NEWS zum Fifa Korruptionsskandal usw. !

Freshfields, FBI und DFB: Die Brennpunkte der WM-2006-Affäre !

Die dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro steht im Mittelpunkt der Affäre um die WM 2006.
Längst sind etliche Ermittler, Behörden und ehemalige Fußball-Stars involviert.
Was sind die bisherigen Erkenntnisse?

Ein Überblick.

Die WM-Affäre rund um die dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro beschäftigt inzwischen zahlreiche Behörden und Ermittler.
Der DFB soll das Geld 2005 an die Fifa getarnt als Beitrag zu einem Kulturprogramm überwiesen haben.
Tatsächlich soll es sich um eine Rückzahlung an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus handeln, der das Geld zuvor an Mitglieder der Fifa-Finanzkommission gezahlt habe, um den Deutschen einen Organisationszuschuss von 170 Millionen Euro zu sichern.

Ein Überblick zu den derzeit laufenden Ermittlungen:

Freshfields-Ermittlungen:
Der DFB hat nach Bekanntwerden der Affäre im Oktober eigene Ermittlungen eingeleitet und die private Wirtschaftskanzlei Freshfields damit betraut.
Die Ermittler haben seitdem zahlreiche Unterlagen gesichtet und Zeugen befragt.
Insbesondere geht es um die Frage, wohin die 6,7 Millionen Euro geflossen sind.
Am 4. März sollen die Ergebnisse vorgestellt werden.

Steuerverfahren:
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen den DFB.
In diesem Zusammenhang waren Anfang November 2015 die DFB-Zentrale sowie die Wohnungen der früheren DFB-Chefs Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger sowie des ehemaligen DFB-Generalsekretärs Horst R. Schmidt durchsucht worden.
Die Ermittlungen dauern laut Auskunft der Staatsanwaltschaft an.
Wann sie abgeschlossen werden, ist derzeit unklar.
Dem DFB droht in diesem Zusammenhang eine hohe Steuernachzahlung, wenn ihm nachträglich die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen Steuervorteile für das Jahr 2006 aberkennt werden.

Ermittlungen von Schweizer Bundesanwaltschaft und FBI:
Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat nach einem Rechtshilfeersuchen der Kollegen aus Frankfurt ebenfalls Ermittlungen eingeleitet.
In nächster Zeit sollen Vernehmungen zusammen mit den deutschen Ermittlern in der Schweiz stattfinden.
Auch das FBI interessiert sich für die Millionenzahlung.
Die amerikanischen Fahnder ermitteln seit geraumer Zeit im Mega-Korruptionsskandal gegen die Fifa.

Netzer-Klage in Köln:
Vor dem Landgericht Köln wird am 27. April die Klage von Günter Netzer gegen Zwanziger auf Unterlassung von Behauptungen im Zusammenhang mit der WM-Vergabe 2006 verhandelt.
Der frühere Fußball-Nationalspieler wehrt sich gegen Zwanzigers Behauptung, er habe bei einem Treffen 2012 in Zürich einen Stimmenkauf von vier asiatischen Fifa-Funktionären im Vorfeld der WM-Vergabe bestätigt.

Schadenersatz-Begehren in Hamburg:
Der DFB hat zur Hemmung der Verjährungsfrist allenfalls vage Zahlungsaufforderungen über 6,7 Millionen Euro unter anderen an Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt in die Wege geleitet.
Den Adressaten ist der entsprechende „Güteantrag“ aber noch nicht zugestellt worden.
Dabei handelt es sich nicht um Mahnbescheide mit einer konkreten juristischen Begründung, sondern um eine prophylaktische Sicherung von Schadenersatzansprüchen.

Weil mit Ablauf des 31. Dezembers 2015 die Verjährung für einen möglichen zivilrechtlichen Anspruch eingesetzt hätte, sah sich der DFB verpflichtet, rechtzeitig bei der „Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle“ (ÖRA) in Hamburg einen „Güteantrag“ zu stellen und damit seine Rechtsposition zu halten.


 
Dyke zweifelt an FIFA-Kandidat Scheich Salman !

Genf (dpa) - Der englische Verbandschef Greg Dyke hat die Tauglichkeit von Scheich Salman bin Ibrahim al Chalifa als neuer Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA in Frage gestellt.

"Keiner verleugnet, dass es Menschenrechtsverletzung in Bezug auf Sportlern und Fußballern vor vier Jahren gab.
Es geht vielmehr darum, ob er involviert war oder nicht.
Doch die Frage lautet auch: Spielt es überhaupt eine Rolle, ob er involviert war?
Kann jemand aus Bahrain den Weltfußball anführen mit dem Hintergrund, was vor vier Jahren passiert ist?
Ich habe meine Zweifel", sagte Dyke dem englischen Sender BBC.

Menschenrechtsorganisationen werfen der Familie Al Chalifa vor, bei der Niederschlagung der Anti-Regierungsproteste im Bahrain beteiligt gewesen zu sein.
Scheich Salman soll als Chef des bahrainischen Fußball-Verbandes Mitschuld an der Inhaftierung und Folter von Fußballern und anderen Sportlern gehabt haben, was der Präsident der Asiatischen Fußball-Konföderation AFC vehement bestreitet.

Auch Präsidentschaftskandidat Prinz Ali bin al-Hussein hatte zuletzt schon Scheich Salman attackiert.
Er bezeichnete seinen Rivalen als "Person, die ihre Spieler nicht geschützt hat oder für sie aufgestanden ist".
Das sei ein "simpler, grundsätzlicher Fakt in dieser Angelegenheit", hatte der Jordanier in der vergangenen Woche gesagt.

Scheich Salman werden neben UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino die besten Chancen auf die Nachfolge des gesperrten Amtsinhabers Joseph Blatter eingeräumt.
Neben Prinz Ali stehen am 26. Februar ansonsten noch der Franzose Jérôme Champagne und Tokyo Sexwale aus Südafrika zur Wahl.


 
FIFA-Affäre: Verwarnung und Geldstrafe für Beckenbauer !

Zürich - Der Fußball-Weltverband FIFA hat Franz Beckenbauer wegen fehlender Zusammenarbeit bei der Aufklärung der Korruptionsvorwürfe um die WM-Vergaben 2018 und 2022 verwarnt und zu einer Geldstrafe von 7000 Schweizer Franken verurteilt.
Das teilte die rechtsprechende Kammer der FIFA-Ethikkommission mit.

Das frühere Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees habe trotz wiederholter Aufforderungen nicht an einer Untersuchung der Ethikkommission zu den Vorwürfen rund um die umstrittenen Vergaben der WM 2018 an Russland und 2022 an Katar mitgewirkt, hieß es von der FIFA.


 
FIFA reduziert Sperren für Blatter und Platini !

Zürich - Die Berufungskommission des Fußball-Weltverbands hat die Sperren von FIFA-Präsident Joseph Blatter und UEFA-Chef Michel Platini von jeweils acht auf sechs Jahre gesenkt.

Das Gremium bestätigte damit teilweise die Urteile der FIFA-Ethikkommission gegen die Spitzenfunktionäre.


 
Reaktionen zur Fifa-Wahl: Blatter nennt Infantino "würdigen Nachfolger" !

Ist Gianni Infantino ein guter neuer Fifa-Präsident?
Der umstrittene Vorgänger Blatter meint: ja.
Doch es gibt auch Zweifel am neuen Chef und dessen Plänen.

Scheich Salman, Fifa-Präsidentschaftskandidat:
"Die neue Fifa muss integrativer sein und die Unterschiede im Welt-Fußball reflektieren.
Ich vertraue Gianni Infantino, dass er die Führungskraft hat, dies zu erreichen und die dringend benötigten Reformen umzusetzen."

Thomas Bach, IOC-Präsident:
"In diesen schwierigen Zeiten für den Fußball wünsche ich ihm alles Gute bei der Implementierung der vom außerordentlichen Fifa-Kongress beschlossenen Reformen.
Ich freue mich auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit im Sinne des Sports."

Joseph Blatter, ehemaliger Fifa-Präsident:
"Er ist ein würdiger Nachfolger.
Er hat alle Qualitäten, meine Arbeit fortzusetzen und die Fifa wieder zu stabilisieren.
Infantino zeichnen Erfahrung, Kompetenz, strategische und diplomatische Fähigkeiten aus."

Rainer Koch, DFB-Interimspräsident:
"Wir sind froh und erleichtert, dass Gianni Infantino gewonnen hat und der europäische Fußball weiter starken Einfluss nehmen kann", sagte Koch: "Zusammen mit dem Reformpaket macht das Mut und gibt Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Aber es gibt viel zu tun."

Europäische Klub-Vereinigung ECA:
Die ECA betont erneut, dass sie gegen eine Aufstockung der WM von 32 auf 40 Mannschaften ist."

Karl-Heinz Rummenigge (Vorstandsboss von Bayern München) als Vorsitzender der ECA:
"Alle, die Klubs wie die nationalen und internationalen Verbände, tragen Verantwortung für die Spieler.
Wir haben einen Punkt erreicht, an dem wir den Spielern keine weiteren Bürden auferlegen können, sondern sie entlasten müssen.
Die Fifa muss ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Spieler Rechnung tragen."

Thomas de Maizière, Bundesinnenminister:
"Ich wünsche Herrn Infantino alles Gute und viel Durchhaltevermögen beim nötigen Aufräumprozess der Fifa.
Die Reformen müssen konsequent weiter vorangetrieben werden.
Hier gibt es für den neuen Fifa-Präsidenten viel zu tun."

Dagmar Freitag, Bundestags-Sportausschussvorsitzende (bei Sky):
"Die Hoffnung ist gering, dass sich Entscheidendes ändern wird. Wünschenswert wäre ein Kandidat gewesen, der nichts mit den alten Seilschaften zu tun hat, aber das wäre weltfremd gewesen.
Man darf nicht vergessen, dass Infantino immer noch von Leuten umgeben ist, die auch schon zum System seines Vorgängers Joseph S. Blatter gehörten."

Wladimir Putin, russischer Staatspräsident:
"Durch Ihre erfolgreiche Tätigkeit in internationalen Sportorganisationen und Ihren bedeutenden persönlichen Beitrag zur Entwicklung des Fußballs haben Sie zu Recht hohe Autorität gewonnen."
Der Schweizer sei ein Mann mit "Erfahrung" und "großem kreativen Potenzial".

Greg Dyke, Chef des englischen Fußballverbands:
"Was uns Sorgen gemacht hat, war, dass man nicht sehen konnte, dass sich die Kultur dieser Organisation wandelt.
Jetzt, nach heute, gibt es einen Wandel.
Es ist ein gutes Paket."

Fifa-Sponsor Adidas:
"Wir werden unseren Dialog mit der Fifa und ihrer neuen Führung weiterführen.
Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung."

Gary Lineker, englischer Ex-Nationalspieler und TV-Experte:
"Ich habe das seltsame Gefühl, dass Gianni Infantino die Maske abnimmt und sich als Sepp Blatter entpuppt."

Wolfgang Niersbach, früherer DFB-Präsident:
"Das war ein guter Tag für die Fifa, vielleicht sogar ein historischer, das muss die Zukunft zeigen.
Die Arbeit ist noch nicht beendet, sie beginnt mit dem heutigen Tag erst richtig", sagte das Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees: "Ich traue Gianni zu, dass ihm die Wende in Sachen Ansehen und Glaubwürdigkeit der Fifa gelingt."


 
FIFA wird letztes Blatter-Gehalt veröffentlichen !

Zürich - Die FIFA wird im Finanzbericht 2015 im März erstmals das Präsidentengehalt von Ex-Chef Joseph Blatter veröffentlichen.
Mit der gestern beschlossenen Änderung der Statuten des Fußball-Weltverbandes wird dies für Blatters Nachfolger Gianni Infantino künftig zur Regel werden.

Blatter hatte aus seinem Salär immer ein großes Geheimnis gemacht und damit auch Raum für Spekulationen gelassen.
Wie die dpa zudem erfuhr, wird Infantino als FIFA-Präsident künftig weniger verdienen als sein eigener Generalsekretär.
Der noch nicht benannte Top-Manager wird zum bestbezahlten Vertreter des Weltverbandes werden.


 
Joseph Blatter „Jetzt ist es vorbei“ !

Erste ausführliche Äußerung nach der Wahl seines Nachfolgers: Der ehemalige Fifa-Präsident Joseph Blatter zeigt sich erleichtert - und lobt seinen Nachfolger Gianni Infantino.

Der gesperrte ehemalige Fifa-Chef Joseph Blatter ist über das Ende seiner Zeit an der Spitze des Fußball-Weltverbandes erleichtert.
„Es war eine Last für mich“, sagte der umstrittene Schweizer am Samstag in einem Interview der Nachrichtenagentur AP.
Einen Tag zuvor war Landsmann Gianni Infantino beim Außerordentlichen Kongress in Zürich zum neuen Präsidenten der Fifa und damit zu Blatters Nachfolger gewählt worden.
„Es war gestern ein willkommener Tag, 18.01 Uhr, als sie einen neuen Präsidenten hatten“, meinte Blatter.

Der fast 80-Jährige hatte seit Oktober sein Amt nicht mehr ausüben können.
Am Mittwoch war seine Sperre durch die Berufungskommission der Fifa von acht auf sechs Jahre gekürzt und das Urteil der Ethikkommission abgemildert worden.
„Egal ob gesperrt oder nicht: Ich war immer noch der gewählte Präsident.
Und jetzt ist es vorbei“, meinte Blatter.
„Es ist wichtig für die Fifa, eine Veränderung zu haben.“

Lob für Infantino
Er lobte noch einmal den 45-jährigen Infantino.
Dieser sei „ein junger Mann, er ist kraftvoll, er hat eine Menge Energie und ich bin sicher, er wird einen richtig guten Job machen“.

Blatter durfte wegen seiner Sperre nicht bei dem Kongress dabei sein.
Er erlebte die Wahl Infantinos nach eigener Aussage in der Wohnung seiner Tochter Corinne in Zürich.
Blatter hatte seit 1998 an der Spitze des von Skandalen begleiteten Verbandes gestanden.
Zuvor war er Generalsekretär der Organisation gewesen.


 
Neue Spur im WM-Skandal führt zu Beckenbauer !

Frankfurt/Main - Keine vollständige Aufklärung der Affäre, dafür neue Spuren zu Franz Beckenbauer: Der mit Spannung erwartete Freshfields-Bericht zu möglicher Korruption rund um das Sommermärchen rückt wieder die Rolle des deutschen WM-Machers in den Fokus.
Die Untersuchungen bringen den damaligen Organisationschef der Fußball-WM 2006 in Zusammenhang mit dubiosen Zahlungen, die am Ende beim skandalumwitterten Mohamed bin Hammam in Katar gelandet sein sollen.

Die wesentlichen Fragen konnte auch die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer nicht klären.
Laut DFB hätten die Wirtschaftsexperten keinen Beleg für einen Stimmenkauf nachweisen können.


 
Beckenbauer bestreitet Stimmenkauf für WM 2006 !

Der Kaiser spricht: Einen Tag, nachdem Franz Beckenbauers Denkmal als Lichtgestalt des deutschen Fußballs so gut wie eingestürzt war, gab die Schlüsselfigur der WM-Affäre 2006 erstmals einen Kommentar ab.
Der 70-Jährige bestritt vehement einen Stimmenkauf durch die ominöse 10-Millionen-Schweizer-Franken-Zahlung an Mohamed bin Hammam.

"Dafür definitiv nicht!
Wir haben keine Stimmen gekauft.
Es ging um eine Art Sicherheitsleistung, um von der FIFA den Finanzzuschuss zu bekommen", sagte der Präsident des deutschen WM-Organisationskomitees der "Bild am Sonntag".

Beckenbauer weiter: "Sonst hätten wir keine WM in Deutschland gehabt.
Zu diesem Zeitpunkt im Jahre 2002 benötigten wir das Geld dringend.
Stellen sie sich vor, die WM wäre geplatzt.
Was für eine Blamage für Deutschland!"

"Robert hat mir alles abgenommen"
Beckenbauer sagte auf die Frage, was er von dem gemeinsamen Konto mit Robert Schwan wusste, von dem 6 Millionen Franken Richtung bin Hammam überwiesen wurde: "Nichts.
Robert hat mir alles abgenommen - vom Auswechseln der Glühbirne bis hin zu wichtigen Verträgen.
Ich habe erst vergangenen Mittwoch erfahren, dass das Geld nach Katar gegangen ist."

Allerdings: Die dubiosen Geldbewegungen auf den Beckenbauer-Konten sprechen erst einmal für sich und lassen nur einen Schluss zu: Der Kaiser steckt noch viel tiefer mit drin als bisher angenommen.

Beckenbauer unterzeichnete Vertragsentwurf
An der in der Korruptionsfrage entscheidenden Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die dubiose Firma der Skandal-Figur bin Hammam (Katar) im Jahr 2002 war Beckenbauer maßgeblich beteiligt.
Der Großteil der Summe ging über eins seiner Konten.
Den Vertragsentwurf für Jack Warner (Trinidad und Tobago), der als Bestechungsentwurf gewertet wird, wurde zudem vor der WM-Vergabe im Jahr 2000 vom Kaiser unterschrieben.

Die Indizien belasten ihn schwer - in den Befragungen der Freshfields-Ermittler aber gab sich Beckenbauer als Unschuldslamm.
Von den sechs Millionen Schweizer Franken, die von einem Oder-Konto, das auf den damaligen OK-Chef und dessen Berater Robert Schwan lief, Richtung Katar habe er nichts gewusst - ebenso wenig von der Rückzahlung mit den Millionen von Robert Louis-Dreyfus, die zurück auf ein alleiniges Beckenbauer-Konto gingen.
Beckenbauers Anwalt teilte den Ermittlern mit, sein Klient sei überrascht "über die gewonnenen Erkenntnisse, die aber seine bisherige Erinnerung durchaus zutreffend ergänzen".

Beckenbauers Unkenntnis "befremdlich"
Die Freshfields-Anwälte beurteilten die Aussagen so: "Es ist für uns kaum vorstellbar, dass man derartige Geldbewegungen auf eigenen Konten nicht mitbekommt."
Beckenbauers Unkenntnis sei "befremdlich".

Ebenso schwer vorstellbar ist, dass Beckenbauer nicht mehr zu dem Verwendungszweck sagen kann.
Angeblich, diese Version ist die offizielle des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), floss das Geld, damit der Verband den 170-Millionen Zuschuss durch den Weltverband FIFA bekommt.
Bin Hammam saß damals in der FIFA-Finanzkommission und im FIFA-Exekutivkomitee.
Er bestreitet aber, jemals auch nur einen Cent erhalten zu haben.


 
FIFA will Millionen von Ex-Funktionären !

Zürich. Die FIFA holt im Korruptionsskandal zum juristischen Gegenschlag aus.

Beim Versuch einer Imagekorrektur unter dem neuen Präsident Gianni Infantino fordert der Fußball-Weltverband von den Beschuldigten der US-Ermittlungen eine hohe Millionen-Entschädigung und erkennt erstmals einen Stimmenkauf bei WM-Vergaben an.

Der bei den amerikanischen Behörden eingereichte Antrag richte sich gegen 41 frühere FIFA-Offizielle und Fußball-Funktionäre, teilte die FIFA mit.
Darunter sind die ehemaligen Vizepräsidenten Jack Warner und Jeffrey Webb sowie die früheren Exekutivkomitee- Mitglieder "Chuck" Blazer und Ricardo Teixeira.

"Die FIFA will das Geld zurück, und wir sind entschlossen, es zu bekommen, egal, wie lange es dauern wird", betonte Infantino.
Die US-Behörden haben bislang bereits mehr als 190 Millionen US-Dollar (171,5 Millionen Euro) von Angeklagten beschlagnahmt - Geld, das die FIFA sich zurückholen will.

Der Weltverband geht aufgrund der Ermittlungen der US-Justiz und eigener Untersuchungen davon aus, dass die Beschuldigten mindestens mehrere Dutzend Millionen US-Dollar illegal via Bestechung, Schmiergeld oder anderer Korruptionsmechanismen umgeleitet haben.
Der Ex-FIFA-Chef Joseph Blatter und UEFA-Präsident Michel Platini, beide für sechs Jahre gesperrt, stehen nicht auf der Liste - sie sind nicht in den USA angeklagt.

Der Weltverband sieht sich als Opfer und kämpft darum, dass die US-Ermittler ihr diesen Status zuerkennen.
Opfer eines Verbrechens können nach US-Recht von Verurteilten Entschädigung verlangen.
"Die überführten Angeklagten haben ihre Positionen des Vertrauens, die sie bei der FIFA und anderen internationalen Fußball-Organisationen innehatten, missbraucht und haben der FIFA, ihren Mitgliedsverbänden und der Fußball-Gemeinschaft schweren und dauerhaften Schaden zugefügt", begründete Blatter-Nachfolger Infantino den Schritt.

In dem 22-seitigen Schreiben gibt die FIFA erstmals öffentlich an, dass es bei den Vergaben der Weltmeisterschaften 1998 und 2010 zu Stimmenkauf gekommen ist. Es sei nun offenkundig, dass mehrere Mitglieder des damaligen FIFA-Exekutivkomitees ihre Position missbraucht und ihre Stimmen bei mehreren Gelegenheiten verkauft hätten, schreibt der Weltverband. "Der Schaden, der von der Habgier der Angeklagten angerichtet wurde, kann nicht übertrieben dargestellt werden", heißt es zusammenfassend.

Im Zentrum dabei steht der skandalumtoste Warner aus Trinidad und Tobago, der unter anderem mit dem geständigen Amerikaner Blazer, Bestechung bei der Ausrichterwahl der WM 2010 organisiert haben soll.
"Sie haben die fundamentalen Pflichten gebrochen und zehn Millionen US-Dollar gestohlen", bilanziert die FIFA.
Obwohl beide Funktionäre auch beim höchst umstrittenen WM-Zuschlag an Russland (2018) und Katar (2022) noch mitgestimmt hatten, ist eine Neuvergabe der anstehenden Weltturniere bislang kein Thema für die FIFA.

Von Warner verlangt der Weltverband 4,462 Millionen US-Dollar, bei Blazer geht die FIFA von einer Schadenshöhe von 5,374 Millionen aus.
Insgesamt seien mindestens 28,224 Millionen an Aufwandsentschädigungen oder Gehältern unrechtmäßig an die Angeklagten geflossen - die Summe könne im Zuge der Ermittlungen aber noch steigen.

Alleine vom brasilianischen Marketing- und Fernsehrechtehändler José Hawilla wurden von den US-Behörden bereits 151,7 Millionen beschlagnahmt.
Zudem will die FIFA Kompensation für den entstandenen Imageschaden und die beträchtlichen Anwaltskosten, die die Aufarbeitung des Skandals in den vergangenen zehn Monaten inzwischen verursacht hat.

Der Sommermärchenaffäre um die WM 2006 in Deutschland spielt in dem Antrag des Weltverbands wie auch in den bisherigen US-Anklagen keine Rolle.
Allgemein heißt es von juristischen Quellen, die der FIFA nahestehen, dass die internen Untersuchungen zum gesamten Korruptionsskandal im Fußball weitergehen.


 
Ehemaliger Fifa-Präsident: Mehr als drei Millionen Euro für Joseph Blatter !

Als Fifa-Präsident hat Joseph Blatter im vergangenen Jahr 3,3 Millionen Euro kassiert.
Auch der ehemalige DFB-Präsident Niersbach bekommt noch eine erkleckliche Summe.

Nun ist heraus, worum der ehemalige Präsident des Internationalen Fußball-Verbandes (Fifa) so lange ein Geheimnis gemacht hat.
Der für acht Jahre gesperrte Joseph Blatter verdiente zuletzt als Chef der Organisation umgerechnet rund 3,32 Millionen Euro.

Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Fifa-Finanzbericht für 2015 hervor.
Inbegriffen war dabei eine Summe von knapp 400.000 Euro für sein 40-jähriges Dienstjubiläum, die unter dem variablen Gehaltsteil aufgeführt war.

Die erstmalige Veröffentlichung steht in krassem Gegensatz zu den Angaben, die Blatter selbst zu seinem Fifa-Einkommen gemacht hat.
2011 hatte er gegenüber der Frankfurter Allgemein Zeitung von einer Million Dollar im Jahr gesprochen.
„Vielleicht auch ein bisschen mehr.“

Strafverfahren gegen Valcke
In Wirklichkeit muss sein Gehalt inklusive der Bonuszahlungen auch da schon wesentlich höher gewesen sein.
Zuletzt hatte das für die Vergütungen der Funktionäre zuständige Kompensations-Komitee des Weltverbandes mitgeteilt, dass Blatter wegen nicht wahrgenommener Aufsichtspflicht gegenüber dem fristlos gekündigten Generalsekretär Jérôme Valcke Sonderzahlungen gestrichen worden seien.
Valcke selbst bekam 2015 laut Finanzbericht 1,94 Millionen Euro.

Zugleich wurde am Donnerstag bekannt, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Valcke eröffnet hat.
Die Ermittlungen seien wegen Verdachts der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie weiterer Delikte aufgenommen worden.
Dazu gab es Hausdurchsuchungen.
Die Mitglieder des Exekutivkomitees erhalten derzeit eine jährliche Kompensation von umgerechnet 270.000 Euro, aber dazu keine Bonuszahlungen mehr.

Dieses Geld erhält damit auch der zurückgetretene Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Wolfgang Niersbach, der trotz der schweren Vorwürfe im deutschen WM-Skandal immer noch im höchsten Fifa-Gremium sitzt.
Insgesamt erhielten die Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees und das hauptamtliche Topmanagement, das sind 40 Personen, im vergangenen Jahr für ihre Arbeit die Gesamtsumme von umgerechnet rund 25 Millionen Euro ausgezahlt.
Das waren etwa 11 Millionen weniger als im Jahr zuvor.
Der Compliance-Chef der Fifa, Domenico Scala, ein Wirtschaftsmanager aus der Schweiz, der maßgebend die Reformen vorangetrieben hat und auch das Kompensations-Komitee des Weltverbandes leitet, erhielt 2015 eine fixe Vergütung von umgerechnet 180.000 Euro.

Mit der Veröffentlichung des Finanzberichts fürs abgelaufene Geschäftsjahr wurde zudem bekannt, dass die Fifa einen Verlust von umgerechnet 109,8 Millionen Euro gemacht hat.
Es ist das erste Minus seit 2002.
Für das Ergebnis machte der Verband unter anderem „unvorhergesehene Kosten“ wie Anwaltsgebühren und Kosten für außerplanmäßige Treffen verantwortlich.
Zudem kam es im vergangenen Krisenjahr zu weniger Abschlüssen mit Sponsoren.

Im Jahr 2014 mit der WM in Brasilien schrieb die Fifa noch Gewinn von 127 Millionen Euro.
Die Rücklagen schrumpften um 165 Millionen auf 1,206 Milliarden Euro.
Der Umsatz für 2015 lag bei umgerechnet rund einer Milliarde Euro.
„2015 war ein unglaublich schwieriges Jahr für die Fifa.
Ein Jahr, das einige Zeit und gemeinsame harte Arbeit benötigt, um sich vollständig wiederherzustellen“, sagte der neue Präsident Gianni Infantino.


 
WM-Affäre: Zwei Münchner auf einem Bewirtungsbeleg !

In der Affäre um die WM 2006 blieb der FC Bayern bisher außen vor.
Das könnte sich jetzt ändern - auf einer Rechnung tauchen zwei prominente Namen auf.
Die Namen wurden nachträglich durchgestrichen.

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Es war kein angenehmer Gesprächstermin für die erfolgsverwöhnten Bayern.
Aber er musste sein. Mehrere Monate gingen die Anwälte der Kanzlei Freshfields im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) den vielen Merkwürdigkeiten rund um die Sommermärchen-Affäre nach, mehr als zwei Dutzend Interviews führten sie dabei.
Fast alle Befragten hatten direkte Bezüge zum DFB, von den Protagonisten des damaligen WM-Organisationskomitees um Franz Beckenbauer bis zur aktuellen Archivleiterin.

Aber es gab einen zentralen Akteur rund um die WM-Bewerbung, der mit dem Verband unmittelbar nichts zu schaffen hat: der FC Bayern.
Und so hatten die Abgesandten der Kanzlei Freshfields heikle Fragen im Gepäck, als sie sich zum Gespräch nach München aufmachten, zum Vereinspräsidenten Karl Hopfner.

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Die Bayern und die Vergabe der WM 2006, das ist ein langes, in der aktuellen Aufarbeitung erstaunlich weit umdribbeltes Kapitel.
Dabei erschienen den deutschen Bewerbern schon damals, kurz vor der Vergabe am 6. Juli 2000, Ruf und Dienste des Rekordmeisters als unverzichtbar.
Zum 100-jährigen Vereinsjubiläum im Februar 2000 flog fast ein Dutzend Wahlmänner des Weltverbandes Fifa ein, auf deutsche Kosten.
Später wurden Testspiele des Klubs in Ländern von Fifa-Vorständen vereinbart, an denen lokale Würdenträger dank marktunüblicher Rechteverträgen mitverdienten: Malta, Thailand, Tunesien.

Und als das vom damaligen Bayern-Chef Beckenbauer angeführte Bewerberkomitee vier Tage vor der WM-Vergabe noch einen von der heutigen DFB-Spitze als "Bestechungsversuch" eingestuften Vertrag mit Fifa-Skandalfunktionär Jack Warner schloss, beinhaltete das millionenschwere Leistungspaket auch dieses Versprechen: Jedes Jahr dürfe ein Klub aus Warners Nord-/Mittelamerikaverband Concacaf ein dreiwöchiges Trainingscamp mit dem FC Bayern bestreiten.

Auch sonst gab es in jenen Jahren eine Anbindung der Münchner an diverse Protagonisten, die Bedeutung für die WM- Akquise hatten: an Adidas, das 2001 sogar Anteile am Klub erwarb.
An den damaligen Adidas-Eigner Robert Louis-Dreyfus persönlich, der Uli Hoeneß Geld zum Zocken lieh.
Und auch an die TV-Rechte-Firma Kirch.
Nach deren Zerschlagung flog sogar ein Geheimvertrag auf; vereinbart war, dass die Bayern auf Lobbyarbeit gegen die zentrale Fernsehvermarktung der Bundesliga verzichten und dafür von Kirch diskret mit zirka 40 Millionen Mark entschädigt werden sollten.

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Und dann gab es da noch eine seltsame Verbindung.
Viele Jahre nach der WM, als Insider die Furcht beschlich, dass das Sommermärchen ein heikles Thema werden könnte, kam es zu einem diskreten Treffen, in dessen Kontext auch zwei Münchner Spitzenkräfte auftauchen: Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Klubpräsident Karl Hopfner.

Am 24. September 2012 traf am Frankfurter Flughafen eine prominente Runde zusammen - aufgeschreckt von einer Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts.
Die oberste Instanz hatte geurteilt, dass die sogenannte Einstellungsverfügung zum ISL-Prozess in teilweise anonymisierter Form veröffentlicht werden müsse - also das Schlussdokument zum Strafprozess um jene Sportrechteagentur, die über ein Jahrzehnt in der Sportwelt mindestens 142 Millionen Franken Schmiergeld verteilt hatte.
Das Papier nährte nun den Verdacht, die ISL habe auch an der WM-Vergabe nach Deutschland mitgedreht.
Immerhin gingen am Tag vor dem Entscheid im Juli 2000 von einem ISL-Konto 250 000 Dollar ab.

Hartnäckig hält sich das Gerücht, es sei an den Neuseeländer Charles Dempsey gegangen, dessen merkwürdige Enthaltung anderntags im Fifa-Wahlgremium in der Schlussrunde Deutschlands 12:11-Sieg über Südafrika sicherte.
Nun, im Herbst 2012, saßen die deutschen Fußball-Granden nach übereinstimmender Auskunft aus der Runde im Airport-Club beisammen: Beckenbauer, der damalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, Strippenzieher Fedor Radmann, Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger, also alle Mitglieder des früheren OK-Präsidiums.
Anlass des Treffens laut Bewirtungsbeleg: "OK der WM 2006 - Finanzen".

Warum wurden Namen durchgestrichen?
Das ist erstaunlich, gut sechs Jahre nach dem Turnier.
Noch erstaunlicher ist der zweite Sachverhalt, den das Papier offenbart: Vermerkt sind dort die Namen von Rummenigge und Hopfner.
Aber sie wurden durchgestrichen.

Ein rätselhafter, weil unüblicher Fund.
Was hätten die Bayern im Kontext einer brisanten ISL-Nachbesprechung zu suchen gehabt?

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Beim FC Bayern heißt es auf Anfrage, Rummenigge und Hopfner hätten keine Einladung bekommen.
Nach SZ-Informationen wurden auf dem Beleg alle Teilnehmer-Namen, auch die beiden durchgestrichenen Namen, handschriftlich notiert, mutmaßlich durch Niersbach.
Einen Reim auf den ungewöhnlichen Fund mag sich niemand machen.
Schreibt man Bewirtungsbelege im Voraus?
Wie oft kommt es vor, dass man in einem so überschaubaren Kreis versehentlich zwei zusätzliche Teilnehmer draufschreibt, die es gar nie gab?
Diese Fragen stellten sich auch den Freshfields-Ermittlern, weil es ja um ein heikles Thema ging.

Wer mit Mitgliedern aus dem Teilnehmerkreis spricht, muss feststellen, dass ihr nachlassendes Erinnerungsvermögen nicht mehr nur die Jahre 2002 und 2005 betrifft, als die mysteriösen Geldflüsse rund um das deutsche WM-OK einsetzten - sondern auch ein so kurz zurückliegendes Ereignis wie das Treffen am Frankfurter Flughafen im Herbst 2012.
So genau weiß niemand mehr, was da mit den Bayern gewesen sein könnte.
Einer meint sich zu erinnern, Niersbach habe das Thema womöglich auf einer breiteren Ebene besprechen wollen.

Dazu könnte passen, dass die Freshfields-Ermittler Niersbach in ihrem Bericht mit der Aussage zitieren, es sei bei dem Treffen auch darum gegangen, ob da in Bezug auf die WM 2006 wegen der Spiele in Malta oder Tunesien "etwas zu befürchten sei".
Es hätten aber alle gesagt, da sei nichts gewesen.
Aber daran, wie die Namen Rummenigge und Hopfner auf den Bewirtungsbeleg kamen, kann er sich nicht erinnern.

Damit bleiben hier, wie so oft in der Sommermärchen-Causa, wichtige Fragen offen.
Warum schrieb Ex-DFB-Chef Niersbach (oder wer auch immer) die Namen zweier Spitzenkräfte auf einen Bewirtungszettel, wenn diese nicht einmal eingeladen waren?
Warum tauchten in diesem Kontext als Vertreter des FC Bayern überhaupt Hopfner und Rummenigge auf, und nicht Uli Hoeneß, 2012 noch der starke Mann im Klub und von der Steueraffäre noch weit entfernt?

Aus dem Bayern-Duo erwählten die Freshfields-Leute jedenfalls Hopfner als Gesprächspartner.
Der sei der Finanzexperte gewesen.
Ergiebig seien seine Antworten nicht gewesen - weder zum Bewirtungsbeleg noch zum Warner-Vertrag und auch nicht zu den generösen Freundschaftsspielen.
Als Freshfields den Report Anfang März präsentierte, war das Gespräch mit dem Münchner Klubpräsidenten noch nicht autorisiert; im Abschlussbericht taucht nichts davon auf.

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Die DFB-Ermittler benennen Franz Beckenbauer als Kernfigur der Millionen-Zahlung nach Katar.
Doch was wurde aus dem Geld?
Und welche Rolle spielt der seltsame Vertrag mit dem dubiosen Jack Warner?
Grün leuchtet es von Wand und Decke des Konferenzsaals im Frankfurter Flughafen-Hotel.
Grün ist die Farbe der Hoffnung - und die des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
In grünlichem Licht steht nun auch 40 Minuten lang der Jurist Christian Duve an einem Pult.
Er referiert und erzählt, dazu blendet er Thesen und Dokumente auf Großleinwänden ein.
Neben ihm ist die aktuelle DFB-Spitze versammelt, die Interimspräsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch, der designierte Chef Reinhard Grindel.
Sie machen ernste Gesichter.
Die Miene der Aufklärer.

Fast fünf Monate beschäftigt sich der deutsche Fußball nun mit seiner Sommermärchen-Affäre.
Fast fünf Monate lang forschte die Frankfurter Kanzlei Freshfields um Duve; Freitagmittag präsentiert sie ihre Ergebnisse.
Er kenne in der Sportwelt keine vergleichbare Untersuchung, sagt DFB-Mann Koch, wohl zu Recht.
Nur: Wie weit ist die Affäre wirklich geklärt?

Am Ende landete das Geld von Dreyfus in Katar
Drei Kernthesen präsentieren die Ermittler. Erstens: Die Schlüsselfrage, ob Deutschland die WM 2006 sauber errungen hat oder nicht, bleibt offen: "Wir haben keine Beweise für Stimmenkauf gefunden", sagt Duve, "wir können es aber auch nicht ausschließen."
Zweitens: Der merkwürdige Geldfluss von zehn Millionen Schweizer Franken im Jahr 2002 wurde von Franz Beckenbauer beziehungsweise aus dessen Umfeld initiiert - und am Ende landete das Geld in Katar.
Diese konkrete Erkenntnis ist neu.
Drittens: Im DFB-internen Umgang mit der Affäre 2015 hatte Ex-Präsident Wolfgang Niersbach früher konkrete Kenntnisse, als er zugab.

Aber sehr oft wird in dem 361 Seiten starken Abschlussbericht und in Duves Referat festgehalten, dieses und jenes könne nicht abschließend gewertet und der eine oder andere Vorgang nicht mehr eindeutig rekonstruiert werden.
Auf manche Dokumente hatte Freshfields keinen Zugriff; auf manchen Zeugen, der Erhellendes hätte beitragen können, auch nicht.
Und manche Information sei erst ganz kurz vor der Präsentation der Ergebnisse an die Kanzlei gegangen und daher noch nicht richtig ausgewertet worden, hieß es.
Die Arbeit von Freshfields ist dennoch weitgehend beendet - die Aufarbeitung der damaligen Vorgänge, so sieht es jetzt aus, beginnt aber erst.
In den nächsten Wochen wird hierzu einiges passieren: Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft geht dem Ganzen ebenso nach wie das amerikanische FBI, das die Causa "Sommermärchen" weit oben auf der Prioritätenliste führt.
Dann ist da die Fifa-Ethikkommission, die den Bericht am Freitag sofort in Begutachtung nahm.
Die Rolle des aktiven Fifa-Vorstandes Niersbach, insbesondere aber die des Ex-Vorstandes Beckenbauer wird genau untersucht, hieß es am Freitag aus Zürich.

Das Ethikreglement fordert vollständige Kooperationsbereitschaft ein - ansonsten drohen Beckenbauer und Niersbach schon aus formalen Gründen jahrelange Sperren von allen Fußballaktivitäten.
Nach Aktenlage erscheint es unausweichlich, dass die Fifa-Ethiker Beckenbauer bald zu Sinn und Zweck einer Millionenzahlung befragen werden, die aus seinem Umfeld 2002 nach Katar ging.

Niersbachs Rolle
Im Zentrum der Befragungen, in deren Verlauf Freshfields 31 Zeugen vernahm, stand auch der zurückgetretene DFB-Chef Wolfgang Niersbach.
Belastet wird Niersbach im Abschlussbericht mit folgender Aussage: "Die beim DFB auffindbaren Unterlagen waren nicht vollständig.
Ein Ordner zu Vorgängen, welche die Fifa im Jahr 2000 betreffen sollen, wurde allem Anschein nach im Juni 2015 ausgeliehen und konnte nicht gefunden werden."
Die Spur verläuft sich im Rätselhaften: Eine Mitarbeiterin Niersbachs habe im Alleingang im Archiv Dokumente gesucht, heißt es, diese bestreitet aber, dass sie Akten vernichtet habe.
Es sei jedoch "nicht auszuschließen, dass frühere DFB-Mitarbeiter Akten nach ihrem Ausscheiden vernichtet haben.
Manche Akten wurden oder werden privat verwahrt".
DFB-Interimschef Rainer Koch erklärte, im Verband habe es "ein völliges Versagen interner Kontrollmechanismen gegeben".
Laut Freshfields sei Niersbach allerdings keine Kenntnis der WM-Vorgänge vor 2015 nachzuweisen gewesen.

Das große Verdienst des Freshfields- Reports ist es nämlich, die Geldflüsse im Jahr 2002 so weit wie bislang eben möglich nachzuzeichnen.
Die damals Verantwortlichen in DFB und WM-Organisationskomitee haben bisher ja erzählt, sie hätten damals zehn Millionen Franken ans Finanzkomitee der Fifa zahlen müssen, um im Gegenzug einen höheren Organisationszuschuss zu erhalten.
Der damalige Adidas-Eigner Robert Louis-Dreyfus sei mit einem Darlehen in Vorleistung gegangen.
Die Darstellung ließ sich schon in den letzten Wochen kaum halten, auch die Fifa selbst hatte sie dementiert.
Jetzt befand Duve: "Eine Zahlung an die Weltverband oder die Finanzkommission" habe es nicht gegeben.

Laut Freshfields lief das Ganze so ab: Zwischen 29. Mai und 8. Juli 2002 flossen in vier Tranchen insgesamt sechs Millionen Franken von einem sogenannten Oder-Konto in Kitzbühel, auf das sowohl Beckenbauer als auch sein damaliger Manager Robert Schwan Zugriff hatten, auf das Konto einer Schweizer Anwaltskanzlei.
Verwendungszweck: "Erwerb von TV und Marketing Rechten Asien Spiele 2006".
Die Kanzlei in Sarnen, Kanton Obwalden, wo das deutsche Duo früher schon umtriebig war, leitete die Millionen auf ein Konto der Kemco Scaffolding Co. weiter.
Die liegt im Zugriffsbereich des langjährigen Fifa-Funktionärs Mohammed bin Hammam in Katar.
Im August 2002 überwies dann Louis-Dreyfus zehn Millionen Franken an die Anwaltskanzlei, die den Betrag prompt weiterverteilte: knapp sechs Millionen auf ein Beckenbauer-Konto, vier Millionen weiter an Kemco.

So waren am Ende zehn Millionen in Katar gelandet, und Beckenbauer hatte seinen Einsatz zurück.

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Duve und der DFB beteuern: Gibt keine Beweise für Stimmenkauf
Es fragt sich: Wofür floss dieses Geld?
Und warum diese komplizierte Zahlungskette?

Bin Hammam verneint, zehn Millionen Franken von den Deutschen erhalten zu haben.
Beckenbauer sagte Freshfields, er sei von den Erkenntnissen überrascht, sie ergänzten aber seine eigenen Erinnerungen.
Auf Anfrage am Freitag äußerte er sich nicht.
Wer aber die sportpolitische Gemengelage der damaligen Zeit kennt, dem fällt zweierlei auf.
Erstens gab es im Mai 2002, exakt zu Beginn der Tranchenzahlungen, eine Fifa-Präsidentschaftswahl, vor der Sepp Blatter in großer Bedrängnis war: Issa Hayatou, der Chef des Afrika-Verbands CAF, hatte ihn herausgefordert, mit starker Unterstützung Europas.
Zweitens war die Vergabe der WM 2006 an Deutschland erst knapp zwei Jahre her.
Und die FBI-Ermittlungen offenbaren ein wiederkehrendes Muster, nach dem Funktionäre im Nachhinein für Stimmen entlohnt wurden.
Eingedenk solch deutlicher Indizien verwundert, dass Chef-Ermittler Duve und die amtierende DFB-Spitze am Freitag immerzu beteuerten: "Wir haben keinen Beweis, dass Stimmen gekauft wurden."

Das Sommermärchen war nicht gekauft - dieser Satz war in der Affäre schon sehr oft zu hören.
Am Freitag wurde er weniger pathetisch intoniert als noch im Herbst vom damaligen DFB-Chef Niersbach oder vom früheren Strippenzieher der Bewerbung, Fedor Radmann.
Aber dass das Sommermärchen nach Aktenlage als nicht gekauft gelten darf - die Botschaft soll schon auch ins Land gehen an diesem Tag der Aufklärung.
Tatsächlich bringt der Bericht im Detail sogar mehr Hinweise dafür, dass die Sache damals, beim WM-Zuschlag am 6. Juli 2000, nicht viel anders abgelaufen sein kann als bei den schwer unter Verdacht geratenen WM-Vergaben von 1998 bis 2022.
Bereits bekannt war, dass Freshfields einen Vertrag zwischen Beckenbauer und dem von Jack Warner geführten Karibik-Verband Concacaf entdeckt hatte, unterzeichnet wenige Tage vor der Ausrichter-Kür.
Ein Volumen von zehn Millionen Mark sollen die versprochenen Leistungen umfasst haben.
Dieser Kontrakt wurde, und das ist neu, bereits am 7. Juni - also sehr vorausblickend - von einer Münchner Kanzlei gefaxt.
Paraphiert, heißt es weiter, ist bereits zu diesem Zeitpunkt "jede Seite von Fedor Radmann ("F.R.") und Jack Warner ("JAW")".
Als die DFB-Spitze 2015 von dem Papier erfuhr, sprach sie von einem "Bestechungsversuch".
Nun hält Freshfields fest, dass der Kontrakt sogar über mehrere Wochen vorbereitet wurde - und dass zumindest Teile davon auch umgesetzt wurden.

Zudem drängt sich die Frage auf, die längst Bestandteil der Schweizer Ermittlungen ist: Warum sollte Warner, der ungekrönte Korruptionskönig der Fifa, auf Kernteile der vertraglich zugesicherten Millionenleistungen verzichtet haben?
Wenn es um die konkreten Vorgänge rund um die WM-Vergabe geht, argumentiert Freshfields an manchen Stellen erstaunlich oberflächlich.
So gibt es seit Längerem den Verdacht, dass die Deutschen damals eben doch auf Warner als Wahlmann angewiesen waren - weil der angebliche Block aus acht Europäern und vier Asiaten nicht geschlossen war, um bei der Abstimmung gegen Südafrika auf die erforderlichen zwölf Voten zu kommen.
Ein Asiate sei ausgeschert, hielten die Bewerber selbst im Februar 2000 fest.
Das hatte ihnen Bin Hammam gesteckt, der es wissen musste: Er war Chef des Asien-Verbands AFC.
Bin Hammam selbst fragte 2002 den Südkoreaner Chung Jong-Moon in einem Wutbrief, ob er auch wirklich, wie besprochen, die Deutschen gewählt habe.

Überdies gibt es eine Aussage des langjährigen Fifa-Insiders und Warner-Freundes Elias Zaccour: Chung sei damals ab- und Warner pro Deutschland eingesprungen, sagte der inzwischen verstorbene Zaccour 2013 der SZ.
Im Lichte all dieser Erkenntnisse erhält der Vertrag mit Warner viel Logik - und eine ganz andere Brisanz.
Trotzdem tendiert Freshfields zu einer anderen Lesart: "Dass letztlich wohl alle vier asiatischen Mitglieder für Deutschland gestimmt haben dürften, ergibt sich aus einer Erklärung von Gerhard Mayer-Vorfelder nach Vergabe im Juli 2000."
Und Chung habe Beckenbauer in einem Brief 2001 versichert, alle Asiaten hätten die Deutschen gewählt.
Ein Ex-DFB-Chef und ein umwitterter Beteiligter als Quelle für eine geheime Wahl - da steht die Freshfields-Argumentation auf dünnen Füßen.
War die WM 2006 gekauft?
Diskussion und Aufklärung werden weitergehen.
Aber nicht mehr in hoffnungsvollem Grün, eher im kalten Grau von Justizräumen in Frankfurt, Bern und in den USA.


 
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