Verbraucherrecht - Urteile usw. !

"Verletzung der Menschenwürde": Gericht stärkt Rechte für Mieter hohen Alters !

Von nun an können alte und am Wohnort verwurzelte Berliner Mieter gegen eine Mietvertragskündigung klagen.
Sie dürfen dabei auf ihr Alter verweisen.
Vorangegangen war dem Urteil ein jahrelanger Rechtsstreit.

Das Berliner Landgericht hat mit einem Urteil die Rechte alter und an ihrem Wohnort verwurzelter Mieterinnen und Mieter gestärkt.
Diese können demnach unter Berufung auf ihr hohes Lebensalter und ihre "langjährige und tiefe Verwurzelung" am Wohnort die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, erklärte der Präsident des Berliner Kammergerichts am Donnerstag.
Das entsprechende Urteil fiel demnach bereits am Dienstag. (Az. 67 S 345/18)

Vorangegangen war dem Urteil ein seit 2015 andauernder Rechtsstreit.
Die Vermieterin hatte das Mietverhältnis damals wegen Eigenbedarfs gekündigt.
Die Mieterin und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann hatten seit 1997 in der Wohnung gewohnt und unter Verweis auf ihr hohes Alter, ihren beeinträchtigten Gesundheitszustand, ihre langjährige Verwurzelung am Wohnort und ihre begrenzten finanziellen Mittel Einspruch gegen die Kündigung eingelegt.

"Verletzung ihrer garantierten Menschenwürde"
Nach einer Vielzahl von Gerichtsverfahren hatte der Bundesgerichtshof das Urteil teilweise aufgehoben und an das Berliner Landgericht zurückverwiesen.
Dieses Gericht befand in seinem Urteil vom 25. Mai, dass die Folgen eines eventuellen Wohnungsverlusts für die Mieterin so schwer seien, "dass sie auf eine Verletzung ihrer durch Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Menschenwürde" hinausliefen.

Die Interessen der klagenden Vermieterin hätten dahinter zurückzustehen.
Die von ihr beabsichtigte Eigennutzung der Wohnung sei lediglich auf einen Komfortzuwachs und auf die Vermeidung "unerheblicher wirtschaftlicher Nachteile" gerichtet.


 
Gericht hat entschieden: Neue Urteile zu Diesel-Fahrverboten !

Bleibt es bei den Diesel-Fahrverboten in Hamburg, Ludwigsburg und Kiel?
Darüber urteilte heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatten auf eine Änderung in den Luftreinhalteplänen in Hamburg, Kiel und Ludwigsburg geklagt.

So urteilte das Bundesverwaltungsgericht
Die Städte Hamburg und Ludwigsburg in Baden-Württemberg müssen für bessere Luft sorgen.
Die sogenannten Luftreinhaltepläne müssten noch einmal fortgeschrieben werden, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Freitag.
Dabei muss Hamburg möglicherweise auch Diesel-Fahrverbote verhängen, wenn die Stickoxid-Grenzwerte sonst nicht eingehalten werden können. (Az. 7 C 2.20 u.a.)

Warum die erneute Verhandlung?
Stickoxide entstehen vor allem im Straßenverkehr und können der Gesundheit schaden.
Darum gelten Grenzwerte für Tage und im Jahresmittel. An bestimmten Messstationen in den Städten wurden die Grenzwerte jedoch überschritten.
Von den Vorinstanzen waren die jeweiligen Bundesländer deswegen dazu verurteilt worden, die Luftqualität zu verbessern und teils Beschränkungen für Diesel-Fahrzeuge zu verhängen.
Gegen die Urteile zogen die Städte und Länder vor das Bundesverwaltungsgericht.

Dieses entschied nun für jede der drei Städte anders.
Im Fall von Hamburg bestätigte es die vorherige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts weitgehend.
Demnach muss Hamburg Diesel-Beschränkungen in den Blick nehmen.
Ob sie erforderlich würden, hänge von den aktuellen Prognosen ab, so das Gericht.
Die bisherigen Prognosen zu Stickoxiden seien fehlerhaft, weil der Pendlerverkehr nicht ausreichend eingerechnet sei.

Zudem bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Messwerte in anderthalb Metern Höhe entscheidend seien – nicht in vier Metern Höhe, wie die Stadt argumentierte.
Eine vom Oberverwaltungsgericht geforderte zweite Planungsstufe für den Fall, dass sich die Werte schlechter entwickelten als gedacht, hielten die Leipziger Richterinnen und Richter dagegen rechtlich nicht für geboten.

Luftqualität in Ludwigsburg müsse verbessert werden
Auch im Fall Ludwigsburg entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Luftqualität verbessert werden müsse.
Die Vorinstanz, der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, habe die Prognose der Stadt zu Recht beanstandet.
Diesel-Fahrverbote hält das Bundesverwaltungsgericht hier aber für unverhältnismäßig, wenn der Grenzwert bereits im Folgejahr eingehalten werde.

Im Fall von Kiel muss das Oberverwaltungsgericht in Schleswig erneut urteilen.
Es müsse dabei ein vorgelegtes Gutachten zu Luftfiltern berücksichtigen, entschied das Bundesverwaltungsgericht.

In einer ersten Reaktion teilte Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der DUH, mit: "Das ist ein guter Tag für die saubere Luft und die Menschen in Ludwigsburg, Kiel und Hamburg."

Anstatt saubere Luft "durch ehrliche Maßnahmen sicherzustellen", versuchten ausgerechnet grüne Landesminister in Ludwigsburg und Kiel, Stickstoffdioxid nur direkt neben Messsensoren durch "absurde Luftstaubsauger" zu reinigen.
"Und erneut benötigten wir Gerichtsentscheidungen, um die Einhaltung von Umweltvorschriften durchzusetzen", erklärte Resch.


 
Renten-Doppelbesteuerung Bundesfinanzhof weist Klage ab !

2005 wurde das Rentengesetz reformiert.
Doch die Reform führt möglicherweise dazu, dass einige Rentnerinnen und Rentner doppelt Steuern zahlen müssen.
Der Bundesfinanzhof hat in zwei Einzelfällen geprüft, ob das Gesetz gegen die Verfassung verstößt, die entsprechenden Klagen aber nun abgewiesen.


 
Urteil: Gewinne aus Pokerspielen können steuerpflichtig sein !

Gewinne aus Online-Pokerspielen können unter bestimmten Voraussetzungen der Einkommens- und Gewerbesteuer unterliegen.
Das entschied das Finanzgericht Münster in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil.

Der Kläger hatte als 20-Jähriger im Jahr 2009 geschätzt rund 446 Stunden online gespielt, dabei zur Hilfe eine Software eingesetzt und umgerechnet 82.826,05 Euro gewonnen.
Nach Ansicht des Gerichts handelte es sich dabei um gewerbliche Einkünfte aus einem Geschicklichkeitsspiel und nicht um Glücksspiel, bei dem die Gewinne steuerfrei sind.
Der Kläger habe „mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt“, begründete das Gericht die Entscheidung, die noch nicht rechtskräftig ist.
Der Senat hat Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen (Az.: 11 K 3030/15, Urteil vom 10.3.2021).

Das Finanzgericht merkte aber an, dass der Kläger erst ab Oktober 2009 die Grenze zwischen Hobby und berufsmäßigem Spiel überschritten habe.
Von 2007 bis 2008 hatte er demnach nur Cent-Beträge eingesetzt und einen Gesamtgewinn von 1000 Dollar eingestrichen.
Im Monat saß er dabei fünf bis zehn Stunden am Computer.
Das änderte sich ab 2009, als es laut Mitteilung über 400 waren.
Deshalb seien diese Einkünfte aus einem Gewerbe als Gewinne einzuschätzen, die zu versteuern seien.


 
Rechtswidrige Gebührenerhöhung: Bankkunden müssen aktiv werden !

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Die bisherige Gebührenerhöhungspraxis der Banken ist nicht rechtens.
Nach Ansicht der Richter sind Änderungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank unwirksam, wenn sie nur aufgrund einer stillschweigenden Zustimmung wirksam werden (Az.: XI ZR 26/20).

Für Kunden kann sich das auszahlen.
Denn die obersten Richter kippten mit ihrem Urteil die langjährig geübte Praxis der Geldinstitute.

Bisher informierten die Banken und Sparkassen ihre Kunden mindestens zwei Monate im Voraus, wenn sie ihre Preise oder Geschäftsbedingungen änderten.
Widersprachen die Kunden nicht, galt die Änderung als vereinbart.
"Viele Bankkunden haben erst nachträglich, beim Blick auf den Kontoauszug, die Erhöhung der Gebühren wahrgenommen", erklärt Rechtsanwalt Max Baumeister.

Nach dem neuen BGH-Urteil gilt nun: Ein Kunde muss bei einer Gebührenerhöhung aktiv Ja sagen.
Treten Änderungen der Geschäftsbedingungen bei Schweigen in Kraft, wird er unangemessen benachteiligt.
Das bedeutet: Die Gebührenerhöhungen der vergangenen Jahre sind unwirksam.
Kunden können dieses Geld von ihrer Bank oder Sparkasse zurückfordern, erklären die Verbraucherzentralen.

Urteil hat Auswirkung für viele
Im verhandelten Fall hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) zwar nur gegen die Geschäftsbedingungen der Postbank geklagt.
Doch das Urteil lässt sich auch auf andere Geldinstitute ausweiten.
"Der BGH stellt sich mit seinem Urteil hinter den mündigen Bürger, der selbst entscheidet", erläutert Baumeister.
"Dies hat aber auch zur Folge, dass der Kunde nun tätig werden muss, da keine Bank von sich aus Bankgebühren zurückzahlen wird."

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) ist nach wie vor zurückhaltend: "Zunächst gilt es nun, das BGH-Urteil auszuwerten und sodann hieraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen", heißt es in einer aktuellen Stellungnahme.
"Ob, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum Verbraucher aufgrund des Urteils von ihrem Kreditinstitut Entgelte zurückfordern können, lässt sich nicht pauschal beantworten.
Dies ist vielmehr eine Frage des individuellen Vertragsverhältnisses zwischen Kunde und Bank."

Forderungen schriftlich anmelden
Maßgeblich ist das Preisverzeichnis, das bei Kontoeröffnung wirksam war.
Gebühren, die später eingeführt oder erhöht wurden, müssen nach Ansicht von Rechtsexperten zurückgezahlt werden.
Allerdings geht das in der Regel nicht beliebig weit in die Vergangenheit zurück, sondern laut Stiftung Warentest bis zum 1. Januar 2018.
Wie viel Geld man zurückfordern kann, muss man ausrechnen.

Im Prinzip kann jeder seine Forderung selber anmelden.
Wer sich unsicher ist, kann seinen Fall aber auch von Juristen prüfen lassen.
Rechtsanwälte bieten oft eine kostenlose Ersteinschätzung an.

Wer selbst tätig werden will, sollte seine Forderungen schriftlich anmelden, raten die Experten.
Die Stiftung Warentest hat auf ihrer Homepage einen Musterbrief bereitgestellt, ebenso die Verbraucherzentralen.
Der Brief sollte zum Nachweis als Einschrieben mit Rückschein verschickt werden.

Die Alternative: Den Brief einem zuverlässigen Angehörigen oder Bekannten zum Lesen geben und ihn oder sie bitten, bei der zuständigen Bank- oder Sparkassenfiliale persönlich abzugeben oder in den Briefkasten zu stecken, raten Experten der Stiftung Warentest.

Ansprüche verjähren in drei Jahren
Wirklich beeilen müssen sich Verbraucher aber nicht, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
Sie verjähren laut Rechtsprechung des BGH erst mit Kenntnis des Urteils (Az.: XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14).
Die Verjährung tritt erst Ende 2024 ein.

Lehnt das Geldinstitut die Forderung ab, müssen Verbraucher nicht gleich aufgeben: Sie können sich an die Schlichtungsstelle wenden.
Sowohl die privaten Banken, die Volksbanken und auch die Sparkassen haben Schlichtungsstellen, an die sich Verbraucher in Streitfragen wenden können.
Das Verfahren ist kostenlos.

Auch andere Verträge betroffen?
Möglicherweise bleibt die Entscheidung des BGH nicht nur auf Verträge mit Geldinstituten beschränkt.
"Es bleibt abzuwarten, welche Kreise diese Entscheidung ziehen wird", erklärt Rechtsanwalt Baumeister.

Die Praxis der sogenannten Zustimmungsfiktion sei schließlich keine Besonderheit der Banken.
"Auch viele andere Unternehmen, von Streamingdiensten bis hin zu Abo-Anbietern, haben oft in ihren AGB ähnliche Formulierungen, die nun auf den Prüfstand kommen werden."


 
Urteil des EuGH: Youtube haftet nicht für illegale Inhalte !

Der Europäische Gerichtshof sieht Anbieter wie Youtube nicht verantwortlich für Urheberrechtsverstöße auf ihren
Werden die Betreiber der Video-Plattform allerdings auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen, müssen sie aktiv werden.

Youtube und andere Internetplattformen haften nicht automatisch für dort illegal hochgeladene Inhalte.
Sie müssen diese aber löschen, wenn sie vom Rechteinhaber darauf hingewiesen werden, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied.
Wenn ein Betreiber weiß, dass auf seiner Plattform häufig geschützte Werke verbreitet werden, muss er zudem technische Vorkehrungen dagegen treffen.

Ob danach die bisherigen Maßnahmen ausreichen, müssen nun die deutschen Gerichte prüfen.
(Az: C 682/18 und C 683/18)

Kläger im ersten Fall ist der deutsche Musikproduzent Frank Peterson.
Nach seinem Vorbringen hat er Rechte an Werken und Konzerten der britischen Sopranistin Sarah Brightman.
Er verlangt Schadenersatz von Youtube, weil dort private Konzertmitschnitte und Musik aus dem Album "A Winter Symphony" abrufbar waren.

Bücher illegal zum Download angeboten
Im zweiten Fall klagt der niederländische Fachverlag Elsevier gegen das Schweizer IT-Unternehmen Cyando, das das Sharehosting-Portal uploaded betreibt.
Dort waren medizinische Fachbücher des Verlags illegal zum Download angeboten worden.
"Beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts erfolgt seitens der Betreiber von Internetplattformen grundsätzlich keine öffentliche Wiedergabe der urheberrechtlich geschützten Inhalte", urteilt hierzu nun der EuGH.
Denn eine solche Wiedergabe setze über die rein technische Bereitstellung der Plattform einen aktiven Beitrag des Betreibers voraus.

Danach muss ein Betreiber aber technische Vorkehrungen gegen Urheberrechtsverletzungen treffen, wenn er "weiß oder wissen müsste, dass über seine Plattform im Allgemeinen durch Nutzer derselben geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden".
Plattformen, die es auf die illegale Verbreitung geschützter Werke anlegen, können von Rechteinhabern direkt haftbar gemacht werden, urteilte der EuGH.

Über die konkreten Klagen müssen nach diesen Maßgaben nun wieder die deutschen Gerichte entscheiden.
Sie werden insbesondere zu prüfen haben, ob die bisherigen Schutzvorkehrungen von Youtube und gegebenenfalls auch uploaded ausreichend sind.


 
Entscheidung im Prozess um ein Champagner-Sorbet !

München - Das Oberlandesgericht (OLG) München will am Donnerstag eine Entscheidung im Rechtsstreit um ein Champagner-Sorbet verkünden.
Das Gericht muss die Frage klären, ob das "Champagner-Sorbet" von Aldi tatsächlich nach Champagner geschmeckt hat.

Denn der Verband Civic, der hinter dem Markenschutz für "Champagner" steht, bezweifelt das und hat den Discounter wegen der Bezeichnung des Produktes verklagt.


 
Aldi verliert Champagner-Streit !

Wegen "Champagner Sorbet" vor Gericht - Aldi kassiert herbe Schlappe in Eis-Streit.

Nach jahrelangem Streit hat das Gericht entschieden: Ein Sorbet von Aldi darf nun nicht mehr die Bezeichnung Champagner tragen.
Für dieses Urteil war ein Aspekt entscheidend.

Ein Champagnereis darf nicht "Champagner" heißen, wenn es nicht nach Champagner schmeckt.
Nach einem Rechtsstreit bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) um die von Aldi verkaufte Eissorte "Champagner Sorbet" haben sich Frankreichs Champagnerhersteller vor dem Oberlandesgericht (OLG) München gegen die deutsche Supermarktkette durchgesetzt.

Laut Urteil nutzte Aldi das Ansehen der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagner" unberechtigt aus.
Die Richter sehen das als Irreführung, wie es in der veröffentlichten Entscheidung heißt.

Der Geschmack war ausschlaggebend
Maßgeblich für das Urteil: Das Sorbet schmeckte nicht nach Champagner.
Die französischen Kläger argumentierten, dass das dominante Aroma Birne sei, gefolgt von Zucker, Zitronensäure und einem Hauch Alkohol.

Der 29. Senat kam nun ebenfalls zu dem Schluss, dass das Aldi-Produkt "keinen hauptsächlich durch die Zutat Champagner hervorgerufenen Geschmack aufwies" – auch wenn eine Verkostung wegen 2014 abgelaufenen Haltbarkeitsdatums nicht mehr möglich war.

Das OLG nannte die Namen von Klägern und Beklagten nicht, doch hatte der Champagnerverband Civic den Prozess publik gemacht.


 
BGH bestätigt Gewinn-Einzug: Waffenkonzern Sig Sauer muss blechen !

Pistolen der Marke Sig Sauer werden in Kolumbien von Drogenbanden und Paramilitärs verwendet.
Das Geschäft schloss der Waffenhersteller aber scheinbar legal mit der US-Polizei ab.
Auch der Bundesgerichtshof verurteilt den Konzern nun auf Rückzahlung des Gewinns in Höhe von elf Millionen Euro.

Der norddeutsche Waffenhersteller Sig Sauer muss seine Erlöse von gut elf Millionen Euro aus illegalen Exporten nach Kolumbien an den Staat abführen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigte weitgehend ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Kiel vom April 2019.
Sig Sauer hatte zwischen 2009 und 2011 knapp 40.000 in Deutschland hergestellte Pistolen zunächst an eine Konzerntochter in die USA geliefert.
Diese verkaufte die Pistolen für 11,1 Millionen Euro an die US-Nationalpolizei.
Die deutschen Behörden hatten dies für den Verbleib der Waffen in den USA genehmigt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts Kiel stand tatsächlich aber bereits fest, dass die Pistolen nach Kolumbien weitergeliefert werden sollten.
Waffenexporte dorthin waren nach deutschem Recht nicht erlaubt.
Die Menschenrechtslage in dem Land wurde damals vom Auswärtigen Amt als ernst eingestuft.
Das Landgericht hatte im April 2019 für die nicht genehmigte Pistolenlieferung Bewährungsstrafen und hohe Geldauflagen gegen drei Manager verhängt, darunter den Geschäftsführer des Standorts Eckernförde.
Dies stand vor dem BGH nicht mehr im Streit.

Waffen für Drogenbanden und Paramilitärs
Zudem hatte das Landgericht die Einziehung der kompletten Verkaufserlöse bei drei Unternehmen der Sig-Sauer-Unternehmensgruppe angeordnet.
Dagegen wehrten sich diese Firmen.
Der BGH wies ihre Klagen nun jedoch weitgehend ab.
Das Landgericht habe die Einziehung zu Recht bejaht und auch den Betrag zutreffend bestimmt.

Allerdings soll das Landgericht Kiel die Beteiligung der Konzernmutter Sig Sauer GmbH & Co. KG in Eckernförde noch näher aufklären.
Nach den bisherigen Feststellungen sei unklar, ob diese das Geschäft gezielt an andere Unternehmen der Gruppe ausgegliedert habe, um den Verkauf nach Kolumbien zu verschleiern, und ob sie trotzdem an dem Geschäft verdient habe.
Letztlich geht es dabei aber nur darum, wie die drei Unternehmen der Sig-Sauer-Gruppe sich die 11,1 Millionen Euro aufteilen.

Nach Angaben der Menschenrechts- und Kinderhilfsorganisation terre des hommes in Osnabrück werden Sig-Sauer-Waffen in Kolumbien von Drogenbanden, Paramilitärs und Guerillagruppen bei Verbrechen eingesetzt.
Zudem würden sie bei Menschenrechtsverletzungen durch Polizei und Militär verwendet.


 
Wichtiges Urteil zu Strafzinsen gefallen !

Strafzinsen von Sparkasse Vogtland sind zulässig.

Es ist ein wichtiges Urteil – und eine Schlappe für die Verbraucherzentrale Sachsen: Strafzinsen auf Girokonten für Neukunden sind zulässig.
Das Urteil dürfte eine Signalwirkung haben.

Von der Sparkasse Vogtland erhobene Negativzinsen auf Girokonten für Neukunden und das Kontomodell wechselnde Bestandskunden sind zulässig.
Das entschied das Landgericht in einem am Donnerstag verkündeten Urteil.

Es wies damit eine Klage der Verbraucherzentrale Sachsen gegen ein von der Sparkasse eingeführtes sogenanntes Verwahrentgelt weitestgehend ab.
Einzig für ein Kontomodell für Schüler und Studenten, das mit kompletter Gebührenfreiheit beworben werde, dürfe kein Verwahrentgelt erhoben werden.

Grundsätzlich kann die Sparkasse dem Gericht zufolge für die Verwahrung von Geldern in Neuverträgen als Sonderleistung ein Entgelt verlangen.
Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass den Banken durch die Zahlung von Einlagegeldern bei der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Verwahrung von Geldern auf den Girokonten "erhebliche finanzielle Belastungen entstehen".

Verbraucherschützer wollen Berufung einlegen
Die Verbraucherzentrale Sachsen zeigte sich enttäuscht über den Ausgang des Verfahrens.
Sie kündigte Berufung gegen das Urteil am Oberlandesgericht in Dresden an.

Hintergrund des Verfahrens sind frühere Pläne der Sparkasse Vogtland, ab dem 1. Februar 2020 auf alle neuen Privatgirokonten ab einer Einlage von 5.000 Euro ein Verwahrentgelt von 0,7 Prozent zu erheben.
Aus Sicht der Verbraucherschützer verstößt die Erhebung von Negativzinsen gegen rechtliche Regelungen und ist deshalb unzulässig.

Banken und Sparkassen rechtfertigen Verwahrentgelte mit der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank.
Immer mehr Banken in Deutschland verlangen von ihren Kundinnen und Kunden inzwischen Strafzinsen.


 
EuGH: Arbeitgeber kann Kopftuch bei Mitarbeitern verbieten !

Darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeiterinnen verbieten, ein Kopftuch zu tragen?
Ja, sagt der Europäische Gerichtshof in einem Urteil.
Dies gehöre zur unternehmerischen Freiheit.

Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Arbeitgebern gestärkt, die muslimischen Mitarbeiterinnen das Tragen von Kopftüchern verbieten.
Das Verbot des Tragens jeder sichtbaren Ausdrucksform politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen könne durch das Bedürfnis des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, gegenüber den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden, urteilte der EuGH am Donnerstag.

Hintergrund des Urteils waren zwei Fälle aus Deutschland.
Zum einen war eine muslimische Mitarbeiterin einer überkonfessionellen Kindertagesstätte mehrfach abgemahnt worden, weil sie mit Kopftuch zur Arbeit gekommen war.
Vor dem Arbeitsgericht Hamburg wurde daraufhin verhandelt, ob die Einträge aus der Personalakte gelöscht werden müssen.
Das Gericht bat den EuGH daraufhin um die Auslegung von EU-Recht.

Religionsfreiheit versus unternehmerische Freiheit
Ähnlich ging das Bundesarbeitsgericht 2019 mit dem Fall einer Muslimin aus dem Raum Nürnberg vor, die gegen ein Kopftuchverbot bei der Drogeriemarktkette Müller geklagt hatte.
Während sich die Angestellte in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt sah, verwies die Drogeriekette auf unternehmerische Freiheit.

Bereits 2017 hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall entschieden, dass ein allgemeines internes Verbot von politischen oder religiösen Symbolen am Arbeitsplatz keine unmittelbare Diskriminierung darstellt.
Der Wunsch von Arbeitgebern, ihren Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln, sei legitim und gehöre zur unternehmerischen Freiheit, so die Richter.

Das abschließende Urteil im konkreten Fall der Kita-Mitarbeiterin und der Angestellten des Drogeriemarktes müssen nun die zuständigen deutschen Gerichte treffen.
Der EuGH betonte am Donnerstag, dass diese durchaus Entscheidungsspielraum haben.
Demnach könnten die nationalen Gerichte im Rahmen des Ausgleichs der in Rede stehenden Rechte und Interessen dem Kontext ihres jeweiligen Mitgliedstaats Rechnung tragen.
Insbesondere sei dies der Fall, wenn es in Bezug auf den Schutz der Religionsfreiheit günstigere nationale Vorschriften gebe.


 
Keine größeren Lieferungen: Streit um russisches Gas - Deutschland verliert vor EuGH !

Wie viel Gas darf Russland durch die Ostsee nach Deutschland liefern?
Mit dieser Frage hat sich der EuGH beschäftigt – und ein Urteil gefällt.
Das kann auch Folgen für Nord Stream 2 haben.

Im Streit über eine Ausweitung russischer Erdgaslieferungen hat Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Niederlage hinnehmen müssen.
In einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil wies der EuGH Rechtsmittel Deutschlands gegen einen Beschluss des EU-Gerichts zurück.
Konkret geht es um größere Liefermengen durch die Pipeline Opal, eine Verlängerung der seit 2011 betriebenen ersten Nord-Stream-Pipeline in der Ostsee, über die russisches Gas nach Europa transportiert wird.

Polen hatte gegen die größeren Liefermengen vor dem Gericht der Europäischen Union geklagt, weil sie die Versorgungssicherheit des Landes gefährdeten und gegen den Grundsatz der Energiesolidarität verstießen.
Das Gericht gab der Klage statt, woraufhin Deutschland Rechtsmittel beim EuGH einlegte, die nun zurückgewiesen wurden.

Beschluss von 2016 erlaubte deutliche Erhöhung der Lieferungen
Im September 2019 hatte Polen in erster Instanz einen Beschluss der EU-Kommission stoppen lassen, der dem russischen Gazprom-Konzern die stärkere Nutzung der Opal-Pipeline erlaubte.
Gazprom hatte ursprünglich nur die halbe Leitungskapazität nutzen dürfen, um andere Lieferanten nicht zu benachteiligen.
Mit einem Beschluss von 2016 erlaubte die EU-Kommission Gazprom dann auf Antrag der Bundesnetzagentur eine deutliche Erhöhung der Lieferungen.
Dass diese Entscheidung vom EU-G zurecht für nichtig erklärt wurde, bestätigte nun der EuGH.

In einem zuvor veröffentlichten Gutachten des Gerichtshofs hieß es, Deutschland "macht im Wesentlichen geltend, dass die Energiesolidarität lediglich ein politischer Begriff und kein rechtliches Kriterium sei".
Entsprechend könnten daraus keine unmittelbaren Rechte und Pflichten abgeleitet werden.
Dem widerspricht nun das oberste Gericht der EU.
Da der Grundsatz der Solidarität allen Zielen der Energiepolitik der Union zugrunde liege, sei die Annahme unzulässig, dass dieser keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge.
Der Grundsatz beinhalte Rechte und Pflichten für die EU-Länder.

Auswirkungen auf Nord Stream 2?
Das Urteil kann nach Einschätzung des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona auch Auswirkungen auf die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 haben.
In seinem Gutachten schreibt er, dass es für Gazprom und verbündete Unternehmen schwieriger werden könne, "in den Genuss einer vorübergehenden Ausnahme von der Anwendung der Unionsbestimmungen auf die Gasfernleitung Nord Stream 2 zu kommen".


Diese Unionsbestimmungen schreiben einen freien und fairen Wettbewerb der Gasflüsse vor.
Hoffnungen Gazproms auf Vorteile auf dem Energiemarkt nach der Fertigstellung von Nord Stream 2 dürften entsprechend einen Dämpfer bekommen.
Der Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 wird von Teilen Europas und der USA kritisiert.
Die Rohr-Verlegearbeiten stehen schon länger kurz vor dem Abschluss.
Es gab jedoch immer wieder Widerstand aus anderen Ländern.

Nach Ansicht des stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag, Oliver Krischer, ist das Urteil in seiner Tragweite nicht zu unterschätzen.
"Es ist ein wesentlicher Baustein, dass der Gastransit durch die Ukraine langfristiger gebraucht wird", teilte er mit.

Mit Nord Stream 2 soll russisches Gas unter Umgehung der Ukraine nach Deutschland gebracht werden.
Die USA und einige osteuropäische Nato-Partner befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen.


 
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