Griechenland Grexit NEWS: Pokernacht in Brüssel: "Grexit auf Zeit" ist vom Tisch

"Endgültige Lösung der Schuldenkrise": Athen: Tsipras präsentiert neuen Vorschlag

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Platzt jetzt der Knoten? Kurz vor dem Sondergipfel kommt aus Athen offenbar ein neuer Vorschlag zur Lösung der Schuldenkrise. Nicht nur der ehemalige stellvertretender Ministerpräsident Venizelos hofft, dass sich Regierungschef Tsipras seiner historischen Verantwortung bewusst ist.


Einen Tag vor dem Euro-Krisengipfel hat Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras seine Vorschläge für eine "endgültige Lösung" der Schuldenkrise präsentiert. Tsipras habe seine Position am Sonntag in Telefonaten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident François Hollande und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker erläutert, hieß es in einer Erklärung der Regierung in Athen.

Ob Tsipras auf die Forderungen der Gläubiger zu weiteren Spar- und Reformmaßnahmen einging, blieb zunächst offen. In der Erklärung hieß es lediglich, die Vorschläge zielten auf eine "Vereinbarung zum gegenseitigen Nutzen" ab. Die Bundesregierung bestätigte das Telefonat. Zu Inhalten machte ein Sprecher indes keine Angaben. Ein EU-Mitarbeiter in Brüssel erklärte dagegen, die Arbeit an neuen Vorschlägen gehe weiter, zu diesem Zeitpunkt seien noch keine neuen Vorschläge vorgelegt worden.

Athen wehrt sich bislang insbesondere gegen Einschnitte bei Renten, höhere Mehrwertsteuern und die Fortführung der Arbeitsmarktreform. Die Euro-Partner ihrerseits wollen Athen keinen Schuldenerlass in Aussicht stellen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte derweil abermals Reformen im hoch verschuldeten Land. Sie seien die Voraussetzung für einen Erfolg der Stabilisierungspolitik, sagte Schäuble in Rasdorf, wo ihm der Point-Alpha-Preis für seine Verdienste um die Einheit Deutschlands und Europas verliehen wurde.

"Wo in Europa Reformen nicht nur beschlossen, sondern auch umgesetzt worden sind, hat unsere Stabilisierungspolitik in den letzten Jahren funktioniert", sagte Schäuble. Dies sei in Irland geschehen, in Portugal, Zypern, Spanien "und in Griechenland auch, solange dort Reformen umgesetzt worden sind". Zugleich warnte Schäuble vor einem Aufweichen der gemeinsamen europäischen Regeln. "Denn wenn wir uns auf das, was wir vereinbart haben, gar nicht verlassen können, dann wächst kein Vertrauen in Europa", mahnte der Finanzminister.
"Tsipras muss die historische Bedeutung erkennen"

Zuvor hatte der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Evangelos Venizelos in einem Gastbeitrag in der Wochenzeitung "To Vima" seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass sich Tsipras der Größe seiner Verantwortung bewusst sei. "Wir nähern uns dem historischen Augenblick der Wahrheit", schrieb Venizelos in dem seiner sozialdemokratischen Partei Pasok nahestehendem Blatt. Wenn Tsipras das verstehe, werde er einer Einigung mit den europäischen Institutionen zustimmen. "Er kann nicht die demagogische Totgeburt, die 'Thessaloniki-Agenda' durchsetzen, er wird keine bessere Vereinbarung treffen können, als die, die die vorherige Regierung durchgesetzt haben. Er kann und muss die Risiken eindämmen, die er kaltblütig mit seinen Bluffs provoziert hat."

Dazu gehört nach Ansicht von Venizelos, die geforderten Reformen umzusetzen. Das Kabinett Samaras, in dem auch Venizelos stellvertretender Ministerpäsident war, habe seiner Meinung nach unter enormen Kosten 90 Prozent einer schmerzvollen Reise unternommen, die nicht "unsere Wahl gewesen ist, aber die einzige realistische Lösung, um das totale Desaster zu verhindern." Die aktuelle Regierung müsse die restlichen zehn Prozent beschreiten, die am Tag ihrer Wahl noch übrig waren – wobei sich die Wegstrecke "in den vergangenen Monaten leider wieder verlängert habe".

Unter Ministerpräsident Andonis Samaras waren Athen und die europäischen Institutionen auch keine großen Freunde. Im März 2012 warf Venizelos selbst IWF-Chefin Christine Lagarde vor, die Griechen beleidigt zu haben, nachdem diese in einem Interview erklärt hatte, sie habe kein Mitleid mit den Griechen, diese sollten vielmehr anfangen Steuern zu zahlen. Anfang 2014 - zu Beginn der griechischen EU-Ratspräsidentschaft – forderte der Pasok-Politiker Deutschland auf, in Europa zurückhaltender aufzutreten. Dennoch erscheint im Rückblick die Zusammenarbeit zwischen der Regierung Samaras und dem europäischen Institutionen einfacher, als die mit der Regierung Tsipras.

Am Montag kommen die Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Staaten auf einem EU-Sondergipfel zusammen, um noch eine Einigung mit Griechenland zu erreichen und eine Pleite des Euro-Landes abzuwenden.
 
Liveticker zur Schuldenkrise: +++ 22:35 Banker: "Wenn es keine Übereinkunft am Montag gibt, dann ..." +++

"Wenn es keine Übereinkunft am Montag gibt, weiß Gott wie dann der Dienstag aussieht. Nicht einmal die EZB ist sich sicher, wie es dann weitergehen würde", sagt ein führender Banker, der an einem Treffen von Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras einberufenen Treffen teilgenommen hat zur Nachrichtenagentur Reuters. Bei dem Treffen, das bereits am Freitag stattgefunden hat, wurde über die eskalierende Schuldenkrise beraten. Zuvor waren die Geldabflüsse von den Banken auf mehr als eine Milliarde Euro am Tag gestiegen

+++ 21:55 Griechische Notenbank warnt vor "schwierigem Dienstag" +++
Der Chef der griechischen Notenbank, Yannis Stournaras, hat Insidern zufolge führende Banker von Kreditinstituten gewarnt, sie sollten sich auf einen schwierigen Dienstag einstellen, wenn am Montag keine Einigung auf dem EU-Sondergipfel erreicht werde. Zuvor waren die Geldabflüsse von den Banken auf mehr als eine Milliarde Euro am Tag gestiegen.

Von Kapitalverkehrskontrollen sei aber bei dem von Stournaras selbst einberufenem Treffen nicht die Rede gewesen, hieß es. Stattdessen sei es auch um logistische Fragen wie die Bargeldversorgung und die Bestückung von Geldautomaten gegangen.

+++ 21:21 Oettinger: Spielräume gegenüber Griechenland weitgehend ausgereizt +++
EU-Kommissar Günther Oettinger sieht in der griechischen Schuldenkrise kaum noch Möglichkeiten für weitere Zugeständnisse der Geldgeber gegenüber Athen. "Unsere Spielräume sind weitgehend ausgereizt", sagte er im ZDF. "Alles in allem haben wir ein sehr solides Paket zugunsten Griechenlands aufgebaut." Die Länder der Eurozone seien zudem sehr flexibel hinsichtlich der in Griechenland notwendigen Einsparungen. "Ich glaube, damit zeigen wir, dass wir wirklich einen Kompromiss wollen und nicht von den Griechen erwarten, dass sie zu Kreuze kriechen", sagte Oettinger.

+++ 20:30 EZB kommt zu Sondersitzung zusammen+++
Die Europäische Zentralbank kommt am Montag in Frankfurt am Main zu einer Sondersitzung zusammen, um sich erneut mit einer möglichen Erweiterung der Kreditrahmen für griechische Banken zu befassen. Wie aus Bankenkreisen verlautete, trifft sich der EZB-Rat auf Bitten der griechischen Nationalbank. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt.

Griechische Bankkunden hatten in den vergangenen Tagen Milliarden von ihren Konten abgehoben und damit das Bankensystem unter Druck gesetzt. Erst am Freitag hatte die EZB zum zweiten Mal binnen einer Woche den Rahmen für die sogenannten ELA-Notkredite erweitert.

+++ 19:40 "Nein-zum-Sparen"-Proteste in Athen +++
Unser n-tv.de-Kollege Jan Gänger ist zur Stunde auf dem zentralen Syntagma-Platz und schickt uns von dort ein Foto.

Auf dem Platz hat eine Kundgebung gegen die Austeritätspolitik begonnen. Etwa 3000 Menschen sind bereits versammelt, erwartet werden etwa 5.000. Auf den Plakaten ist zu lesen: "Unsere Leben gehören nicht den Kreditgebern", "Das Land ist nicht zu verkaufen " und "Das Volk kann man nicht erpressen."

In den vergangenen Tagen lösten sich in Athen Anti-Austeritätsproteste mit Pro-Euro-Demos ab.

+++ 19:10 Tsipras und Juncker treffen sich vor Krisengipfel +++
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras wird nach Angaben eines EU-Diplomaten vor dem Krisengipfel am Montag mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammenkommen. Das Treffen sei für Montagvormittag geplant, hieß es.

+++18:25 Varoufakis: "Sind auf dem Weg zu einer Übereinkunft" +++
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis gibt sich optimistisch, dass eine Vereinbarung mit den Kreditgebern möglich ist. Auf die Frage, ob er davon überzeugt sei, sagte Varoufakis: "Immer, wir sind auf dem Weg zu einer Übereinkunft." Details zu den neuen Lösungsvorschlägen aus Athen nannte er nicht.

 
Liveticker zur Schuldenkrise: +++ 13:10 Schäuble: Es gibt keine substanziellen Vorschläge aus Athen +++

Wolfgang Schäuble vermisst weiter belastbare Angebote der griechischen Regierung. "Wir haben bisher keine substanziellen Vorschläge bekommen", sagt der Bundesfinanzminister unmittelbar vor Beginn der Sitzung der Euro-Finanzminister in Brüssel. Deshalb könnten die Euro-Finanzminister auch den Staats- und Regierungschef der Eurozone für ihren Griechenland-Gipfel am Abend "keine angemessene Vorbereitung liefern".

Schäubles irischer Amtskollege Michael Noonan äußerte die Erwartung, dass ein neues Eurogruppentreffen an diesem Donnerstag nötig sein werde. Kanzlerin Merkel hatte am Vormittag gesagt, gegebenenfalls sei "noch viele Tage Zeit", um Entscheidungen zu treffen (siehe unten). Das Kreditprogramm läuft am 30. Juni aus.

Will Schäuble den Grexit, den Merkel verhindern möchte? Aus Sicht der griechischen Regierung hat sich die Bundesregierung nie auf eine gemeinsame Linie verständigt. Mehr dazu lesen Sie hier.

+++ 12:25 Schäuble will Antrag auf Verlängerung des Programms +++
Das Bundesfinanzministerium fordert laut "Welt" von der Regierung in Athen, eine Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Kreditprogramms zu beantragen. Außerdem müsse sich Griechenland verpflichten, bestimmte Maßnahmen noch vor der Auszahlung von Geld durch den Rettungsfonds EFSF und dem Internationalen Währungsfonds umzusetzen.

+++ 12:13 Tschechiens Finanzminister will Griechenland pleitegehen lassen +++
Der tschechische Finanzminister Andrej Babis hat sich für einen Bankrott Athens ausgesprochen. Der liberale Politiker sagte: "Griechenland ist in den letzten 200 Jahren viermal pleite gegangen, und es sollte endlich ein fünftes Mal den Bankrott erklären, damit der Raum bereinigt wird." Der Agrarmilliardär und Medienunternehmer Babis ist Gründer der Protestbewegung ANO. Ministerpräsident Bohuslav Sobotka vom sozialdemokratischen Koalitionspartner CSSD widersprach umgehend. Ein Bankrott Griechenlands würde seiner Ansicht nach die andauernde "Migrationskrise" verschärfen. Nur ein funktionierender Staat könne die EU-Südgrenze bewachen.

+++ 11:55 Juncker dämpft Optimismus: Noch sind wir nicht so weit +++
"In den vergangenen Tagen haben wir Fortschritte gemacht, noch aber sind wir nicht so weit", sagt EU-Kommissionspräsident Juncker bei einem Treffen mit dem griechischen Regierungschef Tsipras (siehe unten). "Ich weiß nicht, ob wir heute eine Einigung erzielen werden."

+++ 11:42 Merkel: Ohne Votum der Institutionen gibt es keine Entscheidungen +++
In einer kurzen Stellungnahme am Rande eines Treffens der CDU-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern in Magdeburg äußert die Kanzlerin sich auch zu Griechenland. Merkel führt aus, dass es heute vor dem EU-Sondergipfel ein Treffen der Euro-Finanzminister gebe. Zunächst jedoch würden sich die drei Institutionen die Vorschläge anschauen, die Griechenland in der Nacht eingereicht habe - die Institutionen sind die EZB, die EU-Kommission und der IWF. Nur wenn die Institutionen eine Empfehlung geben, können die Finanzminister eine Entscheidung treffen, sagt Merkel. Gibt es keine Empfehlung und keine Entscheidung, werde der Sondergipfel heute Abend "nur ein Beratungsgipfel" sein. Aber auch danach sei "noch viele Tage Zeit, um gegebenenfalls Entscheidungen zu treffen". Die Koalition verfolge das Prinzip, "Solidarität, wenn auf der anderen Seite Anstrengungen sichtbar sind".

+++ 11:32 "D-Day für Griechenland" +++
Heue Nachmittag bringen wir ein Interview mit dem griechischen Oppositionspolitiker Harry Theoharis. Er ist Fraktionssprecher der Mitte-Partei "To Potami" (Der Fluss) und war bis vor einem Jahr der oberste Steuereintreiber Griechenlands.

Im Juni 2014 trat Theoharis nach anderthalb Jahren im Amt zurück - man sagt, auf Druck des damaligen Ministerpräsidenten Antonis Samaras, dem er wohl zu eifrig war. Theoharis selbst sagt: aus persönlichen Gründen. Mit Blick auf den Sondergipfel in Brüssel sagt Theoharis: "Heute ist der D-Day."

Vorläufig können wir auf das Interview verweisen, das wir im März mit ihm geführt haben. Darin sagte er, er mache sich Sorgen, "ob Deutschland im eigenen Interesse eine europäische Agenda verfolgt, zu der auch gehört, dass die Griechen diese Krise überstehen können".

+++ 11:24 Juncker schlägt Tsipras +++
Der Tag des griechischen Ministerpräsidenten in Brüssel begann mit einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Das Verhältnis der beiden ist nicht ganz spannungsfrei - sie haben sich mehrfach öffentlich widersprochen. Zur Begrüßung bekommt Tsipras von Juncker einen Klaps auf die Wange - der Luxemburger ist bekannt dafür, seine Gäste auf unkonventionelle Art willkommen zu heißen.

+++ 11:00 SPD-Fraktionsvize Schneider kritisiert Merkel: Schuldenschnitt kam zu spät +++
SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider sagt bei n-tv, er würde es "sehr begrüßen, wenn es heute eine Einigung gäbe". Schließlich müsse anschließend noch das griechische Parlament entscheiden, auch der Bundestag müsse die Beschlüsse noch diskutieren und ihnen zustimmen. Schneider zeigte sich "zuversichtlich". Für Europa und Griechenland wäre es "die beste Lösung, wenn sie im Euro blieben".

Zugleich kritisierte der SPD-Haushaltsexperte die Bundeskanzlerin. Die SPD-Fraktion sei in den vergangenen fünf Jahren immer der Auffassung gewesen, "dass die Schuldenlast in Griechenland zu hoch war und deswegen man gleich zu Beginn den Schuldenschnitt bei den privaten Gläubigern hätte machen müssen. Das hat damals die Bundeskanzlerin verhindert, ist erst zu spät gekommen und darum leiden die Griechen jetzt auch sehr stark."

+++ 10:52 Griechische Börse zeigt sich erleichtert +++
Die Börse in Athen reagiert euphorisch auf die neuesten Entwicklungen: Am Athener Aktienmarkt schießt der FTSE/Athex am Vormittag um fast acht Prozent nach oben. Gleichzeitig sinken die Renditen am Anleihemarkt: Die Zehnjahresrendite fällt von 12,6 Prozent am Freitag auf 11,7 Prozent. Darin spiegelt sich wider, dass ein Zahlungsausfall des schuldengeplagten Landes von den Akteuren an den Finanzmärkten für weniger wahrscheinlich gehalten wird.

+++ 10:50 Das sind die Vorschläge der Griechen +++
Zeit für einen kurzen Überblick über die neuen Vorschläge, die Alexis Tsipras den Gläubigern übermittelt hat. Die Quelle ist die Deutsche Presse-Agentur, die sich wiederum auf griechische Zeitungen beruft. Aus offiziellen Quellen wurden diese Maßnahmen nicht bestätigt. Die Maßnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen.

Die Mehrwertsteuer soll erhöht werden, bei Grundnahrungsmitteln wie Reis und Nudeln von 13 auf 23 Prozent, im Hotelgewerbe von 6,5 auf 13 Prozent, in der Gastronomie von 13 auf 23 Prozent.
Neu eingeführt werden soll eine Sondersteuer auf Einkommen von 30.000 Euro jährlich.
Unternehmen, die 2014 mehr als 500.000 Euro Gewinne hatten, sollen eine Sonder-Gewinnsteuer zahlen.
Bleiben soll eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte. Allein diese Maßnahme soll gut 2,6 Milliarden Euro bringen. Auch die Inhaber von Jachten, Luxusautos und Swimming Pools sollen tiefer in die Tasche greifen.
Die meisten Frührenten sollen abgeschafft werden.
Die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge für die Renten- und Krankenkassen sollen um zwei Prozent erhöht werden.

Als Gegenleistung fordert Athen dem Bericht zufolge eine Umschichtung seiner Schulden sowie ein umfangreiches Investitionsprogramm, damit die griechische Wirtschaft wieder wächst.

+++ 10:33 EZB erweitert Spielraum für ELA-Notkredite +++
Die Europäische Zentralbank hat den finanziellen Spielraum für die griechischen Banken erneut erweitert. Die Nachrichtenagentur AFP meldet unter Berufung auf Bankenkreise in Athen, die EZB habe den Rahmen für die sogenannten ELA-Notkredite erhöht. Außerdem sei eine erneute Erweiterung "jederzeit" möglich. Es ist bereits das dritte Mal seit vergangenem Mittwoch, dass der Kreditrahmen angehoben wird, um der massiven Abhebung von Bargeld durch griechische Bankkunden zu begegnen, die wegen der weiterhin ungelösten Schuldenkrise besorgt sind.

+++ 10:25 Griechen schicken versehentlich falsche Unterlagen +++
Die "Financial Times" meldet, die griechische Seite habe den europäischen Unterhändlern nicht die richtigen Unterlagen geschickt. "Das ist nicht so schlimm, aber die haben versehentlich die falschen geschickt", zitiert die Zeitung einen hochrangigen Behördenvertreter (der vermutlich zu einer der "Institutionen" gehört; so genau legt sich die FT da nicht fest). Insgesamt beruft sich die Zeitung auf drei Quellen. Zwei davon hätten mittlerweile die richtige Version erhalten.

+++ 10:15 Krise? Welche Krise? +++
Am Morgen dieses Tags der Entscheidung schickt Jan Gänger einen kurzen Eindruck aus Athen:

Krise? Welche Krise, müssen sich die zahllosen Touristen fragen, die hierher strömen. Tatsächlich ist von der Krise auf den ersten Blick nichts zu sehen. Erst bei näherem Hinsehen fallen etwa die vielen geschlossenen Geschäfte auf. Auch eine so offenkundige Obdachlosigkeit hat es vor der Krise in Athen nicht gegeben. Aber meist ist die Armut von außen nicht sichtbar. So haben viele Griechen zwar eine Eigentumswohnung, aber keinen Strom, weil sie die Rechnung nicht bezahlen können, sagen mir Athener. Auch würden viele Kinder hungrig in die Schule gehen. Auch das sieht man als Tourist natürlich nicht.


+++ 09:56 Tsipras-Rede im Europarat abgesagt +++
Der Besuch von Alexis Tsipras im Europarat ist kurzfristig abgesagt worden. Gründe seien nicht genannt worden, teilt ein Sprecher der Straßburger Staatenorganisation mit. Der Termin war am Freitag vereinbart worden. Der griechische Ministerpräsident wollte vor der Parlamentarischen Versammlung der 47 Europaratsländer sprechen. Der Europarat wacht über die Einhaltung der Menschenrechte und ist Diskussionsforum für aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Er ist kein Gremium der EU.

+++ 09:26 Friedrich: Wir wollen Fakten sehen +++
Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich macht deutlich, dass eine Zustimmung seiner Fraktion zu einem etwaigen Kompromiss mit Griechenland nicht so leicht zu bekommen wäre. Man werde sich "ganz genau anschauen, ob das, was da jetzt (von der griechischen Regierung) vorgelegt ist, wirklich seriös ist", so der CSU-Politiker bei n-tv.

Großes Vertrauen in die EU-Kommission und in die Staats- und Regierungschefs der EU, die heute Abend zu einem Sondergipfel zusammenkommen, hat Friedrich nicht. "Wir akzeptieren keine Taschenspielertricks der Kommission und auch des Rates nicht, sondern wir wollen Fakten sehen." Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone wäre aus seiner Sicht kein Problem. "Ich habe schon seit 2009 empfohlen, Griechenland muss aus dem Euro heraus, weil diese sehr schwache, unterentwickelte Wirtschaft unter Euro-Bedingungen einer harten Währung nicht wettbewerbsfähig ist."

+++ 08:53 Özdemir: Am Ende siegt die Vernunft +++
Cem Özdemir ist optimistisch, dass eine Lösung gefunden wird. "Ich bin zuversichtlich, weil ich glaube, dass das im Interesse beider Seiten liegt", sagt der Grünen-Chef bei n-tv. "Sollte Griechenland aus der Eurozone ausscheiden, wird das Vertrauen in die Krisenlösungskompetenz der EU, aber namentlich auch der Bundeskanzlerin, der Bundesregierung, rapide abnehmen. Das wäre keine gute Nachricht für die Zukunft der EU. Am Ende siegt die Vernunft."

+++ 08:24 Tsipras soll Ende der Frühverrentung anbieten +++
Ministerpräsident Alexis Tsipras hat nach Informationen der griechischen Presse Vorschläge für eine "endgültige Lösung" der Schuldenkrise seines Landes vorgelegt. Athen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einen Sondersteuer zu belegen. "Athen weicht von seinen roten Linien zurück", titelt die Zeitung "Ta Nea". Das Blatt sieht das "Ende der Frührenten" kommen. Griechenland fordere seinerseits eine Umschichtung und Umlegung der Schulden des Landes.

+++ 08:00 Ist der Grexit der letzte Ausweg? +++
Für die Griechen, die am Sonntagabend vor dem Parlament in Athen demonstriert haben, hat der Grexit seinen Schrecken verloren, berichtet Kollege Jan Gänger aus der griechischen Hauptstadt.

Der in Berlin lebende griechische Journalist Theo Kouvakas sieht das ähnlich, wenngleich nicht ganz so entspannt wie die Athener Demonstranten. Wenn die griechische Regierung es schaffe, heute Abend einen Kompromiss auszuhandeln, "kommt auf den durchschnittlichen Griechen immer noch eine lange Phase wirtschaftlicher Härten zu", schreibt er in einem Kommentar. Immerhin gebe es dann die Aussicht auf eine bessere Zukunft. "Schafft die Regierung das nicht, hat Griechenland keine andere brauchbare Option, als seine Verluste zu minimieren und wieder als das arme kleine Land an der südöstlichen Grenze Europas zu überleben, das es über zwei Jahrhunderte war. Wenn es kein Teil der Lösung sein kann, kann es wenigstens aufhören, ein Teil des Problems zu sein."

+++ 07:45 "Wenn Griechenland scheitert, scheitert Merkel" +++
Der Berlin-Korrespondent der "Irish Times", Derek Scally, erinnert in einem Kommentar für seine Zeitung an das Diktum der Bundeskanzlerin, "wenn der Euro scheitert, dann scheitert Europa". Weiter schreibt er, "wenn Griechenland scheitert und der Euro scheitert, dann scheitert Merkel". Dann werde die ostdeutsche Physikerin, die von Helmut Kohl aus der Dunkelheit gezogen worden sei, als die Frau in die Geschichtsbücher eingehen, die das Erbe ihres Förderers untergraben habe. Um die Eurozone zusammenzuhalten, müsse sie etwas unternehmen, was sie bislang nur selten getan habe: weitreichende Entscheidungen treffen, die der öffentlichen Meinung in Deutschland zuwiderlaufen.

+++ 06:30 Deutsche Touristen fühlen sich in Griechenland willkommen +++
Falls jemand Angst haben sollte, im Sommer nach Griechenland zu fahren, so ist dies ganz offensichtlich unbegründet. Der britische "Guardian" bringt eine Geschichte über deutsche Touristen in Griechenland. Eine Urlauberin aus der friesischen Stadt Jever wird in dem Artikel mit den Worten zitiert, sie sei in Griechenland nur einer Person begegnet, die unfreundlich gewesen sei – und das sei ein Deutscher gewesen, den sie nach dem Weg gefragt habe. Und damit Guten Morgen aus Berlin.

+++ 05:00 Anleger in Tokio in Kauflaune +++
Hoffnungen auf eine Einigung in letzter Minute im Schuldenstreit der Eurozone mit Griechenland beflügeln die Tokioter Börse. Der japanische Index Nikkei legt im Vormittagshandel um 0,8 Prozent auf 20.339 Punkte zu. Händler bewerten vor allem die Vorlage neuer Kompromissvorschläge durch Alexis Tsipras als positives Zeichen. Auch der breiter gefasste Index Topix gewinnt 0,8 Prozent auf 1643 Zähler. "Die Ereignisse in Europa bestimmen die Stimmung", sagt ein Analyst. "Sollte sich die Besorgnis mit Blick auf Übersee weiter abschwächen, könnten Anleger verstärkt wieder in den Markt einsteigen."

+++ 04:30 Selmayr spricht von "Zangengeburt" +++
Das Geschacher um die griechischen Finanzen wird zur Chefsache. Der Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker begrüßt vor dem Eurozonen-Gipfel neue Vorschläge aus Athen zur Beilegung der Schuldenkrise. Sie seien eine gute Basis für Fortschritte, schreibt Martin Selmayr bei Twitter. Er fügt hinzu, auf Deutsch würde er von einer "Zangengeburt" sprechen.

Christian Odendahl, Chefvolkswirt beim Centre for European Reform in London, kommentiert, ebenfalls bei Twitter: "Ich hatte gehofft, die nächste deutsche Metapher, die es in Englische schafft, wäre etwas anderes als 'Zangengeburt'." Ein Interview mit Christian Odendahl über die griechische Krise vom April finden Sie hier.

+++ 01:40 EU-Kommission begrüßt neue griechische Reformvorschläge +++
Die EU-Kommission bezeichnet die neuen Vorschläge der griechischen Regierung zur Beilegung des Schuldenstreits als "gute Grundlage". Zum Inhalt ihres neuen Vorschlags, der am Abend in Brüssel besprochen werden soll, hat die Regierung in Athen keine konkreten Angaben gemacht.

+++ 01:20 "Wir alle wollen Griechenland helfen" +++
Vize-Kanzler Sigmar Gabriel fordert eine Kompromisslösung, die im Interesse der einfachen Bürger sowohl in Griechenland als auch in Deutschland ist. "Wir alle wollen Griechenland helfen", sagt Gabriel der "Bild"-Zeitung. Doch die griechische Regierung müsse "endlich etwas tun". Er sei sicher, Bundeskanzlerin Angela Merkel werde "nichts unterschreiben, bei dem die Milliardäre Griechenlands weiter Steuern hinterziehen und in Deutschland Arbeitnehmer und Rentner dafür noch mehr bezahlen müssen".

+++ 00:20 "Tsipras trägt Verantwortung für griechisches Volk" +++
Vor dem Sondergipfel der Eurozone in Brüssel ruft EU-Parlamentspräsident Martin Schulz den griechischen Ministerpräsidenten auf, eine Lösung für die Schuldenkrise zu ermöglichen. "Alexis Tsipras trägt vor allem Verantwortung für das gesamte griechische Volk. Das darf er beim Sondergipfel in Brüssel nicht vergessen", sagt Schulz der "Rheinischen Post". Mit Blick auf die geforderten Reformen sagt der SPD-Politiker: "Bisher haben die Aussagen Athens, es gebe weitreichende Angebote der griechischen Regierung, nicht zugetroffen. Unsere Angebote hingegen liegen auf dem Tisch." Und diese seien "wirklich weitreichend".

Der mögliche Showdown rückt näher: Heute Abend um 19.00 Uhr kommen die Staats- und Regierungschefs der Eurozone zu einem Sondergipfel zusammen. Gemeinsam mit Vertretern der "Institutionen" (IWF, EZB und EU-Kommission) wollen sie in Brüssel über die dramatische Lage beraten. Es ist – wieder einmal – die letzte Chance auf eine Einigung im Streit um die griechische Schuldenkrise. Bereits um 12.30 Uhr trifft sich die Eurogruppe, also die Finanzminister der Euro-Staaten.

Das europäische Kreditprogramm läuft Ende Juni aus, dem Land droht dann die Pleite, möglicherweise auch der Austritt aus der Eurozone. Die anderen Euro-Staaten fordern von Griechenland Spar- und Reformzusagen als Voraussetzung für die Freigabe der verbliebenen Milliarden.
 
"Zangengeburt": EU-Kommission sieht "gute Grundlage für Fortschritte"

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"Nein zum Euro" steht auf Transparenten, die Demonstranten vor dem griechischen Parlament schwenken. Es sind Tausende - aber nicht die Mehrheit. Die will einer Umfrage zufolge in der Eurozone bleiben. Zu entscheiden haben das andere. Und: Es scheint, Bewegung in den Schuldenstreit zu kommen.

Die EU-Kommission hat die neuen Vorschläge der griechischen Regierung zur Beilegung des Schuldenstreits ausdrücklich begrüßt. Die Vorschlagsliste sei bei der Kommission sowie beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) eingegangen, bestätigte der deutsche Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr. Das überarbeitete griechische Angebot sei eine "gute Grundlage für Fortschritte" beim EU-Sondergipfel am Montagabend. Selmayr fügte - offenbar mit Blick auf das zähe Ringen mit der linksgerichteten Regierung in Athen - hinzu: "eine Zangengeburt".

In Telefonaten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Staatschef François Hollande und EU-Kommissionschef Juncker hatte der griechische Regierungschef Alexis Tsipras nach Angaben seiner Regierung am Wochenende seine Vorschläge für eine "endgültige Lösung" in der Krise erläutert. Ob Tsipras auf die Forderungen der Gläubiger nach weiteren Spar- und Reformmaßnahmen einging, blieb offen. Die griechische Regierung erklärte lediglich, die Vorschläge zielten auf eine "Vereinbarung zum gegenseitigen Nutzen" ab. Staatsminister Alekos Flambouraris hatte zuvor von Zugeständnissen an die Geldgeber gesprochen.

Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone kommen am Montagabend in Brüssel zusammen, um über eine Lösung für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland zu beraten. Zuvor prüfen die Finanzminister der Währungsunion, ob von Athen angekündigte Lösungsvorschläge ausreichen, um verbliebene Gelder aus dem Ende Juni auslaufenden Hilfsprogramm für das Land auszuzahlen.

Die linksgeführte Regierung in Athen sperrt sich seit Monaten gegen einen Teil der Spar- und Reformauflagen der internationalen Gläubiger. Ohne weitere finanzielle Unterstützung droht dem Land ab Ende des Monats die Zahlungsunfähigkeit, die auch zu einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone führen könnte.

"Wir alle wollen Griechenland helfen"

Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) drängt vor dem EU-Sondergipfel auf eine Kompromisslösung, die im Interesse der einfachen Bürger sowohl in Griechenland als auch in Deutschland ist. "Wir alle wollen Griechenland helfen", sagt Gabriel der "Bild". Doch die griechische Regierung müsse "endlich etwas tun". Er sei sicher, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde "nichts unterschreiben, bei dem die Milliardäre Griechenlands weiter Steuern hinterziehen und in Deutschland Arbeitnehmer und Rentner dafür noch mehr bezahlen müssen".

Der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef fügte in der "Bild" hinzu, "Kompromisse zu finden, aber die kleinen Leute in Deutschland und Griechenland zu schützen", dafür habe Merkel "die volle Unterstützung der SPD".

"Verantwortung für das gesamte griechische Volk"

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) rief Griechenlands Regierungschef Tsipras auf, im Interesse der griechischen Bürger Wege aus der Krise zu weisen. "Alexis Tsipras trägt vor allem Verantwortung für das gesamte griechische Volk. Das darf er beim Sondergipfel in Brüssel nicht vergessen", sagte Schulz der "Rheinischen Post".

Athen habe immer noch nicht geliefert, kritisierte Schulz. "Bisher haben die Aussagen Athens, es gebe weitreichende Angebote der griechischen Regierung, nicht zugetroffen", sagte der SPD-Politiker der Zeitung. "Unsere Angebote hingegen liegen auf dem Tisch." Und diese seien "wirklich weitreichend", fügte der EU-Parlamentspräsident hinzu.

"Das Land steht nicht zum Ausverkauf"

Am Sonntag hatten vor dem Parlament in Athen Tausende Demonstranten von Ministerpräsident Tsipras verlangt, in den Verhandlungen mit den Kreditgebern des Landes nicht nachzugeben. Die Menschen sangen, schwenkten griechische Flaggen und Transparente mit Aufschriften wie "Nein zum Euro", "Das Volk lässt sich nicht erpressen" und "Das Land steht nicht zum Ausverkauf". Viele waren Anhänger der regierenden Syriza-Partei.

"Sie wollen uns demütigen", sagte der 65-jährige frühere Lehrer Yiota Kananakari an die Adresse der Gläubiger. "Warum bestehen sie sonst auf all den Maßnahmen? Wir werde n das nicht länger hinnehmen." Umfragen zufolge ist die Mehrheit der Griechen allerdings für einen Verbleib in der Eurozone.

 
Champagner-Laune an den Börsen: Tsipras schnürt Fünf-Milliarden-Paket

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Höhere Mehrwertsteuer, Sonderabgaben auf bestimmte Einkommen und eine reduzierte Frühverrentung: Athens Regierung kassiert ihre roten Linien. Es könnte der lang erwartete Durchbruch in den Verhandlungen mit den Gläubigern sein.


Die griechische Regierung hat nach Informationen der Athener Finanzpresse den Gläubigern harte Steuererhöhungen und Einsparungen angeboten, um die Schuldenkrise zu lösen. Ministerpräsident Alexis Tsipras "hat ein schweres Sparpaket nach Brüssel mitgenommen", schreibt "Capital". An den Börsen wird das Paket bejubelt. Der Dax legt 2,8 Prozent zu. Der Markt in Athen steigt sogar um sieben Prozent. Die griechische Zehn-Jahresrendite fällt auf 11,7 Prozent.

Die von Tsipras vorgeschlagenen Maßnahmen sollen demnach in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen. Unter anderem solle der Mehrwertsteuersatz für Grundnahrungsmittel wie Reis und Nudeln von 13 auf 23 Prozent erhöht werden. Die Mehrwertsteuer im Hotelgewerbe solle von 6,5 auf 13 Prozent verdoppelt werden. Zudem sollen die Mehrwertsteuern in Tavernen, Restaurants und Cafés von 13 auf 23 Prozent steigen.

Sozialbeiträge erhöht

Neu eingeführt werden solle eine Sondersteuer auf Einkommen von 30.000 Euro jährlich, die von ein Prozent stufenweise bis sieben Prozent steigen könnte. Unternehmen, die 2014 mehr als 500.000 Euro Gewinne hatten, sollen bis zu sieben Prozent Sonder-Gewinnsteuer zahlen. Bleiben soll eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte. Allein diese Maßnahme soll gut 2,6 Milliarden Euro in die Kassen spülen.

Inhaber von Jachten, Luxusautos und Schwimmbädern müssten noch tiefer in die Tasche greifen. Die meisten Frührenten sollen nach dem Tsipras-Angebot abgeschafft werden. Das war eine der Forderungen der Geldgeber zur Sanierung des Rentensystems. Außerdem sollen die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge für die Renten- und Krankenkassen um zwei Prozent erhöht werden.

Als Gegenleistung fordere Athen unter anderem eine Umschichtung seiner Schulden, berichtet die griechische Finanzpresse. Zudem solle es ein umfangreiches Investitionsprogramm geben, damit die griechische Wirtschaft wieder wachse. Aus offiziellen Quellen wurden diese Maßnahmen nicht bestätigt. Wie es aus Regierungskreisen am Montag hieß, sei alles noch auf dem Verhandlungstisch.

Am Mittag wollen die Euro-Finanzminister die Vorschläge beraten, bevor am Abend die Regierungschefs des Währungsraums zusammenkommen.
 
Liveticker zur Schuldenkrise: +++ 20:36 Zeitung veröffentlicht griechisches Sparkonzept +++

Die Zeitung "Kathimerini" hat die letzte Seite der griechischen Sparvorhaben veröffentlicht, die den Gläubigern vorgelegt worden sein soll. Daraus geht hervor, dass Griechenland dieses Jahr 1,51 Prozent seines Bruttoinlandproduktes (BIP, englisch: GDP) und 2016 weitere 2,87 Prozent des BIP sparen will. Unter anderem will die Regierung Renten kürzen, die Mehrwertsteuer erhöhen, die Steuerhinterziehung bekämpfen, Unternehmen mit Gewinnen über 500.000 Euro stärker besteuern, und die Rüstungsausgaben kürzen. Für 2015 sollen so 2,692 Milliarden und für 2016 5,207 Milliarden Euro gespart werden.



+++ 20:03 Tausende Griechen demonstrieren für Einigung +++
Vor dem Parlament in Athen demonstrieren derzeit tausende Menschen für einen Verbleib ihres Landes in der Eurozone. Aufgerufen hatten Sympathisanten und Wähler der oppositionellen konservativen Partei Nea Dimokratia sowie der Sozialisten (Pasok) und anderer proeuropäischer Parteien und Vereinigungen. Die Demonstranten fordern, dass sich die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras mit den Partnern und Gläubigern verständigt, damit Griechenland den Euro als Währung behalten kann. Eine Gruppe von rund 100 Autonomen versuchte, die Demonstration zu stören. Die Polizei verdrängte sie vom Platz. Gestern hatten tausende Linke für eine harte Haltung gegenüber den Gläubigern demonstriert.



+++ 19:23 Faymann: Auf Griechenland so weit zugehen wie auf UK +++
Mittlerweile sind die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union im Justus-Lipsius-Gebäude eingetroffen. Der Gipfel beginnt mit einem nun leicht verzögerten Arbeitsessen. Bei den üblichen "Doorstep"-Statements äußerten mehrere Teilnehmer die Erwartung, dass dieses Treffen einen Fortschritt bringe, obwohl keine konkreten Beschlüsse geplant sind. Frankreichs Präsident Françoise Hollande sagte, die neuen Vorschläge aus Griechenland seien vielversprechend. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann verteidigte die Griechen und setzte eine Spitze gegen die Briten: "Wenn ich sehe, was uns David Cameron an Aufeinanderzugehen abverlangt, denke ich, dass wir auf Griechenland genauso weit zugehen können."



+++ 18:45 Merkel-Statement: Dies ist ein Beratungsgipfel +++
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nun angekommen. Ihr Statement vor der Tür fällt kurz aus. Sie sagt, das einzige Thema dieses Gipfels sei Griechenland. Allerdings läge aus der Eurogruppe keine Entscheidungsgrundlage vor, deshalb könne dieser Gipfel nur ein "Beratungsgipfel" sein. Konkrete Beschlüsse sind also nicht mehr zu erwarten.

+++ 18:35 Tusk: Angebot ist erstes echtes Angebot seit vielen Wochen +++
Noch ein positives Signal aus der EU-Führungsspitze: Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates, in dem die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten vertreten sind, äußert sich auf Twitter so: "Vielversprechende Dinge sind passiert, seit ich den Euro-Gipfel einberufen habe. Das griechische Angebot ist das erste echte Angebot seit vielen Wochen. Erfordert Bewertung und weitere Arbeit." Bei seiner Ankunft am Ratsgebäude sagte Tusk, die Staat- und Regierungschefs übernähmen die volle Verantortung für den Prozess. Ihr Ziel sei es, einen unkontrollierbaren, chaotischen "Graccident" zu vermeiden.

+++ 18:06 Dax hat besten Tag seit drei Jahren +++
Die Händler an den Börsen bewerten die bisherige Entwicklung des Tages positiv. Der Deutsche Aktienindex Dax startete stark, hatte dann einen leichten Durchhänger, als Wolfgang Schäuble behauptete, er habe kein Angebot aus Griechenland vorliegen und erholte sich dann wieder, als Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem diese Vorschläge als eine gute Arbeitsgrundlage bezeichnete. Am Ende schloss der Dax mit einem Plus von 3,8 Prozent und 11.461 Punkten. Das ist ein Tagesgewinn von mehr als 400 Punkten im Vergleich zum Wochenschluss am Freitag und damit das größte Plus seit etwa drei Jahren. Zusätzlichen Schub bekam der Index am späten Nachmittag von starken US-Wirtschaftsdaten.

+++ 17:41 Tsipras im Ratsgebäude angekommen +++
Der griechische Ministerpräsident befindet sich jetzt im Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel, wo sich die Staats- und Regierungschefs treffen. Tsipras lächelte den wartenden Journalisten zu, ging aber schnellen Schrittes an ihnen vorbei und gab kein Statement ab. Der Gipfel soll um 19 Uhr beginnen.

+++ 17:29 Griechische Aktien legen neun Prozent zu +++
Die Athener Börse hat mit neun Prozent im Plus geschlossen. Die Kurse stiegen auf 749,17 Punkte – dies waren neun Prozent mehr als zum Handelsschluss am Freitag. Die Anleger sind also optimistisch, dass es eine Einigung geben wird. Auch die Börsen in Frankfurt, Paris, London und Madrid legten zu.

+++ 17:08 Finanzminister streiten über Kapitalverkehrskontrollen +++
Nicht nur, wenn Griechenland aus der Eurozone ausscheiden sollte, bräuchte das Land wohl vorübergehend Kapitalverkehrskontrollen. Das bedeutet, dass die Griechen ihr Geld nur noch in begrenztem Maße von ihren Konten abgeben oder ins Ausland überweisen können. Auch, wenn Griechenland im Euro bleibt, sollten Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden, meinen manche Finanzminister der Eurozone. Denn die Griechen heben bereits in großen Mengen Geld ab – und könnten so die Banken zum Zusammenbruch bringen.

Nicht jeder sei bei diesem Thema "auf derselben Wellenlänge", sagte der belgischen Finanzminister Johan Van Overveldt. Er empfiehlt, Höchstbeträge für Barabhebungen festzulegen. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) rät gar zur zeitweisen Schließung der Kreditinstitute. "Griechenland sollte Banken vorübergehend schließen und Kapitalverkehrskontrollen einführen, völlig unabhängig davon, ob das Land in der Euro-Zone verbleiben kann oder nicht", erklärte IWH-Präsident Reint Gropp. Das würde der Regierung Zeit verschaffen, um entweder einige der notwendigen Reformen zu verabschieden oder aber die nötigen Vorbereitungen dafür zu treffen, eine Parallelwährung einzuführen. "Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung in Griechenland könnte sonst zu einem Ansturm auf die Banken führen", warnte Gropp.

+++ 16:36 Juncker bremst die Hoffnung +++
Ist das Drama um Griechenland heute Abend vorbei? EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ist da skeptisch: "Wir haben noch eine lange Durststrecke vor uns", sagt er. Sein Ziel sei es, "dass wir eine Einigung bis Ende der Woche finden". Das könnte bedeuten, dass der Gipfel, der um 19 beginnt, keine Entscheidungen trifft. Die Finanzminister haben bereits angekündigt, sich im Lauf der Woche noch einmal zu treffen, die Staats- und Regierungschefs kommen am Donnerstag ohnehin noch einmal zusammen.

+++ 15:29 Neues Treffen angesetzt – Entscheidung vertagt? +++
Die Finanzminister der Euro-Staaten werden sich innerhalb dieser Woche ein weiteres Mal treffen. Denn die Vorschläge aus Griechenland konnten in der Kürze der Zeit nicht ordentlich geprüft werden. Die Zusammenkunft dauerte entsprechend kurz. Die Frage ist: Wenn die Minister noch keine Empfehlung abgeben konnten – was soll dann die Grundlage für eine Entscheidung der Staats- und Regierungschefs sein, die um 19 Uhr zusammenkommen wollen? In Brüssel kursierte schon die Überlegung, das Gipfeltreffen könne abgesagt werden. Mittlerweile ist dieses Gerücht dementiert. Dennoch deutet die Entwicklung darauf hin, dass es heute noch keine Entscheidung gibt.

+++ 15:13 Eurogruppe sieht in Vorschlägen "gute Arbeitsgrundlage" +++
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagt, die neuen Vorschläge aus Griechenland seien spät eingetroffen. Die Minister hätten diese Unterlagen gerne früher bekommen, um sie besser prüfen zu können. Sein Eindruck sei aber, dass es sich um "eine gute Arbeitsgrundlage" handle. Auf dieser Grundlage könnten die Gespräche wiederaufgenommen werden. Noch müsse jedoch "die Kohärenz des Ganzen geprüft werden". Währungskommissar Pierre Moscovici betonte: "Die Einigung ist noch nicht da." Dijsselbloem und Moscovici ließen nur wenige Fragen zu. Entgegen der Ankündigung traten Hans Regling und Christine Lagarde nicht vor die Presse.

+++ 14:55 Treffen beendet, Eurogruppenchef tritt vor die Presse +++
Das Treffen der Finanzminister ist beendet. Der finnische Kollege fasst zusammen: "Eurogruppe endet. Arbeit geht weiter. Institutionen prüfen die Angebote." Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem wird die Ergebnisse gleich in einer Pressekonferenz etwas ausführlicher schildern. Auch Klaus Regling, Chef des Rettungsfonds ESM, Pierre Moscovici, EU-Währungskommissar und Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds, werden vor die Presse treten. Die Statements lassen sich hier per Livestream verfolgen: Die EU bietet auch eine deutsche Übersetzung an.

+++ 14:42 Grybauskaite: "Griechenland will schlemmen" +++
Die litauische Staatschefin Dalia Grybauskaite positioniert sich vor dem EU-Gipfel deutlich: Sie will nicht, dass die Euro-Staaten den Griechen zu weit entgegen kommen. "Unsere Haltung ist ziemlich hart", sagte sie. Griechenland habe jahrzehntelang über seine Verhältnisse gelebt und wolle nun nicht die Verantwortung dafür übernehmen. "Wir sehen ein Land, das schlemmen möchte und sich von anderen das Geld für die Feier geben lassen möchte", sagte Grybauskaite. Länder wie Spanien, Portugal und Irland hätten sich in ihren schwierigen Zeiten verantwortungsvoll verhalten und ihre Probleme überwunden. "Litauen hat es auch geschafft, seine Krise zu bewältigen", sagte Grybauskaite.

Litauen ist nach einem harten Reformkurs seit 2015 in der Eurozone. Das Land ist auch deswegen für eine harte Verhandlungsposition, weil es sich eine teure Rettungspolitik nicht leisten möchte. Die Sozialsysteme in den baltischen Staaten sind zum Teil schlechter finanziert als das in Griechenland. Grybauskaite war, bevor sie Staatspräsidentin wurde, EU-Kommissarin für Finanzen und Haushalt.

+++ 13:48 "Es gibt (k)eine neuen Vorschläge. Alles klar?" +++
Der griechische Journalist Nick Malkoutzis fasst den Stand der Debatte schlüssig in einem Tweet zusammen: Es gibt (keine) neue(n) griechische(n) Vorschläge, sie bilden (k)eine Basis für eine Einigung und der Gipfel heute Abend ist (nicht) sinnvoll. Alles klar? Mit dem Problem der Wahrheitsfindung haben wir uns heute hier beschäftigt. Von Nick Malkoutzis hatten wir kürzlich einen sehr lesenswerten Gastbeitrag mit dem Titel "Griechenland in der Geisterbahn".

+++ 13:38 Schäuble lässt Dax stolpern +++
Kritische Äußerungen aus dem Kreise der Eurogruppe bremsen gegen Mittag die Griechenland-Euphorie an der deutschen Börse: Der Dax verliert in kurzer Zeit rund 100 Punkte. Händler verweisen auf Aussagen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: "Wir haben bisher keine substanziellen Vorschläge bekommen", hatte der CDU-Politiker vor dem Krisentreffen gesagt. Mittlerweile hat sich der Dax wieder erholt und steigt um 2,6 Prozent - damit aber etwas moderater als am Vormittag, als er noch mehr als drei Prozent zulegte.

+++ 13:10 Schäuble: Gipfel wird relativ wenig bringen +++
Der Optimismus, den Juncker und Tsipras verbreitet haben, ist schlagartig wie weggeblasen. Er kenne keine neuen Vorschläge, sagt Bundesfinanzminister Schäuble unmittelbar vor Beginn der Sitzung der Euro-Finanzminister. "Der Stand ist für mich derselbe wie am Donnerstag." Auch der IWF habe bislang "nichts" bekommen.

Die Finanzminister sollen einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am Abend vorbereiten. Es gebe aber keine Vorschläge aus Athen, die "seriös" geprüft werden könnten, so Schäuble. "Und deswegen werden wir auch für einen Euro-Summit heute Abend keine angemessene Vorbereitung liefern können." Das Gipfeltreffen werde deswegen "relativ wenig bringen können".

Schäubles irischer Amtskollege Michael Noonan äußerte die Erwartung, dass ein neues Eurogruppentreffen an diesem Donnerstag nötig sein werde. Kanzlerin Merkel hatte am Vormittag gesagt, gegebenenfalls sei "noch viele Tage Zeit", um Entscheidungen zu treffen (siehe unten). Das Kreditprogramm läuft am 30. Juni aus.

Will Schäuble den Grexit, den Merkel verhindern möchte? Aus Sicht der griechischen Regierung hat sich die Bundesregierung nie auf eine gemeinsame Linie verständigt. Mehr dazu lesen Sie hier.

+++ 12:25 Schäuble will Antrag auf Verlängerung des Programms +++
Das Bundesfinanzministerium fordert laut "Welt" von der Regierung in Athen, eine Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Kreditprogramms zu beantragen. Außerdem müsse sich Griechenland verpflichten, bestimmte Maßnahmen noch vor der Auszahlung von Geld durch den Rettungsfonds EFSF und dem Internationalen Währungsfonds umzusetzen.

+++ 12:13 Tschechiens Finanzminister will Griechenland pleitegehen lassen +++
Der tschechische Finanzminister Andrej Babis hat sich für einen Bankrott Athens ausgesprochen. Der liberale Politiker sagte: "Griechenland ist in den letzten 200 Jahren viermal pleite gegangen, und es sollte endlich ein fünftes Mal den Bankrott erklären, damit der Raum bereinigt wird." Der Agrarmilliardär und Medienunternehmer Babis ist Gründer der Protestbewegung ANO. Ministerpräsident Bohuslav Sobotka vom sozialdemokratischen Koalitionspartner CSSD widersprach umgehend. Ein Bankrott Griechenlands würde seiner Ansicht nach die andauernde "Migrationskrise" verschärfen. Nur ein funktionierender Staat könne die EU-Südgrenze bewachen.

+++ 11:55 Juncker dämpft Optimismus: Noch sind wir nicht so weit +++
"In den vergangenen Tagen haben wir Fortschritte gemacht, noch aber sind wir nicht so weit", sagt EU-Kommissionspräsident Juncker bei einem Treffen mit dem griechischen Regierungschef Tsipras (siehe unten). "Ich weiß nicht, ob wir heute eine Einigung erzielen werden."

+++ 11:42 Merkel: Ohne Votum der Institutionen gibt es keine Entscheidungen +++
In einer kurzen Stellungnahme am Rande eines Treffens der CDU-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern in Magdeburg äußert die Kanzlerin sich auch zu Griechenland. Merkel führt aus, dass es heute vor dem EU-Sondergipfel ein Treffen der Euro-Finanzminister gebe. Zunächst jedoch würden sich die drei Institutionen die Vorschläge anschauen, die Griechenland in der Nacht eingereicht habe - die Institutionen sind die EZB, die EU-Kommission und der IWF. Nur wenn die Institutionen eine Empfehlung geben, können die Finanzminister eine Entscheidung treffen, sagt Merkel. Gibt es keine Empfehlung und keine Entscheidung, werde der Sondergipfel heute Abend "nur ein Beratungsgipfel" sein. Aber auch danach sei "noch viele Tage Zeit, um gegebenenfalls Entscheidungen zu treffen". Die Koalition verfolge das Prinzip, "Solidarität, wenn auf der anderen Seite Anstrengungen sichtbar sind".

+++ 11:32 "D-Day für Griechenland" +++
Heue Nachmittag bringen wir ein Interview mit dem griechischen Oppositionspolitiker Harry Theoharis. Er ist Fraktionssprecher der Mitte-Partei "To Potami" (Der Fluss) und war bis vor einem Jahr der oberste Steuereintreiber Griechenlands.

Im Juni 2014 trat Theoharis nach anderthalb Jahren im Amt zurück - man sagt, auf Druck des damaligen Ministerpräsidenten Antonis Samaras, dem er wohl zu eifrig war. Theoharis selbst sagt: aus persönlichen Gründen. Mit Blick auf den Sondergipfel in Brüssel sagt Theoharis: "Heute ist der D-Day."

Vorläufig können wir auf das Interview verweisen, das wir im März mit ihm geführt haben. Darin sagte er, er mache sich Sorgen, "ob Deutschland im eigenen Interesse eine europäische Agenda verfolgt, zu der auch gehört, dass die Griechen diese Krise überstehen können".

+++ 11:24 Juncker schlägt Tsipras +++
Der Tag des griechischen Ministerpräsidenten in Brüssel begann mit einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Das Verhältnis der beiden ist nicht ganz spannungsfrei - sie haben sich mehrfach öffentlich widersprochen. Zur Begrüßung bekommt Tsipras von Juncker einen Klaps auf die Wange - der Luxemburger ist bekannt dafür, seine Gäste auf unkonventionelle Art willkommen zu heißen.

+++ 11:00 SPD-Fraktionsvize Schneider kritisiert Merkel: Schuldenschnitt kam zu spät +++
SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider sagt bei n-tv, er würde es "sehr begrüßen, wenn es heute eine Einigung gäbe". Schließlich müsse anschließend noch das griechische Parlament entscheiden, auch der Bundestag müsse die Beschlüsse noch diskutieren und ihnen zustimmen. Schneider zeigte sich "zuversichtlich". Für Europa und Griechenland wäre es "die beste Lösung, wenn sie im Euro blieben".

Zugleich kritisierte der SPD-Haushaltsexperte die Bundeskanzlerin. Die SPD-Fraktion sei in den vergangenen fünf Jahren immer der Auffassung gewesen, "dass die Schuldenlast in Griechenland zu hoch war und deswegen man gleich zu Beginn den Schuldenschnitt bei den privaten Gläubigern hätte machen müssen. Das hat damals die Bundeskanzlerin verhindert, ist erst zu spät gekommen und darum leiden die Griechen jetzt auch sehr stark."

+++ 10:52 Griechische Börse zeigt sich erleichtert +++
Die Börse in Athen reagiert euphorisch auf die neuesten Entwicklungen: Am Athener Aktienmarkt schießt der FTSE/Athex am Vormittag um fast acht Prozent nach oben. Gleichzeitig sinken die Renditen am Anleihemarkt: Die Zehnjahresrendite fällt von 12,6 Prozent am Freitag auf 11,7 Prozent. Darin spiegelt sich wider, dass ein Zahlungsausfall des schuldengeplagten Landes von den Akteuren an den Finanzmärkten für weniger wahrscheinlich gehalten wird.

+++ 10:50 Das sind die Vorschläge der Griechen +++
Zeit für einen kurzen Überblick über die neuen Vorschläge, die Alexis Tsipras den Gläubigern übermittelt hat. Die Quelle ist die Deutsche Presse-Agentur, die sich wiederum auf griechische Zeitungen beruft. Aus offiziellen Quellen wurden diese Maßnahmen nicht bestätigt. Die Maßnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen.

Die Mehrwertsteuer soll erhöht werden, bei Grundnahrungsmitteln wie Reis und Nudeln von 13 auf 23 Prozent, im Hotelgewerbe von 6,5 auf 13 Prozent, in der Gastronomie von 13 auf 23 Prozent.
Neu eingeführt werden soll eine Sondersteuer auf Einkommen von 30.000 Euro jährlich.
Unternehmen, die 2014 mehr als 500.000 Euro Gewinne hatten, sollen eine Sonder-Gewinnsteuer zahlen.
Bleiben soll eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte. Allein diese Maßnahme soll gut 2,6 Milliarden Euro bringen. Auch die Inhaber von Jachten, Luxusautos und Swimming Pools sollen tiefer in die Tasche greifen.
Die meisten Frührenten sollen abgeschafft werden.
Die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge für die Renten- und Krankenkassen sollen um zwei Prozent erhöht werden.

Als Gegenleistung fordert Athen dem Bericht zufolge eine Umschichtung seiner Schulden sowie ein umfangreiches Investitionsprogramm, damit die griechische Wirtschaft wieder wächst.

+++ 10:33 EZB erweitert Spielraum für ELA-Notkredite +++
Die Europäische Zentralbank hat den finanziellen Spielraum für die griechischen Banken erneut erweitert. Die Nachrichtenagentur AFP meldet unter Berufung auf Bankenkreise in Athen, die EZB habe den Rahmen für die sogenannten ELA-Notkredite erhöht. Außerdem sei eine erneute Erweiterung "jederzeit" möglich. Es ist bereits das dritte Mal seit vergangenem Mittwoch, dass der Kreditrahmen angehoben wird, um der massiven Abhebung von Bargeld durch griechische Bankkunden zu begegnen, die wegen der weiterhin ungelösten Schuldenkrise besorgt sind.

+++ 10:25 Griechen schicken versehentlich falsche Unterlagen +++
Die "Financial Times" meldet, die griechische Seite habe den europäischen Unterhändlern nicht die richtigen Unterlagen geschickt. "Das ist nicht so schlimm, aber die haben versehentlich die falschen geschickt", zitiert die Zeitung einen hochrangigen Behördenvertreter (der vermutlich zu einer der "Institutionen" gehört; so genau legt sich die FT da nicht fest). Insgesamt beruft sich die Zeitung auf drei Quellen. Zwei davon hätten mittlerweile die richtige Version erhalten.

+++ 10:15 Krise? Welche Krise? +++
Am Morgen dieses Tags der Entscheidung schickt Jan Gänger einen kurzen Eindruck aus Athen:

Krise? Welche Krise, müssen sich die zahllosen Touristen fragen, die hierher strömen. Tatsächlich ist von der Krise auf den ersten Blick nichts zu sehen. Erst bei näherem Hinsehen fallen etwa die vielen geschlossenen Geschäfte auf. Auch eine so offenkundige Obdachlosigkeit hat es vor der Krise in Athen nicht gegeben. Aber meist ist die Armut von außen nicht sichtbar. So haben viele Griechen zwar eine Eigentumswohnung, aber keinen Strom, weil sie die Rechnung nicht bezahlen können, sagen mir Athener. Auch würden viele Kinder hungrig in die Schule gehen. Auch das sieht man als Tourist natürlich nicht.

Hier Jan Gängers Bericht von einer Demo gestern in Athen.

+++ 09:56 Tsipras-Rede im Europarat abgesagt +++
Der Besuch von Alexis Tsipras im Europarat ist kurzfristig abgesagt worden. Gründe seien nicht genannt worden, teilt ein Sprecher der Straßburger Staatenorganisation mit. Der Termin war am Freitag vereinbart worden. Der griechische Ministerpräsident wollte vor der Parlamentarischen Versammlung der 47 Europaratsländer sprechen. Der Europarat wacht über die Einhaltung der Menschenrechte und ist Diskussionsforum für aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Er ist kein Gremium der EU.

+++ 09:26 Friedrich: Wir wollen Fakten sehen +++
Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich macht deutlich, dass eine Zustimmung seiner Fraktion zu einem etwaigen Kompromiss mit Griechenland nicht so leicht zu bekommen wäre. Man werde sich "ganz genau anschauen, ob das, was da jetzt (von der griechischen Regierung) vorgelegt ist, wirklich seriös ist", so der CSU-Politiker bei n-tv.

Großes Vertrauen in die EU-Kommission und in die Staats- und Regierungschefs der EU, die heute Abend zu einem Sondergipfel zusammenkommen, hat Friedrich nicht. "Wir akzeptieren keine Taschenspielertricks der Kommission und auch des Rates nicht, sondern wir wollen Fakten sehen." Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone wäre aus seiner Sicht kein Problem. "Ich habe schon seit 2009 empfohlen, Griechenland muss aus dem Euro heraus, weil diese sehr schwache, unterentwickelte Wirtschaft unter Euro-Bedingungen einer harten Währung nicht wettbewerbsfähig ist."

+++ 08:53 Özdemir: Am Ende siegt die Vernunft +++
Cem Özdemir ist optimistisch, dass eine Lösung gefunden wird. "Ich bin zuversichtlich, weil ich glaube, dass das im Interesse beider Seiten liegt", sagt der Grünen-Chef bei n-tv. "Sollte Griechenland aus der Eurozone ausscheiden, wird das Vertrauen in die Krisenlösungskompetenz der EU, aber namentlich auch der Bundeskanzlerin, der Bundesregierung, rapide abnehmen. Das wäre keine gute Nachricht für die Zukunft der EU. Am Ende siegt die Vernunft."

+++ 08:24 Tsipras soll Ende der Frühverrentung anbieten +++
Ministerpräsident Alexis Tsipras hat nach Informationen der griechischen Presse Vorschläge für eine "endgültige Lösung" der Schuldenkrise seines Landes vorgelegt. Athen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einen Sondersteuer zu belegen. "Athen weicht von seinen roten Linien zurück", titelt die Zeitung "Ta Nea". Das Blatt sieht das "Ende der Frührenten" kommen. Griechenland fordere seinerseits eine Umschichtung und Umlegung der Schulden des Landes.

+++ 08:00 Ist der Grexit der letzte Ausweg? +++
Für die Griechen, die am Sonntagabend vor dem Parlament in Athen demonstriert haben, hat der Grexit seinen Schrecken verloren, berichtet Kollege Jan Gänger aus der griechischen Hauptstadt.

Der in Berlin lebende griechische Journalist Theo Kouvakas sieht das ähnlich, wenngleich nicht ganz so entspannt wie die Athener Demonstranten. Wenn die griechische Regierung es schaffe, heute Abend einen Kompromiss auszuhandeln, "kommt auf den durchschnittlichen Griechen immer noch eine lange Phase wirtschaftlicher Härten zu", schreibt er in einem Kommentar. Immerhin gebe es dann die Aussicht auf eine bessere Zukunft. "Schafft die Regierung das nicht, hat Griechenland keine andere brauchbare Option, als seine Verluste zu minimieren und wieder als das arme kleine Land an der südöstlichen Grenze Europas zu überleben, das es über zwei Jahrhunderte war. Wenn es kein Teil der Lösung sein kann, kann es wenigstens aufhören, ein Teil des Problems zu sein."

+++ 07:45 "Wenn Griechenland scheitert, scheitert Merkel" +++
Der Berlin-Korrespondent der "Irish Times", Derek Scally, erinnert in einem Kommentar für seine Zeitung an das Diktum der Bundeskanzlerin, "wenn der Euro scheitert, dann scheitert Europa". Weiter schreibt er, "wenn Griechenland scheitert und der Euro scheitert, dann scheitert Merkel". Dann werde die ostdeutsche Physikerin, die von Helmut Kohl aus der Dunkelheit gezogen worden sei, als die Frau in die Geschichtsbücher eingehen, die das Erbe ihres Förderers untergraben habe. Um die Eurozone zusammenzuhalten, müsse sie etwas unternehmen, was sie bislang nur selten getan habe: weitreichende Entscheidungen treffen, die der öffentlichen Meinung in Deutschland zuwiderlaufen.

+++ 06:30 Deutsche Touristen fühlen sich in Griechenland willkommen +++
Falls jemand Angst haben sollte, im Sommer nach Griechenland zu fahren, so ist dies ganz offensichtlich unbegründet. Der britische "Guardian" bringt eine Geschichte über deutsche Touristen in Griechenland. Eine Urlauberin aus der friesischen Stadt Jever wird in dem Artikel mit den Worten zitiert, sie sei in Griechenland nur einer Person begegnet, die unfreundlich gewesen sei – und das sei ein Deutscher gewesen, den sie nach dem Weg gefragt habe. Und damit Guten Morgen aus Berlin.

+++ 05:00 Anleger in Tokio in Kauflaune +++
Hoffnungen auf eine Einigung in letzter Minute im Schuldenstreit der Eurozone mit Griechenland beflügeln die Tokioter Börse. Der japanische Index Nikkei legt im Vormittagshandel um 0,8 Prozent auf 20.339 Punkte zu. Händler bewerten vor allem die Vorlage neuer Kompromissvorschläge durch Alexis Tsipras als positives Zeichen. Auch der breiter gefasste Index Topix gewinnt 0,8 Prozent auf 1643 Zähler. "Die Ereignisse in Europa bestimmen die Stimmung", sagt ein Analyst. "Sollte sich die Besorgnis mit Blick auf Übersee weiter abschwächen, könnten Anleger verstärkt wieder in den Markt einsteigen."

+++ 04:30 Selmayr spricht von "Zangengeburt" +++
Das Geschacher um die griechischen Finanzen wird zur Chefsache. Der Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker begrüßt vor dem Eurozonen-Gipfel neue Vorschläge aus Athen zur Beilegung der Schuldenkrise. Sie seien eine gute Basis für Fortschritte, schreibt Martin Selmayr bei Twitter. Er fügt hinzu, auf Deutsch würde er von einer "Zangengeburt" sprechen.

Christian Odendahl, Chefvolkswirt beim Centre for European Reform in London, kommentiert, ebenfalls bei Twitter: "Ich hatte gehofft, die nächste deutsche Metapher, die es in Englische schafft, wäre etwas anderes als 'Zangengeburt'." Ein Interview mit Christian Odendahl über die griechische Krise vom April finden Sie hier.

+++ 01:40 EU-Kommission begrüßt neue griechische Reformvorschläge +++
Die EU-Kommission bezeichnet die neuen Vorschläge der griechischen Regierung zur Beilegung des Schuldenstreits als "gute Grundlage". Zum Inhalt ihres neuen Vorschlags, der am Abend in Brüssel besprochen werden soll, hat die Regierung in Athen keine konkreten Angaben gemacht.

+++ 01:20 "Wir alle wollen Griechenland helfen" +++
Vize-Kanzler Sigmar Gabriel fordert eine Kompromisslösung, die im Interesse der einfachen Bürger sowohl in Griechenland als auch in Deutschland ist. "Wir alle wollen Griechenland helfen", sagt Gabriel der "Bild"-Zeitung. Doch die griechische Regierung müsse "endlich etwas tun". Er sei sicher, Bundeskanzlerin Angela Merkel werde "nichts unterschreiben, bei dem die Milliardäre Griechenlands weiter Steuern hinterziehen und in Deutschland Arbeitnehmer und Rentner dafür noch mehr bezahlen müssen".

+++ 00:20 "Tsipras trägt Verantwortung für griechisches Volk" +++
Vor dem Sondergipfel der Eurozone in Brüssel ruft EU-Parlamentspräsident Martin Schulz den griechischen Ministerpräsidenten auf, eine Lösung für die Schuldenkrise zu ermöglichen. "Alexis Tsipras trägt vor allem Verantwortung für das gesamte griechische Volk. Das darf er beim Sondergipfel in Brüssel nicht vergessen", sagt Schulz der "Rheinischen Post". Mit Blick auf die geforderten Reformen sagt der SPD-Politiker: "Bisher haben die Aussagen Athens, es gebe weitreichende Angebote der griechischen Regierung, nicht zugetroffen. Unsere Angebote hingegen liegen auf dem Tisch." Und diese seien "wirklich weitreichend".

Der mögliche Showdown rückt näher: Heute Abend um 19.00 Uhr kommen die Staats- und Regierungschefs der Eurozone zu einem Sondergipfel zusammen. Gemeinsam mit Vertretern der "Institutionen" (IWF, EZB und EU-Kommission) wollen sie in Brüssel über die dramatische Lage beraten. Es ist – wieder einmal – die letzte Chance auf eine Einigung im Streit um die griechische Schuldenkrise. Bereits um 12.30 Uhr trifft sich die Eurogruppe, also die Finanzminister der Euro-Staaten.

Das europäische Kreditprogramm läuft Ende Juni aus, dem Land droht dann die Pleite, möglicherweise auch der Austritt aus der Eurozone. Die anderen Euro-Staaten fordern von Griechenland Spar- und Reformzusagen als Voraussetzung für die Freigabe der verbliebenen Milliarden.

 
Athen vs. Brüssel: Wer lügt?

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Von der griechischen Regierung kommen Aussagen, die nicht zu Darstellungen passen, die von der EU-Kommission oder den anderen Regierungen der Eurogruppe verbreitet werden. Eine Seite lügt ganz offensichtlich. Nur welche?


"Wenn es ernst wird, muss man lügen", diesen Satz soll EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor vier Jahren gesagt haben. Da es in der Finanzkrise seit Monaten immer ernster wird, darf man davon ausgehen, dass auch immer häufiger gelogen wird, wenn es um die "Rettung" Griechenlands geht. "In diesen Verhandlungen wird auf beiden Seiten mit Lügen und Falschinformationen gearbeitet", zitierte der "Tagesspiegel" kürzlich einen ranghohen EU-Diplomaten, der sich naturgemäß nicht namentlich zitieren lassen wollte.

Das Spiel von Lügen und Falschinformationen wurde vor allem dann gespielt, wenn die griechische Regierung wieder einmal "neue Vorschläge" in Brüssel vorlegte oder vorlegen sollte. Meist waren diese Vorschläge aus griechischer Sicht ein Durchbruch, aus Sicht der übrigen Europäer jedoch nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden. Nicht selten bestritten die EU-Kommission oder die Eurogruppe, dass es überhaupt neue Vorschläge gab. Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis auf der einen und Juncker sowie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf der anderen Seite schienen kurz davor zu sein, sich gegenseitig auf offener Bühne "Lügner" zu nennen.

Ein weiteres Beispiel: Im aktuellen "Spiegel" beklagt Juncker, er habe Tsipras aufgefordert, "den Reichtum in seinem Land höher zu besteuern". Die Resonanz auf diesen Vorschlag sei "erstaunlicherweise nicht so groß" gewesen, wie er erwartet habe. Auch diese Geschichte hat eine andere Seite. Schon Anfang April hatte Griechenlands stellvertretender Außenminister Euclid Tsakalotos der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, die Troika sei mitverantwortlich, wenn es noch immer Steuerhinterziehung in Griechenland gebe. "Die Troika hat nicht auf diesen Reformen bestanden. Sie sagte nie, Ihr bekommt kein Geld, wenn Ihr nicht die Reichen besteuert, sondern sie sagte, Ihr bekommt die nächste Kredittranche nicht, wenn Ihr nicht die Renten kürzt."

Noch deutlicher wurde Varoufakis vor zwei Wochen im "Tagesspiegel". Parallel zu den Verhandlungen mit den Institutionen habe er Anti-Korruptions-Gesetze und ein besseres Steuersystem konstruieren wollen. Die Institutionen hätten aber gesagt, so etwas würde als "unilaterale Aktion" gewertet. Mehrfach sei ihm gesagt worden, "sollte ich es wagen, das noch mal vorzuschlagen, sei das ein Grund, die Verhandlungen abzubrechen".
Die Motive

Wer hat nun Recht? Von außen ist das nicht zu erkennen – Junckers Eingeständnis, man müsse lügen, wenn es ernst wird, macht ihn zum Kronzeugen, nicht zum Hauptverdächtigen. In einer so unübersichtlichen Situation kann es sinnvoll sein, nach den Motiven zu fragen.

Die Ziele der griechischen Regierung sind vergleichsweise klar: Sie strebt eine Vereinbarung an, die die griechischen Schulden tragfähig macht – eine Umstrukturierung weg vom IWF, hin zum ESM, dazu eine noch größere zeitliche Streckung, zumindest für einen Teil der Verbindlichkeiten einen Schuldenschnitt, im Idealfall eine Schuldenkonferenz mit anschließendem Marshallplan. Wenn diese Forderungen nicht erfüllt werden sollten, würde die griechische Regierung wohl einen Euro-Austritt erwägen. Die Reformen, die Griechenland braucht, will die Regierung angehen.

Man kann diese Ankündigung für unglaubwürdig und die Forderungen der griechischen Regierung für illegitim halten, aber immerhin ist die Position erkennbar – und aus griechischer Sicht auch sinnvoll. Weniger klar ist, was die "Institutionen" und die anderen Euroländer wollen. Es sieht so aus, als liege ihr Schwerpunkt weniger bei den Reformen als bei weiteren Einsparungen. Das mag daran liegen, dass Einsparungen leichter zu überprüfen sind – verständlich, braucht Griechenland doch eher einen grundlegenden Wiederaufbau als ein paar Reformen.

Ob Griechenland die letzten Milliarden bekommt, die vom zweiten Kreditprogramm noch übrig sind und die von den Institutionen zurückgehalten werden, hängt aus Sicht der Institutionen und der Eurogruppe allem Anschein nach vor allem daran, ob die Regierung in Athen bereit ist, die Renten weiter zu kürzen und die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Offen ist, ob die Gläubiger überhaupt ein strategisches Ziel haben. Bestehen sie auf weiteren Einsparungen, weil sie wirklich an den Sinn dieser Maßnahmen glauben? Wollen sie die griechische Regierung in die Enge treiben, um sicherzustellen, dass diese am Ende den Staat reformiert? Wollen sie, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel immer betont, Griechenland wirklich im Euro halten? Oder soll die linke Regierung in Athen aus dem Amt gefegt werden?

Unionspolitiker sagen, Griechenland könne im Euro bleiben, wenn die Griechen bereit seien, Opfer zu bringen. Jahrelang hat die Bundeskanzlerin die "großen Opfer", die dem griechischen Volk abverlangt worden seien, gewürdigt. Im Jahr 2012 sagte sie gar, ihr blute angesichts dessen, was den Griechen abverlangt werde, das Herz. Auf die Frage, was passieren soll, wenn die Griechen diese Opfer nicht mehr leisten können oder wollen, hat Merkel allerdings keine Antwort. Sicher, diverse B-Pläne dürften in unterschiedlichen Schubladen liegen. Ein Ersatz für ein politisches Konzept sind solche Notfallpläne jedoch nicht.

Kurzum: Die Antwort auf die Frage, welche Seite stärker lügt, hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Wer das ehrlichere Konzept hat, ist leichter zu erkennen. Aber ist es auch der bessere Plan? Bislang ist das eine Glaubensfrage.

 
Euphorie nach Tsipras-Angebot: Athener Börse steigt wie entfesselt

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Die Hoffnung auf ein Ende des griechischen Schuldendramas sorgt auch an der Athener Börse für Kauffreude. Um teilweise mehr als acht Prozent legen die wichtigsten Indizes am Vormittag zu. Anders sieht es bei den griechischen Staatsanleihen aus.

Die Hoffnung auf eine Einigung im Schuldenstreit Griechenlands mit seinen Gläubigern beschert auch griechischen Aktien und Anleihen am Vormittag ein kleines Kursfeuerwerk. Am Athener Aktienmarkt schießt der FTSE/Athex 20 am Vormittag um mehr als acht Prozent nach oben. Allerdings ist das ein Plus auf vergleichsweise geringem Niveau: Mit derzeit knapp 220 Punkten hat der Index fast nur den halben Wert wie im Frühjahr 2014.

Am Anleihemarkt sorgt der Anstieg der Kurse bei den Renditen für einen kräftigen Rückgang: Die Zehnjahresrendite fällt von 12,6 Prozent am Freitag auf 11,7 Prozent. Darin spiegelt sich wider, dass ein Zahlungsausfall des schuldengeplagten Landes von den Akteuren an den Finanzmärkten für weniger wahrscheinlich gehalten wird.

Ausgelöst hat die Zuversicht eine am Wochenende von Griechenlands Ministerpräsident Tsipras vorgelegte Reformliste, die offenbar auf Seiten der Gläubiger gut ankommt. Die überarbeitete griechische Vorschlagsliste sei eine "gute Grundlage für Fortschritte" beim EU-Sondergipfel am Abend, hieß es in einer Twitter-Nachricht des deutschen Kabinettschefs von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr. Das schürt Hoffnungen, dass beim Treffen der Eurogruppe am Mittag und dem Zusammenkommen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Abend ein Durchbruch erzielt wird.

Griechische Bank-Aktien erholen sich

Für Erleichterung sorgt auch, dass entgegen der Befürchtungen der vergangenen Tage die griechischen Banken geöffnet haben. Zum Ende der Vorwoche war die Angst umgegangen, dass den Banken das Geld ausgegangen sein könnte, weil die Griechen seit einigen Tagen täglich in Milliardenhöhe ihre Konten räumen. Wie zu hören ist, will die EZB angesichts dieses andauernden Abflusses von privaten Guthaben im Tagesverlauf erneut über die Notkredite (Ela) beraten, die die Banken derzeit noch mit Liquidität versorgen. Zuletzt war das Volumen dieser Kredite immer wieder erhöht worden. Auch das sorgt für Kauflaune am Aktienmarkt - insbesondere bei den Bankenaktien. Unter den Einzeltiteln verteuern sich Alpha Bank, National Bank, Eurobank und Piraeus Bank um 15 bis 17 Prozent.

Auch an den anderen Börsen in Europa nehmen die Anleger eine Einigung im Schuldenstreit, die zumindest einen Zeitgewinn bringt, quasi vorweg. Der Eurostoxx 50 und der Dax in Frankfurt steigen zwischenzeitlich um mehr als drei Prozent. Die in unsicheren Zeiten als sicherer Hafen gesuchten deutschen Anleihen geben dagegen kräftig nach. Die Zehnjahresrendite steigt im Umkehrschluss von 0,76 am Freitag auf 0,84 Prozent.

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Vor dem Griechenland-Gipfel: "Tsipras' Pokerspiel ist unwürdig"

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Bleibt Griechenland in der Eurozone? Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich hält das Vertrauen in die Regierung von Alexis Tsipras für zerstört. Aus seiner Sicht rückt der Grexit immer näher. "Scheitert unsere Glaubwürdigkeit, dann scheitert Europa."

n-tv.de: Alle Griechenland-Krisengipfel blieben zuletzt ohne Erfolg. Wie viel Hoffnung haben Sie, dass heute in Brüssel doch noch eine Lösung gefunden wird?

Hans-Peter-Friedrich: Immerhin hat die griechische Regierung nun etwas vorgelegt. Dass es auf den letzten Drücker geschieht, zeigt aber wieder, was das für ein unwürdiges Schauspiel ist. Jetzt geht es darum, zu prüfen, was vorgelegt wurde. Das Vertrauen in die griechische Regierung ist zerstört, jetzt können uns nur noch Fakten überzeugen.

Yanis Varoufakis hat am Sonntag in einem Gastbeitrag für die FAS geschrieben, die Kanzlerin habe den Schlüssel über Erfolg oder Misserfolg des Treffens. Entweder sie trete in eine ehrenvolle Einigung mit seiner Regierung ein. Oder sie folge Sirenen aus ihrer Regierung, die sie ermutigten, die einzige griechische Regierung über Bord zu werfen, die das griechische Volk auf dem Reformpfad mitnehmen könne. Was sagen Sie dazu?

Das ist eine dieser unsäglichen Aktionen dieser Regierung, die Schuld bei anderen zu suchen. Die Verantwortung für das, was wir in Griechenland erleben, liegt allein bei der griechischen Politik. Die aktuelle Regierung hat das Drama noch einmal verschärft.

Ist es klug, kurz vor dem Gipfel so einen Text zu veröffentlichen?

Bei der Regierung von Alexis Tsipras geht es nicht um Klugheit, sondern um ein Pokerspiel. Ich halte es einer demokratisch gewählten Regierung für unwürdig, was da getrieben wird.

Welche Fehler hat die griechische Regierung gemacht?

Erstens: Griechenland war trotz der schwierigen Lage auf einem guten Weg unter der Vorgängerregierung. Diese wurde jedoch abgewählt. Die neue Regierung hat wochenlang erklärt, dass sie sich nicht an die Vereinbarungen halten will und nicht daran hängt, Reformen zu machen. Wer so agiert, braucht sich nicht zu wundern, dass Vertrauen zerstört ist. Zweitens: Wir haben im Februar eine Liste von Reformversprechen vorgelegt bekommen. Mir ist nicht bekannt, dass davon irgendetwas substanziell umgesetzt wurde. Diese Regierung erfüllt ihre Aufgaben nicht.

Sie haben schon 2009 empfohlen, dass Griechenland die Eurozone verlassen sollte. Die Wirtschaft sei zu schwach und nicht wettbewerbsfähig, sagten Sie damals. Die Kanzlerin hat zuletzt alles daran gesetzt, die Griechen in der Eurozone zu halten. Ein Fehler?

Die Regierungschefs der Eurozone haben 2009 entschieden, Griechenland im Euro zu halten, indem man dem Land Finanzmittel zur Verfügung stellt und im Gegenzug Reformen einfordert. An dieser Linie, über die man streiten kann, hat sich bisher nichts geändert. Allerdings wäre es vernünftig, dann, wenn diese Linie gescheitert ist, sich dies auch einzugestehen.

Ist dieser Zeitpunkt jetzt gekommen?

Das kann ich erst sagen, wenn wir die neuen Vorschläge der griechischen Regierung kennen und geprüft haben.

Hat die Kanzlerin zu viel Geduld mit den Griechen?

Die Kanzlerin hat ein hohes Maß an Führungsverantwortung in Europa. Deswegen ist es richtig, dass sie nicht emotional reagiert und nicht überstürzt. Sie nimmt eine sachliche und nüchterne Analyse vor und lotet alle Möglichkeiten aus. Je nachdem, wie die Fakten am Ende sind, muss sie allerdings eine klare Sprache sprechen.

Was für einen Ausgang des Krisengipfels erwarten Sie?

Die Reaktionen der Beamten von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sind auffällig. Sie loben die neuen Vorschläge der griechischen Regierung, bevor sie sie richtig gelesen haben können. Das zeigt, dass man alles daran setzen wird, heute den Grexit zu vermeiden. Es hängt viel an der griechischen Regierung. Da sie nicht mehr mit der Währung "Vertrauen" bezahlen kann, kommt es darauf an, ob die Reformvorschläge in dieser Woche im griechischen Parlament auch beschlossen werden. Wenn nicht, dann wird es am 30. Juni möglicherweise keine Zustimmung zu neuen Hilfen geben. Das wäre mit Sicherheit der Grexit.

Ist Europa gescheitert, wenn Griechenland die Eurozone verlassen sollte?

Viele Experten sagen, das Gegenteil sei der Fall. Europa würde stabilisiert, wenn es klar macht, dass die Regeln, die es sich gibt, auch eingehalten werden müssen. Ich würde den Satz "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa" umformulieren: "Scheitert unsere Glaubwürdigkeit, dann scheitert Europa."

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Leidensdruck nicht groß genug? : Großes Griechenland-Finale verschoben

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Schicksalstag, D-Day, großes Finale: Der EU-Sondergipfel sollte endlich eine Lösung in der griechischen Schuldentragödie bringen. Stattdessen bleiben alle Beteiligten in ihren Rollen.

Am Freitag vergangener Woche gab es einen Augenblick, wo es so aussah, als würde endlich ein Ausweg gefunden aus dieser griechischen Schuldentragödie – nicht, weil die Lösungsvorschläge besser wurden. Sondern weil die Beteiligten erschöpft wirkten. Hustend und müde schaute Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in die Kameras, hatte nicht viel Lust auf den EU-Sondergipfel am Montag, aber immerhin noch die winzige Hoffnung, dass sich am Wochenende in Athen etwas bewegen würde. Vielleicht habe er ja den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis die ganze Zeit über nicht verstanden, räumte Schäuble ein. Vielleicht war das süffisant, vielleicht auch nicht. Und vielleicht, so hoffte man als Zuschauer, würden alle Beteiligten auch einfach einen riesigen Schritt aufeinander zugehen.

Doch nun ist klar: Alle Akteure in dieser Schuldentragödie – oder ist es schon eine Satire? – bleiben fest in ihren Rollen. Zwar bewegte sich Griechenland tatsächlich und schickte Reformvorschläge. Aber die Pläne kamen spät und dann noch in zwei Versionen, von denen nur die eine ernst genommen werden soll. Eine Bestätigung für die Politiker, die der Regierung in Athen seit Monaten ein Hausaufgabenheft schenken wollen: "Heute um zwei Uhr in der Früh Vorschläge zu schicken und dann zu erwarten, dass man am Mittag Entscheidungen trifft, ist schon etwas sehr übermütig", sagte Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling.

Von Bundesfinanzminister Schäuble kam ein ebenfalls schon bekannt klingendes, mürrisches Statement: Er sehe gar keine substanziellen Neuigkeiten. Für ihn sei der Stand seit dem letzten Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag unverändert. Er hat seinen griechischen Kollegen Varoufakis also immer noch nicht verstanden.

Der Eurogruppen-Vorsitzende Jeroen Dijsselbloem versuchte nach dem Treffen der Euro-Finanzminister die Stimmung hochzuhalten, sprach von "breiten und umfassenden" Vorschlägen aus Athen, mit denen man nun arbeiten könne. Wie ein Klassenlehrer, der die Arbeit seiner Schüler anerkennen will, auch wenn diese nicht voll abliefern.

Seine eigentliche Botschaft war jedoch: Das Schuldentheater geht in die Verlängerung. Heute Abend wird wohl schon noch ein wenig auf dem eigens einberufenen EU-Sondergipfel diskutiert werden. Am Mittwoch oder Donnerstag soll es ein weiteres Treffen der Euro-Finanzminister geben, bevor sich die EU-Regierungschefs an Donnerstag und Freitag zu ihrem regulären Sommer-Gipfel treffen.

Vorher ist wohl auch kein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu erwarten: "Es gibt in dieser Woche noch viele Tage Zeit, um gegebenenfalls Entscheidungen zu treffen", sagte Merkel lediglich.

Sollten alle Beteiligte sich am Freitag entscheiden, dann doch noch das Wochenende hinzuzunehmen, würde das am Ende auch niemanden mehr überraschen. Schließlich endet das Hilfsprogramm für Griechenland erst am 30. Juni, also Dienstag in einer Woche. Vielleicht ist kommenden Sonntag der Druck endlich groß genug, um aufeinander zuzugehen.

 
"Erster echter Vorschlag aus Athen": Zeitung veröffentlicht Sparkonzept

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Während sich die Köpfe der EU-Regierungschefs in Brüssel noch über die neuen Vorschläge aus Athen beugen, sickern Teile des Sparkonzepts durch. Aus den Papieren geht hervor, wie viel Griechenland einsparen will.

Die konservative Athener Zeitung "Kathimerini" hat die letzten Seite der griechischen Sparvorhaben veröffentlicht, die den Gläubigern vorgelegt worden sein soll. Daraus geht hervor, dass Griechenland dieses Jahr 1,51 Prozent seines Bruttoinlandproduktes (BIP) und 2016 weitere 2,87 Prozent des BIP sparen will.

Unter anderem sollen durch die Reform der Renten, Erhöhungen von Mehrwertsteuern, die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, die Erhöhung der Steuern für Unternehmen mit Gewinnen über 500.000 Euro, die Erhöhung der Rentenbeiträge und die Reduzierung der Rüstungsausgaben knapp 7,9 Milliarden Euro gespart werden. Eine offizielle Bestätigung gab es bislang nicht.

Lob und Rüge

EU-Gipfelchef Donald Tusk lobte beim Euro-Sondergipfel am Abend in Brüssel die jüngsten Spar- und Reformangebote Griechenlands als die "ersten wirklichen Vorschläge in vielen Wochen". Die jüngsten Vorschläge hätten "den Weg zu einer schnellstmöglichen Einigung" geebnet, sagte Frankreichs Präsident François Hollande.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass wir diese Woche eine Einigung mit Griechenland finden." Er schränkte jedoch ein: "Das wird nicht einfach sein."

Eine Entscheidung könnte der reguläre EU-Gipfel Ende der Woche (25./26. Juni) in Brüssel bringen. Ohne Ergebnis ging am Nachmittag ein Treffen der Euro-Finanzminister zu Ende, das den Gipfel vorbereiten sollte. Neue Vorschläge aus Athen seien erst "ganz, ganz kurz vorher" eingegangen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Die Pläne mussten zunächst geprüft werden. Kanzlerin Angela Merkel sprach daher von einem "Beratungsgipfel".

Skeptisch zeigte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der belastbare Angebote aus Athen vermisste. "Wir haben bisher keine substanziellen Vorschläge bekommen", kritisierte er.
Friedliche Demos in Athen

Derweil gingen in Athen erneut tausend Menschen für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone auf die Straße. An der Demonstration auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 7.000 Menschen. Viele Demonstranten hatten Trillerpfeifen dabei und schwenkten die Flaggen Griechenlands und der EU.

An der Kundgebung nahm auch der frühere griechische Ministerpräsident Konstantinos Mitsotakis teil. Der 96-jährige konservative Politiker sprach von einer "Demonstration der Einheit", von der die Botschaft ausgehe, dass Griechenland in der EU bleiben solle. Die 35-jährige Demonstrantin Alexandra Ikonomou sagte, sie sei trotz der harten Sparauflagen für Europa. "Ohne Europa würden wir ins Mittelalter zurückkehren", sagte die Besitzerin einer Kunstgalerie.

In der Nähe des Syntagma-Platzes gab es noch eine kleinere Kundgebung von rund 200 Anarchisten, die jedoch von Polizisten zurückgedrängt wurden, um Zusammenstöße mit den proeuropäischen Demonstranten zu verhindern.

Am Sonntag hatten in Athen bereits 7000 Menschen vor dem Parlament demonstriert, um der linksgeführten Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras ihre Unterstützung auszusprechen und gegen weitere Einsparungen zu protestieren.

 
Liveticker zur Schuldenkrise: +++ 23:25 Merkel: "Haben keinerlei Verhandlungen geführt" +++

Am Mittwoch wollen sich die Euro-Finanzminister mit dem Thema Schuldenkrise in Griechenland befassen. Der heutige Sondergipfel sei nur ein "Beratungsgipfel" gewesen, sagt Merkel nach dem Treffen in Brüssel. "Wir haben keinerlei Verhandlungen im Detail geführt."

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+++ 23:15 Einigung auf griechische Haushaltsziele +++
Beim Sondergipfel der Euro-Staats- und Regierungschefs gibt es eine Verständigung auf die griechischen Haushaltsziele für die nächsten Jahre. Das berichten Diplomaten am Rande des Treffens in Brüssel und Athener Regierungskreise übereinstimmend. Der sogenannte Primärüberschuss, bei dem Zinszahlungen und Tilgungen ausgeblendet werden, solle im laufenden Jahr ein Prozent der Wirtschaftsleistung betragen und im kommenden Jahr zwei Prozent. Der Primärüberschuss ist eine wichtige Größe bei der Sanierung des Budgets.

+++ 23:05 "Die nächsten 48 Stunden sind entscheidend" +++
Die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite zieht eine gemischte Bilanz der Gipfelberatungen zu Griechenland. "Das Treffen war für das Verfahren gut, aber nicht für das Ergebnis", sagt Grybauskaite nach rund vierstündigen Gipfeldebatten. Die nächsten 48 Stunden seien nun entscheidend. "Wir können nicht einer Regierung helfen, die nicht ihre Verantwortung übernimmt", sagt sie mit Blick auf die Athener Regierung. "Eine Abmachung ist nötig für uns alle."

+++ 22:55 Wall Street beflügelt - Nasdaq Composite schließt auf mit Rekord +++
Zunehmender Optimismus hinsichtlich einer Einigung im Schuldenstreit Griechenlands mit den internationalen Geldgebern beflügelt die Wall Street. Der Dow Jones Industrial schließt mit einem Plus von 0,6 Prozent bei 18 120 Punkten. Der marktbreite S&P-500-Index gewinnt 0,6 Prozent auf 2123 Punkte. Der Nasdaq-Composite-Index klettert um 0,7 Prozent auf 5154 Punkte nach oben, ein Rekordhoch auf Schlusskursbasis.

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+++ 22:44 Weitere Seiten des Sparvorschlags bei Twitter +++
Einige Journalisten verbreiten weitere Auszüge aus dem von der griechischen Regierung vorgelegten Sparkonzept bei Twitter. Hier einige Tweets:

+++ 22:00 Habermas rechnet mit Merkels Griechenland-Politik ab +++
Der Philosoph Jürgen Habermas nimmt die Verhandlungen um Griechenland zum Anlass, die Schaffung einer Banken-, Fiskal- und Wirtschaftsunion zu fordern. Ohne den Schritt bliebe die Währungsgemeinschaft instabil, schreibt er in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung". Um die Wirtschaftsunion demokratisch zu gestalten, brauche es gleichzeitig eine politische Union. Habermas kritisierte, dass die Verhandlungspartner zu sehr in alten, nationalstaatlichen Kategorien argumentieren: "Die ungewollte Komik ihres einträchtig nationalstaatlichen Denkens führte der europäischen Öffentlichkeit unübertrefflich vor Augen, was wirklich fehlt – ein Fokus für eine gemeinsame politische Willensbildung der Bürger über folgenreiche politische Weichenstellungen in Kerneuropa."

Der Kompromiss scheitert laut Habermas "nicht an ein paar Milliarden mehr oder weniger, nicht einmal an dieser oder jener Auflage, sondern allein an der griechischen Forderung, der Wirtschaft und der von korrupten Eliten ausgebeuteten Bevölkerung mit einem Schuldenschnitt – oder einer äquivalenten Regelung, beispielsweise einem wachstumsabhängigen Schuldenmoratorium – einen neuen Anfang zu ermöglichen. Stattdessen bestehen die Gläubiger auf der Anerkennung eines Schuldenberges, den die griechische Wirtschaft niemals wird abtragen können."

+++ 21:20 Bilder des Tages aus Athen +++
Unser Kollege Jan Gänger war heute auf der Demonstration vor dem griechischen Parlament, wo sich etwa 7000 Menschen für einen Verbleib in der Eurozone aussprachen. "Wir sind Teil Europas, wir haben keine Zukunft ohne Europa", sagte einer von ihnen. Ein Grexit hätte schlimmere Folgen als die Sparpolitik, sagte ein anderer. Auf die Straße gingen heute eher die gut Ausgebildeten. Im Gegensatz zur gestrigen, ähnlich großen Demonstration von Unterstützern der Regierung, durften die Teilnehmer der heutigen Versammlung nicht direkt vor das Parlamentsgebäude. Behelmte Polizisten versperren die Aufgänge. "Das ist undemokratisch", rief eine Frau aufgebracht. Einen ausführlicheren Bericht lesen Sie morgen auf n-tv.de.

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+++ 20:36 Zeitung veröffentlicht griechisches Sparkonzept +++
Die Zeitung "Kathimerini" hat die letzte Seite der griechischen Sparvorhaben veröffentlicht, die den Gläubigern vorgelegt worden sein soll. Daraus geht hervor, dass Griechenland dieses Jahr 1,51 Prozent seines Bruttoinlandproduktes (BIP, englisch: GDP) und 2016 weitere 2,87 Prozent des BIP sparen will. Unter anderem will die Regierung Renten kürzen, die Mehrwertsteuer erhöhen, die Steuerhinterziehung bekämpfen, Unternehmen mit Gewinnen über 500.000 Euro stärker besteuern, und die Rüstungsausgaben kürzen. 2015 sollen so 2,692 Milliarden und 2016 5,207 Milliarden Euro gespart werden.



+++ 20:03 Tausende Griechen demonstrieren für Einigung +++
Vor dem Parlament in Athen demonstrieren derzeit tausende Menschen für einen Verbleib ihres Landes in der Eurozone. Aufgerufen hatten Sympathisanten und Wähler der oppositionellen konservativen Partei Nea Dimokratia sowie der Sozialisten (Pasok) und anderer proeuropäischer Parteien und Vereinigungen. Die Demonstranten fordern, dass sich die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras mit den Partnern und Gläubigern verständigt, damit Griechenland den Euro als Währung behalten kann. Eine Gruppe von rund 100 Autonomen versuchte, die Demonstration zu stören. Die Polizei verdrängte sie vom Platz. Gestern hatten tausende Linke für eine harte Haltung gegenüber den Gläubigern demonstriert.



+++ 19:23 Faymann: Auf Griechenland so weit zugehen wie auf UK +++
Mittlerweile sind die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union im Justus-Lipsius-Gebäude eingetroffen. Der Gipfel beginnt mit einem nun leicht verzögerten Arbeitsessen. Bei den üblichen "Doorstep"-Statements äußerten mehrere Teilnehmer die Erwartung, dass dieses Treffen einen Fortschritt bringe, obwohl keine konkreten Beschlüsse geplant sind. Frankreichs Präsident Françoise Hollande sagte, die neuen Vorschläge aus Griechenland seien vielversprechend. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann verteidigte die Griechen und setzte eine Spitze gegen die Briten: "Wenn ich sehe, was uns David Cameron an Aufeinanderzugehen abverlangt, denke ich, dass wir auf Griechenland genauso weit zugehen können."

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+++ 18:45 Merkel-Statement: Dies ist ein Beratungsgipfel +++
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nun angekommen. Ihr Statement vor der Tür fällt kurz aus. Sie sagt, das einzige Thema dieses Gipfels sei Griechenland. Allerdings läge aus der Eurogruppe keine Entscheidungsgrundlage vor, deshalb könne dieser Gipfel nur ein "Beratungsgipfel" sein. Konkrete Beschlüsse sind also nicht mehr zu erwarten.

+++ 18:35 Tusk: Angebot ist erstes echtes Angebot seit vielen Wochen +++
Noch ein positives Signal aus der EU-Führungsspitze: Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates, in dem die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten vertreten sind, äußert sich auf Twitter so: "Vielversprechende Dinge sind passiert, seit ich den Euro-Gipfel einberufen habe. Das griechische Angebot ist das erste echte Angebot seit vielen Wochen. Erfordert Bewertung und weitere Arbeit." Bei seiner Ankunft am Ratsgebäude sagte Tusk, die Staat- und Regierungschefs übernähmen die volle Verantortung für den Prozess. Ihr Ziel sei es, einen unkontrollierbaren, chaotischen "Graccident" zu vermeiden.

+++ 18:06 Dax hat besten Tag seit drei Jahren +++
Die Händler an den Börsen bewerten die bisherige Entwicklung des Tages positiv. Der Deutsche Aktienindex Dax startete stark, hatte dann einen leichten Durchhänger, als Wolfgang Schäuble behauptete, er habe kein Angebot aus Griechenland vorliegen und erholte sich dann wieder, als Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem diese Vorschläge als eine gute Arbeitsgrundlage bezeichnete. Am Ende schloss der Dax mit einem Plus von 3,8 Prozent und 11.461 Punkten. Das ist ein Tagesgewinn von mehr als 400 Punkten im Vergleich zum Wochenschluss am Freitag und damit das größte Plus seit etwa drei Jahren. Zusätzlichen Schub bekam der Index am späten Nachmittag von starken US-Wirtschaftsdaten.

 
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