NEWS aus Politik und Soziales - In und Ausland !

Zwischen Biden und Erdogan bahnt sich Streit an !

Kommt eine Krise zwischen USA und der Türkei?
In einem Telefonat mit seinem Amtskollegen machte US-Präsident Biden nach Berichten klar, wie er in der Frage des Völkermordes an Armeniern steht.

US-Präsident Joe Biden hat Insidern zufolge während eines Telefonats mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan angekündigt, die Massenmorde an Armeniern vor mehr als 100 Jahren als Völkermord einzustufen.
Dies habe Biden bei einem Gespräch am Freitag erklärt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von mehreren Insidern.

Das US-Präsidialamt hatte zuvor mitgeteilt, die Männer hätten bei ihrem Telefonat als Staatschefs ein Treffen beim Nato-Gipfel im Juni vereinbart.
In einer Erklärung der Regierung in Ankara hieß es wiederum, die Nato-Partner hätten eine Verbesserung ihrer Beziehungen vereinbart.

Auch Bundestag verurteilte Mord an Armeniern
Der US-Senat und das Repräsentantenhaus haben bereits entsprechende Resolutionen verabschiedet.
Der Bundestag hatte 2016 befunden, dass die Ermordung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern 1915 während des Ersten Weltkriegs als Völkermord zu bezeichnen sei.
Erdogan hatte damals erklärt, die deutsch-türkischen Beziehungen seien ernsthaft beschädigt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief 2019 offiziell den 24. April zum Gedenktag aus.
Die aus dem Osmanischen Reich hervorgegangene Türkei erkennt zwar an, dass zahlreiche Armenier während des Ersten Weltkrieges getötet wurden.
Dass es sich dabei um einen systematischen Völkermord handelte, für den die Regierung des Reiches verantwortlich gewesen sei, weist sie zurück.


 
Erdoğan verliert die Kontrolle !

Die Corona-Neuinfektionen in der Türkei explodieren und die Wirtschaftskrise führt zu immer mehr Armut in der Bevölkerung.
Präsident Erdoğan macht Fehler, seine Beliebtheit sinkt.

In Istanbul bilden sich an den Wochentagen lange Schlangen vor den Bäckereien.
Dort verteilt die Stadt Brot für die Hälfte des Supermarktpreises.
Immer mehr Menschen sind auf diese Hilfe angewiesen, weil sie es sich sonst nicht mehr leisten können.

Schuld sind zwei fundamentale Krisen, die die Türkei fest im Griff halten.
Der Lira-Zerfall setzt sich fort, die Inflation lag im März bei über 16 Prozent.
Zusammen mit der Corona-Pandemie führt das zu immer mehr Arbeitslosigkeit und Armut im Land.
Auch die Corona-Situation spitzt sich dramatisch zu: die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei über 500 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.

Recep Tayyip Erdoğan hat durch eigene Fehler beide Krisen in den letzten Monaten verschärft.
Der türkische Präsident versucht Kontrolle über die Pandemie zurückzugewinnen, doch fest steht: Momentan hat er sie verloren.

Infektionszahlen steigen explosionsartig
Aktuell erlebt die türkische Bevölkerung den zweiten Fastenmonat Ramadan im Lockdown.
Die aktuelle Katastrophe begann Anfang März: Damals lockerte die Regierung die Maßnahmen, Geschäfte und Restaurants durften öffnen.
Doch das war im Zuge der Ausbreitung der Mutationen ein Fehler.

Besonders zeigen sich die Folgen in Großstädten wie Istanbul.
Die Menschen drängen sich zwar mit Masken dicht auf den Straßen, aber Sicherheitsabstand ist kaum möglich.
Die Folge: Allein in Istanbul liegt die Sieben-Tage-Inzidenz nun bei über 800, die Intensivstationen sind überfüllt.

Auch für das ganze Land musste die Regierung zuletzt immer neue Negativrekorde vermelden.
Mitte der letzten Woche lag die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen bei mehr als 60.000 Fällen an einem Tag.
Danach gab es täglich mehr als 55.000 neue Erkrankungen.
Zudem wurden in dem Land mit rund 84 Millionen Einwohnern am Sonntag 318 Todesfälle an einem Tag im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet.
Zum Vergleich: in Deutschland waren es 81.

"Sehe kein Licht am Ende des Tunnels"
Deshalb schlägt der Gesundheitssektor Alarm.
In Istanbul und der Hauptstadt Ankara haben zum Beispiel Ärzte und andere Vertreter von Gesundheitsberufen gegen die Pandemiepolitik protestiert.
Dabei kam es am Donnerstag im Istanbuler Stadtteil Fatih auch zu Gerangel mit der Polizei, wie auf Videoaufnahmen zu sehen war.
Die Demonstranten hielten Transparente hoch mit der Aufschrift: "Stoppt die Tode".
Sie fordern unter anderem einen harten Lockdown.
Der Chef der Istanbuler Apothekerkammer, Zafer Cenap Sarıalioğlu, sagte, er sehe kein Licht am Ende des Tunnels.
Es stünden schwere Zeiten bevor.

Nach den Lockerungen im März hatte Erdoğan die Beschränkungen zuletzt wieder verschärft.
So beginnt die abendliche Ausgangssperre zwei Stunden früher, also schon um 19 Uhr.
Sie geht an Wochentagen bis 5 Uhr morgens.
An Wochenenden galt schon zuvor eine Ausgangssperre.
Restaurants und Cafés müssen mindestens bis zum Mai wieder schließen und dürfen nur Lieferservice anbieten.
Abendgebete und Hochzeiten sind verboten, das Reisen in andere Städte ebenfalls.

Drastische Ausgangssperren, nur nicht für Touristen
Erdoğans vorschneller Lockerungskurs im März wird von Teilen der Wissenschaft scharf kritisiert.
"Die Corona-Maßnahmen haben im November und Dezember gut funktioniert, doch die mutierten Viren haben die Karten neu gemischt", erklärte der Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten an der Universität Ankara, Ismail Balik, der "Deutschen Welle".
Die Regierung wirke auf ihn aber nun sehr entschlossen.
"Die Mutante macht es nötig, dass nicht nur Schließungen am Wochenende erfolgen, sondern (an Ramadan) alle Aktivitäten wie Nachbarschaftsbesuche und Massenversammlungen verhindert und streng kontrolliert werden."

In Istanbul setzen auf den Straßen zahlreiche Sicherheitskräfte die Ausgangssperren durch, bei Vergehen werden bis zu 500 Euro fällig.
Sie kontrollieren auch Touristen, obwohl für sie die Maßnahme nicht gilt.
Ausländer mit Aufenthaltstiteln haben hingegen noch härtere Strafen zu befürchten.
Innenminister Süleyman Soylu kündigte an, dass sie ihre Aufenthaltserlaubnis verlieren könnten.

Der Tourismus gehört zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen im Land, die Regierung möchte auch im Jahr 2021 möglichst viele Menschen in das Land locken.
Aber vorerst gilt die Türkei international als Hochrisikogebiet.
Die Regierung befürchtet allein wegen Reiseeinschränkungen in Russland das Fernbleiben von rund 500.000 Touristen, wie Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy dem Sender NTV sagte.
Russland hat Flüge in die Türkei und von dort aus vom 15. April bis 1. Juni massiv eingeschränkt.

Die Türkei musste bereits 2020 ein Umsatzminus von rund zwei Dritteln im Tourismussektor wegstecken.
Erdoğans Fehler, die Corona-Maßnahmen zu früh zu lockern, hat besonders schwere Folgen für diesen Wirtschaftszweig.

Lira im freien Fall
Die Pandemie verschärft demnach auch die Wirtschaftskrise im Land.
Im Kampf gegen den Währungsverfall bleibt Erdoğan bei seiner Wirtschaftspolitik des radikalen Wachstums und übt Druck auf die Zentralbank aus.
Ein Kurs, mit dem er die Wirtschaft seines Landes zunehmend vor die Wand fährt.

Die Probleme sind weiterhin ernst: Die Rate der Firmenpleiten stieg zuletzt um 43 Prozent an, offiziellen Angaben zufolge liegt die Arbeitslosenquote bei über 13 Prozent.
Weitere Warnzeichen: Laut einer Umfrage der Gewerkschaft Disk sind sieben von zehn Menschen in der Türkei verschuldet, 40 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze.

Alkohol ist für viele Menschen unbezahlbar geworden, die Preise für Lebensmittel haben sich stark erhöht.
"Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll", sagten Menschen in Istanbul der "Zeit".
Und weiter: "Ich gebe 200 Lira im Supermarkt aus, aber die Tüten sind leer."
Im Jahr 2013 waren 200 Lira noch 80 Euro wert, nun sind es nur noch knapp 20.

"So Gott will, werden wir den Zinssatz senken"
Die Finanzpolitik Erdoğans hat sein Land in diese Lage gebracht.
Er forderte vehement eine Niedrigzinspolitik, dadurch stieg die Inflation.
Den rasanten Aufschwung der Türkei finanzierte die Regierung in großen Teilen auf Pump, die teuren Kredite in Fremdwährungen rächen sich nun.

Aber der Präsident gibt sich uneinsichtig.
"So Gott will, werden wir den Zinssatz auf einstellige Werte senken und diese Zahl dann weiter reduzieren.
Wir sind entschlossen", sagte er in einer Rede vor Abgeordneten seiner regierenden AK-Partei.
Die Devise: Wachstum um jeden Preis.
Aber aufgrund der steigenden Inflation geht diese Politik an der Lebenswirklichkeit vieler Türkinnen und Türken vorbei.

Die Notenbank hat die Zinsen trotz hoher Inflation nicht verändert.
Der Leitzins bleibe unverändert bei 19,0 Prozent, teilte die Notenbank am Donnerstag mit.
Eigentlich war eine Zinssenkung erwartet worden, weil Erdoğan zuletzt für einen Wechsel an der Spitze der Notenbank gesorgt hatte – zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate.
Der Vorgänger des derzeit amtierenden Notenbankchefs Şahap Kavcıoğlu hatte in den vergangenen Monaten mehrfach mit Zinserhöhungen versucht, den starken Preisanstieg in der Türkei in den Griff zu bekommen.

Eigentlich sollte die Zentralbank unabhängig sein, doch Erdoğan drängte in den vergangenen Monaten immer wieder auf niedrige Zinsen und bezeichnete den Leitzins als "Mutter allen Übels".
Die Logik dahinter ist fraglich: Durch einen niedrigen Leitzins möchte die Regierung das Wachstum anheizen, indem er Kredite billiger macht.
Die Türkei hat aber einen deutlichen Importüberschuss.
Ausländische Produkte werden durch den Lira-Verfall immer teurer und mittlerweile fast unbezahlbar.
Die Strategie der türkischen Regierung geht demnach nicht auf.

Erdoğans Beliebtheit sinkt
Das wird auch zum Problem für Erdoğan persönlich.
Seine Macht und seine Beliebtheit in der Bevölkerung stehen auf zwei wichtigen Säulen: Religion und Wirtschaft.
Diese Strategie ging lange Zeit auf, die türkische Wirtschaft wuchs im letzten Jahrzehnt massiv, das brachte den Menschen auch deutlich mehr Wohlstand – und Erdoğan Dankbarkeit.

Weil viele Türken ihre Wahlentscheidung vor allem von wirtschaftlichen Gründen abhängig machen, kehrt sich der Effekt nun um.
Die steigende Armut im Land schadet auch der regierenden AKP.
In der Türkei sind Meinungsumfragen zwar immer etwas verfärbt, da die Institute oft politischen Parteien nahestehen.
Aber im Durchschnitt dieser liegt seine AKP nur noch bei knapp über 40 Prozent, die jetzige Regierung mit der rechtsextremen MHP hat momentan nur eine hauchdünne Mehrheit.

Auch die persönlichen Beliebtheitswerte des Präsidenten fallen im Vergleich zu Istanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu oder Ankaras Bürgermeister Mansur Yavaş (beide CHP).
Die meisten Meinungsforschungsinstitute sehen die CHP-Bürgermeister im direkten Vergleich aktuell in Führung, lediglich zwei Institute sehen einen knappen Vorsprung Erdoğans.

Erdoğans Störfeuer helfen nicht
In der krisengebeutelten Türkei kämpft der Präsident nun also um seine Macht.
Erdoğan schürt und benutzt dafür wieder einmal Konflikte, die von den innenpolitischen Problemen ablenken sollen.

So gab es zuletzt das Drama um den Sofaplatz für die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen – das "Sofa-Gate" – oder das Wortgefecht zwischen dem griechischen und dem türkischen Außenminister vor den Augen der Öffentlichkeit.

Innenpolitisch hat der Präsident ein Verbotsverfahren der pro-kurdischen HDP in Gang gesetzt, es gibt in der Türkei momentan wieder zahlreiche Prozesse gegen ehemalige Gezi-Aktivisten oder gegen mutmaßliche Putschisten und Gülen-Anhänger.
Das scheint momentan aber nicht zu reichen.

In der Türkei hat sich in den letzten Jahren etwas verändert.
Einerseits tritt die Opposition – besonders die kemalistische CHP – selbstbewusster auf.
Sie legt öfters die Finger in die Wunden der AKP und greift Erdoğans Familie vermehrt mit dem Vorwurf der Korruption an.
So wurden in Istanbul in der Nacht zum Mittwoch mehrere teilweise hausgroße Plakate mit der Aufschrift "Wo sind die 128 Milliarden?" abgehängt.

Hintergrund der Aktion ist eine Kampagne der kemalistischen CHP.
Die größte Oppositionspartei wirft der Regierung vor, dass in der Amtszeit des damaligen Finanzministers Berat Albayrak 128 Milliarden Dollar Devisenreserven der Zentralbank verschwunden seien.
Der Präsident hatte den Vorwurf zurückgewiesen.
"Nichts ist verloren", sagte er im März und bezeichnete die Kampagne als einen Angriff auf seine Familie.
Albayrak ist sein Schwiegersohn.

Der Grund für das Selbstbewusstsein der Opposition liegt in der aktuellen Schwäche Erdoğans.
Nicht nur die Türkei ist in der Zange der Doppelkrise, sondern besonders die Regierung.
Durch eigene Fehler hat sie dafür gesorgt, dass diese Krisen länger anhalten – und die Machtbasis des Präsidenten schwächen.
Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass die Ablenkungsmanöver und die Konflikte mit dem Ausland nicht mehr so in der Bevölkerung verfangen wie einst.
Dafür ist das Leid der Bevölkerung zu groß geworden.


 
Deutsche werden zur Minderheit im eigenen Land - Mariana Harder-Kühnel - AfD-Fraktion im Bundestag !



Quelle: Offizieller Kanal der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag.
 
BUNDES-NOTBREMSE: "Die Maßnahmen sind hart" - Kanzlerin Angela Merkel im Podcast !

In Deutschland sind am Samstag die Regelungen für eine bundesweite Corona-Notbremse in Kraft getreten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die Maßnahmen angesichts "wahrer Hilferufe" von Ärzten und Pflegepersonal als dringend notwendig.
Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), warnte unterdessen, dass "ein ständiges Hin und Her zwischen Öffnen und Schließen" zusätzlichen Stress für die Bürgerinnen und Bürger bedeuten könne.



Quelle: Welt Nachrichtensender
 
Grüne überholen Union in Umfrage: Laschet teilt gegen Söder und Baerbock aus !

Die K-Frage der Union ist entschieden.
Doch der Unterlegene, CSU-Chef Söder, stichelt weiter.
Der CDU-Vorsitzende Laschet weist dessen Vorwürfe nun zurück - und keilt gegen die Grünen.
Doch die überholen in einer weiteren Umfrage CDU und CSU.

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat den Vorwurf von CSU-Chef Markus Söder zurückgewiesen, dass er einen zu altmodischen Politikansatz habe.
"In den letzten Jahren hatte ich eher den Eindruck, dass mancher in der CSU mich für meine Ideen zur Modernisierung unserer Gesellschaft und unseres Landes kritisiert", sagte der CDU-Chef der "Süddeutschen Zeitung".
Ein urbanes und gesellschaftlich vielfältiges Land wie Nordrhein-Westfalen "gewinnt man nur mit einer fortschrittlichen Agenda und einem modernen Führungsstil", fügte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident hinzu.
"Das gilt auch für Deutschland."

Söder hatte gesagt, er selbst stehe für Modernisierung, der Unions-Kanzlerkandidat dagegen für einen alten Politikansatz.
Laschet erklärte hingegen: "Mit dem von mir vorgeschlagenen Modernisierungsjahrzehnt übersetze ich unsere Werte und Grundsätze in die moderne Zeit.
So war die Union immer erfolgreich."

Laut einer aktuellen Umfrage verliert die Union allerdings an Zuspruch, sie würde demnach nicht einmal die stärkste Fraktion stellen.
Im "Sonntagstrend" des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der "Bild am Sonntag" kommen die Grünen auf 28 Prozent, die Union nur noch auf 27 Prozent.
Bei der Wahl 2017 hatten die Schwesterparteien zusammen 32,9 Prozent erzielt.

Bereits im jüngsten RTL/ntv-Trendbarometer am Dienstag hatten die Grünen die Union überholt.
Sie lagen laut den Daten von Forsa mit 28 Prozent sogar sieben Punkte vor CDU und CSU.

In der Kantar-Befragung hat die Union im Vergleich zur Vorwoche zwei Prozentpunkte verloren.
Die Grünen, deren Bundesvorstand am Montag Parteichefin Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin nominiert hat, legten dagegen um sechs Prozentpunkte zu.
Die SPD verlor zwei Punkte und rutschte auf 13 Prozent.
Auch bei einer Kanzler-Direktwahl hätte Baerbock gute Karten, wie eine Insa-Befragung für die "Bild am Sonntag" ergab.
Demnach würden 30 Prozent Baerbock direkt wählen, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz käme auf 20 Prozent und Laschet auf 18 Prozent.

Kritik an Laschet
In dem Interview attackierte Laschet die Grünen und warf ihnen Inhaltslosigkeit vor.
Die Partei habe "inhaltlich wenig zu bieten", sagte er.
"Ihr Programm ist nicht gut", das werde die Union in der Wahlkampagne herausstellen.
Über die Spitzenkandidatin Baerbock sagte er: "Sie redet, ich handle."
Die Grünen hätten 16 Jahre lang nichts beweisen müssen.

Laschet kündigte an, die Wirtschaftspolitik in den Mittelpunkt der Entscheidung zu rücken.
Es gehe um Entschlackung der Bürokratie, einen serviceorientierten Staat und Digitalisierung.
"Wir brauchen eine neue Gründerzeit", betonte der CDU-Chef, "das können die Grünen nicht".
Er lobte zugleich die FDP, mit der der nordrhein-westfälische Ministerpräsident in seinem Bundesland regiert: "Die FDP ist ein guter Partner, mit dem man das Land voranbringen kann."

Der CDU-Chef wies zudem den Vorwurf einer mangelnden Bedeutung von Umwelt- und Klimaschutz in seinem Denken zurück, verwies aber auch auf die Auswirkung auf Arbeitsplätze.
"Unser Kohleausstieg ist nicht Deko. ... Wir haben zuerst den Steinkohle- und jetzt den Braunkohleausstieg angepackt.
Wir können Strukturwandel.
Der Umbau der Chemieindustrie, der Stahlindustrie, der Automobilindustrie - das ist eine Jahrhundertaufgabe."
Die Industrie dürfe nicht abwandern, damit sei dem Weltklima nicht gedient", sagte er.
Anders gesagt: Jede Tonne grüner Stahl, die in Duisburg statt in China oder Indien produziert wird, ist ein Beitrag zum Klimaschutz", so der CDU-Chef.


 
Skurriler Streit: Erdogan verbietet Türken, nach einer bestimmten Zahl zu fragen !

Ankara - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine oppositionelle Kampagne zum Verbleib von Devisenreserven der Zentralbank des Landes scharf kritisiert.

Die Kampagne sei „von Anfang bis Ende gelogen und falsch“, sagte Erdogan bei einer Fraktionssitzung im Parlament in Ankara.
Der Opposition warf er fehlendes Wirtschaftsverständnis und bewusste Täuschung vor.

Ex-Finanzminister mit Tochter von Erdogan verheiratet
Die größte Oppositionspartei CHP wirft der Regierung vor, dass in der Amtszeit ihres damaligen Finanzministers Berat Albayrak, der mit Erdogan-Tochter Esra verheiratet ist, 128 Milliarden Dollar Devisenreserven der Zentralbank verschwunden sind.

Die Kampagne findet unter anderem in sozialen Medien unter dem Hashtag #128milyardolarnerede (Wo sind die 128 Milliarden Dollar) seit mehreren Wochen große Resonanz.

Erdogan liefert Erklärung für 128 Milliarden Dollar
Das Geld sei „weder verpufft, noch auf unfaire und ungerechte Weise in jemandes Tasche gelandet“, sondern sei etwa zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und zur Deckung der Nachfrage nach Devisen ausgegeben worden.

„Dieses Geld und noch viel mehr, ist zwischen Wirtschaftsakteuren und unseren Bürgern zirkuliert, hat also den Platz gewechselt, doch das meiste davon ist am Ende als Wert unseres Landes im Inland geblieben“, sagte Erdogan.

Protest-Plakate mit der Zahl werden nicht nur immer wieder abgehängt, sondern sind mittlerweile auch verboten, wie etwa die „FAZ“ berichtet.


Das hindert die Regierungs-Kritiker allerdings nicht danach, dennoch nachzufragen – nun eben mit der Frage, wo „die Hälfte der 256 Milliarden Dollar geblieben“ sind.
Auch diese Plakate werden allerdings abgerissen.


 
Völkermord an den Armeniern: Erdogan - Biden machte "wahrheitswidrige" Aussagen !

Am Samstag hatte US-Präsident Biden das Massakers an den Armeniern als Völkermord bezeichnet und den Opfern gedacht.
Der türkische Präsident Erdogan kritisiert die Aussage nun – und stellt eine Forderung.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Anerkennung der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord durch US-Präsident Joe Biden verurteilt.
Biden habe über die "schmerzhaften Ereignisse" während des Ersten Weltkriegs vor mehr als einem Jahrhundert "haltlose, ungerechtfertigte und wahrheitswidrige" Aussagen gemacht, sagte Erdogan am Montag in Ankara.
Sie hätten keine rechtliche und historische Grundlage und hätten das türkische Volk betrübt.

Biden solle den "falschen Schritt umgehend rückgängig machen"
Erdogan warf den USA vor, Druck von armenischen und anti-türkischen Interessengruppen nachgegeben zu haben.
Das ändere aber nichts an der "zerstörerischen" Auswirkung der Aussagen auf die türkisch-amerikanischen Beziehungen.
Er hoffe, dass die USA den falschen Schritt umgehend rückgängig machten, sagte Erdogan.

Biden hatte in einer vom Weißen Haus verbreiteten Mitteilung zum Gedenktag der Massaker am Samstag erklärt, "das amerikanische Volk ehrt all jene Armenier, die in dem Völkermord, der heute vor 106 Jahren begann, umgekommen sind."
Das türkische Außenministerium und zahlreiche hochrangige Politiker hatten die Anerkennung des Genozids durch Biden daraufhin scharf verurteilt.
Erdogan selbst hatte sich aber zunächst nicht geäußert.

Während des Ersten Weltkriegs waren Armenier systematisch verfolgt und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden.
Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern.
Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und bedauert die Massaker.
Eine Einstufung als Völkermord weist die Türkei jedoch strikt zurück.


 
Bundeskabinett plant 100-Euro-Zuschuss: Für bedürftige Familien !

Der Bund will einkommensschwache Familien unterstützen.
Ab Herbst könnte ein 100-Euro-Bonus ausgezahlt werden.
Doch die genauen Bedingungen stehen noch nicht fest.

Bedürftige Familien in Deutschland können im Herbst auf einen einmaligen Zuschuss von 100 Euro pro Kind etwa für Sport- oder Freizeitaktivitäten hoffen.
Dieser Bonus sei Teil des geplanten Corona-Aufholprogramms, kündigte SPD-Chefin Saskia Esken am Montag in Berlin an.
Wer Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalte, solle auch diesen Zuschuss bekommen können.

Das Corona-Aufholprogramm soll nach Angaben Eskens an diesem Dienstag im Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden.
Weil es bis zur Umsetzung solcher Programme immer eine gewisse Zeit brauche, sei mit einer Auszahlung im Herbst zu rechnen.
Im Mai soll auch der bereits beschlossene Kinderbonus 2021 in Höhe von 150 Euro pro Kind ausgezahlt werden; er geht an Kinder mit Anspruch auf Kindergeld.

Insgesamt sollen mit dem Aufholpaket Kinder und Jugendliche vor allem aus benachteiligten Familien unterstützt werden, bekräftigte Esken.
Dafür sollen zwei Milliarden Euro vom Bund sowie möglichst weitere Mittel von den Ländern fließen.

Mehr Sozialarbeiter in Schulen
Spätestens im Sommer und dann im neuen Schuljahr solle das Programm wirken.
Mit einer Milliarde Euro soll das Aufholen von Lernrückständen wegen des Ausfalls von Präsenzunterrichts in der Pandemie gefördert werden.
Eine weitere Milliarde Euro solle der Förderung von Entwicklungs- und Teilhabe-Chancen dienen.

Neben dem Freizeitbonus sollen hierbei unter anderem die frühkindliche Entwicklung etwa in Sprachkitas und die außerschulische Bildung gefördert werden.
Zudem sollen Schulsozialarbeiter, Hochschulabsolventen und Freiwillige im sozialen Jahr für zusätzliche Unterstützung in Schulen und Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtungen gewonnen werden.

Hinsichtlich der erwünschten Mitfinanzierung durch die Länder verwies Esken darauf, dass Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) für entsprechende Absprachen zuständig sei.

Karliczek hatte bereits dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt: "Ich sehe die Länder in der Verantwortung, die vom Bund angebotene eine Milliarde Euro für das Nachhilfeprogramm substanziell aufzustocken."


 
AfD-Landtagsabgeordneter zusammengeschlagen !

Am Sonntag sind der AfD-Landtagsabgeordnete Ulrich Siegmund sowie zwei seiner Wahlhelfer mit Faustschlägen attackiert worden.
Das Motiv der beiden Angreifer ist noch nicht abschließend geklärt.

Der AfD-Landtagsabgeordnete Ulrich Siegmund und zwei seiner Wahlhelfer sind am Sonntag von zwei Männern angegriffen worden.
Siegmund habe dabei Prellungen durch Faustschläge davongetragen, teilte die Polizei am Montag mit.
Die mutmaßlichen Täter im Alter von 22 und 26 Jahren hatten die drei Männer nach Angaben Siegmunds aus einem Hinterhalt angegriffen.

Der Politiker sprach von zwei mutmaßlich linken Gewalttätern.
Die Polizei konnte den politischen Hintergrund des Angriffs zunächst nicht bestätigen.
Die beiden Männer seien nach Angaben der Beamten polizeilich bekannt.


 
EU verklagt Astrazeneca wegen ausbleibender Impfstofflieferungen !

Die EU-Kommission hat bei einem belgischen Gericht und im Namen aller 27 EU-Mitgliedsstaaten Klage gegen den britisch-schwedischen Impfstoff-Hersteller Astrazeneca eingereicht.
Grund ist, dass das Unternehmen viel weniger Corona-Impfstoff geliefert hat als zugesagt.

So sollten im ersten Quartal dieses Jahres 120 Millionen Impfdosen geliefert werden, tatsächlich waren es nur 30 Millionen und damit nur ein Viertel.
Im zweiten Vierteljahr will das Unternehmen statt vereinbarter 180 nur 70 Millionen Dosen für die EU bereitstellen.

Die Kommission steht auf dem Standpunkt, dass Astrazeneca gegen einen Rahmenvertrag vom August 2020 verstößt.
Bestellt wurden insgesamt 300 Millionen Dosen, die Option für weitere 100 Millionen zog die EU nicht.

Mit der Klage wolle man zunächst die eigenen Forderungen gerichtlich feststellen lassen, hieß es aus der EU-Kommission.
Denn der Vertrag enthält zwei zwischen den Partnern umstrittene Klauseln: Zum einen heißt es, das Unternehmen müsse „best reasonable efforts“ zur Erfüllung der Zusagen unternehmen, auf deutsch in etwa „alle vernünftigen Anstrengungen“.
Astrazeneca argumentiert, man habe sich daran gehalten, die EU-Kommission sieht das anders.

Der zweite Knackpunkt: Astrazeneca sichert im Vertrag zu, dass keine anderen Verpflichtungen gegenüber Dritten der Erfüllung entgegenstehen.
Die EU-Kommission wirft dem Unternehmen jedoch vor, einen Vertrag mit Großbritannien bevorzugt bedient zu haben.
Großbritannien war von Astrazeneca-Lieferproblemen kaum betroffen.

Das Verhältnis zwischen der EU-Kommission und Astrazeneca ist schon lange angespannt.
Unter anderem, weil Großbritannien von den Lieferproblemen kaum betroffen war.
Die EU hatte deshalb einen Export-Kontrollmechanismus eingeführt: Eine Lieferung über 250 000 Astrazeneca-Dosen aus Italien nach Australien wurde blockiert.

Wegen möglicher Nebenwirkungen wird Astrazeneca in Deutschland nur noch für Menschen über 59 Jahren eingesetzt.
Aus der EU hatte es kürzlich auch geheißen, man werde mit dem Unternehmen, das durch etliche Merkwürdigkeiten bei seinen Mitteilungen an Zulassungsbehörden in Europa und den USA aufgefallen war, keine weiteren Verträge mehr abschließen.


 
Einschätzung des Altkanzlers: Schröder spricht über Söders Fehler und warnt vor den Grünen !

Die Union stellt Armin Laschet statt Markus Söder als Kanzlerkandidaten auf, die Grünen wählen Annalena Baerbock.
Doch wenn es nach SPD-Altkanzler Gerhard Schröder geht, ist der heimliche Gewinner ein anderer.

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hält Armin Laschet für den richtigen Kanzlerkandidaten für die Union.
In der aktuellen Folge seines Podcasts
"Die Agenda", sagt er: "Ich denke, dass es für die Partei eine richtige Entscheidung war."
Laschet regiere erfolgreich Nordrhein-Westfalen, habe das Land von der SPD erobert und sei verglichen mit einem bayerischen Kandidaten wie Markus Söder auch bundesweit "ein sicherer Kandidat".
Schröder attestiert Laschet, dieser habe den internen Machtkampf in der Union "relativ souverän gehandhabt".

Deutliche Kritik übt er hingegen am Vorgehen von CSU-Chef Markus Söder: "Söder, dem immer unterstellt worden ist, dass er eine besondere Führungsfigur sei, hat sich ja sehr, sehr zurückhaltend am Anfang verhalten.
Er hat nicht den Mut gehabt zu sagen: Ich will's jetzt werden.
Vielleicht war das sein Fehler, dass er so lange gewartet hat."

Schröder: Machtkampf in der Union hilft Scholz
Als heimlichen Gewinner des Machtkampfs in der Union sieht Schröder jedoch seinen Parteikollegen Olaf Scholz.
Der Altkanzler glaubt: "Diese Auseinandersetzungen helfen einerseits den Grünen – das wird aber nicht mehr als ein Sommertheater werden.
Andererseits helfen sie jemandem, der ganz solide Regierungserfahrung und internationale Erfahrung vorweisen kann: Olaf Scholz.
Er wird das mit einem gewissen stillen Vergnügen betrachten, wie CDU und CSU sich gegenwärtig selbst zerlegen."

An der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, äußert Schröder erhebliche Zweifel.
"Sie hat keine Regierungserfahrungen, weiß nicht, wie man mit Großorganisationen umgehen muss, hat keine internationale Erfahrung, wenn ich mal davon absehe, dass sie das Büro einer Grünen-Europaabgeordneten geleitet hat – was auch immer da zu leiten ist."
Sein Fazit: Ohne diese Erfahrungen könne es gründlich schiefgehen.

Darüber hinaus sieht Schröder aber auch das Wahlprogramm der Grünen kritisch, vor allem im Hinblick auf die Wirtschaft: "Ich glaube, dass man thematisieren muss im Wahlkampf, dass die Grünen mit ihrem Programm und ihren Leuten nicht in der Lage sind, eine Industrienation wie Deutschland zu führen."

Aussagen wie "Klimaschutz ohne Wenn und Aber" müssten konkreter erklärt werden, vor allem die Frage, wer nach der Corona-Pandemie die Kosten dafür trage.
Auch sei angesichts der moralisierenden Ansätze in der Außenpolitik gegenüber China, Russland, der Türkei und Saudi-Arabien völlig unklar, mit wem Deutschland künftig noch Handel betreiben dürfe.

Schröders Urteil: Die Grünen hätten "völlig falsche Vorstellungen" davon, wie eine derart exportorientierte Industrienation wie Deutschland zu führen sei.


 
Corona-Krise zerstört Tourismus: Im Wettlauf gegen die Zeit bleibt Erdoğans Türkei nur ein Mittel !

Die Corona-Inzidenz in der Türkei sinkt – aber schnell genug?
Kurz vor der Sommersaison geht das Land in den härtesten Lockdown seit Beginn der Pandemie.
Er dient einem klaren Ziel.

Die Türkei schlägt im Kampf gegen die Corona-Pandemie einen harten Kurs ein.
Ab Donnerstagabend dürfen die Bürgerinnen und Bürger zwischen 19 und 5 Uhr nur noch aus triftigem Grund auf die Straße.
Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat den härtesten Lockdown seit Beginn der Krise verhängt.
Ausgenommen von der Regelung ist nur eine Gruppe: Touristen.

Dass die strenge Einschränkung zwar für Einheimische, nicht aber für ausländische Urlauber gilt, zeigt, wie wichtig der Tourismus für das Land im Mittleren Osten ist – und verrät viel über den Zweck des Lockdowns.
Ein Wettlauf gegen die Zeit hat begonnen.

Denn mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 413 (Stand: 27. April) ist die Türkei derzeit eins der am schlimmsten von der Pandemie betroffenen Länder.
Zudem befand sich die Türkei schon vor dem Ausbruch des Coronavirus in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, einhergehend mit immenser Arbeitslosigkeit, Inflation und Armut.
So wichtig ist der Tourismus für die Türkei

Präsident Erdoğan steht nun vor einer Mammutaufgabe: Einerseits muss der Tourismus als wichtiger Wirtschaftszweig gerettet werden, andererseits müssen die Intensivstationen entlastet werden.
Die radikalen Schließungen sollen beides erreichen – in kürzester Zeit.
Denn die Urlaubssaison steht in den Startlöchern.

Um zu verstehen, wie heftig die Krise des Tourismus in der Türkei ist, hilft ein Blick auf die Zahlen:

► Mehr als 45 Millionen Touristen reisten im Jahr 2019 in die beliebte Urlaubsregion, allein fünf Millionen kamen aus Deutschland.

► 2020 verzeichnete das Land in den ersten zwei Monaten mehr als 3,5 Millionen Reisende.
Dann brachte die Corona-Krise den fatalen Einbruch des türkischen Tourismus.

► Im Januar und Februar 2021 verbrachten gerade einmal eine Million Menschen ihren Urlaub in der Türkei, ein Verlust zum Vorjahr von mehr als 70 Prozent.

► Russland, das Land, aus dem die meisten Menschen in die Türkei reisen, schränkte den Flugverkehr mindestens bis zum 1. Juni vehement ein.
Die Zahl der Reisenden könnte in diesem Sommer allein dadurch um etwa 500.000 reduziert werden.

Die wirtschaftliche Krise droht zu eskalieren.
Deshalb sieht Präsident Erdoğan keinen anderen Ausweg als den Komplett-Lockdown.
Neben den strengen Ausgangsbeschränkungen sind Reisen zwischen Städten nur mit Ausnahmegenehmigung möglich.
Cafés und Restaurants mussten bereits vor zwei Wochen auf Lieferdienste umstellen, Unterricht findet ausschließlich online statt.

Ramadan könnte Eindämmung der Pandemie beeinträchtigen
Die Restriktionen sind nicht ohne Grund auf fast drei Wochen ausgelegt: Am 12. Mai endet der Fastenmonat Ramadan, was die Ausbreitung des Coronavirus ohne Einschränkungen und Verbote erheblich beschleunigen könnte.
Zum Ende des religiösen Monats reisen viele Bürgerinnen und Bürger gewöhnlich zu ihren Familien, das Fastenbrechen wird in großen Gruppen gefeiert.
All das muss nun dieses Jahr ausfallen – nicht nur, um die Urlaubssaison zu retten.

Auch die Gesundheitslage im Land ist kritisch.
Noch vor knapp zwei Wochen hatte das türkische Gesundheitsministerium mit mehr als 60.000 Neuinfektionen an einem Tag einen traurigen Rekord vermeldet.
Inzwischen sind die täglichen Fallzahlen auf rund 37.000 gesunken.
Zum Vergleich: In Deutschland lagen die Neuinfektionen am Dienstag bei ähnlicher Einwohnerzahl bei knapp 11.000.
Erdoğans Ziel, die Fälle auf 5.000 pro Tag zu reduzieren, scheint noch in weiter Ferne.
Aufgrund der Virusmutanten, die ansteckender sind und sich deshalb schneller ausbreiten, erzielen die verschärften Maßnahmen von Mitte April noch nicht den gewünschten Effekt.

"Das Gesundheitspersonal ist vollkommen ausgelaugt"
Die Intensivstationen in den Metropolen Istanbul und Ankara seien Ende April komplett ausgelastet, sagte die Vorsitzende der Vereinigung der Intensivkrankenschwestern, Ebru Kiraner, der Deutschen Presse-Agentur.
Es fehle außerdem weiterhin an qualifiziertem Personal.
Besonders jüngere Menschen zwischen 30 und 50 Jahren lägen inzwischen auf den Intensivstationen.
"Das Gesundheitspersonal ist vollkommen ausgelaugt.
So geht das nicht weiter", berichtete das Vorstandsmitglied der Istanbuler Ärztekammer, Murat Ekmez, der "Neuen Zürcher Zeitung".

Auch wegen dieser Situation hat das Robert Koch-Institut das Land als Hochinzidenzgebiet eingestuft, das Auswärtige Amt warnt vor Reisen.
Doch genau für die wirbt die Türkei beinahe verzweifelt.
Sie fürchtet das Horrorszenario: Ohne sinkende Fallzahlen keine Urlauber, ohne Urlauber kein wirtschaftlicher Aufschwung.
Normalerweise tragen Touristen rund fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes bei.

Türkei wirbt für touristische Reisen
Die Regierung erlässt Reisenden die Beschränkungen, weil sie ihnen nicht auch noch den letzten Reiz nehmen will, wie etwa am Strand den Sonnenuntergang zu bestaunen, wenn schon keine Restaurants und Bars geöffnet haben.
Der türkische Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy betonte am Montag, dass sich Besucher trotz Beschränkungen frei bewegen können.

"Unsere meist besuchten und wichtigen Museen und archäologische Stätten bleiben geöffnet", sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.
"Sie sind sowohl offen als auch noch viel angenehmer.
In gewisser Hinsicht ist es in der Türkei von Vorteil, Tourist zu sein", sagte Ersoy.

Präsident Erdoğan sagte am Montag, ohne strengere Maßnahmen und die Eindämmung der Infektionsraten zahlten der Tourismus, die Bildung und der Handel einen "hohen Preis".
Während es in anderen Ländern Europas erste Öffnungen gebe, müsse die Türkei ihre Neuinfektionen senken, um nicht zurückzubleiben, so der türkische Präsident.

Kritik an Erdoğans Krisenmanagement
Dabei hat auch sein Krisenmanagement das Land seit Anfang März ins Verderben gestürzt.
Erdoğan strebte "eine kontrollierte Normalisierung" an. Maßnahmen wurden gelockert, die Provinzen wurden in vier Risikostufen eingeteilt.
Die Corona-Lage verschärfte sich jedoch drastisch.

Einige Bürger prangern die Corona-Politik der türkischen Regierung deshalb an: "Die Corona-Lage wird erst besser, wenn sich die Regierung ändert", sagte eine 26-jährige Türkin der "NZZ".
Staatliche Hilfen gebe es überhaupt nicht, betont ein anderer Bürger.
Zugleich halte Präsident Erdoğan Treffen seiner Partei AKP mit Zehntausenden Teilnehmern ab, die eigentlich gegen die Corona-Verordnung verstießen.
Bevor der Lockdown nun verschärft wurde, hatten auch zahlreiche Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen für schärfere Maßnahmen plädiert.
Der Chef der Istanbuler Apothekerkammer, Zafer Cenap Sarıalioğlu, sagte, er sehe kein Licht am Ende des Tunnels.
Es stünden schwere Zeiten bevor.

Impfkampagne macht Hoffnung
Hoffnung macht einzig die türkische Impfkampagne, die seit Mitte Januar läuft: Inzwischen wurden 21 Millionen Dosen verimpft.
Mehr als 8,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind voll geschützt, das entspricht etwa zehn Prozent der Bevölkerung (Stand: 27. April).
In Deutschland verfügen bislang 7,3 Prozent der Bürgerinnen und Bürger über den vollen Schutz.

Vor allem das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinovac kommt in der Türkei zum Einsatz, dessen Wirkungsgrad allerdings umstritten ist.
Inzwischen sind auch 4,5 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer verfügbar.
Zudem soll der russische Impfstoff Sputnik V bald in dem beliebten Urlaubsland produziert werden.

Impferfolg und harter Lockdown müssen sich also positiv auf das Infektionsgeschehen in der Türkei auswirken – denn sowohl die Auslastung der Intensivstationen als auch der Tourismus bestimmen das Schicksal des ganzen Landes.


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