Versuchter Ehrenmord: Zeugen schildern in Bonn unfassbar brutale Attacke auf Pärchen !
Bonn/Meckenheim - Die Mutter machte sich Sorgen: „Wann kommst du nach Hause?“, fragte sie morgens um 2.10 Uhr per WhatsApp ihren 17-jährigen Sohn, der auf einer Party in Merl war; ein Freund feierte seinen 18. Geburtstag.
„Gegen 3 Uhr“, antwortete der Schüler.
Die Mutter: „Dann warte ich auf dich“.
Doch sie musste an diesem 20. Juni länger warten, denn ihr Sohn wurde in einen dramatischen Kriminalfall verwickelt, bei dem er einem Menschen möglicherweise das Leben gerettet hat.
Zeuge als Lebensretter
Auf dem Heimweg kam der 17-Jährige am Waldfriedhof vorbei, einer einsamen Ecke, „wo einer nicht sein will“, wie es am Montag Klaus Reinhoff, der Schwurgerichtsvorsitzende des Bonner Landgerichts, formulierte.
Kurz vor 3 Uhr hörte der Junge aus dem Wald die Schreie eines Mädchens; er blieb einige Minuten stehen, um sich zu vergewissern, dass seine Wahrnehmung richtig war, doch wieder und wieder schrie jemand.
Pärchen wird von Bonner Polizei gerettet
Kurz entschlossen alarmierte er per Notruf die Polizei.
Fünf Minuten später sauste ein Streifenwagen heran, der Zeuge wies in Richtung Wald, die zwei Polizisten fuhren auf den Wendehammer und sahen zuerst einen VW Polo, der „unorthodox“ geparkt worden war, vermerkt der Polizeibericht.
Wenige Meter weiter stand rückwärts in einer Parklücke ein blauer 3er BMW, daneben ein Mann, das Gesicht wutverzerrt, die linke Hand fasste in den Haarschopf eines Mädchens, in der ausgestreckten rechten hielt er einen Radkreuzschlüssel.
Das Mädchen trug nur Jogginghose und BH.
„Sie ist 16 und er ist erwachsen.
Das darf er nicht.
Das ist in der Türkei verboten, das ist in Deutschland verboten“; schrie der Mann, während er sich mit seiner Geisel den Beamten näherte.
Die zogen die Schusswaffen und richteten sie auf den Wütenden.
Polizisten schildern Bonner Gericht dramatische Situation
Er wurde, wie das im Polizeideutsch heißt, „heruntergesprochen“, bückte sich also, legte die Waffe hin und ließ sich fesseln.
Hätte er nicht aufgegeben, wäre vielleicht geschossen worden: „Das war sehr, sehr kurz vor dem Schiefgehen“, sagte einer der Polizisten als Zeuge vor Gericht aus.
Im BMW, dessen Vordersitze voller Glassplitter waren, saß auf dem Beifahrersitz ein 19-Jähriger in Unterhose, der Körper blutverschmiert,
Knochensplitter auf der Brust, schwerste Kopfverletzungen, „Hirnmasse war zu sehen“, erinnerte sich der Beamte, der ihm einen Verband angelegt hatte.
„Ich möchte nur nach Hause“, stöhnte das Opfer, sprach dann immer verschwommener, bis es kollabierte und sich erbrach.
Der Notarzt soll die akute Lebensgefahr des 19-Jährigen nicht erkannt haben, berichtete der Polizist: „Wir haben das nicht verstanden“.
Nur durch eine neurochirurgische Notfallversorgung konnte das Leben des jungen Mannes gerettet werden.
Neben zahlreichen Brüchen im Gesicht und herausgeschlagenen Zähnen hatte er ein offenes Schädelhirntrauma erlitten.
Eine lange Narbe quer auf der Stirn zeugt von den Verletzungen, die der Nebenkläger erlitten hat.
Der Vater muss so brutal vorgegangen sein, dass sogar einer der Söhne, der mit einem Bruder dabei war, den Notruf gewählt haben soll.
Hintergrund der Tat laut Staatsanwaltschaft: Die türkischstämmige Familie war mit der Freundschaft des Mädchens zu dem zwei Jahre Älteren, einem Deutschen mit libanesischen Wurzeln, nicht einverstanden.
Beide hatten sich auf der Schule kennengelernt.
An jenem 20. Juni hatte er sie in seinem BMW zu einem heimlichen Rendezvous abgeholt, doch der Vater von sechs Kindern bemerkte gegen 2 Uhr die Abwesenheit der Tochter und machte sich mit zwei Söhnen (26 und 27 Jahre alt) auf die Suche.
Auf dem Parkplatz des Waldfriedhofs entdeckten sie das Auto des 19-Jährigen, auf den Vordersitzen das verliebte Paar, beide fast eingeschlafen.
Daraufhin soll der Vater, erzürnt über das „unehrenhafte Verhalten“ des Mädchens, den Radkreuzschlüssel aus dem Kofferraum seines VW geholt, damit die Beifahrerscheibe des BMW zertrümmert und dann die 17-Jährige rausgezerrt haben.
„Wir haben keinen Sex gehabt“, schrie sie, da soll bereits ihr Freund aus dem Wagen gerissen und zusammengeschlagen und getreten worden sein.
Als sie dazwischen ging, wurde sie laut Anklage vom Vater durch zwei Schläge verletzt.
Bonner Staatsanwalt klagt an
Die Staatsanwaltschaft hat ihn und die zwei Söhne wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt.
Die drei haben am ersten Verhandlungstag weder zur Person noch zur Tat Angaben gemacht.
Das Urteil wird für Anfang Januar erwartet.
Der Prozess findet unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt.
Zwischen beiden Familien soll es Bedrohungen gegeben haben.
Deshalb bewachten Polizisten und Justizwachtmeister das Gericht.