Schüsse, Straßenblockaden Über 100 Krawall-Hochzeiten in NRW: Wer stoppt die Irren ?
Köln/Düsseldorf - Wer heiratet, darf auch die Korken knallen lassen.
Klar.
Doch in der jüngsten Vergangenheit knallen immer mehr Hochzeitsgäste selbst durch, verhalten sich wie im Wilden Westen: Sie ballern mit Pistolen durch die Gegend, blockieren mit ihren Protz-Karren ganze Autobahnen, lassen die Räder qualmen, zünden Feuerwerke.
Die Polizei ist in Nordrhein-Westfalen wegen ausufernder Hochzeitsfeiern in den letzten vier Wochen etwa 110 Mal ausgerückt.
Das sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums am Montag.
Meist, aber nicht in allen Fällen, sei es dabei um Eingriffe in den Straßenverkehr gegangen.
Nach 30 Einsätzen am vorletzten Wochenende seien am vergangenen noch einmal zehn dazugekommen.
Wer stoppt diese Hochzeits-Irren?
Um zu ergründen, ob es sich bei den über die Stränge schlagenden Hochzeitsgesellschaften um ein neues Phänomen handele, habe das Innenministerium begonnen, eine gesonderte Statistik über die Vorfälle zu führen, zitierte die Zeitung den Sprecher.
Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach den Angaben zufolge von „Exzessen”, die „den kleinsten gemeinsamen Nenner dieser Gesellschaft” missbilligten.
Er kündigte an, „mit allen rechtlichen Mitteln” dagegen vorzugehen.
Höhepunkt der Krawall-Hochzeiten an Ostern
Seit Wochen knallt es in NRW – vor kurzem wurde der traurige Gipfel des gefährlichen Hochzeits-Trends erreicht: Pyrotechnik, Beleidigungen und eine Autoblockade auf der A52 bei Gladbeck am Osterwochenende sind nur ein kleiner Auszug.
Ganze 50 Fahrzeuge besetzten die Autobahn 52, Hochzeitsgäste standen mitten auf den drei Spuren, um Pyrotechnik abzufackeln.
Und beleidigten Fahrer, die ihretwegen im Stau standen und sich beschwerten.
Hochzeits-Feier in Duisburg: 100 Leute legen Kreuzung lahm
Auch in Duisburg hat sich eine dreiste Gruppe von 100 Leuten versammelt, um eine ganze Kreuzung lahmzulegen.
Sie schwenkten türkische Fahnen, zündeten Bengalos, ballerten mit Waffen in die Luft.
Bereits Ende März sorgten Luxuskarossen für Aufsehen, welche die A3 bei Ratingen blockierten .
Der Fahrer eines Ford Mustang Cabrio ließ vor den stehenden Fahrzeugen die Reifen qualmen, wollte augenscheinlich über die „gesperrte“ Fahrbahn driften.
Knallwütige Hochzeitsmeute ballert mit Waffen im Wohngebiet
Doch nicht nur Autofahrer, auch Anwohner haben Angst: Vor fast genau einem Jahr stand die knallwütige Hochzeits-Meute nicht auf der Autobahn, sondern mitten in einer Wohnsiedlung vor einem Mehrfamilienhaus in Siegburg.
Sie feuerten mit Schusswaffen, zündeten Bengalos.
Erschrockene Anwohner filmten den Irrsinn, bis heute ermittelt die Kripo in dem Fall und fahndet nach Beteiligten.
Von Einsicht keine Spur: Selbst die Polizei wird von den Gästen aggressiv angegangen, etwa bei Recklinghausen: Nur wenige Tage nach der A3-Blockade hat ein Auto-Rowdy in Oer-Erkenschwick auf einer Kreuzung die Reifen durchdrehen lassen, fuhr „Donuts“ und hupte dabei.
Er behinderte den Verkehr massiv.
Als ein Streifenwagen den Mann stoppte, kamen plötzlich rund 30 Mitglieder einer türkischen Hochzeit dazu, gingen die Polizisten aggressiv an.
Ihnen blieb nichts anderes übrig, als Verstärkung zu rufen.
NRW-Staatssekretärin für Integration Serap Güler: „Asoziales Verhalten”
Jetzt hat sich die NRW-Staatssekretärin für Integration, Serap Güler (CDU), mit klaren Worten zu den Hochzeits-Chaoten geäußert: „Diese Art von Feiern, die andere belästigt, darf in keiner Weise toleriert werden.
Geldbußen und zur Not auch Führerscheinentzug sind die einzige richtige Antwort auf diese Exzesse – genauso wie es unser Innenminister angekündigt hat”, so Güler auf Anfrage.
Reul hatte bereits vor Wochen die „Feiernden mit Migrationshintergrund“ gewarnt: „Autobahnen und Innenstädte sind keine privaten Festsäle.“
Dabei gebe es so schöne kulturelle Hochzeitsbräuche aus dem arabischen Raum, sagt Güler weiter.
Das Bewirten von Bedürftigen etwa.
„Das Verhalten, das wir jetzt vermehrt beobachten, gehört hingegen leider zu den absoluten Negativ-Bespielen.
Das hat für mich nichts mit kultureller Identität zu tun, sondern mit mangelnder Sozialkompetenz.
Gegenüber den Mitmenschen ist das ein asoziales Verhalten.“
Polizei zu Hochzeits-Chaoten: „Hormon-Überschuss“
Auch die Polizei warnte bereits eindringlich vor dem Hochzeits-Wahnsinn: „Gegen derart rücksichtsloses und lebensgefährliches Verhalten im Straßenverkehr gehen wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln vor, die uns zur Verfügung stehen“, sagt Werner Gross, Leiter der Direktion Verkehr der Polizei Köln und warnt damit alle Nachahmer.
„Wenn es dabei zu einem Unfall kommt, werden die Verantwortlichen ihres Lebens nicht mehr froh“, sagte auch der Düsseldorfer Polizeisprecher Kim Freigang.
Solche Aktionen seien „absolut lebensgefährlich und sinnbefreit“.
Wo kommen die Bräuche her?
Auch wenn es sich den Namen nach um Fahrer mit Migrationshintergrund handele, könnten sich diese nicht auf kulturelle Bräuche berufen.
„Da geht es um Auswüchse, die eher mit einem Hormon-Überschuss und einer fragwürdigen Einstellung zu Regeln zu tun haben“, so Freigang.
Doch wo kommen diese Bräuche her?
Den Brauch des Hochzeitskonvois haben türkische Gastarbeiter mit nach Deutschland gebracht.
Auch in anderen orientalischen Ländern gibt es diese Tradition.
Hupkonzert aus orientalischen Ländern haben auch Deutsche übernommen
Am Tag der Hochzeit versammeln sich Freunde am Haus des Bräutigams, um von dort zum Elternhaus der Braut zu fahren.
Dort wird die Zukünftige dann im Brautkleid und mit feierlicher Flöten- und Trommelmusik aus dem Haus geführt.
Braut und Bräutigam fahren im selben Auto im Korso, begleitet vom Hupkonzert bis zum Hochzeitssaal.
Das Hupkonzert im Korso haben mittlerweile auch deutsche und andere Hochzeitsgesellschaften übernommen.
Bevor das Brautpaar losfährt, versperren Kinder den Weg des Autos.
Der Trauzeuge des Bräutigams soll dann den „Wegezoll“ zahlen.
In manchen Regionen, etwa am Schwarzmeer oder im Südosten der Türkei, werden auch Schüsse abgegeben.
Bevor es Pistolen gab, wurden ursprünglich Pfeile als Symbol der Stärke abgefeuert.
Nachdem sich aber die Todesfälle wegen Querschlägern gehäuft hatten, wurde diese Tradition heftig kritisiert.
Obwohl der Waffen-Besitz auch in der Türkei nur mit Waffenschein erlaubt ist, haben dort immer mal wieder Hochzeitsgäste Pistolen dabei.
Dieser Brauch wird nun offenbar auch in Deutschland gelebt.