakalotos seinen Antrag auf Hilfen damit, dass Griechenland "seinen Schuldenverpflichtungen nachkommen und die Stabilität des Finanzsystems gewährleisten" müsse. Athen sei im Gegenzug für die Kredite bereit, "gleich zu Beginn der kommenden Woche eine Reihe von Reformmaßnahmen" im Steuer- und Rentenbereich zu realisieren.

Die Gläubiger verlangen in diesen Bereichen Reformen - etwa eine Kürzung der Rentenausgaben und einen beschränkten Zugang zum Vorruhestand sowie 23 Prozent Mehrwertsteuer für Hotels und Restaurants. Konkrete Zahlen legte das Finanzministerium in Athen in dem Brief jedoch noch nicht vor, auch der Umfang der erbetenen Kredite war nicht enthalten. Stattdessen erklärte Tsakalotos, detaillierte Vorschläge würden den Europartnern am Donnerstag präsentiert. Griechenland war dafür eine Frist bis Donnerstag 24.00 Uhr gesetzt worden.

Brok: "Tsipras will den Grexit"

Ähnlich äußerte sich Tsipras in Straßburg: Die Regierung werde am Donnerstag "neue konkrete Vorschläge übermitteln, glaubhafte Reformen für eine faire und dauerhafte Lösung". Ob es zu einem dritten Hilfspaket kommt, soll bis zu einem Sondergipfel am Sonntag entschieden werden. Ein Sprecher von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erklärte, der Hilfsantrag aus Athen werde noch am Mittwoch durch die Arbeitsgruppe der Eurostaaten geprüft.

Tsipras zeigte sich in Straßburg zuversichtlich, den Forderungen der Gläubiger in den kommenden Tagen nachzukommen. Wichtig sei dabei aber eine "gerechtere Lastenverteilung".

Heftiger Gegenwind für ein neues Hilfspaket kommt vor allem aus Deutschland. Der Stellvertretende CSU-Vorsitzende Peter Ramsauer sagte n-tv, die Diskussion über neue Hilfen ohne konkrete, umfassende Reform- und Sparmaßnahmen lasse seine "schlimmsten Befürchtungen" wahr werden.

Der EU-Abgeordnete Elmar Brok von der CDU sagte der "Bild"-Zeitung, er sei überzeugt, dass Griechenland einen Euro-Austritt erzwingen wolle. "Tsipras hat mit seiner Rede im Europäischen Parlament nur eines bewiesen: Er will den Grexit - und nichts anderes", sagte Brok. Tsipras habe keinerlei Vorschläge gemacht und werde auch in den kommenden Tagen nicht liefern. "Wir müssen jetzt deutlich machen, dass nur er die Verantwortung trägt für Griechenlands Ausscheiden aus der Eurozone", sagte Brok.

 
Griechenlands Weg aus der Krise: Warum ein Schuldenschnitt Athen nicht hilft

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Ministerpräsident Tsipras pocht erneut auf einen Schuldenschnitt. Die Gläubiger Griechenlands halten weiterhin dagegen. Wer hat die besseren Argumente?


Konkrete Reformvorschläge verspricht Alexis Tsipras am Donnerstag. Eine zentrale Forderung nennt er allerdings sofort. Ziel der Vereinbarungen müsse sein, die Staatsschulden tragfähig zu machen, sagt er bei seinem Auftritt vorm Europäischen Parlament. "Es kann hier kein Tabu geben. Wir müssen der Realität ins Auge schauen." Da ist er wieder, der alte Ruf nach einem Schuldenschnitt - oder zumindest einer Restrukturierung der Schuldenlast, dem Versuch, die Fälligkeit der Zahlungen in ferne Zukunft zu verschieben.

Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Szenario sei hoch: "Wenn es nicht sehr bald einen Durchbruch gibt, fällt Griechenland aus der Eurozone. Das ist für alle Beteiligten ein schlechtes Szenario." Eine demütigende Erfahrung, ... ... mittlerweile werden von vielen Banken Wartenummern ausgegeben. Trotzdem waren die Griechen über 65 Jahren die einzige Altersgruppe, in der es keine Mehrheit für das Nein zu den Sparauflagen der "Institutionen" gab. Anstehen für 120 Euro Rente Die Gesichter der griechischen Krise

Für Athen ist dieser Schritt die Mindestvoraussetzung für einen Deal. Ohne verringerte Kreditlast, so die Argumentation, kann Griechenland sich nie aus der Krise befreien. Ein Kompromiss ohne eine Art Schuldenschnitt hält Tsipras deshalb für nutzlos. Die übrigen Euroländer halten seit Monaten dagegen. Denn den Griechen, die sich in die Eurozone gemogelt und sich durch Korruption und Misswirtschaft selbst in ihr Dilemma manövriert haben, die Schulden zu erlassen, gilt als unpopulär in den Bevölkerungen der Eurostaaten. Sie behaupten: Der Schuldenschnitt sei nicht nötig. Wer hat recht?

Die Lage Athens ist dramatisch. Laut der Rating-Agentur Standard and Poor's (S&P) lag die Staatsverschuldung 2008 bei 109,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Derzeit hat Athen rund 320 Milliarden Euro Schulden angehäuft, während das Bruttoinlandsprodukt des Staates sich nur auf 200 Milliarden Euro beläuft. Die Staatsverschuldung ist also schon bei rund 175 Prozent angekommen. Und Finanzexperten gehen davon aus, dass sich der Wert im nächsten Jahr weiter verschlechtern dürfte. Das spricht zunächst klar für einen Schuldenschnitt.
Ein Schuldenschnitt drängt nicht

Selbst unter den Gläubigern Athens - der EU-Kommission, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäische Zentralbank (EZB) - mehren sich die Zweifel daran, dass ohne einen Schuldenschnitt ein Grexit noch zu verhindern wäre.

Der IWF hat am 26. Juni eine vorläufige Analyse zur Schuldentragfähigkeit Athens vorgelegt. Darin heißt es: "Ein Schuldenerlass von mehr als 30 Prozent ist nötig." Andernfalls sei auch unter besonders günstigen wirtschaftlichen Bedingungen und weiteren Hilfszahlungen keine hinnehmbare Schuldenquote zu erreichen. Diese soll spätestens 2022 wieder deutlich unter der 110-Prozent-Marke liegen.

Allerdings wirkt die Lage dramatischer, als sie ist. Ein Schuldenschnitt erscheint zwar notwendig, er drängt aber nicht. Und das aus zwei Gründen. Erstens ist die Summe der Schulden Griechenlands in den vergangenen Jahren nicht merklich gewachsen. Die hohe Schuldenquote entstand, weil die Wirtschaftsleistung drastisch zurückging. Gelingt es, die griechische Wirtschaft wieder anzukurbeln, sinkt automatisch auch wieder die Schuldenquote.

Zweitens ist der Großteil der Schulden nicht sofort fällig. Bei einem ersten Schuldenschnitt im Jahr 2012 verzichteten bereits private Gläubiger wie Banken auf einen Großteil der Schulden. Sie erließen Griechenland rund 107 Milliarden Euro. Jetzt hat Athen fast nur noch Verbindlichkeiten bei öffentlichen Geldgebern, den Euro-Staaten und internationalen Institutionen wie dem IWF und der EZB. Und diese haben den Zeitraum, in dem Athen seine Schuld begleichen muss, damals deutlich gestreckt.

Die Rückzahlung des ersten Hilfsprogramms für Griechenland muss erst 2020 beginnen, die des zweiten sogar erst 2023. Vollständig bedienen muss Athen seine jetzigen Schulden erst 2054. Kurzum: Derzeit belasten diese offenen Rechnungen den Haushalt Griechenlands praktisch nicht. Und in Zukunft wird die Inflation dazu beitragen, dass es sehr viel leichter fallen dürfte, die Summen zurückzuzahlen - vorausgesetzt, die griechische Wirtschaft erholt sich wieder.
Heikel wird es am 20. Juli

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der IWF, die Fristen für die Rückzahlung der Kredite einfach noch ein wenig weiter zu strecken. 20 Jahre lang soll Athen demnach gar nichts zurückzahlen, dann soll das Land 40 Jahre zum Tilgen bekommen. Abbezahlt wäre nach diesem Plan dann alles im Jahr 2075.

Tsipras Wünsche, was eine Restrukturierung der Schulden angeht, kommen denen des IWF sehr nahe. Auch er pocht auf eine Entlastung von ungefähr 30 Prozent. Das Problem ist nur: Während die Gläubiger diesen Schritt gern noch offen lassen möchten, pocht Tsipras schon jetzt auf eine Zusage. Dabei drängen akut derzeit nur Probleme, die ein Schuldenschnitt überhaupt nicht lösen könnte.

Griechenland schuldet dem IWF und der EZB knapp 40 Milliarden Euro. Etliche Raten sind im laufenden Jahr fällig und erlauben keinen Aufschub. Eine fällige Rate in Höhe von 1,6 Milliarden Euro an den IWF hätte Griechenland bereits Ende Juni zahlen müssen. Bedeutsamer ist: Am 20. Juli müsste das Land weitere 3,5 Milliarden Euro an die EZB zahlen. Tut Athen das nicht, müsste die Zentralbank ihre sogenannten Ela-Kredite einstellen. Sie sind derzeit das Einzige, was die griechischen Banken noch zahlungsfähig halten. Reißt Athen die Deadline, gilt es als sicher, dass Staat und Banken zahlungsunfähig werden und eine Art Parallelwährung einführen müssen.

Anders als die Eurostaaten können weder IWF noch EZB ihre Forderungen an Griechenland einfach abschreiben. Der IWF würde andere Länder dazu ermutigen, Schulden nicht zu begleichen und so seinen eigenen Status in der Welt infrage stellen. Der EZB ist ein Schuldenschnitt wiederum nicht möglich, weil dieser einer monetären Staatsfinanzierung gleichkommen würde. Die ist der unabhängigen Zentralbank verboten.

Um den Staatsbankrott und einen möglichen Grexit abzuwenden, hilft nur eines: ein drittes Hilfspaket. Tsipras mag zwar recht damit haben, dass eine Rettung Griechenlands ohne eine Art Schuldenschnitt kaum gelingen kann. Es gibt aber keinen Grund dafür, dass er diesen Schnitt jetzt zur obersten Priorität erklärt. Wenn er auf diese Forderung vorerst verzichten würde, um ein drittes Hilfsprogramm aushandeln zu können, kann er später immer noch auf einen Schuldenschnitt hoffen. Dann dürften auch die Gläubiger kompromissbereiter sein.
 
Nach steinigem Reformweg: Griechenland-Kurs der EU verärgert viele Letten



Die Griechenland-Hilfen finden nur wenige Befürworter in den Reihen der Nordosteuropäer. Vor allem die Letten sehen die unermüdlichen Bemühungen der EU kritisch. Wie Griechenland musste auch Lettland durch eine schwere Rezession. Die darauf folgenden Sparmaßnahmen waren hart, aber führten zum Erfolg. So viel Hilfe und Nachsicht wie die Griechen bekamen sie ihre Ansicht nach nicht.

 
Street Art in Athen: Künstler verewigen ihren Frust auf Häuserwänden




Auch wenn die griechische Schuldenkrise das kulturelle Leben in Athen stark einschränkt, ist die Kunst nicht tot. Vor allem die Straßen der griechischen Hauptstadt werden zur Leinwand von Künstlern. Die Street-Art-Szene boomt und lässt ihrem Frust über die bestehenden Zustände auf Häuserfassaden freien Lauf. Dabei entstehen bunte und beeindruckende Zeugnisse der Krise.
 
Katastrophenhilfe steht bereit: Griechenland bricht langsam zusammen

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Während die Politik verhandelt, wie und ob Griechenland geholfen werden kann, geht der Bevölkerung langsam die Puste aus. Durch die Bargeldknappheit funktionieren alltägliche Dinge nicht mehr. Das Rote Kreuz organisiert bereits Überlebensnothilfe.


Für die Menschen in Griechenland wird die Lage immer schwieriger. Durch das knappe Bargeld brechen langsam aber sicher Teile des Alltagslebens zusammen. Hilfsorganisationen bereiten sich auf dramatische Szenarien vor. So organisiert das Deutsche Rote Kreuz bereits Überlebenshilfen für notleidende Griechen - für den Fall der Fälle.

Der Chef der französischen Zentralbank warnte vor Aufruhr und Chaos, falls es nicht bis Sonntag zu einer Einigung zwischen griechischer Regierung und den Gläubigern komme. "Die griechische Wirtschaft steht am Rande einer Katastrophe", sagte Christian Noyer dem Radiosender Europe 1. Nach Verstreichen der Frist sei es "zu spät und die Konsequenzen werden schwerwiegend sein."

In seiner Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg sagte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras, das Volk sei "am Ende der Belastbarkeit angelangt".
Transport- und Reiseverkehr kaum noch möglich

Bereits jetzt sind die Griechen in vielerlei Hinsicht stark eingeschränkt. So können sie Flugtickets nur noch gegen Barzahlung oder mit einer ausländischen Kreditkarte kaufen. Mehr als 35 Fluggesellschaften haben die griechischen Reiseagenturen benachrichtigt, dass sie deren Buchungen nicht mehr akzeptieren. Die Kunden müssen stattdessen direkt am Flughafenschalter zahlen.

Die Kapitalverkehrskontrollen führen zum Zusammenbruch des Transportwesens. Die Transportunternehmen können ihre Lastwagen nicht betanken, weil 60 Euro hierfür nicht reichen. Hunderte griechische Lastwagenfahrer im In- und Ausland haben keine Möglichkeit die Treibstoffe zu bezahlen. Die griechischen Kreditkarten werden im Ausland nicht mehr akzeptiert.

Auch im Inland gebe es große Probleme. Lieferungen auf die Inseln sind nur gegen Barzahlung möglich. Auf den Inseln könne es bald zu Versorgungsengpässen kommen, sagten übereinstimmend Bürgermeister im griechischen Fernsehen.
Anfragen an SOS-Kinderdörfer

Auf solche Szenarien bereitet sich auch schon das Deutsche Rote Kreuz vor. Es gebe Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung, teilte ein Sprecher mit. "Hinzu könnten Probleme bei der Grundversorgung kommen, wenn sich die Finanzlage weiter zuspitzt und sich viele Menschen den Kauf lebensnotwendiger Güter kaum mehr leisten können."

Die Hilfsorganisation SOS Kinderdörfer wies darauf hin, dass Tausende Familien aus Griechenland anfragen, ob sie ihre Kinder in einem der Kinderdörfer in Obhut geben könnten. "Viele Familien drohen auseinanderzubrechen, weil sie dem Druck von Langzeitarbeitslosigkeit und Armut nicht standhalten können", sagte der Leiter der Organisation in Griechenland, George Protopapas. Als Folge davon würden viele Kinder verlassen oder vernachlässigt. Bei einem "Grexit", dem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, befürchte er "für die Familien das Schlimmste", sagte Protopapas.

 
Verhaltene Liebesgrüße an Athen: Russland verfolgt Krise mit Sorge

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Griechenlands Ministerpräsident Tsipras buhlt um die Gunst der Russen. Doch direkte Hilfe aus Moskau kann das Pleiteland nicht erwarten. Aus wirtschaftlichem Eigeninteresse kommt Russland ein Grexit überhaupt nicht gelegen.

Mitte Juni besuchte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras demonstrativ Russland. Auf dem Höhepunkt der Krise, wie es schon damals in Medienberichten hieß. Rund einen Monat und einige weitere Höhepunkte später ist der Argwohn in manchen europäischen Hauptstädten angesichts des Flirts zwischen Athen und Moskau zwar nicht verflogen. Zugleich wird aber auch deutlich, was Griechenland aus Moskau an direkter Hilfe erwarten kann: erst einmal nichts. Doch eine mögliche geopolitische Schwächung ist für die EU damit nicht vom Tisch.

Moskau werde "jede Form der Schwäche ausbeuten", sagt James Nixey vom Institut Chatham House in London. "Pflücke die Knospe so lange es geht", sei die Kreml-Devise. Zwar verfolge Moskau offenbar keine langfristige Strategie in der Griechenland-Krise. Nixey sieht aber die Haltung eines "übel wollenden Opportunismus" auf russischer Seite.

Aus politischer Perspektive sei die Griechen-Krise "positiv" für Russland, sagt auch Experte Alexander Baunow vom Carnegie Center in Moskau. Europas Unvermögen, eine Lösung im Schuldenstreit herbeizuführen, erlaube es dem Kreml, Zweifel an der Handlungsfähigkeit des Staatenbundes der 28 zu nähren. Moskau könne dies insbesondere im Ukraine-Konflikt nutzen.

Auch Zweifel an der Einheit des europäischen Kontinents als Ganzes ließen sich so schüren, sagt Baunow. Das griechische Nein im Referendum über die Gläubigerpläne habe aus Sicht Moskaus eine neue "Verwerfungslinie" in Europa sichtbar gemacht.
Anruf unmittelbar nach dem Referendum

Tsipras hatte nach dem Referendum am vergangenen Sonntag, das mit gut 61 Prozent für das von seiner Regierung massiv unterstützte Nein-Lager überraschend deutlich ausgefallen war, Russlands Präsidenten Wladimir Putin als einen der ersten politischen Führer angerufen, um die Lage zu erörtern. Die beiden Politiker waren sich zuletzt näher gekommen.

Im Juni hatte Tsipras Putin am Rande des Wirtschaftsforums in St. Petersburg getroffen - anders als viele andere westliche Politiker, die sich angesichts der Ukraine-Krise und der Einverleibung der Krim durch Russland überlegten, ob eine Reise in die einstige Zarenstadt angezeigt ist. Putin nutzte die Gelegenheit, die griechisch-russische Wirtschaftskooperation, die "auf Initiative Griechenlands" zustande gekommen sei, zu würdigen.

Vereinbart wurde der Bau einer russischen Gaspipeline durch Griechenland. Von direkten Finanzhilfen Russlands für das schuldengebeutelte Griechenland, die sich Tsipras erhofft haben mag, war jedoch keine Rede. Es war bereits Tsipras' zweite Reise nach Moskau seit April.

Zwar verfolge der Kreml die Krise der EU mit Interesse, angesichts der durch die westlichen Sanktionen angefachten eigenen Wirtschaftskrise sind nach Expertenmeinung direkte Hilfen aber unwahrscheinlich. So wünschte auch Putins Sprecher Dmitri Peskow, dass "unsere griechischen Partner den notwendigen Kompromiss mit den Gläubigern sobald wie möglich erzielen". Denn aus wirtschaftlichem Eigeninteresse käme Russland ein Grexit nicht gelegen.

Griechen-Nein trifft auch Russland

Trotz der Sanktionen ist die EU Russlands wichtigster Handelspartner. Anhaltende Ungewissheit über das Schicksal Athens, die sich beim Ölpreis, an den Börsen und beim Rubel-Kurs niederschlagen, wären daher auch weiteres Gift für Russlands schwächelnde Ökonomie. "Indirekt" sei sein Land bereits von den Auswirkungen des Neins der Griechen beim Referendum betroffen, räumt Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew ein. Ökonomisch sei das "keine gute Nachricht" für Moskau gewesen, sagt auch Experte Baunow.

Ungeachtet der Zurückhaltung Moskaus bei direkten Hilfen ist das Unbehagen über die Anbändlungsversuche Athens dennoch in vielen europäischen Hauptstädten spürbar - vor allem in den osteuropäischen EU-Ländern. Russland könne Griechenland als "Trojanisches Pferd" nutzen, ist die Sorge. EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte denn auch am Mittwoch vor dem EU-Parlament in Straßburg: Ohne Einigung in der Griechenlandfrage gebe es in vier Tagen ein Erwachen "in einem anderen Europa". Er habe keine Zweifel, dass ein Scheitern "ganz Europa auch in geopolitischer Hinsicht betreffen wird".

 
Humanitäre Hilfe für Griechenland?: Die EU-Kommission hat keinen Plan

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Das öffentliche Leben in Griechenland bricht langsam zusammen. Wir leisten humanitäre Hilfe, falls Athen den Euro verlässt, hat die EU versprochen. Doch einen Plan hat sie bisher nicht.

Nepal, Syrien, Ukraine, Sudan - in diesen Ländern leistet die EU eigentlich humanitäre Hilfe. Doch falls sich Griechenland und seine Geldgeber nicht bald einigen, könnten Laster mit Lebensmitteln bald auch nach Athen rollen. Viele Bereiche des Alltags brechen bereits zusammen. Die Menschen hamstern Benzin. Die Banken sind dicht, das Bargeld wird knapp. Das Transportwesen kommt zum Erliegen. Flugtickets kann man nur noch mit Bargeld kaufen. Auf den Inseln drohen Versorgungsengpässe. n-tv.de beantwortet die wichtigsten Fragen zur möglichen Katastrophenhilfe für Griechenland.

Welche Hilfe würde die EU leisten?

Humanitäre Hilfe für ein EU-Land wäre Neuland: Lebensmittel, Wasser, Zelte und Decken liefern die EU-Helfer eigentlich in die großen Krisengebiete der Welt und helfen dort mit der medizinischen Versorgung. In Europa beschränkt sich ihr Einsatz bislang auf den Katastrophenschutz, wie etwa bei Erdbeben oder Überschwemmungen. Dafür koordinieren die EU-Länder seit 2001 die Ersthilfe bei natürlichen oder von Menschen verursachten Desastern.

Die Lage in Griechenland ist ernst. "Klar ist, dass es jetzt schon Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung gibt. Wenn sich die Finanzlage weiter zuspitzt, können sich viele Menschen wohl auch lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel nicht mehr leisten", sagt Dirk Schütz, der Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). "Vor allem Rentner, Arme, Kranke und Flüchtlinge leiden."

Nach einem etwaigen Euro-Austritt Athens ginge es darum, das schlimmste Leid der Menschen zu lindern, zum Beispiel mit Suppenküchen, mobilen Krankenstationen oder Zeltunterkünften. Das Land vor dem wirtschaftlichen Kollaps retten könnte aber nur eine Einigung zwischen Athen und seinen Gläubigern. Humanitäre Hilfe würde nicht bedeuten, Jobs zu schaffen, Wachstum zu fördern, die Verwaltung zu reformieren oder Griechenland nach dem Crash wieder aufzubauen. Es geht darum, dem Patienten Schmerzmittel zu geben, nicht Medizin, die ihn wirklich heilt.

Würden die EU-Hilfen ausreichen?

Das ist schwer zu sagen. "Wir haben ein Szenario, was die humanitäre Hilfe angeht", hat EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach dem Sondergipfel am Dienstag gesagt. Doch auf Nachfrage zeigt sich, dass dahinter nicht viel steckt. "Momentan geht es darum, Griechenland in der Eurozone zu halten. Es wäre natürlich unverantwortlich, andere Szenarien nicht vorzubereiten, aber die sind gestern nicht besprochen worden und es wäre voreilig von mir, sie jetzt zu besprechen", sagt eine Kommissionssprecherin auf Anfrage von n-tv.de.

Es ist so gut wie unmöglich vorherzusehen, was der Hilfseinsatz kosten würde. Momentan hungern zumindest noch keine Millionen in Hellas wie im Sudan, in Syrien oder in Somalia. Alles hängt davon ab, wieviel Hilfe sich die EU leisten will - egal ob sie wirklich ausreicht.

Die Mittel sind bisher jedenfalls sehr begrenzt: Im EU-Topf für humanitäre Hilfe stecken nur etwa eine Milliarde Euro pro Jahr - der Großteil davon ist aber schon für Einsätze rund um die Welt verplant. Natürlich könnte man das Geld umwidmen, aber dann fehlt es eben auf Haiti, in der Ukraine oder im Irak. Für unvorhergesehene Krisen ist im EU-Budget eine Notfallreserve von gerade mal 221 Millionen Euro jährlich vorgesehen. Das reicht vielleicht für ein paar Wochen: Wenn nur jeder zehnte der elf Millionen Griechen einen Monat lang Hilfsgüter für 50 Euro wöchentlich bekäme, beliefen sich die Kosten schon auf 220 Millionen Euro.

Wie schnell könnte die EU helfen?

Nur mit deutlicher Verzögerung. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hat am Dienstag gesagt, die EU könne für ihre humanitäre Hilfe an Griechenland Mittel für mögliche Naturkatastrophen anzapfen. In dem Solidaritätsfonds, der nach den großen Überschwemmungen von 2002 ins Leben gerufen wurde, schlummern eine Milliarde Euro.

Doch selbst die EU warnt, wie langsam ihre bürokratischen Mühlen dabei mahlen: "Der Solidaritätsfonds ist kein Instrument für rasche Reaktionen", heißt es auf der Webseite. "Finanzhilfen können dem antragstellenden Staat nur nach einem Antrag und Budgetverfahren gewährt werden, das einige Monate dauern kann". Kommission, Parlament und Rat müssen das Gesuch abnicken.

Auch ansonsten sieht es nicht so aus, als ob humanitäre Hilfe für Griechenland bei der EU hoch auf der Prioritätenliste steht. Der zuständige Kommissar Christos Stylianides besuchte am Dienstag einen Entwicklungshilfegipfel in Oslo. Auf der EU-Karte der globalen Krisengebiete taucht Griechenland wie alle anderen EU-Länder bisher nicht auf.

 
Vorstellungen weit auseinander: Wie könnte ein Griechenlandpaket aussehen?

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Athen will seinen Geldgebern entgegenkommen, erste Informationen über den Vorschlag der Griechen gibt es. Angela Merkel hatte sich allerdings etwas völlig anderes vorgestellt.

Dass die Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm nicht einfacher werden als die über die Reste des zweiten Hilfsprogramms, ist allen Beteiligten wohl klar. Denn noch immer liegen beide Seiten in vielen Punkten auseinander. Außerdem hat das Referendum die Stimmung aufgeheizt. Und: Anscheinend haben beide Seiten völlig unterschiedliche Vorstellungen darüber, über was sie da eigentlich miteinander verhandeln.

Zwar wird Griechenland seine Vorschläge erst am Donnerstag, vielleicht sogar erst Freitagmorgen vorlegen. Doch die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, einige Punkte erfahren zu haben. Demnach richtet sich der neue Vorschlag nach dem, was zuletzt verhandelt wurde. Natürlich kann die Regierung nicht den Text vorlegen, den sie gerade per Referendum für untauglich erklären ließ. Doch die Unterschiede sollen überschaubar sein. Verhandeln wollen die Griechen über den Mehrwertsteuerrabatt auf ihren Inseln, den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie, die Verteidigungsausgaben und die Rentenzuschüsse. Außerdem wollen sie ein Investitionspaket und eine Zusage über eine spätere Schuldenumstrukturierung verlangen.

Keiner dieser Punkte scheint von der anderen Seite ausgeschlossen zu sein. Die EU-Kommission signalisierte mehrfach, eine Einigung werde nicht an einzelnen Prozentpunkten in einzelnen Steuersätzen scheitern. Das Investitionspaket, bei dem bislang von 35 Milliarden Euro aus bestehenden Töpfen die Rede war, könnte sicherlich aufgestockt werden. Und zur Schuldenumstrukturierung sagte Angela Merkel am Montag: "Insofern wird man sicherlich ganz zum Schluss auch über die Frage diskutieren müssen, wie die Schuldentragfähigkeit hergestellt werden kann."

"Es muss mehr sein"

Und trotzdem ist eine Einigung weit entfernt. Denn Merkels Ansage nach dem Eurogipfel zeigt, dass sich die Staats- und Regierungschefs etwas viel Weitreichenderes vorstellen. Merkel argumentiert, dass es im neuen Antrag um ein mehrjähriges Programm geht, das alte sollte nur bis November dieses Jahres laufen. Es geht also um eine längere Zeitspanne, um mehr Geld, und damit auch um mehr Reformen, die als Bedingung dafür eingefordert werden müssen. Welche Reformen das genau sein sollen? "Ich will nur sagen: Es muss mehr als das sein, was in dem sogenannten Aide-Mémoire, also dem Vorschlag der drei Institutionen, stand", sagte Merkel. Man müsse Punkte wieder aufnehmen, die in den letzten Wochen gar nicht mehr behandelt worden seien. Dazu zählen laut Merkel Arbeitsmarktreformen, Reformen der Produktmärkte *– beides soll Wettbewerbshemmnisse abbauen und die Wirtschaft leistungsfähiger machen – und Privatisierungen.

Griechenland und seine Gläubiger sind sich also offenbar nicht nur weiter uneinig darüber, wie hart gespart werden muss, sie sind sich auch uneinig, über welche Bereiche überhaupt verhandelt werden soll. Die Verhandlungen über die Restauszahlungen aus dem zweiten Hilfspaket dauerten mehrere Wochen und scheiterten dann. Für die Verhandlungen über die Eckpunkte eines dritten Hilfspakets stehen noch vier Tage zur Verfügung.

 
Lösung der Griechenlandkrise?: Lagarde: Umschuldung ist "notwendig"

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Griechenlands Regierung kommt ihrem Ziel einer Restrukturierung der Staatsschulden einen bedeutenden Schritt näher: Mit IWF-Chefin Christine Lagarde spricht sich die Vertreterin eines der wichtigsten Gläubiger für einen solchen Schritt aus.


Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat eine Umschuldung für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland gefordert. Neben Spar- und Reformmaßnahmen sei dieser Schritt "notwendig" für die Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands, sagte Lagarde bei einer Veranstaltung am Washingtoner Politikinstitut Brookings.

Bereits in einem vergangene Woche veröffentlichten Bericht hatten die IWF-Experten geraten, den Zeitraum für die Rückzahlung der von den Euro-Partnern an Athen vergebenen Kredite zu verdoppeln. Eine so deutliche Empfehlung zur Umstrukturierung der Schulden Griechenlands hat es von Lagarde bislang jedoch nicht gegeben.

"Griechenland befindet sich in einer akuten Krisensituation, die angegangen werden muss", sagte Lagarde. Die IWF-Chefin erklärte, dass der Währungsfonds bei der Suche nach einer Lösung "voll engagiert" bleibe. Wegen des griechischen Zahlungsrückstands beim IWF darf die Organisation aber keine neuen Finanzhilfen an Athen überweisen. Griechenland werde in dieser Frage "keine Vorzugsbehandlung" bekommen, machte Lagarde deutlich.
Tsakalotos kündigt neue Vorschläge an

Nach Schätzungen des IWF benötigt Griechenland in den kommenden drei Jahren außerdem weitere Hilfen in Höhe von mindestens 50 Milliarden Euro. Den Anteil der Euro-Partner bezifferte die in Washington ansässige Organisation auf mindestens 36 Milliarden Euro. Die IWF-Schätzung wurde allerdings vor der jüngsten Eskalation der griechischen Schuldenkrise erstellt, die Lage könnte also noch düsterer sein.

Die Geldgeber Griechenlands warten unterdessen auf neue Spar- und Reformvorschläge aus Athen. Bis Mitternacht muss als Voraussetzung für ein neues Hilfsprogramm eine detaillierte Liste vorliegen. Als zweites Szenario ist noch immer ein "Grexit", also das Ausscheidens Griechenlands aus dem Euroraum, möglich. Zwar kündigte Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos vorab die Umsetzung erster Änderungen am Steuer- und Rentensystem für Beginn kommender Woche an. Doch diese vage Ankündigung aus seinem Antragsschreiben vom Mittwoch muss er nun auch mit plausiblen Einzelheiten unterfüttern.

Der griechischen Regierung schwebt ein drittes Hilfspaket mit einer Laufzeit von drei Jahren vor, so steht es in ihrem Antrag an den ESM. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, wie es also um die finanzielle Lage des akut pleitebedrohten Landes und dessen Schuldentragfähigkeit bestellt ist, das gab der ESM-Gouverneursrat am Mittwoch in Prüfung. Mit der Untersuchung betraut wurden die Finanzexperten der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB), auch der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde in die Spur gesetzt.
DIW: "Grexit ist schlechteste Option"

Vom Ergebnis ihres Prüfberichts und dem anschließenden Votum der Euro-Finanzminister hängt ab, ob sich Griechenland für neue Hilfen qualifiziert. Nur wenn diese Bedingung erfüllt ist und auch die Reformliste aus Athen am Donnerstag eingeht und überzeugt, können die Ressortchefs das mehrstufige Verfahren zu Verhandlungen über neue Rettungskredite förmlich in Gang setzen. Am Sonntag könnten sich dann die Staats- und Regierungschefs mit dem weiteren Vorgehen beschäftigen. Für den Fall, dass bis dahin keine Einigung im Schuldenstreit mit den Gläubigern zustande kommen sollte, droht die EZB damit, die bereits ausgereizten Ela-Nothilfen für griechische Banken sofort einzustellen. Damit würde Griechenlands Wirtschaft wohl vollständig kollabieren.

Vor einem solchen Szenario warnt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ausdrücklich. "Der 'Grexit' ist die absolut schlechteste Option für alle", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Der würde Griechenland in eine fünf bis zehn Jahre dauernde Depression stürzen. Und die deutschen Steuerzahler würden deutlich mehr Geld abschreiben müssen." Fratzscher geht davon aus, dass Griechenland über Jahre auf europäische Hilfe angewiesen sein wird. Für die nächsten zwei Jahre hält er ein drittes Hilfsprogramm mit einem Volumen von 30 bis 40 Milliarden Euro für den griechischen Staat für nötig, außerdem einen zweistelligen Milliardenbetrag für die griechischen Banken.
 
Liveticker zu Griechenland: +++ 10:05 Könnte sich Athen selbst Euros drucken? +++

Ja. Technisch könnte sich Athen seine Euros tatsächlich einfach selbst drucken, denn die griechische Nationalbank hat eine eigene Druckerei. Dort werden Zehn-Euro-Scheine hergestellt. 2014 waren es 94 Millionen Stück. Allerdings darf die Bank of Greece nicht einfach die Notenpresse anwerfen, wie sie will: Wer wie viele Scheine von welcher Sorte druckt, legt der EZB-Rat fest. Auf diese Weise teilen sich die Euroländer die Produktion des gemeinsamen Geldes.


+++ 9:42 Athener Börse bleibt bis Montag geschlossen +++


+++ 9:32 Weidmann gegen weitere Notkredite +++
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann spricht sich gegen kurzfristige Liquiditätshilfen für Griechenland aus, die nicht von einem neuen Hilfspaket gedeckt sind. Bei der Bundesbank-Konferenz in Frankfurt sagt er: "Das Eurosystem sollte die Liquiditätszufuhr nicht erhöhen und die Kapitalverkehrskontrollen sollten nicht aufgehoben werden, ehe sich alle Parteien auf ein angemessenes Hilfsprogramm geeinigt haben und die Solvenz sowohl der griechischen Regierung als auch des griechischen Bankensystems gesichert ist." Sollten kurzfristigere Hilfen für notwendig gehalten werden, müssten diese aus den Staatshaushalten geleistet werden.


+++ 9:22 Weidmann: "Brückenfinanzierung nicht von der EZB" - jetzt live bei n-tv +++
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann stemmt sich gegen Begehrlichkeiten nach weiteren Finanzhilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) für das taumelnde Griechenland. "Die Zweifel an der Solvenz der griechischen Banken sind legitim und nehmen jeden Tag zu", sagt Weidmann bei einer Tagung der Bundesbank in Frankfurt. "Es muss klar sein, dass die Verantwortung für die weiteren Entwicklungen in Griechenland und für jedwede Entscheidung zu finanziellen Transfers bei der griechischen Regierung und den Partnerländern liegt - und nicht beim EZB-Rat."

+++ 9:19 Draghi: "Diesmal ist es wirklich schwierig" +++
Ein Redakteur der Tageszeitung "Il Sole 24Ore" durfte gestern EZB-Präsident Mario Draghi auf seinem Flug von Rom nach Brüssel begleiten. Er fragte ihn, ob er auf dem Weg sei, die Akte Griechenland zu schließen. Draghis Antwort: "Ich weiß nicht, diesmal ist es wirklich schwierig". Angeblich war dem Italiener die Anspannung anzumerken. Auf die Frage, ob Russland Griechenland zur Hilfe kommen werde, antwortete er: "Ich glaube nicht, die haben selber kein Geld."

+++ 9:10 "Popstar" und "Poster-Boy" Tsipras +++
Alle Augen sind auf Griechenlands linken Premier Alexis Tsipras gerichtet. Er "zieht wie ein Popstar", sagen manche. Seine Anhänger brauchen nur noch das entsprechende Accessoire:


+++ 8:42 Analyse: "Grexit-Wahrscheinlichkeit bei 70 Prozent" +++
Laut Commerzbank liegt die Wahrscheinlichkeit eines Grexit "bei fast 70 Prozent". Kommt der Grexit, wird er die Gemeinschaftswährung nach Ansicht des leitenden Anlagestrategen Chris-Oliver Schickentanznur aber stärken. Er "könnte sich als reinigendes Gewitter" erweisen, sagt Schickentanz der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Der Kapitalmarkt erhielte das Signal, dass die Dauerkrise der Eurozone ausgestanden ist und die Währungsgemeinschaft sich als robust erwiesen hat." Bereits in den vergangenen Tagen, in denen das Szenario eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone konkreter geworden sei, habe sich der Eurokurs stabilisiert.

+++ 8:26 Luxemburgs Finanzminister: "In 48 Stunden wissen wir mehr" +++
Griechenland muss nach Ansicht des luxemburgischen Finanzministers Pierre Gramegna dringend seine Reformvorschläge vorlegen. Man sei sehr enttäuscht gewesen, dass die Vorschläge nicht auf dem Tisch gelegen hätten, so Gramegna im ZDF. Die Frage, ob es am Sonntag für Griechenland Hilfe geben werde, beantwortet er mit: "Das werden wir schon in den nächsten 48 Stunden wissen, wenn wir die Vorschläge von Griechenland kennen werden." Wenn diese nicht glaubhaft, und wie in der Vergangenheit nicht präzise seien, könne man nicht erwarten, dass die andere Seite viel Verständnis habe.

+++ 8:09 Ryanair-Chef: "Griechen haben einen Haufen Irrer gewählt" +++
Das Drama um Griechenland zerrt an den Nerven. Offenbar auch an denen von Ryanair-Chef Michael O'Leary:

Die Fluggesellschaft spricht derzeit mit der griechischen Regierung darüber, griechische Passagiere in den nächsten zwei Wochen kostenlos auf inländischen Routen fliegen zu lassen - weil die Menschen nicht mit Kreditkarten zahlen können. Die irische Fluggesellschaft ist nach den Worten von O'Leary einer der größten Investoren im Land und eines der wenigen europäischen Unternehmen, die in Hellas stark wachsen.

+++ 7:58 Tsipras und die "westliche Ordnung" +++
Der langjährige CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok hat eine klare Haltung zum griechischen Regierungschef: "Tsipras kann mit der westlichen Ordnung nichts anfangen. Ich fürchte, es wird kein Programm von ihm geben", sagte er in der ARD zum Griechen-Drama. Außerdem: "Wer kurz vor Schluss die Verhandlungen abbricht, ein Referendum fordert und dafür ein 'Nein' empfiehlt, dem muss man die Frage stellen, ob er überhaupt eine Lösung will, die ihn im Euro hält." Griechenland hat einen Antrag auf neue finanzielle Hilfen aus Europa gestellt. Das pleitebedrohte Land muss den Euro-Finanzministern bis Mitternacht eine detaillierte Liste mit Reform- und Sparvorschlägen übermitteln.

+++ 7:45 Geldautomaten können nur noch bis Montag gefüllt werden +++
Die Geldautomaten der griechischen Banken können der Chefin des griechischen Bankenverbandes, Louka Katseli, zufolge noch bis Montag gefüllt werden. Kunden können derzeit maximal 60 Euro am Tag abheben.

+++ 7:34 Jeder vierte Grieche kämpft gegen Armut +++
Nach Erhebungen des griechischen Statistikamts Elstat waren 2013 rund vier Millionen Griechen, das sind rund 25 Prozent der Bevölkerung, von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Armutsgrenze liegt dabei bei 4068 Euro pro Person und Jahr.

+++ 7:07 Griechenland droht in Rezession zurückzufallen +++
Laut jüngsten Daten des griechischen Statistikamts Elstat droht Griechenland erneut in eine Rezession abzugleiten. Im Mai schrumpfte das Handelsdefizit um gut 24 Prozent zum Jahr zuvor. Hintergrund sind drastisch sinkende Importe. Die Exporte stagnierten nahezu. Analysten gehen davon aus, dass Griechenland selbst dann in eine schwere Rezession zurückfallen wird, wenn ein Grexit vermieden wird.

+++ 6:25 Rund 2200 deutsche Rentner in Griechenland +++
In Griechenland beziehen derzeit rund 2200 Deutsche eine Rente. Die jüngsten Rentenzahlungen wurden Ende Juni laut Bundessozialministerium ohne Probleme und pünktlich über die Bundesbank an die griechischen Banken überwiesen. Probleme bei der Auszahlung ließen sich bisher nicht verlässlich beurteilen. Insgesamt wurden Ende Juni rund 92.000 Rentenzahlungen nach Griechenland geleistet. Überwiegend handele es sich um Zahlungen an Griechen, die in Deutschland einen Rentenanspruch erarbeitet haben und diesen auf ihr griechisches Konto überwiesen bekommen. "Klar ist, dass alle Menschen in Griechenland vor den gleichen Schwierigkeiten stehen, Bargeld zu bekommen."

+++ 6:10 Countdown bis Mitternacht: Warten auf Reformvorschläge +++
Griechenland muss den Euro-Finanzministern bis spätestens heute um Mitternacht eine Liste mit Reform- und Sparvorschlägen übermitteln. Nur wenn die Vorschläge zustimmungsfähig sind, will der EU-Sondergipfel am Sonntag den Weg für ein weiteres Hilfspaket ebnen.


+++ 6:00 IWF-Chefin Lagarde fordert erneut Umschuldung +++
Neben Spar- und Reformmaßnahmen sei dieser Schritt notwendig für die Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands, sagt Lagarde bei einer Veranstaltung am Washingtoner Politikinstitut Brookings. In einem vergangene Woche veröffentlichten Bericht hatten die IWF-Experten geraten, den Zeitraum für die Rückzahlung der von den Euro-Partnern an Athen vergebenen Kredite zu verdoppeln.


+++ 5:10 DIW: "'Grexit' wäre schlechteste Option" +++
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat vor einem Scheitern der Verhandlungen im Schuldenstreit mit Griechenland und einem Euro-Ausstieg Athens gewarnt. "Der 'Grexit' ist die absolut schlechteste Option für alle", sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Der würde Griechenland in eine fünf bis zehn Jahre dauernde Depression stürzen. Und die deutschen Steuerzahler würden deutlich mehr Geld abschreiben müssen."

+++ 1:10 Insider: Mehreren griechischen Banken droht Schließung +++
Selbst bei einer Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland könnte Insidern zufolge ein Umbruch in der Bankenbranche des Eurostaates anstehen. Mehrere große Institute müssten wohl geschlossen werden und mit stärkeren fusionieren, sagen mit den Überlegungen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Einer der Insider sagte, am Ende könnten von den vier großen Geldhäusern National Bank of Greece, Eurobank, Piraeus und Alpha Bank noch zwei bestehen bleiben. Einem zweiten Insider zufolge sind zwar Fusionen von Banken notwendig. Ein Umbau der Branche könne aber über eine längere Zeit hinweg erfolgen.

+++ 0:07 Griechische Banken bleiben die gesamte Woche geschlossen +++
Die griechischen Banken bleiben wegen der Finanzkrise bis zum 13. Juli geschlossen. Griechische Kunden dürften bis dahin auch weiterhin nur 60 Euro pro Tag abheben, teilt das Finanzministerium am Mittwoch mit. Die griechische Regierung will damit verhindern, dass die Banken zusammenbrechen, weil zu viele Kunden gleichzeitig ihre Konten räumen könnten. Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren am 29. Juni in Kraft getreten und sollten ursprünglich am Mittwochabend auslaufen.

 
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