Griechenland Grexit NEWS: Pokernacht in Brüssel: "Grexit auf Zeit" ist vom Tisch

Liveticker zur Schuldenkrise: +++ 03:45 Tsipras: "Ball liegt bei europäischen Regierungen" +++

Die griechischen Vorschläge seien als "Diskussionsgrundlage" von den Gläubiger-Institutionen akzeptiert worden, sagt Tsipras. Nun würden die Verhandlungen in den kommenden beiden Tagen fortgesetzt. "Der Ball liegt im Feld der europäischen Regierungen." Grundlage eines Abkommens müsse "soziale Gerechtigkeit" sein, sagt der griechische Regierungschef. Seine Regierung werde "Renten und Löhne schützen".

+++ 00:45 "Es wird kein drittes Griechenland-Programm geben" +++
Die Eurostaaten wollen zur Rettung Griechenlands das auslaufende zweite Hilfsprogramm erneut verlängern. "Es wird kein drittes Programm geben", sagt der französische Staatspräsident François Hollande nach Gipfelberatungen in Brüssel. In dieser Frage seien sich alle Eurostaaten einig. Eine "dauerhafte Abmachung" solle gewährleisten, dass die Eurogruppe oder die Staats- und Regierungschefs nicht wieder in drei oder sechs Monaten über Griechenland beraten müssten. Die internationalen Geldgeber haben Griechenland zwei Hilfsprogramme mit zusammen rund 240 Milliarden Euro eingeräumt.

++ 00:05 Juncker: "Müssen diese Woche Entscheidung finden" +++
Die Euro-Finanzminister werden am Mittwoch zum zweiten Mal in dieser Woche über Griechenland beraten. "Ich bin zuversichtlich, dass die Eurogruppe am nächsten Mittwoch Ergebnisse erzielen wird", sagt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Am Donnerstag werde dann der reguläre EU-Gipfel mit 28 Staats- und Regierungschefs zusammenkommen. Juncker sagt: "Ich bin überzeugt davon, dass wir zu einer abschließenden Einigung im Laufe dieser Woche kommen, aus dem einfachen Grund, dass wir diese Woche eine Einigung finden müssen."

+++ 23:25 Merkel: "Haben keinerlei Verhandlungen geführt" +++
Am Mittwoch wollen sich die Euro-Finanzminister mit dem Thema Schuldenkrise in Griechenland befassen. Der heutige Sondergipfel sei nur ein "Beratungsgipfel" gewesen, sagt Merkel nach dem Treffen in Brüssel. "Wir haben keinerlei Verhandlungen im Detail geführt."

+++ 23:15 Einigung auf griechische Haushaltsziele +++
Beim Sondergipfel der Euro-Staats- und Regierungschefs gibt es eine Verständigung auf die griechischen Haushaltsziele für die nächsten Jahre. Das berichten Diplomaten am Rande des Treffens in Brüssel und Athener Regierungskreise übereinstimmend. Der sogenannte Primärüberschuss, bei dem Zinszahlungen und Tilgungen ausgeblendet werden, solle im laufenden Jahr ein Prozent der Wirtschaftsleistung betragen und im kommenden Jahr zwei Prozent. Der Primärüberschuss ist eine wichtige Größe bei der Sanierung des Budgets.

+++ 23:05 "Die nächsten 48 Stunden sind entscheidend" +++
Die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite zieht eine gemischte Bilanz der Gipfelberatungen zu Griechenland. "Das Treffen war für das Verfahren gut, aber nicht für das Ergebnis", sagt Grybauskaite nach rund vierstündigen Gipfeldebatten. Die nächsten 48 Stunden seien nun entscheidend. "Wir können nicht einer Regierung helfen, die nicht ihre Verantwortung übernimmt", sagt sie mit Blick auf die Athener Regierung. "Eine Abmachung ist nötig für uns alle."

+++ 22:55 Wall Street beflügelt - Nasdaq Composite schließt auf mit Rekord +++
Zunehmender Optimismus hinsichtlich einer Einigung im Schuldenstreit Griechenlands mit den internationalen Geldgebern beflügelt die Wall Street. Der Dow Jones Industrial schließt mit einem Plus von 0,6 Prozent bei 18 120 Punkten. Der marktbreite S&P-500-Index gewinnt 0,6 Prozent auf 2123 Punkte. Der Nasdaq-Composite-Index klettert um 0,7 Prozent auf 5154 Punkte nach oben, ein Rekordhoch auf Schlusskursbasis.

+++ 22:44 Weitere Seiten des Sparvorschlags bei Twitter +++
Einige Journalisten verbreiten weitere Auszüge aus dem von der griechischen Regierung vorgelegten Sparkonzept bei Twitter. Hier einige Tweets:

+++ 22:00 Habermas rechnet mit Merkels Griechenland-Politik ab +++
Der Philosoph Jürgen Habermas nimmt die Verhandlungen um Griechenland zum Anlass, die Schaffung einer Banken-, Fiskal- und Wirtschaftsunion zu fordern. Ohne den Schritt bliebe die Währungsgemeinschaft instabil, schreibt er in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung". Um die Wirtschaftsunion demokratisch zu gestalten, brauche es gleichzeitig eine politische Union. Habermas kritisierte, dass die Verhandlungspartner zu sehr in alten, nationalstaatlichen Kategorien argumentieren: "Die ungewollte Komik ihres einträchtig nationalstaatlichen Denkens führte der europäischen Öffentlichkeit unübertrefflich vor Augen, was wirklich fehlt – ein Fokus für eine gemeinsame politische Willensbildung der Bürger über folgenreiche politische Weichenstellungen in Kerneuropa."

Der Kompromiss scheitert laut Habermas "nicht an ein paar Milliarden mehr oder weniger, nicht einmal an dieser oder jener Auflage, sondern allein an der griechischen Forderung, der Wirtschaft und der von korrupten Eliten ausgebeuteten Bevölkerung mit einem Schuldenschnitt – oder einer äquivalenten Regelung, beispielsweise einem wachstumsabhängigen Schuldenmoratorium – einen neuen Anfang zu ermöglichen. Stattdessen bestehen die Gläubiger auf der Anerkennung eines Schuldenberges, den die griechische Wirtschaft niemals wird abtragen können."

+++ 21:20 Bilder des Tages aus Athen +++
Unser Kollege Jan Gänger war heute auf der Demonstration vor dem griechischen Parlament, wo sich etwa 7000 Menschen für einen Verbleib in der Eurozone aussprachen. "Wir sind Teil Europas, wir haben keine Zukunft ohne Europa", sagte einer von ihnen. Ein Grexit hätte schlimmere Folgen als die Sparpolitik, sagte ein anderer. Auf die Straße gingen heute eher die gut Ausgebildeten. Im Gegensatz zur gestrigen, ähnlich großen Demonstration von Unterstützern der Regierung, durften die Teilnehmer der heutigen Versammlung nicht direkt vor das Parlamentsgebäude. Behelmte Polizisten versperren die Aufgänge. "Das ist undemokratisch", rief eine Frau aufgebracht. Einen ausführlicheren Bericht lesen Sie morgen auf n-tv.de.

 
Drittes Hilfsprogramm vom Tisch: Merkel erhöht Druck auf Athen

Athens neue Reformvorschläge gehen manchem Politiker nicht weit genug. Andere sagen, man könne damit arbeiten. EU-Kommissionspräsident Juncker ist von einer "Einigung in dieser Woche" überzeugt. Kanzlerin Merkel ist zurückhaltender.


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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Schuldenstreit mit Griechenland noch einmal den Druck auf Athen erhöht. Es gebe zwar einen "gewissen Fortschritt", sagte Merkel nach dem Sondergipfel der Eurozone in Brüssel. "Aber es ist auch klar geworden, dass noch sehr viel Arbeit zu leisten ist, und dass die Zeit dafür sehr kurz ist."

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte praktisch in letzter Minute neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vorgelegt. Die Maßnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen. Tsipras sagte nach den vierstündigen Beratungen: "Unser Vorschlag ist akzeptiert worden als Basis für Gespräche." Notwendig sei ein umfassendes Programm, das Griechenland wirtschaftlich "lebensfähig" mache.

Wie Merkel sieht auch IWF-Chefin Christine Lagarde noch Handlungsbedarf. Die neuen Vorschläge Athens seien noch zu unspezifisch, sagte sie. Dennoch wuchs die Hoffnung auf eine Einigung noch in dieser Woche.

"Erste wirkliche Vorschläge in vielen Wochen"


Am Donnerstag kommt der reguläre EU-Gipfel mit 28 Staats- und Regierungschefs zusammen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte: "Ich bin überzeugt davon, dass wir zu einer abschließenden Einigung im Laufe dieser Woche kommen, aus dem einfachen Grund, dass wir diese Woche eine Einigung finden müssen."

EU-Gipfelchef Donald Tusk lobte die jüngsten Spar- und Reformangebote Griechenlands als die "ersten wirklichen Vorschläge in vielen Wochen". Er sprach von einem "positiven Schritt" und betonte: "Wie die letzten Stunden gezeigt haben, können wir sehen, dass alle Beteiligten vollständig engagiert sind, eine Lösung zu finden."

Auch Frankreichs Präsident François Hollande sagte, die neuen Vorschläge hätten "den Weg zu einer schnellstmöglichen Einigung" geebnet. Merkel sagte, sie hoffe, dass das für Mittwochabend anberaumte weitere Treffen der Eurogruppe Ergebnisse verkünden könne. Dies müsse dann Grundlage der Beratungen des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag sein. "Es stehen Stunden intensivster Beratungen vor uns."

Merkel betonte: Basis der Verhandlungen bleibe die Position der drei Institutionen Internationaler Währungsfonds (IWF), Europäische Zentralbank (EZB) und EU-Kommission, die Griechenland bereits deutlich entgegen gekommen seien.

Hollande: "Kein drittes Hilfsprogramm"


Hollande sagte, alle Länder hätten ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland ausgeschlossen. "Es wird kein drittes Programm geben." Deshalb sei die Verlängerung des am 30. Juni auslaufenden zweiten Programms der gegebene Rahmen. Die internationalen Geldgeber hatten Griechenland zwei Hilfsprogramme mit zusammen rund 240 Milliarden Euro eingeräumt.

Bei dem Sondergipfel einigten sich die Euro-Staats- und Regierungschefs mit Athen auf die griechischen Haushaltsziele für die nächsten Jahre. Das berichteten Diplomaten in Brüssel übereinstimmend mit Athener Regierungskreisen. Der sogenannte Primärüberschuss, bei dem Zinszahlungen und Tilgungen ausgeblendet werden, solle im laufenden Jahr ein Prozent der Wirtschaftsleistung betragen und im kommenden Jahr zwei Prozent. Athen ist laut Regierungskreisen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus (Hotels, Tavernen und Cafés) zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen.

Unternehmen, die 2014 mehr als 500.000 Euro Gewinn machten, sollen Sondergewinnsteuer zahlen. Eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte, soll bestehen bleiben. Besitzer von Jachten, Luxusautos und Schwimmbädern sollen tiefer in die Tasche greifen. Die Regierung will die Rüstungsausgaben zudem um 200 Millionen Euro kürzen. Rentenkürzungen soll es aber nicht geben.

 
"Ich habe Angst vor dem Grexit": Was Griechenlands Syriza-Gegner antreibt

Egal, ob Regierungsgegner und Regierungsunterstützer: In Griechenland herrscht Konsens, dass die Sparmaßnahmen überzogen sind. Doch viele meinen, das sei kein Grund, den Euro aufzugeben.

Die Pro-Europa-Veranstaltung im Herzen Athens beginnt mit der Gegendemonstration. Etwa 150 junge Menschen skandieren gegenüber vom Parlament lautstark Parolen. Einer von ihnen weist entrüstet den Verdacht von sich, er sei hier, um die Regierungspartei Syriza zu unterstützen. "Wir sind Anarchisten", erklärt er nachsichtig.

Was das heißt? "Wir sind gegen die Sparmaßnahmen und gegen den Euro", sagt er. Damit könnte er durchaus als angelsächsischer Finanzredakteur durchgehen. Dann muss er das Gespräch beenden, um einen Mitstreiter beim Halten des großen Transparents abzulösen. Auf diesem wird unter anderem zum Kampf gegen das Kapital aufgerufen. Darin unterscheidet er sich dann doch von der angelsächsischen Finanzpresse.

Kurz darauf macht sich die Gruppe, begleitet von Polizisten und in Form eines kleinen Demonstrationszuges, auf den Weg. Denn Tausende Athener versammeln sich vor dem Parlamentsgebäude, um für den Verbleib in der Eurozone zu demonstrieren.

Zu ihnen gehören Dimitris und Konstantinos - beide 25, beide Anwälte. Warum sie hier sind? "Es ist richtig, wenn die Regierung für eine Lockerung der Sparauflagen eintritt", sagen sie. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass die Drachme wieder eingeführt werde.

"Wir wollen, dass Europa stärker zusammenwächst", sagt Konstantinos. Leider sei die Regierung anti-europäisch. Es sei ein Irrtum zu glauben, Syriza verkörpere das neue Griechenland, sagt er. Wie die konservative Nea Dimokratia und die sozialdemokratische Pasok sei sie Teil des alten Griechenlands. Auch bei ihr gebe es Günstlingswirtschaft.

"Wir brauchen Reformen"


"Der Sparkurs ist überzogen", sagt Dimitris. "Wir brauchen Reformen". Doch die werde es mit Syriza nicht geben. Und wem kann das gelingen? "Die pro-europäischen Kräfte müssen zusammenarbeiten." Auch bei Syriza gebe es die.

Es sind eher die gut ausgebildeten Athener, die sich an diesem lauen Sommerabend versammelt haben. Anzüge und Krawatten prägen das Bild. Viele sind offenbar nach Feierabend direkt aus dem Büro zum Syntagma-Platz gekommen. Die Atmosphäre ist überaus entspannt. Parolen werden nicht gerufen, Transparente gibt es nicht, kaum jemand reckt ein Schild in die Höhe. Auf einem der wenigen ist "Europa ist unser natürlicher Lebensraum" zu lesen. Es gehört einer gut gekleideten, gut frisierten älteren Dame. "Das hier sind Leute, die nicht ständig demonstrieren", sagt einer.

Auch ein ehemaliger Staatssekretär des Ausbildungsministeriums ist da. Warum er hier ist? "Ich war letzte Woche in Österreich", sagt Panagiotis Kanellopoulos. Dort habe er sich unwohl gefühlt. Sobald jemand mitbekam, dass er Grieche sei, sei er eher unfreundlich und distanziert behandelt worden. "Die Menschen, die heute Abend hier sind, wollen, dass die Vernunft siegt." Griechenland solle keinesfalls aus dem Euro austreten. Denn das sei der erste Schritt zum Verlassen der Europäischen Union. Zudem hätte ein Grexit schlimmere Konsequenzen als der Sparkurs.

Aber demonstrieren hier nicht eher gutsituierte, gut ausgebildete Großstädter für ein Europa, das vor allem ihnen Möglichkeiten bietet? Natürlich hätten die hier Versammelten bei einem Grexit viel zu verlieren, sagt Kanellopoulos. Doch die Menschen, die am Vortag für die Regierung demonstrierten, würden dann wohl noch weitaus mehr verlieren.

"Schweigende Mehrheit"

"Wir sind Europäer, wir sind die schweigende Mehrheit", steht auf einem anderen der wenigen Schilder. Was zweifellos richtig ist: Laut ist es tatsächlich nicht. Nur einmal wird das Gemurmel schrill unterbrochen. Die Rufe einer überaus wütenden Frau sind nicht zu überhören. Sie regt sich darüber auf, dass im Gegensatz zum Vortag die Demonstranten nicht direkt vor das Parlamentsgebäude dürfen. Behelmte Polizisten versperren die Aufgänge. "Das ist undemokratisch", ruft die Frau und ist so aufgebracht, dass sie ihr Mann nur schwer beruhigen kann.

"Wir sind Teil Europas und wollen ein Teil Europas bleiben", sagt Sotiris, nachdem die Frau sich beruhigt hat. Griechenland habe außerhalb der Eurozone keine Zukunft. Aber hat die Rettungspolitik diese Zukunft nicht zerstört? Nein, sagt der 33-Jährige. "Europa hatte nicht die Erfahrung, um eine solche Krise zu lösen." Es sei ein Fehler gewesen, auf Sparmaßnahmen und nicht auf Reformen zu setzen. "Europa hätte darauf bestehen müssen, dass Reformen umgesetzt werden", sagt er. Stattdessen kamen schlecht geplante Kürzungen. Doch das könne man ändern.

Er habe Verständnis für die Menschen, die gegen die Sparmaßnahmen protestieren, sagt Sotiris. Er habe aber kein Verständnis für die Leute, die gegen den Euro demonstrieren: "Ich habe Angst vor dem Grexit."

 
Griechische Presseschau: Zeitung: Tspiras muss sich erklären

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Langes Zögern - hoher Preis? Die griechische Presse verweist auf die Zugeständnisse, die das Land den Geldgebern macht. Unter anderem die harte Gangart bei Vermögenden wird unterschiedlich bewertet. Unter dem Strich sehen die Blätter aber Klärungsbedarf.


Griechenlands Medien sehen nach dem EU-Sondergipfel in Brüssel Regierungschef Alexis Tsipras in Erklärungsnöten. "Auf dem Weg zur Einigung mit Sparmaßnahmen in Höhe von 7,9 Milliarden Euro", titelt die konservative Zeitung "Kathimerini". Tsipras müsse jetzt seinem Parlament und seiner Partei erklären, warum er von seinen Wahlversprechen so sehr abweiche. Einen "Crash-Test für die Regierung" erwartet das Blatt.

Aus Sicht der griechischen Öffentlichkeit hat Tsipras zuletzt erhebliche Zugeständnisse an die Geldgeber gemacht. "Wir zahlen acht Milliarden Euro und die Gläubiger wollen mehr", titelt die Athener Zeitung "Ta Nea". Es gebe zwar positive Reaktionen seitens der Verhandlungspartner, aber noch kein Wort über die Umstrukturierung des griechischen Schuldenberges. Tsipras stehe vor einer Konfrontation mit seiner Partei Syriza.

"In die Richtung eines schmerzhaften Kompromisses", schreibt die linke Zeitung "Efimerída ton Syntaktón" auf ihrer Titelseite. Tsipras wolle eine umfassende und dauerhafte Lösung. Die Lasten des neuen Sparprogramms würden dieses Mal die Reichen tragen, zitiert das Blatt den Regierungschef.

"Sparabkommen - Schock", titelt die konservative Athener Zeitung "Eleftheros Typos". Die Hinhaltetaktik der griechischen Regierung habe zu einem aufgeblasenen neuen Sparprogramm in Höhe von 7,9 Milliarden Euro geführt. Jetzt müsse Tsipras seiner Regierung und der Partei seine Kehrtwende erklären. Die in der Hafenstadt Thessaloniki erscheinende Zeitung "Angeliaforos" schreibt: "22 Sparmaßnahmen - 7,9 Milliarden Euro". Alexis Tsipras sei entschlossen, auch wenn es teuer wird, das Land aus der Zeit der Krise herauszuführen.

 
Endspiel geht in die Verlängerung: Merkel spielt Schwarzer Peter

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Normalerweise führen die Krisengipfel der EU zu Ergebnissen. Nicht dieses Mal: Die Chefs der Eurozone nutzen ihr vierstündiges Treffen, um dem griechischen Ministerpräsidenten Tsipras eine Nachhilfestunde zu geben und die Verantwortung abzuschieben.

Das Endspiel um Griechenland geht in die Verlängerung. Nach mehr als vierstündigen Beratungen in Brüssel gingen die Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Montagabend zwar etwas optimistischer, aber ohne den erwarteten Durchbruch auseinander. "Es hat einen gewissen Fortschritt gegeben, aber es ist noch sehr viel Arbeit nötig", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das Treffen schon bei ihrer Ankunft zu einem "Beratungsgipfel" herabgestuft hatte.

Das war eine Premiere in der nun schon sechsjährigen Geschichte der Eurokrise: Bisher hatten Gipfeltreffen immer zu Ergebnissen geführt, wenn auch manchmal erst nach einer quälenden Nachtsitzung. Ganz anders diesmal: Auf Einladung von Ratspräsident Donald Tusk, der sich zum ersten Mal in die Geschicke der Euroländer einmischte, gaben die Chefs dem griechischen Premier Alexis Tsipras eine Art Nachhilfestunde. Gleichzeitig schoben sie die Verantwortung an die Troika und die Eurogruppe ab.

Die Detailarbeit müsse von den "Institutionen" – also der ehemaligen Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank – geleistet werden, sagte Merkel. Sie müssten die Vorschläge aus Athen bewerten und der Eurogruppe berichten, die am Mittwochabend erneut zusammentreten soll. Eine Verhandlung auf Ebene der Staats- und Regierungschefs, wie sie Tsipras wiederholt gefordert hatte, schloss Merkel aus.

"Ich hoffe, dass die Eurogruppe vor dem regulären EU-Gipfel am Donnerstag Entscheidungen fällt und wir diese dann nur noch zur Kenntnis nehmen müssen", so die Kanzlerin. Offenbar möchte sie einen hochpolitischen Showdown vermeiden – und den Schwarzen Peter an andere abgeben, falls die Gespräche doch noch scheitern sollten. Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hatte noch am Wochenende versucht, Merkel persönlich die Hauptrolle bei der Lösung der Schuldenkrise zuzuschieben.

Bemerkenswert auch, wie Merkel ihre eigene Verantwortung herunterspielt: Grundlage einer Einigung müsse das "aide mémoire" der Institutionen sein, sagte sie. Es schreibt den Rahmen für die Sparpolitik der nächsten Jahre fest, indem es Griechenland so genannte Primärüberschüsse vorgibt. Was die Kanzlerin nicht sagte: Dieses "aide mémoire" wurde bei der von ihr selbst einberufenen Sitzung der Gläubiger im Kanzleramt formuliert. Merkel war also beteiligt, als die Vorgaben festgeklopft wurden.
Kein Schuldenschnitt, kein drittes Programm

Tsipras hat dies offenbar akzeptiert; jedenfalls bekannte er sich zu dem in Berlin definierten Ziel, im laufenden Jahr einen Primärüberschuss von einem Prozent zu erzielen (Athen wollte ursprünglich nur 0,75 Prozent). Der Syriza-Politiker hat auch viele andere Kröten geschluckt: Laut Regierungskreisen ist er nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus (Hotels, Tavernen und Cafés) zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen.

Griechische Unternehmen, die 2014 mehr als 500.000 Euro Gewinn machten, sollen eine Sondergewinnsteuer zahlen. Eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte, soll nun doch bestehen bleiben. Die Regierung will die Rüstungsausgaben zudem um 200 Millionen Euro zusammenstreichen. Immerhin: Rentenkürzungen soll es weiterhin nicht geben. Dies hatte Tsipras kategorisch ausgeschlossen.

Dafür wird er in einem anderen zentralen Bereich Abstriche machen müssen: Einen Schuldenschnitt oder eine Umschuldung dürfte es, folgt man Merkel, zunächst nicht geben. Erst einmal müsse man über die Konditionalität, also die Spar- und Reformauflagen, reden, so die Kanzlerin, erst danach über die Finanzierung der Schulden. Natürlich müsse der Schuldenberg, der auf fast 180 Prozent der Wirtschaftsleistung angewachsen ist, tragfähig gemacht werden. "Es steht aber nicht zur Debatte, dass wir Schulden restrukturieren." Frankreichs Präsident François Hollande schloss derweil aus, dass es ein drittes Kreditprogramm für Griechenland gibt.

Vor dem Sondergipfel hatte Tsipras eine Umschuldung zur Bedingung für eine Einigung gemacht. Damit möchte er eine "endgültige Lösung" der Schuldenkrise erreichen. Außerdem hatte er ein Investitions- und Wachstumsprogramm gefordert, um sein Land aus der Dauerkrise zu holen. Davon war beim Sondergipfel gar nichts mehr zu hören. Auch Tsipras äußerte sich nicht mehr – er verließ das Treffen wortlos, ohne die sonst übliche Pressekonferenz. Bisher hatte er sich den Medien stets in Siegerpose präsentiert. Dafür gibt es nun keinen Grund mehr.

 
Umstrittene Reformzugeständnisse: Tsipras droht Ärger in Griechenland



Der Schuldenstreit mit Griechenland ist weiter ungelöst. Nach dem Sondergipfel der Eurozone in Brüssel erhöht Kanzlerin Angela Merkel noch einmal den Druck auf Athen. Es gebe zwar einen "gewissen Fortschritt", sagt Merkel. Es sei aber auch klar, dass noch sehr viel Arbeit zu leisten und dass die Zeit dafür sehr kurz sei. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte praktisch in letzter Minute neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vorgelegt. In Griechenland selbst wächst der Unmut über das Vorgehen des Regierungschefs.


 
Merkels Position ist geschwächt: Tsipras hat das Blame-Game gewonnen

Wenn die Verhandlungen um Griechenland jetzt noch scheitern, wird Europa die Schuld dafür nicht bei den Griechen, sondern bei den Deutschen sehen. Das verändert einiges.

Es ist eine mittlere Frechheit, mit der Alexis Tsipras seine Verhandlungspartner unter Druck setzt. Erst in der Nacht lässt der griechische Ministerpräsident seine Vorschläge an die drei Institutionen schicken, keine zwölf Stunden später sollen 19 Finanzminister zusammenkommen, um darüber zu beraten. Auch die Staats- und Regierungschefs machen sich schon auf den Weg nach Brüssel. Obwohl kaum Zeit war, konnten die Finanzminister das Papier auch nicht komplett ignorieren. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem blieb kaum etwas anderes übrig, als es nach der Sitzung als "gute Arbeitsgrundlage" zu loben.

Tsipras hat deutlich seine Verhandlungsbereitschaft demonstriert. Sollten die Verhandlungen jetzt noch scheitern, wird nicht er als der Schuldige gelten – sondern Angela Merkel.

Die Bundeskanzlerin betont, es sei noch viel Arbeit zu erledigen. Noch stimmen die Ansichten darüber, welche Reformen Griechenland durchziehen muss, nicht überein. Aber wenn die Einigung misslingt, wird es heißen, die Euro-Staaten wären zu kleinlich gewesen, hätten sich in den Details verstrickt und das große Werk der europäischen Einigung aus dem Blick verloren. Die Erzählung von den starrsinnigen Griechen mit ihren unverschämten Forderungen ließe sich nicht aufrechterhalten. Wenn die Eurozone an ihrer Ostflanke zerbröckelt, will Merkel nicht die Schuldige sein. Das schwächt ihre Verhandlungsposition. Darum ist das "Blame-Game" so entscheidend.

Regierungschefs haben nur noch eine Möglichkeit

Tsipras hat also die Schlacht von Brüssel schon fast gewonnen. Allerdings kämpft er an zwei Fronten: Die zweite befindet sich in Athen. Dort muss er für jedes Zugeständnis, das er in Brüssel macht, eine Parlamentsmehrheit zusammenbekommen. Und die ist nicht sicher. Tsipras' Regierungskoalition stützt sich unter anderem auf überzeugte Links-Ideologen und unberechenbare Rechtspopulisten. Und sie besteht aus nur 162 von 300 Abgeordneten. Wenn elf Parlamentarier dem Ministerpräsidenten die Gefolgschaft verweigern, gibt es noch eine Mehrheit. Für jeden weiteren bräuchte Tsipras eine Stimme der Opposition. Der stellvertretende Parlamentspräsident Alexis Mitropoulos, Mitglied der Regierungspartei Syriza, sagt bereits, die Maßnahmen stünden nicht im Einklang mit den Prinzipien der Linken.

Darum hat Tsipras seit der grundsätzlichen Einigung im Februar alles getan, um sich von den konservativen Regierungen der anderen Euro-Staaten abzugrenzen. Er gab den Forderungen nicht nach, zögerte mit neuen Sparvorschlägen und schimpfte von Athen aus gegen die unkooperativen Europäer. Erst im letzten Moment, eigentlich noch etwas später, nämlich in der Nacht vor dem Griechenland-Gipfel, machte er wieder einen Vorschlag, der in Brüssel als ernsthafte Verhandlungsgrundlage akzeptiert werden musste.

Was wird nun also weiter passieren? Die Finanzminister, die sich am Mittwoch treffen und die Staats- und Regierungschefs, die sich am Donnerstag und Freitag treffen, werden kaum eine andere Möglichkeit haben, sich mit den Griechen zu einigen. Die Frage ist, ob das griechische Parlament diese Einigung dann akzeptiert.
 
Neuer Anlauf im Schuldenstreit: Tsipras reist am Mittwoch nach Brüssel

Der griechische Ministerpräsident Tsipras kommt überraschend am Mittwoch mit EU-Kommissionspräsident Juncker, EZB-Chef Draghi und IWF-Chefin Lagarde zusammen. Das teilt Tsipras Büro mit, ohne Details zu dem Treffen zu nennen.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras wird überraschend am Mittwoch nach Brüssel zu einem Treffen mit den Spitzenvertretern der Geldgeber reisen. Vorgesehen seien Gespräche mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, dem EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und mit Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank. Dies teilte das Büro des griechischen Ministerpräsidenten am Abend mit. Es wurden keine weiteren Details genannt.

Am Mittwochabend kommen in Brüssel die Finanzminister der Eurozone zu einem womöglich entscheidenden Sondertreffen zusammen. Ziel ist es, letzte Hand an einen von Experten vorbereiteten Kompromissvorschlag der Griechenland-Gläubiger und der Regierung in Athen zu legen. Dieser soll die weitere finanzielle Unterstützung des von der Pleite bedrohten Landes ermöglichen, sofern die griechische Regierung ausreichend verlangte Reformen zusagt.

Gelingt ein Durchbruch, könnte eine Einigung am Donnerstag von den Staats- und Regierungschefs der Währungsunion beim regulären EU-Gipfel gebilligt werden. Scheitern die Gespräche, bleibt bis zum Auslaufen des griechischen Hilfsprogramms Ende Juni kaum noch Zeit, um das Land noch vor dem Bankrott zu retten.

Gegenwind von Links

Die griechische Regierung warnte vor einem Scheitern des Abkommens mit den Kreditgebern im Athener Parlament und einem Auseinanderbrechen der Regierung. "Wenn das Abkommen nicht die Zustimmung der Abgeordneten der Regierungsmehrheit erhält, kann die Regierung nicht bestehen bleiben", sagte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis im griechischen Fernsehen. Er appellierte an die "individuelle Verantwortung" der Parlamentarier.

Einige Abgeordnete des linken Flügels der Regierungspartei Syriza kritisierten die Zugeständnisse, die die Regierung in Brüssel gemacht hat. "Die Taktik des 'es gibt keine Alternative' kann nicht die Linie der Linken sein", sagte beispielsweise Vangelis Diamantopoulos. Sein Kollege Alexis Mitropoulos kündigte an, er werde den von den Gläubigern geforderten Maßnahmen nicht zustimmen.

Mehrere Regierungsmitglieder sprangen Tsipras allerdings zur Seite. Die Sparvorschläge seien "ein notwendiges Übel", sagte etwa der Staatssekretär für Verwaltungsreform, Georgios Katrougalos. Tsipras selbst hatte noch am Montagabend erklärt, sein Plan erhalte "die soziale Gerechtigkeit". Ein Abkommen mit den Geldgebern müsste Tsipras noch am Wochenende durch das griechische Parlament bringen. Andernfalls droht schon zum Monatsende die Staatspleite.

Tausende gegen Sparmaßnahmen


Derweil haben am Abend in Athen Tausende Anhänger der griechischen Gewerkschaftsbewegung Pame gegen drohende neue Sparmaßnahmen demonstriert. Viele schwenkten rote Flaggen mit Hammer und Sichel und riefen anti-europäische Slogans wie "Gegen die Plutokratie" und "Gegen die Sparpolitik". Die Pame steht der griechischen kommunistischen Partei KKE nahe, die im Parlament mit 15 Abgeordneten vertreten ist. Die KKE ist eine Gegnerin der Politik der linken Regierungspartei Syriza.

 
Unsicherheit um Griechenland: US-Banker prophezeien Verfall des Euro

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Unkenrufe aus den USA belasten den Kurs des Euro, der sich jüngst erholt hatte. Die US-Bank Goldman Sachs sagt Europas Währung einen Sturz unter die Ein-Dollar-Marke voraus - binnen eines Jahres. Andere Analysten teilen den Pessimismus nicht ganz.

Der Euro ist in der Nacht im asiatisch dominierten Geschäft unter Druck geraten und verliert am Morgen weiter an Wert. Im Tief fällt er bis auf 1,1231 Dollar, fast ein Cent weniger als am Vorabend. Beobachter sehen den Rücksetzer im Zusammenhang mit einer Studie der US-Investmentbank Goldman Sachs. Darin wird der Euro auf Sicht der kommenden zwölf Monate bei 0,95 und Ende 2017 sogar bei 0,80 Dollar gesehen, zumal das Thema Griechenland im Euro noch nicht gespielt worden sei, sondern lediglich "Quantative Easing" der EZB.

Die Devisenexperten begründen ihren Euroskepsis damit, dass auch bei einer kurzfristigen Einigung im Schuldenstreit zwischen den Geldgebern und Griechenland die Unsicherheit anhalten dürfte. Zudem gehen sie davon aus, das Griechenland lange brauchen wird, um auf den Wachstumspfad zurückzukehren. Um dies zu beschleunigen, bedürfe es einer "gemanagten Abwertung". Daneben laste das Anleihekaufprogramm der EZB weiter auf dem Euro.

Der japanische Finanzdienstleister Nomura sieht es zwar weniger dramatisch, rät aber davon ab, einseitig auf einen steigenden Kurs des Euro zu setzen. Dafür sei es noch zu früh, warnt Nomura-Devisenstratege Yunosuke Ikeda. Denn obgleich es so aussehe, als ob Griechenland sich im Lauf der Woche mit seinen internationalen Geldgebern einigen werde, seien die politischen Risiken hoch. Innerhalb der regierenden Linkspartei könnte sich Widerstand gegen die Ende Juni anstehende Zahlung an den IWF regen. Die Reaktion des Euro zum Dollar lasse sich schwer vorhersagen. Deshalb sollten sich Anleger nicht zu sehr festlegen, so der Analyst.

 
Milliarden für Athen: Unionspolitiker legen sich quer

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Zum dritten Mal binnen einer Woche beraten die Euro-Finanzminister über griechische Sparpläne. Allerdings könnte auf den letzten Metern eine Rettung Griechenlands noch in Berlin auf Widerstand stoßen. Politiker aus den Reihen der Union murren über neuerliche Schnellbeschlüsse.

Das wird alles andere als ein leichter Ritt: Während sich die Finanzminister auf ihr nächstes Krisentreffen mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras vorbereiten - und in Brüssel bereits zaghafte Hoffnung auf eine Einigung keimt -, halten einflussreiche Unionspolitiker in Deutschland eine weitere Verlängerung des Hilfsprogramms bereits für ausgeschlossen.

Mit Blick auf das nahende Fristende mit dem Auslaufen des zweiten internationalen Hilfsprogramms für Griechenland wächst in den Reihen von CDU und CSU der Widerstand gegen eine mögliche Einigung, die dann im Eilverfahren durch die nationalen Parlamente gepaukt werden müsste.

Am Mittwochabend treffen sich die Finanzminister der Eurogruppe in Brüssel, um über einen Ausweg aus der griechischen Schuldenkrise zu beraten. Sollte eine Einigung mit Athen erzielt werden, könnte der Beschluss der Finanzminister anschließend vom EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag abgesegnet werden. Um eine Staatspleite Athens zum Monatsende abzuwenden, müssen dann noch das griechische Parlament und eine Reihe nationaler Parlamente, darunter der Bundestag, in den nächsten Tagen zustimmen.

"Dass wir am Montag oder Dienstag irgendwas beschließen, halte ich nicht für machbar", sagte zum Beispiel der CDU-Finanzexperte Olav Gutting der "Bild"-Zeitung. "Wir haben bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass wir nicht bereit sind, innerhalb von kürzester Zeit etwas zu beschließen."

Ernste Zweifel an der Eile

Der CSU-Obmann im Finanzausschuss, Hans Michelbach, kritisierte in der "Bild", die griechische Regierung habe sich in den Verhandlungen mit den Gläubigern "zu viel Zeit" gelassen. "Damit kann kein weiteres Geld fließen", sagte Michelbach. Auch der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, der CDU-Politiker Gunther Krichbaum, rechnet nicht mit einer rechtzeitigen Bundestagsabstimmung über eine Verlängerung des zweiten Hilfsprogramms. "Mir fehlt die Fantasie, wie das in so kurzer Zeit funktionieren soll", sagte Krichbaum der "Bild". Die Abgeordneten bräuchten "Zeit für eine seriöse parlamentarische Beratung".

Damit zeichnen sich für die Verhandlungsführer in Brüssel bereits vor einer beschlussreifen Einigung massive Schwierigkeiten bei der erforderlichen Zustimmung der Parlamentarier auf nationaler Ebene ab. Insgesamt müssen Parlamente in fünf Euro-Staaten einer möglichen Einigung zwischen Euro-Partnern und der Regierung in Athen zustimmen.

CDU-Mann fordert neue Gutachten

Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Michael Fuchs knüpfte eine mögliche Beratung und Abstimmung über die Verlängerung an die Beibringung wichtiger Gutachten. Bevor die Abgeordneten der Unionsfraktion über weitere Griechenland-Hilfen entscheiden könnten, müssten "in Berlin vier Dokumente vorliegen", sagte der CDU-Politiker der "Bild". Nötig seien ein "ordentlicher Verlängerungsantrag von Griechenland" sowie "eine Vereinbarung Griechenlands mit den drei Gläubiger-Institutionen" EU, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) über die Umsetzung der geforderten Reformen.

Fuchs verlangte außerdem ein Dokument, das die "Schuldenlasttragfähigkeit der Griechen beweist". Nötig sei schließlich "auch eine formelle Bestätigung Griechenlands, dass es seine Schulden beim IWF zum 30. Juni bezahlt".

Am 30. Juni muss Griechenland nicht nur 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen, auch das zweite Hilfsprogramm läuft aus. Nachdem es bereits zwei Mal verlängert wurde, wird derzeit eine weitere Verlängerung diskutiert. Athen verhandelt bereits seit Monaten mit seinen Gläubigern über die Auszahlung von ausstehenden Geldern des zweiten Hilfsprogramms in Höhe von 7,2 Milliarden Euro.

Nach der kurzfristigen Vorlage neuer Reformzusagen durch die linksgerichtete griechische Regierung könnte beim EU-Gipfel am Donnerstag eine Einigung erzielt werden. Gelingt dies nicht, bleibt bis zum Auslaufen des griechischen Hilfsprogramms kaum noch Zeit, um das Land noch vor der Staatspleite zu retten. In diesem Fall droht auch ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone.
Martin Schulz erinnert an die Steuern

Unabhängig von den Zweifeln in Unionskreisen gibt sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zuversichtlich, dass es doch noch zu einer Einigung mit Athen im Schuldenstreit kommen kann. Die Auszahlung der verbliebenen Hilfsgelder sei aber nur Voraussetzung für weitere Schritte, "damit Griechenland wirtschaftlich wieder auf die Beine kommt", sagte der SPD-Politiker. "Nötig hierzu sind Investitionen", betonte er. Ein wichtiger Teil davon könne aus dem Investitionspaket finanziert werden, auf das sich Europäisches Parlament und die EU-Kommission geeinigt haben.

Insgesamt sei ein Kurswechsel bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise in europäischen Staaten notwendig. "Wir können die Länder nicht kaputtsparen. Nur Kürzungen und Haushaltsausterität allein bringen die Krisenstaaten nicht wieder auf die Beine", betonte Schulz. An die griechischen Abgeordneten, die einer Einigung der Regierung mit den Geldgebern zustimmen müssen, appellierte er: "Arbeitet nun zügig daran, endlich diejenigen angemessen zu besteuern, die bisher nichts oder kaum zur Lösung der Krise beigetragen haben."

 
In der Sackgasse: Was Griechenland eigentlich braucht

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Der sich abzeichnende Deal zwischen Griechenland und den Gläubigern ist politisch richtig, aber ökonomisch kontraproduktiv, sagt Ökonom Christian Odendahl. Eine langfristige Lösung für Griechenland und für Europa ist er nicht.

n-tv.de: Rein ökonomisch betrachtet: Ist es richtig, von Griechenland stärkere Einsparungen, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und eine Kürzung der Renten zu fordern?

Christian Odendahl: Es ist schwer, für diese Forderungen eine ökonomische Erklärung zu finden, da sich in den letzten Jahren klar gezeigt hat, dass Sparpolitik in einer Krise kontraproduktiv ist. Der Grund ist also eher politischer Natur. Der Internationale Währungsfonds möchte sicherstellen, dass die griechischen Schulden tragfähig bleiben, notfalls per Schuldenschnitt; die Bundesregierung und andere Euro-Länder wollen ihren Bevölkerungen aber keinen Schuldenschnitt verkaufen müssen. Insofern versucht man, über Sparpolitik die Tragfähigkeit der Schulden zu erreichen. Es ist ökonomisch unwahrscheinlich, dass dies gelingen wird.

Am Montag hieß es, es werde keinen Schuldenschnitt und kein drittes Kreditprogramm geben. Trotzdem war von einer dauerhaften Lösung die Rede. Wie kann die aussehen?

Schuldenschnitt klingt nach einer radikalen Maßnahme, aber es hat schon weiche Schuldenschnitte gegeben, bei denen Rückzahlungen gestreckt und Zinsen gesenkt wurden. Ein bisschen Potenzial gibt es da noch. Zweitens könnten existierende Gelder, die für die Bankenrekapitalisierung vorgesehen waren, umgewidmet werden in "normale" Hilfsgelder. Drittens ist ein Grund, warum Griechenland Geld braucht, dass es jetzt schon Kredite an die EZB und an den IWF zurückzahlen muss. Es ist also eher eine Umschichtung von einem Geldgeber zum anderen nötig, als ein drittes "Hilfspaket". Genau das schlägt die griechische Regierung ja auch vor.

Die Bundesregierung hat eine Umschichtung bisher ausgeschlossen.

Einen Deal wird es geben müssen, schon allein deshalb, weil die wahrscheinliche Einigung diese Woche negative ökonomische Auswirkungen auf Griechenland haben wird. Offen ist, inwiefern die von der EU-Kommission angekündigten 35 Milliarden an Investitionsgelder aus EU Töpfen einen Einfluss haben werden.

Am Montag sagte Bundeskanzlerin Merkel, die Staats- und Regierungschefs der EU könnten erst Entscheidungen treffen, wenn die drei Institutionen eine abschließende Empfehlung gegeben haben. Versteckt sie sich hinter IWF, EZB und EU-Kommission?

Politisch ist es sicherlich hilfreich, dass man einen Teil der Verantwortung auf technische Details schieben kann. Allerdings hängen diese technischen Details von Annahmen ab, die auch politisch festgelegt wurden. Letztlich ist es also eine politische Entscheidung.

"Wer behauptet, deutsche Steuerzahler kämen für die Löhne, Renten und Pensionen der Griechen auf, lügt", hat Alexis Tsipras vor ein paar Tagen im "Tagesspiegel" geschrieben. Stimmt das?

Ich halte diese Diskussion für überflüssig. Richtig ist, dass von den Hilfsgeldern bei den griechischen Rentnern und Lohnbeziehern nur wenig angekommen ist. Die Hilfsprogramme haben zu einem großen Teil denen geholfen, die Griechenland Geld geliehen hatten. Auf der anderen Seite wären die Anpassungen in Griechenland ohne Hilfspaket noch härter ausgefallen. Es kommt also darauf an, welches Alternativszenario man zu Grunde legt.

Zwischen Griechenland und dem Rest der Eurogruppe beziehungsweise der EU gab es, meist anonym platziert, wechselseitige Vorwürfe, gelogen zu haben – in der Regel ging es dabei um die Inhalte neuer Vorschläge aus Griechenland, mitunter auch darum, ob es überhaupt neue Vorschläge gab. Können Sie beurteilen, welche Seite häufiger die Unwahrheit von sich gegeben hat?

Ich glaube, das kann keiner hundertprozentig nachvollziehen. Dass es zu solchen Vorwürfen gekommen ist, halte ich für unglücklich, weil es sinnvolle Kompromisse erschwert. Aber das politische Kalkül dahinter kann ich nachvollziehen. Beide Seiten wollen ihrer jeweiligen Bevölkerung klarmachen: Wir kämpfen für eure Interessen, auch mit harten Bandagen.

Wie müsste eine Einigung aussehen, mit der beide Seiten leben können?

Die Geldgeber müssen sich, was ihre Forderungen nach einer Fiskalkonsolidierung angeht, zurücknehmen, und die Griechen müssen die eine oder andere zusätzliche Reform anbieten. Gleichzeitig muss das, was an ökonomischen Schäden aus den weiteren Kürzungen entstehen wird, anderweitig aufgefangen werden. Dazu ist wahrscheinlich am ehesten die EU-Kommission in der Lage. Der Deal, der sich im Moment abzeichnet, ist gemessen an den festgefahrenen Verhandlungen vermutlich der richtige. Eine langfristige Lösung für Griechenland und für Europa ist er aber nicht.

Was wäre denn eine langfristige Lösung?

Eine langfristige Lösung für Griechenland müsste drei Dinge beinhalten: Erstens eine weniger restriktive Fiskalpolitik, damit sich die griechische Wirtschaft erholen kann. Zweitens eine realistische Perspektive für den Schuldenabbau. Und drittens Reformen in Griechenland, die diese Regierung überdauern, gerade in der Bürokratie, dem Justizwesen und den staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft. Solche Reformen sind schwer über einen langen Zeitraum durchzuhalten. Vermutlich würde das einen breiten Konsens innerhalb der griechischen Bevölkerung und zwischen den griechischen Parteien erfordern, eine Art griechischen Reformkonvent. Die Europäer könnten mit Angeboten bezüglich weicherer Ziele und eines Schuldenerlasses dazu beitragen, einen solchen Konsens herzustellen. Das wäre sicherlich das Beste für alle Seiten. Aber danach sieht es im Moment leider nicht aus.

Was ist dran an der Behauptung, die von der Koalition immer wieder vorgetragen wird, Griechenland sei bis zum Syriza-Wahlsieg im Januar auf einem "guten Kurs" gewesen?

Das hängt von der Perspektive ab. Gemessen daran, dass Griechenland aus einer wirtschaftlichen Depression kam, war das schwache Wachstum positiv, aber es war bei weitem nicht ausreichend. Die Frage ist zudem, ob dieser Weg langfristig hätte durchgehalten werden können. Die alte griechische Regierung hat genau die Reformen und Anpassungen verweigert, zu denen Syriza jetzt auch nicht bereit ist. Der damalige Ministerpräsident Samaras ist lieber das Himmelfahrtskommando vorgezogener Neuwahlen eingegangen, als eine Rentenreform durchzuziehen. Der Wahlkampf hat überdeckt, dass schon die alte Regierung in einer Sackgasse steckte. In diese Sackgasse sind Griechenland und seine Geldgeber also nicht erst von Syriza manövriert worden. Die Unsicherheit seitdem hat die Situation in Griechenland natürlich nicht einfacher gemacht. Da kommt eben vieles zusammen.

 
Liveticker zu den Griechenland-Verhandlungen: +++ 17:30 Syriza-Vertreter - Gläubiger-Vorschläge "absurd"+++

Ein griechischer Regierungsvertreter bezeichnet die jüngsten Vorschläge der Gläubiger nach Angaben eines Syriza-Mitglieds dem politischen Komitee der Regierungspartei gegenüber als "absurd".

+++ 17:00 S&P warnt vor Dominoeffekt +++
Griechenlands Schuldenprobleme bedrohen nach Einschätzung der US-Ratingagentur Standard & Poor's die Bonitätsnoten mehrerer südosteuropäischer Länder. Für Bulgarien, Mazedonien, Albanien, Rumänien und Serbien könnte sich die enge Verflechtung ihrer Finanzsysteme mit griechischen Banken negativ auswirken, teilte S&P mit.

Sollte Griechenland aus der Euro-Zone ausscheiden, wäre ein Domino-Effekt zu befürchten: Griechische Banken drohten bei einem Bankrott ihre Tochtergesellschaften in den südosteuropäischen Staaten mit in den Abgrund zu reißen.

+++ 16:24 "Keine Diskussionsgrundlage" +++
Die Deutsche Presse-Agentur meldet, die drei Institutionen hätten sich bis zum Nachmittag noch nicht mit der griechischen Regierung auf eine grundsätzliche Vereinbarung für ein Spar- und Reformpaket verständigt. Bisher gebe es "keine Diskussionsgrundlage" für das Treffen der Euro-Finanzminister, das eigentlich am Abend stattfinden soll.

Eine lesenswerte Einschätzung der Verhandlungen durch den Wirtschaftswissenschaftler Christian Odendahl finden Sie hier.

+++ 16:15 Gegenvorschlag der Institutionen im "Änderungen nachverfolgen"-Modus +++
Auch die "Financial Times" hat den Gegenvorschlag der Gläubiger ausgewertet. Drei der wichtigsten Punkte:

Griechenland soll das reale Renteneintrittsalter bis 2022 auf 67 erhöhen (statt bis 2025; ursprünglich hatte Athen 2036 anvisiert).
Der sogenannte Solidaritätszuschlag für besonders arme Rentner soll 2017 auslaufen (statt 2020).
Die meisten der von der griechischen Regierung geplanten Steuererhöhungen, die Unternehmen getroffen hätten, wurden von den Gläubigern gestrichen.

Die Überarbeitung wurde von den Institutionen im "Änderungen nachverfolgen"-Modus vorgenommen. Selbst Kommata hat der zuständige Sachbearbeiter ergänzt, das Wort "moreover" (ferner) wurde durch "in addition" (zusätzlich) ausgetauscht. In einem Satz wurde das Wort "medizinische Bedarfsgüter" durch "Medikamente" ersetzt (die, wie Bücher, unter einen speziellen Mehrwertsteuersatz von 6 Prozent fallen sollen).

Laut FT ähnelt dieser Vorschlag sehr dem Papier, das Tsipras vor drei Wochen übergeben wurde – in der Logik der Verhandlungen könnte sich die griechische Regierung folglich beschweren, keine "neuen Vorschläge" aus Brüssel vorgelegt bekommen zu haben.

+++ 15:14 "Wer blinzelt zuerst?" +++
Kollege Marcus Walker vom "Wall Street Journal" bringt die politische Zwickmühlen in drei Sätzen auf den Punkt: "Tsipras will Kürzungen vermeiden. Der IWF will Kürzungen oder einen Schuldenerlass. Merkel will einen Schuldenerlass vermeiden. Wer blinzelt zuerst?"

+++ 14:20 Schäuble-Sprecher: Athen muss sich bewegen +++
Das Bundesfinanzministerium äußert sich zurückhaltend zu den Erfolgsaussichten des Treffens der Euro-Finanzminister heute Abend. "Wir gehen mit realistischen Erwartungen in diese Sitzung", sagt der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Martin Jäger. "Es liegt da noch ein weites Stück Weg vor uns." Nachdem die Gläubiger-Institutionen Athen sehr weit entgegengekommen seien, gehe Berlin "davon aus, dass es nun an der griechischen Seite ist, sich zu bewegen".

+++ 14:18 Institutionen fordern stärkere Rentenkürzungen +++
Das "Wall Street Journal" hat Details über die Differenzen zwischen Griechenland und den Institutionen. So habe die griechische Regierung die Unternehmenssteuern auf 29 Prozent anheben wollen. Die Gläubiger wollen diese Steuer laut WSJ auf 28 Prozent beschränken. Dem Bericht zufolge akzeptieren die Gläubiger auch nicht die geplante Sondersteuer für Unternehmen mit Gewinnen über 500 Millionen Euro.

Bei den Renten fordere der IWF weitere Einschnitte, beispielsweise auf einen Verzicht von Sonderleistungen für die ärmsten Rentner. Die griechische Regierung hatte dagegen die Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen anheben und die Frühverrentung einschränken wollen. Zudem wollen die Institutionen die Einsparungen beim Militärhaushalt auf 400 Millionen Euro verdoppeln. (Seit 2009 hat Griechenland seine Militärausgaben um knapp 48 Prozent zurückgefahren.)

Das pdf mit den Änderungen der Institutionen finden Sie hier.

Angesichts dieser gravierenden Unterschiede zwischen dem Vorschlag der griechischen Regierung und dem Gegenvorschlag der Institutionen ist unklar, ob und wie heute eine Einigung erreicht werden kann. Entsprechend sorgenvoll sah Tsipras aus, als er zum Treffen mit den Institutionen ging.



+++ 13:30 Verhandlungen schon jetzt in der Schwebe +++
Hier ein kurzer Überblick über den aktuellen Stand:

Am Vormittag ließ Ministerpräsident Tsipras in Athen verlauten, dass die internationalen Geldgeber die von seiner Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen nicht akzeptieren.
Zur Mittagszeit heißt es in EU-Kreisen in Brüssel, die Verhandlungen mit Griechenland seien nicht abgebrochen worden. Das Treffen der Institutionen mit Tsipras werde wie geplant stattfinden.
Später meldet Reuters, die Gläubiger hätten der griechischen Regierung neue Gegenvorschläge präsentiert, um die Differenzen zu überbrücken. Hauptstreitpunkte sind nach wie vor die Mehrwertsteuer, das Rentensystem und die Unternehmensbesteuerung.

Um 12.32 Uhr twitterte Tsipras, "die wiederholte Zurückweisung gleichwertiger Maßnahmen durch bestimmte Institutionen gab es noch nie - weder in Irland noch in Portugal" - gemeint ist offenbar der IWF. Diese seltsame Haltung scheine darauf hinzudeuten, so Tsipras in einem zweiten Tweet, dass es entweder kein Interesse an einer Einigung gebe oder das Sonderinteressen unterstützt werden sollten. (Mit dem Hinweis auf die Sonderinteressen dürfte Tsipras meinen, dass seine Regierung aus dem Amt gefegt werden solle.)

+++ 13:09 Eurogruppe spricht über Schuldennachlass für Griechenland +++
Die Finanzminister der Eurozone werden nach Aussage des ehemaligen griechischen Ministerpräsidenten Lucas Papademos heute über eine weitere Schuldenerleichterung für Griechenland sprechen. Papademos äußerte sich bei einer Konferenz der Deutschen Bundesbank in Frankfurt ausführlich zur Notwendigkeit eines Schuldennachlasses, sagte dann aber auf eine Nachfrage: "Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, weil die Eurogruppe heute Nachmittag darüber reden wird."

+++ 13:00 Letzter Akt? +++
Heute beginnt – wieder einmal – der letzte Akt im Drama um die griechischen Staatsschulden.

-Zur Mittagszeit kommen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Währungskommissar Pierre Moscovici, IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und der Chef des Euro-Rettungsschirms, Klaus Regling, im EU-Kommissionsgebäude in Brüssel zusammen.
-Etwa eine Stunde später soll der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hinzustoßen.
-Sollten sich Tsipras und die Geldgeber einigen, wird der berühmte Ball (der ja grundsätzlich "im Feld der anderen Seite" liegt) um 19.00 Uhr auf die andere Straßenseite vom EU-Kommissionsgebäude gespielt. Denn dann kommen die Euro-Finanzminister in einem Nebengebäude des EU-Rates zu einer Sondersitzung zusammen.
-Falls es eine Einigung zwischen Institutionen und Griechenland gibt, könnte die Eurogruppe grünes Licht für die Auszahlung von Hilfsgeldern geben. Zunächst würde vermutlich das aktuelle Hilfsprogramm verlängert; Dijsselbloem hat bereits deutlich gemacht, dass eine Auszahlung der vollen Summe von 7,2 Milliarden Euro vor dem 30. Juni "undenkbar" ist.
-Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte die Eurogruppe erörtern, wie sich der Rest der Währungsunion auf einen Finanzkollaps in Athen vorbereiten soll.
-Morgen Nachmittag treffen sich die Staats- und Regierungschefs zu ihrem regulären, zweitägigen Gipfel im Hauptgebäude des EU-Rates. Sie könnten einer Einigung ihren Segen geben. Eigene Entscheidungen, so viel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel klargestellt, wollen die "Chefs" nicht fällen. Wenn es heute keine Einigung gibt, dürfte das Drama in einen weiteren "letzten" Akt gehen.

 
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