WM-Affäre: Zwei Münchner auf einem Bewirtungsbeleg !
In der Affäre um die WM 2006 blieb der FC Bayern bisher außen vor.
Das könnte sich jetzt ändern - auf einer Rechnung tauchen zwei prominente Namen auf.
Die Namen wurden nachträglich durchgestrichen.
Es war kein angenehmer Gesprächstermin für die erfolgsverwöhnten Bayern.
Aber er musste sein. Mehrere Monate gingen die Anwälte der Kanzlei Freshfields im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) den vielen Merkwürdigkeiten rund um die Sommermärchen-Affäre nach, mehr als zwei Dutzend Interviews führten sie dabei.
Fast alle Befragten hatten direkte Bezüge zum DFB, von den Protagonisten des damaligen WM-Organisationskomitees um Franz Beckenbauer bis zur aktuellen Archivleiterin.
Aber es gab einen zentralen Akteur rund um die WM-Bewerbung, der mit dem Verband unmittelbar nichts zu schaffen hat: der FC Bayern.
Und so hatten die Abgesandten der Kanzlei Freshfields heikle Fragen im Gepäck, als sie sich zum Gespräch nach München aufmachten, zum Vereinspräsidenten Karl Hopfner.
Die Bayern und die Vergabe der WM 2006, das ist ein langes, in der aktuellen Aufarbeitung erstaunlich weit umdribbeltes Kapitel.
Dabei erschienen den deutschen Bewerbern schon damals, kurz vor der Vergabe am 6. Juli 2000, Ruf und Dienste des Rekordmeisters als unverzichtbar.
Zum 100-jährigen Vereinsjubiläum im Februar 2000 flog fast ein Dutzend Wahlmänner des Weltverbandes Fifa ein, auf deutsche Kosten.
Später wurden Testspiele des Klubs in Ländern von Fifa-Vorständen vereinbart, an denen lokale Würdenträger dank marktunüblicher Rechteverträgen mitverdienten: Malta, Thailand, Tunesien.
Und als das vom damaligen Bayern-Chef Beckenbauer angeführte Bewerberkomitee vier Tage vor der WM-Vergabe noch einen von der heutigen DFB-Spitze als "Bestechungsversuch" eingestuften Vertrag mit Fifa-Skandalfunktionär Jack Warner schloss, beinhaltete das millionenschwere Leistungspaket auch dieses Versprechen: Jedes Jahr dürfe ein Klub aus Warners Nord-/Mittelamerikaverband Concacaf ein dreiwöchiges Trainingscamp mit dem FC Bayern bestreiten.
Auch sonst gab es in jenen Jahren eine Anbindung der Münchner an diverse Protagonisten, die Bedeutung für die WM- Akquise hatten: an Adidas, das 2001 sogar Anteile am Klub erwarb.
An den damaligen Adidas-Eigner Robert Louis-Dreyfus persönlich, der Uli Hoeneß Geld zum Zocken lieh.
Und auch an die TV-Rechte-Firma Kirch.
Nach deren Zerschlagung flog sogar ein Geheimvertrag auf; vereinbart war, dass die Bayern auf Lobbyarbeit gegen die zentrale Fernsehvermarktung der Bundesliga verzichten und dafür von Kirch diskret mit zirka 40 Millionen Mark entschädigt werden sollten.
Und dann gab es da noch eine seltsame Verbindung.
Viele Jahre nach der WM, als Insider die Furcht beschlich, dass das Sommermärchen ein heikles Thema werden könnte, kam es zu einem diskreten Treffen, in dessen Kontext auch zwei Münchner Spitzenkräfte auftauchen: Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Klubpräsident Karl Hopfner.
Am 24. September 2012 traf am Frankfurter Flughafen eine prominente Runde zusammen - aufgeschreckt von einer Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts.
Die oberste Instanz hatte geurteilt, dass die sogenannte Einstellungsverfügung zum ISL-Prozess in teilweise anonymisierter Form veröffentlicht werden müsse - also das Schlussdokument zum Strafprozess um jene Sportrechteagentur, die über ein Jahrzehnt in der Sportwelt mindestens 142 Millionen Franken Schmiergeld verteilt hatte.
Das Papier nährte nun den Verdacht, die ISL habe auch an der WM-Vergabe nach Deutschland mitgedreht.
Immerhin gingen am Tag vor dem Entscheid im Juli 2000 von einem ISL-Konto 250 000 Dollar ab.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, es sei an den Neuseeländer Charles Dempsey gegangen, dessen merkwürdige Enthaltung anderntags im Fifa-Wahlgremium in der Schlussrunde Deutschlands 12:11-Sieg über Südafrika sicherte.
Nun, im Herbst 2012, saßen die deutschen Fußball-Granden nach übereinstimmender Auskunft aus der Runde im Airport-Club beisammen: Beckenbauer, der damalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, Strippenzieher Fedor Radmann, Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger, also alle Mitglieder des früheren OK-Präsidiums.
Anlass des Treffens laut Bewirtungsbeleg: "OK der WM 2006 - Finanzen".
Warum wurden Namen durchgestrichen?
Das ist erstaunlich, gut sechs Jahre nach dem Turnier.
Noch erstaunlicher ist der zweite Sachverhalt, den das Papier offenbart: Vermerkt sind dort die Namen von Rummenigge und Hopfner.
Aber sie wurden durchgestrichen.
Ein rätselhafter, weil unüblicher Fund.
Was hätten die Bayern im Kontext einer brisanten ISL-Nachbesprechung zu suchen gehabt?
Beim FC Bayern heißt es auf Anfrage, Rummenigge und Hopfner hätten keine Einladung bekommen.
Nach SZ-Informationen wurden auf dem Beleg alle Teilnehmer-Namen, auch die beiden durchgestrichenen Namen, handschriftlich notiert, mutmaßlich durch Niersbach.
Einen Reim auf den ungewöhnlichen Fund mag sich niemand machen.
Schreibt man Bewirtungsbelege im Voraus?
Wie oft kommt es vor, dass man in einem so überschaubaren Kreis versehentlich zwei zusätzliche Teilnehmer draufschreibt, die es gar nie gab?
Diese Fragen stellten sich auch den Freshfields-Ermittlern, weil es ja um ein heikles Thema ging.
Wer mit Mitgliedern aus dem Teilnehmerkreis spricht, muss feststellen, dass ihr nachlassendes Erinnerungsvermögen nicht mehr nur die Jahre 2002 und 2005 betrifft, als die mysteriösen Geldflüsse rund um das deutsche WM-OK einsetzten - sondern auch ein so kurz zurückliegendes Ereignis wie das Treffen am Frankfurter Flughafen im Herbst 2012.
So genau weiß niemand mehr, was da mit den Bayern gewesen sein könnte.
Einer meint sich zu erinnern, Niersbach habe das Thema womöglich auf einer breiteren Ebene besprechen wollen.
Dazu könnte passen, dass die Freshfields-Ermittler Niersbach in ihrem Bericht mit der Aussage zitieren, es sei bei dem Treffen auch darum gegangen, ob da in Bezug auf die WM 2006 wegen der Spiele in Malta oder Tunesien "etwas zu befürchten sei".
Es hätten aber alle gesagt, da sei nichts gewesen.
Aber daran, wie die Namen Rummenigge und Hopfner auf den Bewirtungsbeleg kamen, kann er sich nicht erinnern.
Damit bleiben hier, wie so oft in der Sommermärchen-Causa, wichtige Fragen offen.
Warum schrieb Ex-DFB-Chef Niersbach (oder wer auch immer) die Namen zweier Spitzenkräfte auf einen Bewirtungszettel, wenn diese nicht einmal eingeladen waren?
Warum tauchten in diesem Kontext als Vertreter des FC Bayern überhaupt Hopfner und Rummenigge auf, und nicht Uli Hoeneß, 2012 noch der starke Mann im Klub und von der Steueraffäre noch weit entfernt?
Aus dem Bayern-Duo erwählten die Freshfields-Leute jedenfalls Hopfner als Gesprächspartner.
Der sei der Finanzexperte gewesen.
Ergiebig seien seine Antworten nicht gewesen - weder zum Bewirtungsbeleg noch zum Warner-Vertrag und auch nicht zu den generösen Freundschaftsspielen.
Als Freshfields den Report Anfang März präsentierte, war das Gespräch mit dem Münchner Klubpräsidenten noch nicht autorisiert; im Abschlussbericht taucht nichts davon auf.
Die DFB-Ermittler benennen Franz Beckenbauer als Kernfigur der Millionen-Zahlung nach Katar.
Doch was wurde aus dem Geld?
Und welche Rolle spielt der seltsame Vertrag mit dem dubiosen Jack Warner?
Grün leuchtet es von Wand und Decke des Konferenzsaals im Frankfurter Flughafen-Hotel.
Grün ist die Farbe der Hoffnung - und die des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
In grünlichem Licht steht nun auch 40 Minuten lang der Jurist Christian Duve an einem Pult.
Er referiert und erzählt, dazu blendet er Thesen und Dokumente auf Großleinwänden ein.
Neben ihm ist die aktuelle DFB-Spitze versammelt, die Interimspräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch, der designierte Chef Reinhard Grindel.
Sie machen ernste Gesichter.
Die Miene der Aufklärer.
Fast fünf Monate beschäftigt sich der deutsche Fußball nun mit seiner Sommermärchen-Affäre.
Fast fünf Monate lang forschte die Frankfurter Kanzlei Freshfields um Duve; Freitagmittag präsentiert sie ihre Ergebnisse.
Er kenne in der Sportwelt keine vergleichbare Untersuchung, sagt DFB-Mann Koch, wohl zu Recht.
Nur: Wie weit ist die Affäre wirklich geklärt?
Am Ende landete das Geld von Dreyfus in Katar
Drei Kernthesen präsentieren die Ermittler. Erstens: Die Schlüsselfrage, ob Deutschland die WM 2006 sauber errungen hat oder nicht, bleibt offen: "Wir haben keine Beweise für Stimmenkauf gefunden", sagt Duve, "wir können es aber auch nicht ausschließen."
Zweitens: Der merkwürdige Geldfluss von zehn Millionen Schweizer Franken im Jahr 2002 wurde von Franz Beckenbauer beziehungsweise aus dessen Umfeld initiiert - und am Ende landete das Geld in Katar.
Diese konkrete Erkenntnis ist neu.
Drittens: Im DFB-internen Umgang mit der Affäre 2015 hatte Ex-Präsident Wolfgang Niersbach früher konkrete Kenntnisse, als er zugab.
Aber sehr oft wird in dem 361 Seiten starken Abschlussbericht und in Duves Referat festgehalten, dieses und jenes könne nicht abschließend gewertet und der eine oder andere Vorgang nicht mehr eindeutig rekonstruiert werden.
Auf manche Dokumente hatte Freshfields keinen Zugriff; auf manchen Zeugen, der Erhellendes hätte beitragen können, auch nicht.
Und manche Information sei erst ganz kurz vor der Präsentation der Ergebnisse an die Kanzlei gegangen und daher noch nicht richtig ausgewertet worden, hieß es.
Die Arbeit von Freshfields ist dennoch weitgehend beendet - die Aufarbeitung der damaligen Vorgänge, so sieht es jetzt aus, beginnt aber erst.
In den nächsten Wochen wird hierzu einiges passieren: Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft geht dem Ganzen ebenso nach wie das amerikanische FBI, das die Causa "Sommermärchen" weit oben auf der Prioritätenliste führt.
Dann ist da die Fifa-Ethikkommission, die den Bericht am Freitag sofort in Begutachtung nahm.
Die Rolle des aktiven Fifa-Vorstandes Niersbach, insbesondere aber die des Ex-Vorstandes Beckenbauer wird genau untersucht, hieß es am Freitag aus Zürich.
Das Ethikreglement fordert vollständige Kooperationsbereitschaft ein - ansonsten drohen Beckenbauer und Niersbach schon aus formalen Gründen jahrelange Sperren von allen Fußballaktivitäten.
Nach Aktenlage erscheint es unausweichlich, dass die Fifa-Ethiker Beckenbauer bald zu Sinn und Zweck einer Millionenzahlung befragen werden, die aus seinem Umfeld 2002 nach Katar ging.
Niersbachs Rolle
Im Zentrum der Befragungen, in deren Verlauf Freshfields 31 Zeugen vernahm, stand auch der zurückgetretene DFB-Chef Wolfgang Niersbach.
Belastet wird Niersbach im Abschlussbericht mit folgender Aussage: "Die beim DFB auffindbaren Unterlagen waren nicht vollständig.
Ein Ordner zu Vorgängen, welche die Fifa im Jahr 2000 betreffen sollen, wurde allem Anschein nach im Juni 2015 ausgeliehen und konnte nicht gefunden werden."
Die Spur verläuft sich im Rätselhaften: Eine Mitarbeiterin Niersbachs habe im Alleingang im Archiv Dokumente gesucht, heißt es, diese bestreitet aber, dass sie Akten vernichtet habe.
Es sei jedoch "nicht auszuschließen, dass frühere DFB-Mitarbeiter Akten nach ihrem Ausscheiden vernichtet haben.
Manche Akten wurden oder werden privat verwahrt".
DFB-Interimschef Rainer Koch erklärte, im Verband habe es "ein völliges Versagen interner Kontrollmechanismen gegeben".
Laut Freshfields sei Niersbach allerdings keine Kenntnis der WM-Vorgänge vor 2015 nachzuweisen gewesen.
Das große Verdienst des Freshfields- Reports ist es nämlich, die Geldflüsse im Jahr 2002 so weit wie bislang eben möglich nachzuzeichnen.
Die damals Verantwortlichen in DFB und WM-Organisationskomitee haben bisher ja erzählt, sie hätten damals zehn Millionen Franken ans Finanzkomitee der Fifa zahlen müssen, um im Gegenzug einen höheren Organisationszuschuss zu erhalten.
Der damalige Adidas-Eigner Robert Louis-Dreyfus sei mit einem Darlehen in Vorleistung gegangen.
Die Darstellung ließ sich schon in den letzten Wochen kaum halten, auch die Fifa selbst hatte sie dementiert.
Jetzt befand Duve: "Eine Zahlung an die Weltverband oder die Finanzkommission" habe es nicht gegeben.
Laut Freshfields lief das Ganze so ab: Zwischen 29. Mai und 8. Juli 2002 flossen in vier Tranchen insgesamt sechs Millionen Franken von einem sogenannten Oder-Konto in Kitzbühel, auf das sowohl Beckenbauer als auch sein damaliger Manager Robert Schwan Zugriff hatten, auf das Konto einer Schweizer Anwaltskanzlei.
Verwendungszweck: "Erwerb von TV und Marketing Rechten Asien Spiele 2006".
Die Kanzlei in Sarnen, Kanton Obwalden, wo das deutsche Duo früher schon umtriebig war, leitete die Millionen auf ein Konto der Kemco Scaffolding Co. weiter.
Die liegt im Zugriffsbereich des langjährigen Fifa-Funktionärs Mohammed bin Hammam in Katar.
Im August 2002 überwies dann Louis-Dreyfus zehn Millionen Franken an die Anwaltskanzlei, die den Betrag prompt weiterverteilte: knapp sechs Millionen auf ein Beckenbauer-Konto, vier Millionen weiter an Kemco.
So waren am Ende zehn Millionen in Katar gelandet, und Beckenbauer hatte seinen Einsatz zurück.
Duve und der DFB beteuern: Gibt keine Beweise für Stimmenkauf
Es fragt sich: Wofür floss dieses Geld?
Und warum diese komplizierte Zahlungskette?
Bin Hammam verneint, zehn Millionen Franken von den Deutschen erhalten zu haben.
Beckenbauer sagte Freshfields, er sei von den Erkenntnissen überrascht, sie ergänzten aber seine eigenen Erinnerungen.
Auf Anfrage am Freitag äußerte er sich nicht.
Wer aber die sportpolitische Gemengelage der damaligen Zeit kennt, dem fällt zweierlei auf.
Erstens gab es im Mai 2002, exakt zu Beginn der Tranchenzahlungen, eine Fifa-Präsidentschaftswahl, vor der Sepp Blatter in großer Bedrängnis war: Issa Hayatou, der Chef des Afrika-Verbands CAF, hatte ihn herausgefordert, mit starker Unterstützung Europas.
Zweitens war die Vergabe der WM 2006 an Deutschland erst knapp zwei Jahre her.
Und die FBI-Ermittlungen offenbaren ein wiederkehrendes Muster, nach dem Funktionäre im Nachhinein für Stimmen entlohnt wurden.
Eingedenk solch deutlicher Indizien verwundert, dass Chef-Ermittler Duve und die amtierende DFB-Spitze am Freitag immerzu beteuerten: "Wir haben keinen Beweis, dass Stimmen gekauft wurden."
Das Sommermärchen war nicht gekauft - dieser Satz war in der Affäre schon sehr oft zu hören.
Am Freitag wurde er weniger pathetisch intoniert als noch im Herbst vom damaligen DFB-Chef Niersbach oder vom früheren Strippenzieher der Bewerbung, Fedor Radmann.
Aber dass das Sommermärchen nach Aktenlage als nicht gekauft gelten darf - die Botschaft soll schon auch ins Land gehen an diesem Tag der Aufklärung.
Tatsächlich bringt der Bericht im Detail sogar mehr Hinweise dafür, dass die Sache damals, beim WM-Zuschlag am 6. Juli 2000, nicht viel anders abgelaufen sein kann als bei den schwer unter Verdacht geratenen WM-Vergaben von 1998 bis 2022.
Bereits bekannt war, dass Freshfields einen Vertrag zwischen Beckenbauer und dem von Jack Warner geführten Karibik-Verband Concacaf entdeckt hatte, unterzeichnet wenige Tage vor der Ausrichter-Kür.
Ein Volumen von zehn Millionen Mark sollen die versprochenen Leistungen umfasst haben.
Dieser Kontrakt wurde, und das ist neu, bereits am 7. Juni - also sehr vorausblickend - von einer Münchner Kanzlei gefaxt.
Paraphiert, heißt es weiter, ist bereits zu diesem Zeitpunkt "jede Seite von Fedor Radmann ("F.R.") und Jack Warner ("JAW")".
Als die DFB-Spitze 2015 von dem Papier erfuhr, sprach sie von einem "Bestechungsversuch".
Nun hält Freshfields fest, dass der Kontrakt sogar über mehrere Wochen vorbereitet wurde - und dass zumindest Teile davon auch umgesetzt wurden.
Zudem drängt sich die Frage auf, die längst Bestandteil der Schweizer Ermittlungen ist: Warum sollte Warner, der ungekrönte Korruptionskönig der Fifa, auf Kernteile der vertraglich zugesicherten Millionenleistungen verzichtet haben?
Wenn es um die konkreten Vorgänge rund um die WM-Vergabe geht, argumentiert Freshfields an manchen Stellen erstaunlich oberflächlich.
So gibt es seit Längerem den Verdacht, dass die Deutschen damals eben doch auf Warner als Wahlmann angewiesen waren - weil der angebliche Block aus acht Europäern und vier Asiaten nicht geschlossen war, um bei der Abstimmung gegen Südafrika auf die erforderlichen zwölf Voten zu kommen.
Ein Asiate sei ausgeschert, hielten die Bewerber selbst im Februar 2000 fest.
Das hatte ihnen Bin Hammam gesteckt, der es wissen musste: Er war Chef des Asien-Verbands AFC.
Bin Hammam selbst fragte 2002 den Südkoreaner Chung Jong-Moon in einem Wutbrief, ob er auch wirklich, wie besprochen, die Deutschen gewählt habe.
Überdies gibt es eine Aussage des langjährigen Fifa-Insiders und Warner-Freundes Elias Zaccour: Chung sei damals ab- und Warner pro Deutschland eingesprungen, sagte der inzwischen verstorbene Zaccour 2013 der SZ.
Im Lichte all dieser Erkenntnisse erhält der Vertrag mit Warner viel Logik - und eine ganz andere Brisanz.
Trotzdem tendiert Freshfields zu einer anderen Lesart: "Dass letztlich wohl alle vier asiatischen Mitglieder für Deutschland gestimmt haben dürften, ergibt sich aus einer Erklärung von Gerhard Mayer-Vorfelder nach Vergabe im Juli 2000."
Und Chung habe Beckenbauer in einem Brief 2001 versichert, alle Asiaten hätten die Deutschen gewählt.
Ein Ex-DFB-Chef und ein umwitterter Beteiligter als Quelle für eine geheime Wahl - da steht die Freshfields-Argumentation auf dünnen Füßen.
War die WM 2006 gekauft?
Diskussion und Aufklärung werden weitergehen.
Aber nicht mehr in hoffnungsvollem Grün, eher im kalten Grau von Justizräumen in Frankfurt, Bern und in den USA.