Vor dem Eurogruppen-Treffen: +++ 10:20 Ex-EZB-Direktor: Gläubiger werden Athen "auf jeden Fall" im Euro halten +++
Heute um 15 Uhr treffen sich die Euro-Finanzminister in Luxemburg. Zentrales Thema ist die Krise in Griechenland. Auch IWF-Chefin Christine Lagarde nimmt an den Gesprächen teil. Viel Zeit für eine Einigung bleibt nicht: In zwölf Tagen läuft das zweite Kreditprogramm aus. Dann können die 7,2 Milliarden Euro, auf die Griechenland seit Monaten hofft, nicht ausgezahlt werden. Wir begleiten den Tag im Liveticker.
+++ 10:20 Ex-EZB-Direktor: Gläubiger werden Athen "auf jeden Fall" im Euro halten +++
Diese Aussage passt nicht zu Merkels Regierungserklärung, aber ihr Urheber ist ein ernstzunehmender Debattenteilnehmer: Das ehemalige Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, rechnet damit, dass die internationalen Gläubiger Griechenland am Ende entgegenkommen werden. "Die Gläubiger werden einlenken, indem sie weniger Bedingungen stellen und indem sie neues Geld zur Verfügung stellen, um auf jeden Fall und was es auch kosten möge, Griechenland im Euro zu halten", sagte Stark im RBB-Inforadio.
+++ 10:12 Göring-Eckardt: Schluss mit der Showdown-Politik +++
Ein Grexit wäre "eine Bruchlandung für Europa", sagt Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt im Bundestag. Ganz ähnlich wie heute Morgen Tsipras im "Tagesspiegel" (siehe unten) stellt sie klar, dass die Griechen keineswegs so früh in Renten gehen wie oft behauptet. Die Bundesregierung ruft sie auf: "Hören Sie auf mit dem Pokern, hören Sie auf mit der Showdown-Politik!"
Griechenland müsse den Haushalt ohne noch größere soziale Verwerfungen konsolidieren und gleichzeitig in die Zukunft investieren. Um Griechenland eine "realistische Chance" zu geben, schlägt sie ein Umschuldungsprogramm vor - und erinnert an das Kurzarbeitergeld und die Abwrackprämie, mit der die Bundesregierung 2009 auf die Finanzkrise reagiert hatte.
+++ 10:00 Oppermann: Wir lassen uns nicht erpressen +++
Nach Gysi sprach SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Seine Botschaft: Es sei schlecht wenn die griechische Regierung der EU diktiere, "unter welchen Bedingungen es ihr gefällt, in der Eurozone zu bleiben". Keine Regierung in der EU habe das Recht, Solidarität einzufordern, ohne dafür in Gegenleistung zu treten. "Wir wollen den Kompromiss, aber wir lassen uns nicht erpressen", sagte Oppermann.
+++ 09:45 Gysi: Merkel gefährdet Europa +++
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi wirft hat der schwarz-roten Regierung einen völlig verfehlten Umgang mit der griechischen Schuldenkrise vor. "Sie gefährden den Euro insgesamt und damit auch die europäische Integration", sagte er in seiner Entgegnung auf Merkel.
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras habe den finanziellen "Schlamassel" von seinen sozialdemokratischen und konservativen Vorgängern geerbt, zuletzt aber schon sieben Milliarden Euro Schulden zurückgezahlt. "Die griechische Regierung ist zum Sparen bereit - nur nicht dort, wo Sie es gerne hätten", sagt Gysi. Das Schuldendrama sei ein Resultat der Politik der internationalen Geldgeber-Troika, "hinter der sich ja auch die Bundesregierung versteckt".
+++ 09:34 Merkel: Griechenland muss alle Verpflichtungen erfüllen +++
Hier eine schnelle Zusammenfassung dessen, was die Kanzlerin in der Regierungserklärung zu Griechenland gesagt hat. Erster Eindruck: Merkel klang alles andere als kompromissbereit.
Sie könne und wolle den Finanzministern, die sich heute Nachmittag treffen, nicht vorgreifen und nur "grundsätzliche Bemerkungen" machen. Reformen nach dem Prinzip "Leistung gegen Gegenleistung" hätten den Euro stärker gemacht.
Zugleich sei der Euro immer "weit mehr" gewesen als eine Währung. Die Entscheidung für eine gemeinsame Währung "stand und steht für die Idee der europäischen Einigung".
"Griechenland ist in den letzten fünf Jahren ein beispielloses Maß an europäischer Solidarität zuteilgeworden". Und Griechenland sei nicht das einzige Land in der Eurozone, das auf Solidarität angewiesen gewesen sei.
Anders als in Griechenland hätten Irland, Spanien und Portugal "ihre Hilfsprogramme erfolgreich abgeschlossen und stehen wieder auf eigenen Beinen". Auch Zypern sei "auf einem guten Weg". Diese Länder, so Merkel, "haben ihre Chance genutzt ... auch wenn der Weg dahin nicht einfach war".
"Auch Griechenland war auf einem guten Weg ... immer wieder jedoch wurden notwendige Strukturreformen verschleppt." Diese Reformen seien aber nicht die Voraussetzung, dass das zweite Programm erfolgreich abgeschlossen werden könne (d.h. Voraussetzung für die Auszahlung der verbliebenen 7,2 Milliarden Euro), sondern auch dafür, dass die "Hilfe zur Selbsthilfe" erfolgreich sein könne.
Die Vereinbarung der Euro-Finanzminister vom 20. Februar habe es der griechischen Regierung erlauben sollen, "im Rahmen des laufenden Programms ihre eigenen Schwerpunkte zu setzen". Dann zitiert Merkel aus der Vereinbarung. Die griechische Regierung habe darin die "eindeutige Zusage" gegeben, "ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber all ihren Gläubigern vollständig und fristgerecht zu erfüllen".
Deutschland Bemühungen seien darauf gerichtet, "dass Griechenland in der Eurozone bleibt". Merkel sagt, sie sei unverändert überzeugt: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg." Eine Einigung mit den Institutionen sei immer noch möglich.
+++ 09:17 Merkel: Eurozone muss dauerhaft Erfolg haben +++
Nach Ausführungen über das Flüchtlingsthema sowie über die außen- und sicherheitspolitischen Krisen, die näher an die EU herangerückt seien, sagt Merkel, Europa habe auch "erhebliche innere Herausforderungen zu bewältigen".
Im Kern gehe es darum, die Konstruktion der Eurozone dauerhaft zum Erfolg zu führen. Nötig sei eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Euro-Länder. Merkel kündigt an, dass Deutschland und Frankreich beim EU-Gipfel in der kommenden Woche für Maßnahmen werben wollen, die im Rahmen der bestehenden Verträge umgesetzt werden können. Sie wirbt zugleich dafür, dass die "Strukturreformen" in den Mitgliedsstaaten fortgeführt werden.
Griechenland erwähnt sie in den ersten 15 Minuten ihrer Rede nicht.
+++ 09:03 Merkel gibt Regierungserklärung ab +++
Sie können die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Livestream bei n-tv.de verfolgen. Erstes Thema: Die Rettung und Aufnahme von Flüchtlingen.
+++ 08:35 CDU-Politiker Linnemann: Grexit wäre besser +++
Der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann hält einen Grexit für die bessere Lösung. Die Mittelstandsvereinigung plädiere für eine Insolvenz mit anschließendem Euro-Austritt, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete bei n-tv. "Das ist die bessere Lösung jetzt für Griechenland, denn es ist eigentlich schon fünf nach zwölf und wir müssten eigentlich schon die Uhr zurückstellen."
Dass Griechenland die Notkredite zurückzahlen kann, glaubt Linnemann nicht: "Das Geld kommt nicht zurück, es ist weg, das ist nun mal so und das muss auch allen Beteiligten klar sein. Es geht jetzt darum, eine Lösung zu finden, dass man zumindest ein Ende hat und eine Perspektive, auch für die Menschen in Griechenland."
Linnemann hat die Griechenland-Kredite im Bundestag stets abgelehnt. Hier ein Interview mit ihm vom Februar 2015 über seine Forderung nach Einführung einer Staateninsolvenzordnung.
+++ 08:00 Schäuble und Kollegen machen Druck auf Athen +++
Unsere Presseschau geht weiter: In der "Bild"-Zeitung appellieren die Finanzminister Deutschlands, Belgiens, Litauens und Sloweniens an Griechenland, die Reform-Vereinbarungen einzuhalten. Athen müsse die "Verpflichtungen aus dem laufenden Programm" erfüllen, sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
+++ 07:40 Weidmann: Grexit schadet Griechenland mehr als der Eurozone +++
Nach Einschätzung von Bundesbank-Chef Jens Weidmann würde ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone nicht die Existenz des Euro gefährden. Im Falle eines Grexit wären Ansteckungseffekte "sicher nicht auszuschließen", sagte Weidman in einem Interview mit den Zeitungen "Les Echos" (Frankreich), "El Mundo" (Spanien) und "La Stampa" (Italien). Ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen mit seinen internationalen Gläubigern bedeute aber vielmehr "schwer zu kontrollierende Konsequenzen für Griechenland".
Ein Grexit könne "den Charakter der Währungsunion verändern", sagte Weidmann. Dies sei aber auch der Fall, wenn einzelne Länder "nicht ihre Verantwortung übernehmen, um eine stabile Währung zu garantieren". Im Schuldenstreit sei "der Ball klar im Feld der griechischen Regierung", die nun über die Zukunft ihres Landes entscheiden müsse.
+++ 07:15 "Financial Times" fordert Einigung +++
In einem Editorial ruft die in London erscheinende "Financial Times" alle Beteiligten zu einer Einigung im griechischen Schuldendrama auf. In wirtschaftlicher Hinsicht seien die Differenzen gering, ein Grexit wäre sowohl für die griechischen Rentner als auch für die Gläubiger schlimmer als eine Einigung innerhalb des Euro.
Vorwürfe hat die Wirtschaftszeitung an alle Seiten: Die Syriza-Regierung habe schlecht verhandelt und Freunde verprellt; die Kreditgeber hätten Griechenland (vor Ausbruch der Krise) nicht so viel Geld leihen dürfen; die Eurogruppe hätte Griechenland erst nicht aufnehmen dürfen und habe dann die Rettung "verpfuscht". Jetzt sei allerdings nicht die Zeit für gegenseitige Schuldzuweisungen. Wer jetzt den Mut zu Konzessionen habe, verdiene nichts als Lob.
+++ 06:40 Tsipras weist "Lügen" zurück +++
Der "Tagesspiegel" bringt einen Gastbeitrag des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Darin weist er den Vorwurf zurück, die griechischen Renten seien zu hoch. Es stimme, dass Deutschlands Ausgaben für Renten und Pensionen stabil bei rund 10 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts liegen, die entsprechenden griechischen Ausgaben dagegen zwischen 2007 und 2013 von 11,7 auf 16,2 Prozent gestiegen seien. Das liege allerdings am Zusammenschrumpfen der Wirtschaftsleistung Griechenlands. Auch liege das durchschnittliche Renteneintrittsalter in Griechenland bei 65,1 Jahren für Männer und bei 64,2 Jahren für Frauen (und damit in etwa auf dem deutschen Niveau).
Für Griechenland sind das keine statistischen Feinheiten, sondern ein Kern bei den Verhandlungen mit den "Institutionen", also mit EU, IWF und EZB. Ein Punkt ist Tsipras besonders wichtig: "Wer behauptet, deutsche Steuerzahler kämen für die Löhne, Renten und Pensionen der Griechen auf, lügt."
Der Zeitpunkt für Tsipras' Kommentar könnte kaum besser gewählt sein: Heute um 9 Uhr gibt Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung ab, in der es auch um die griechische Krise gehen wird. Um 15 Uhr kommt die Eurogruppe zusammen.