Der NSU Prozess !

Zoff unter Verteidigern: Zschäpes Neu-Anwalt fordert Abberufung seiner Kollegen !

Der Tag des Münchner NSU-Prozesses stand im Zeichen der Verlesung der Aussage der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe.
Am Rande kochte ein seit Langem schwelender Streit zwischen ihren Anwälten erneut hoch.

Zschäpe-Neuverteidiger Mathias Grasel warf seinen Kollegen Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm vor, sie hätten sich ihrer Mandantin gegenüber "bewusst schädigend" verhalten.
Heer, Stahl und Sturm wiesen das umgehend zurück.

Grasel kleidete seinen Vorwurf in einen Antrag an das Gericht, in dem er verlangte, die Bestellung von Heer, Stahl und Sturm als Pflichtverteidiger Zschäpes zu widerrufen.
Die "ordnungsgemäße Verteidigung" Zschäpes sei "ernsthaft gefährdet".
Das Vertrauensverhältnis sei "endgültig und nachhaltig erschüttert".

Zschäpe wollte angeblich nie schweigen
An der Aussage Zschäpes seien seine drei Kollegen nicht beteiligt gewesen, sagte Grasel.
An dieser Stelle nickten Heer, Stahl und Sturm deutlich sichtbar und zustimmend.
Alle drei hatten immer wieder betont, sie hielten es für falsch, wenn Zschäpe im Prozess etwas sage.

Die Schweigestrategie habe aber, so Grasel, nie Zschäpes Wunsch entsprochen.
Er verwies auf eine Bemerkung Zschäpes kurz nach ihrer Festnahme im November 2011, als sie einem Polizisten sagte, sie habe sich "nicht gestellt, um nicht auszusagen".

"Prozessualer Selbstmord"
Demgegenüber hätten Heer, Stahl und Sturm die Angeklagte unter Druck gesetzt und ihr beispielsweise geschrieben, eine "Erklärung zur Sache" sei "prozessualer Selbstmord".
Zschäpe habe sich außerstande gesehen, gegen den Widerstand ihrer Anwälte dennoch vor Gericht auszusagen.

Grasel warf den drei Altverteidigern Zschäpes zudem vor, sie verhielten sich ihm gegenüber "unkooperativ und unkollegial".
So habe er vergeblich versucht, Mitschriften früherer Prozesstage von ihnen zu bekommen.
Grasel wurde erst im August 2015 als vierter Pflichtverteidiger Zschäpes bestellt.
Die Beweisaufnahme hatte er bis dahin nicht verfolgt.


 
"Einzig verwertbare Aussage": Zschäpe nennt Motiv für Mord an Polizistin Kiesewetter !

Viele neue Erkenntnisse hat die Aussage der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe im NSU-Prozess nicht gebracht.
Doch wenigstens in den Fall der getöteten Polizistin Michèle Kiesewetter konnte sie ein wenig Klarheit bringen.

Zschäpe hat ein Motiv für den Mord in Heilbronn genannt: Ihre Freunde Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hätten ihr erklärt, es sei ihnen nur um die Pistolen der beiden Polizisten gegangen, auf die sie im April 2007 geschossen hatten.

Diese "unfassbare Antwort" habe Zschäpe von Mundlos und Böhnhardt auf ihre Frage nach dem Grund für diesen zehnten und letzten Mord der beiden bekommen.
Sie sei fassungslos gewesen und habe auf die beiden Männer auch eingeschlagen.
Beide seien davon ausgegangen, dass sie auch Kiesewetters Kollegen getötet hätten.
Dieser überlebte aber schwer verletzt.

"Das einzig Verwertbare"
Zschäpe gab zudem an, ihre Freunde gefragt zu haben, warum sie nicht ein Waffengeschäft beraubt hätten.
Sie habe darauf aber nur Ausflüchte zu hören bekommen.
Ihr sei klar geworden, dass Böhnhardt und Mundlos mit unvorstellbarer Gefühlskälte Menschen getötet hätten.
Zschäpe bestritt, an dem Mord an Kiesewetter beteiligt gewesen zu sein.

Für die Thüringer Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König, die wie Zschäpe aus Jena stammt, war die Aussage zum Fall Kiesewetter das einzig Verwertbare.
"Das entzieht den Verschwörungstheoretikern rund um den Mord die Grundlage", sagte König.

Spekulation über gemeinsame Herkunft
Bisher war das Motiv für den Polizistenmord in Heilbronn unklar geblieben.
Zwischenzeitlich hatte es Spekulationen über einen Zusammenhang mit der Herkunft Kiesewetters aus Thüringen gegeben.

Kiesewetter war am 25. April 2007 in den Kopf geschossen worden.
Besonders tragisch war, dass sie kurz zuvor die noch offene Schicht übernommen hatte.
Gemeinsam mit ihrem Kollegen, für den es der erste Einsatz nach der Polizeiausbildung war, fuhr sie auf Streife.

Die Serientäterin, die es nicht gab
Die Dienstpistolen der Opfer nahmen die Täter an sich.
Sie wurden in dem Campingwagen gefunden, den Böhnhardt und Mundlos bei ihrem letzten Banküberfall am 4. November 2011 in Eisenach nutzten.
Außerdem fanden die Ermittler an einer Jogginghose von Uwe Mundlos Blutspuren Kiesewetters.

Nach dem Mord an Kiesewetter hatten die Ermittler anhand von DNA-Spuren nach einer Serientäterin gesucht, die es gar nicht gab.
Im März 2009 stellte sich schließlich heraus, dass das an 40 verschiedenen Tatorten gefundene DNA-Material von einer Frau stammte, die die zur Spurensicherung eingesetzten Wattestäbchen der Polizei verpackt hatte.


 
Schriftlich oder doch mündlich? Art von Zschäpe-Antworten noch offen !

Nach dem Verlesen der schriftlichen Aussage von Beate Zschäpe im NSU-Prozess ist noch unklar, ob die mutmaßliche Rechtsterroristin auf einige Fragen doch mündlich antworten wird.
Das hatte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl angeregt.
Man habe mit der Mandantin aber noch nicht darüber gesprochen, sagte Zschäpes Anwalt Hermann Borchert am Donnerstag der dpa in München.

Ursprünglich hatte Zschäpes Verteidiger Mathias Grasel erklärt, die 40-Jährige werde sich auch auf Nachfragen nur schriftlich äußern.

Zschäpe hatte am Mittwoch ihr jahrelanges Schweigen gebrochen und eine lange Aussage verlesen lassen.
Darin bestritt sie jede Beteiligung an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU).
Sie will nicht einmal Mitglied der rechten Gruppe gewesen sein.
Zschäpe hatte sich Ende 2011 der Polizei gestellt und steht seit Mai 2013 in München vor Gericht.

Im neuen NSU-Ausschuss des Bundestages gibt es große Zweifel an Zschäpes Erklärung.
"Nach vier Jahren sind Zschäpes Aussagen ein schlechter Witz", sagte die Grünen-Obfrau Irene Mihalic der dpa in Berlin.
"Sie hat nur zu Dingen ausgesagt, die ohnehin schon bekannt waren und diese mit Nebensächlichkeiten angereichert."
Mihalic betonte: "Dass Zschäpe an den Taten angeblich weder beteiligt war noch Kenntnisse im Vorfeld hatte, ist für mich völlig unglaubwürdig."

Die Aussage trage nicht zur Aufklärung bei.
Die Obleute im Ausschuss fühlten sich daher völlig in dem Untersuchungsauftrag bestätigt, das rechte Terrornetzwerk in den Fokus zu nehmen, in dem Zschäpe und ihre mutmaßlichen Komplizen agiert hätten, sagte Mihalic.

Der zweite NSU-Ausschuss im Bundestag zum Ermittlungsdesaster in dem Fall hatte Ende November seine Arbeit aufgenommen.
Ein erster Untersuchungsausschuss hatte im August 2013 seinen Abschlussbericht vorgelegt.
Wegen vieler offener Fragen gibt es nun eine Neuauflage.

SPD-Fraktionsvize Eva Högl geht davon aus, dass die Aussage Zschäpe eher geschadet hat.
"Ich frage mich, was das für eine Strategie der Anwälte ist, wenn Zschäpe nicht irgendetwas vorträgt, was sie maßgeblich entlastet", sagte sie der "Frankfurter Rundschau".
"Es wäre für die Angeklagte besser gewesen, zu schweigen."

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Familien der NSU-Opfer, Barbara John, sieht große Widersprüche in Zschäpes Erklärung.
"Sie hat von sich das Bild einer Frau gezeichnet, die psychisch an ihre Freunde Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gekettet war.
Diese Aussage widerspricht vielem, was wir bisher im NSU-Prozess gehört haben", sagte John den "Ruhr Nachrichten".

Im Deutschlandradio Kultur sagte John, mit ihrer Erklärung habe Zschäpe indirekt ihre Mittäterschaft an den NSU-Morden bestätigt.
Ihre Erklärung, sie fühle sich moralisch schuldig, dass sie nicht in der Lage war, auf Mundlos und Böhnhardt einzuwirken, unschuldige Menschen nicht zu verletzen und zu töten, bedeute im Umkehrschluss, dass durch Zschäpe alles hätte verhindert werden können.


 
Nach Aussage von Beate Zschäpe: So geht es im NSU-Prozess weiter !

Nach Beate Zschäpes Aussage im NSU-Prozess muss das Gericht zwei Tagesordnungen gleichzeitig abarbeiten: neben der Überprüfung ihrer Aussagen auch den neu entflammten Streit unter ihren Anwälten.
Beides dürfte den Prozess in die Länge ziehen.

München. Es ist eine kuriose Frontstellung im Münchner NSU-Prozess, die sich mit der Aussage von Beate Zschäpe am jüngsten Prozesstag nur verschärft und das Gericht wohl noch längere Zeit beschäftigen wird.
Vier Pflichtverteidiger sollen die Interessen der Frau vertreten, die für die Verbrechen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) angeklagt ist, vor allem für die Serie der zehn Morde.
Da wäre genug zu tun, denn auch nach Zschäpes Aussage - manche meinen: jetzt erst recht - sieht es nach einem harten Urteil aus.

Stattdessen schlagen die Anwälte gegenseitig aufeinander ein.
Den vorerst letzten Hieb führte Zschäpes Neu-Verteidiger Mathias Grasel, indem er unmittelbar nach Zschäpes Aussage am vergangenen Mittwoch die Abberufung der drei Alt-Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm beantragte.
Mit dieser Ausgangslage geht der Prozess in die neue Woche.

Zimperlich ging Grasel dabei nicht vor. Heer, Stahl und Sturm würden sich ihm gegenüber „unkooperativ und unkollegial“ verhalten, trug er vor.
Und was Zschäpe betreffe, da sei ihr Vorgehen sogar „bewusst schädigend“.
Ein schärferer Vorwurf gegen Strafverteidiger ist kaum denkbar.
Die drei wiesen ihn umgehend zurück, äußerten sich ansonsten aber noch nicht zu Grasels Antrag.
Dass das Gericht ihn annimmt, glaubt freilich so gut wie keiner der Prozessbeteiligten.
Denn würde es das tun, dann müsste der NSU-Prozess wohl von vorn beginnen.

Heer, Stahl und Sturm gelten dem Senat nämlich nach wie vor als die Stützen der Zschäpe-Verteidigung, als Garant für eine „ordnungsgemäße Verteidigung“ im Sinne des Gesetzes.
Das haben die Richter mehrmals deutlich gemacht, als mal Zschäpe, ein anderes Mal Heer, Stahl und Sturm selbst ihre Entpflichtung beantragten.

Grasel, auch das lässt sich aus den Äußerungen der Richter herauslesen, könne die Rolle der drei Alt-Verteidiger nicht übernehmen - schon deshalb nicht, weil er erst nach mehr als 200 Verhandlungstagen hinzustieß und keinen der vielen Zeugen bis dahin erlebt hat.
Darum werde der Senat auch diesmal Nein sagen, heißt es in Prozesskreisen.
Bestenfalls sei vorstellbar, dass einer der drei Alt-Verteidiger gehen könne, aber sicher nicht alle drei.

Das wiederum dürfte Grasel nicht einfach hinnehmen.
Schon jetzt wird spekuliert, Zschäpe werde dann wieder einen Befangenheitsantrag gegen die Richter stellen - wohl auch mit eher geringen Erfolgschancen.

Aussage hat Zschäpe geschadet
Warum will Grasel also Heer, Stahl und Sturm aus dem Prozess drängen, obwohl das Gericht genau das bisher immer angelehnt hat?
Auch darüber wird in Prozesskreisen spekuliert.
Er könne sich tatsächlich vorgenommen haben, auf Aussetzung und Neustart hinzuarbeiten, ist zu hören.
In diesem Fall seien Heer, Stahl und Sturm entbehrlich. Grasel wäre in einem neuen Durchgang von Anbeginn dabei - und damit der „ordnungsgemäße“ Pflichtverteidiger.

Möglicherweise hätte er gar keine andere Option, will er Zschäpes Los doch noch verbessern.
Die Aussage, bei der er sie unterstützte, hat ihr nach so gut wie einhelliger Einschätzung geschadet.
Sie sei nur eine „Teileinlassung“ gewesen und somit auch ein „Teilschweigen“.
Sollte der Prozess bis zum Urteil weitergehen, dann müsse sich Zschäpe auf eine harte Strafe einstellen, meinen die allermeisten.

Teilschweigen gilt als fatal
Tatsächlich hat Zschäpe etwa ausdrücklich ausgeschlossen, über ihre mutmaßlichen Helfer Ralf Wohlleben und André E. auszusagen.
Wohlleben gilt der Bundesanwaltschaft als „steuernde Zentralfigur“ hinter dem mutmaßlichen Terrortrio.
André E. wiederum soll über die vollen fast 14 Jahre, die Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt im Untergrund lebten, engen Kontakt gehalten und geholfen haben, ihre konspirativen Tarnidentitäten zu sichern.
Auch seine Frau und seine Kinder sollen Zschäpe immer wieder in der Fluchtwohnung in Zwickau besucht haben.

„Teilschweigen“ gilt aber als fatal.
Das Gericht kann es, anders als „Vollschweigen“, gegen die Angeklagte auslegen.

Damit wäre aber immerhin nachvollziehbar, warum Grasel jetzt so bissig gegen Heer, Stahl und Sturm vorgeht.
Es könnte der Anfang eines Planes sein, an dessen Ende das Platzen des Prozesses stehen soll - allerdings wäre das ein sehr durchsichtiger, wie ein Nebenklageanwalt schon gleich nach Grasels Antrag zu Protokoll gab.


 
Gericht will nach Zschäpes Aussage die Beweisaufnahme fortsetzen !

München - Nach der Aussage von Beate Zschäpe im NSU-Prozess will das Oberlandesgericht in München in dieser Woche zunächst das routinemäßige Programm der Beweisaufnahme fortsetzen.

Allerdings rechnen Prozessbeteiligte damit, dass das Gericht weiter versuchen könnte,
Zschäpe dazu zu bringen, wenigstens einzelne Nachfrage mündlich in der Verhandlung zu beantworten.
Ihr Anwalt Mathias Grasel hatte erklärt, seine Mandantin werde nur schriftlich und nur über ihn antworten.

Für die drei Verhandlungstage in dieser Woche hat das Gericht acht Zeugen geladen.
Am Dienstag soll ein Mann aussagen, den Zschäpe auch in ihrer Aussage erwähnte.
Es handelt sich um einen Bekannten, der sie und ihren beiden Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt beim Abtauchen in den Untergrund geholfen haben soll.

In den Jahren danach soll der rechtsextreme „Nationalsozialistische Untergrund“ eine Serie schwerer Verbrechen begangen haben, darunter zehn überwiegend rassistisch motivierte Morde und zwei Sprengstoffanschläge.
Seine Taten soll das Trio akribisch geplant und vorbereitet haben.

Als Zeugen dazu sind für Mittwoch und Donnerstag mehrere Kripo-Ermittler geladen, die Landkarten, Stadtpläne und Adresslisten der mutmaßlichen Terroristen auswerteten.

Zschäpe muss sich als einzige Überlebende des NSU-Trios als mutmaßliche Mittäterin verantworten.
Vergangene Woche hatte sie erstmals ihr Schweigen gebrochen, das sie seit ihrer Festnahme im November 2011 durchgehalten hatte.

Zschäpes ursprüngliche Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm hatten ihr von der Aussage abgeraten.
Anwalt Grasel beantragte, Heer, Stahl und Sturm aus der Zschäpe-Verteidigung zu entlassen.
Über diesen Antrag hat das Gericht noch nicht entschieden.


 
Zschäpe soll dem Gericht viele Fragen beantworten !

Die Aussage der Angeklagten Beate Zschäpe hat viele Fragen aufgeworfen: Die Richter im Münchner NSU-Prozess haben jedenfalls einigen Klärungsbedarf formuliert.
Auf Antworten muss das Gericht wohl bis nach Weihnachten warten - Zschäpe will sich nach wie vor nur schriftlich äußern.

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl richtete am Dienstag Dutzende Fragen an die Hauptangeklagte.
Doch ungeachtet einer Bitte des Oberlandesgerichts blieb Zschäpe dabei, dass sie diese nur schriftlich beantworten will - das stellte ihr Anwalt Mathias Grasel klar.

Gericht will Widersprüche und offene Fragen klären
Das sei zwar kein übliches Vorgehen, aber grundsätzlich möglich.
Seine Mandantin fühle sich nicht in der Lage, Fragen unmittelbar und persönlich zu beantworten.
Götzl wiederum ließ sich nicht auf Grasels Bitte ein, ihm einen schriftlichen Fragenkatalog zu übermitteln.
Zschäpe hatte am Mittwoch vergangener Woche ihr jahrelanges Schweigen gebrochen und eine lange Aussage verlesen lassen.
Darin bestritt sie jede Beteiligung an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) und schob die Schuld allein ihren toten Freunden Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zu.
Sie will nicht einmal Mitglied einer rechten Terrorgruppe gewesen sein.

Das Gericht fragt nun vor allem an den Stellen nach, an denen Zschäpes Aussage Lücken oder Widersprüche aufweist oder Fragen offengelassen hat.
Beispielsweise will Götzl von Zschäpe genauer wissen, wie es um die Beziehung zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt bestellt gewesen sei.
Denn Zschäpe will von den Morden und Anschlägen auch deshalb nichts mitbekommen haben, weil ihr die beiden nicht hundertprozentig vertraut hätten.
Genau das hinterfragt Götzl nun.

Schriftliche Beantwortung möglich aber unüblich
Zudem will das Gericht wissen, was Zschäpe über das rassistische "Pogromly"-Spiel wusste, das das Trio einst hergestellt haben soll.
Dazu hatte die Hauptangeklagte in ihrer Aussage geschwiegen.
Götzl will auch wissen, was Zschäpe möglicherweise über die Planung des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter gewusst hat.

Auch die Bundesanwaltschaft und der Verteidiger eines Mitangeklagten richteten einige wenige Fragen an Zschäpe.
Nebenkläger und ein Sachverständiger kündigten ebenfalls Nachfragen an.
Zschäpe hatte ihren Anwalt aber bereits erklären lassen, dass sie nur Fragen des Gerichts und der Anwälte ihrer Mitangeklagten beantworten will.

Zschäpe steht frei, ob und auf welche Fragen sie antworten will.
Und: Eine schriftliche Beantwortung ist zwar unüblich, aber rechtlich möglich.
Die Antworten müssen dann aber mündlich verlesen werden.
Die Bewertung der gesamten Aussage bleibt am Ende dem Gericht überlassen.

Ein Zeuge widersprach am Dienstag in einem Punkt Zschäpes Aussage.
Dabei ging es um den Tag, an dem Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in den Untergrund abtauchten.
Zschäpe hatte angegeben, man habe sich in der Wohnung der Eltern des Zeugen getroffen.
Das könne nicht stimmen, entgegnete der.
Die Wohnung sei da schon aufgelöst gewesen.


 
Neonazi Ralf Wohlleben stellt sich vor Gericht als Opfer dar !

München. Ralf Wohlleben sagte Mittwoch im NSU-Prozess aus: Höchstens indirekt will er an der Beschaffung einer Pistole beteiligt gewesen sein.

Dass Ralf Wohlleben an diesem 251. Verhandlungstag etwas vorhat, deutet sich schon am Morgen an.
Seine Frau Jaqueline sitzt neben ihm; dieser Umstand kam, obwohl sie dem Angeklagten offiziell als Beistand zugeordnet ist, bislang nur äußerst selten vor.

Oben, auf der Tribüne, haben sich in der zweiten Reihe einige Neonazis aus Thüringen platziert.
Nachdem die für den Tag geladen Zeugen – alles Ermittler, die zu Asservaten befragt werden – an der Reihe waren, meldet sich plötzlich Nicole Schneiders, die Anwältin von Wohlleben.
Die beiden kennen sich schon aus alten, gemeinsamen NPD-Zeiten in Jena.
Ihr Mandant, sagt Schneiders, wolle seine angekündigte Aussage abgeben, und zwar jetzt und sofort.

Wohlleben erklärt sich für „nicht schuldig im Sinne der Anklage“
Ralf Wohlleben ist im Gefängnis gealtert, im Februar beging er seinen 40. Geburtstag.
Seit vier Jahren sitzt er in Untersuchungshaft, vier Jahre schwieg er zu den Vorwürfen gegen ihn.
Vor drei Jahren hat ihn der Generalbundesanwalt der Beihilfe zum neunfachen Mord angeklagt.
Er soll zusammen mit seinem Mitangeklagten Carsten S. die Ceska-Pistole besorgt haben, mit der Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos neun Menschen erschossen.
Seit zweieinhalb Jahren wird Wohlleben und S. neben den anderen Angeklagten in München der Prozess gemacht.

Um es vorweg zu nehmen: Ralf Wohlleben weist fast alle Vorwürfe zurück.
Er gibt nur zu, dass er davon wusste, dass Carsten S. eine Waffe beschaffen sollte und dass er die Pistole auch gesehen habe.
Am Ende seines Vortrags wird er sagen: „Ich bin nicht schuldig im Sinne der Anklage.“

Wohlleben fährt andere Strategie als die Hauptangeklagte Zschäpe
Bevor Wohlleben beginnt, sagt Anwältin Schneiders, dass ihr Mandant „den dreisten Lügen einiger Zeugen und zweier Mitangeklagter“ seine Sicht der Dinge entgegen stellen wolle.
Wohlleben werde selbst reden und danach Fragen aller Prozessbeteiligten beantworten.

Schon hier zeigt sich der erste Unterschied zu der neuen Strategie der Hauptangeklagten Beate Zschäpe.
Sie hatte vor einer Woche nur durch ihren neuen Anwalt Mathias Grasel eine Erklärung verlesen lassen.
Jetzt will sie nur Fragen des Gerichts beantworten, und dies auch bloß schriftlich.

Der zweite Unterschied: Wohllebens Aussage ist besser vorbereitet.
In den fast zwei Stunden, in denen er mit ruhiger, klarer Stimme seine Aussage abliest, geht er zielgenauer auf die Anklage ein.
Seine Argumentation, so krude sie zuweilen wirken mag, erscheint in sich geschlossener.

Angeklagter schildert vor Gericht seine schwere Kindheit
Dennoch sind die Parallelen zu Zschäpes Erklärung unübersehbar.
Sie beginnen schon mit Wohllebens Schilderungen seiner schweren Kindheit („strenge Eltern“), seiner Zeit im Jugendheim und seinen Schwierigkeiten nach der Wende, eine Ausbildung oder Arbeit zu finden.
Er habe nach 1989 versucht, „irgendwie mit den neuen Verhältnissen zurecht zu kommen“.
Ausführlich redet er über die langjährigen Phasen seiner Arbeitslosigkeit.

Wie zuvor die Hauptangeklagte erzählt er, dass er eher zufällig durch Freunde in die Szene fand und über Konzerte und Musik langsam politisiert wurde.
Dass er letztendlich bei den Rechten landete, erklärt er mit seiner Schulzeit.
Der „große Nationalstolz“, den er hege, sei „integraler Bestandteil der DDR-Erziehung“ gewesen.

Neonazi Wohlleben will nicht gegen Ausländer gewesen sein
Er habe sich, sagt er, in der rechtextremistischen Szene als „Scheitel“ gefühlt, im Gegensatz zu den eher gewalttätigen Skins.
Überhaupt habe er Gewalt stets abgelehnt.
Auch gegen Ausländer sei es nie gegangen, selbst bei seinen Freunden nicht.
Im Gegenteil: Er habe immer nur gegen die Politik gestritten, „die den massenhaften Zuzug der Ausländer förderte“.

Wie schon viele Zeugen aus Jena schildert er die rechtsextremistische Szene als eine Art Verein freundlicher, aufgeschlossener Patrioten, mit „Zeitungsprojekten“ und „Stammtischen“, bei denen vor allem getrunken wurde.
Ständig habe man in Furcht vor der Polizei oder Linksautonomen gelebt, die einem die Autos anzündeten.
Dazu lässt er Fotos von den Fahrzeugwracks auf die Wände des Gerichtssaals projizieren.

Seine Freunde von damals bezeichnet Wohlleben als „introvertiert“ (Uwe Böhnhardt), „Schwiegermuttis Liebling“ (Uwe Mundlos), „sehr sympathisch, witzig, schlagfertig“ (Beate Zschäpe).
Auch für Carsten S. („lustiger und sympathischer Typ“) findet er zunächst freundliche Worte.

Wohlleben macht V-Mann Tino Brandt für viel verantwortlich
Für die Organisation der Szene macht Wohlleben vor allem Tino Brandt verantwortlich.
Wie bei Zschäpe taucht auch in seiner Erzählung der Verfassungsschutz-Spitzel auffällig oft auf.
Ob nun „Thüringer Heimatschutz“, „Nationaler Widerstand Jena“ oder NPD: Immer soll Brandt Drahtzieher, Namensgeber und Finanzier in einem gewesen sein.

Nie, sagt Wohlleben, habe ihm Verhalten von Böhnhardt und Mundlos Anlass zu der Vermutung gegeben, dass sie später „schwere Straftaten“ begehen könnten – „schon gar nicht gegen Ausländer, weil die bei uns nie Thema waren“.
Bei einem Besuch in der Garage, in der die Polizei später TNT und mehrere Rohrbomben fand, habe er nichts dergleichen gesehen.

Dass Böhnhardt und Mundlos immer radikaler wurden, davon will der Angeklagte wenig mitbekommen haben.
Dass sie in braunen Uniformen herumliefen oder offenbar Bombenattrappen in Jena platzierten, habe er nur als „Provokation“ des Staates aufgefasst.
Dasselbe gelte für die Aktion, bei der man eine Puppe mit Judenstern an einer Autobahnbrücke aufhängte und an der er seine Beteiligung einräumt.

Wohlleben räumt ein, dass er dem NSU-Trio bei der Flucht half
Auch sonst räumt Wohlleben so manches ein, teilweise.
Dass er einen „gewissen Beitrag“ zur Flucht des Trios 1998 leistete, weil er sein Auto zur Verfügung stellte, dass er mit Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe telefonischen Kontakt hielt, dass er sie dreimal im Untergrund traf.
Das Meiste davon gilt durch Zeugenaussagen als belegt.

Wohlleben räumt auch ein, dass Böhnhardt ihn im Jahr 1999 bei einem Treffen in Chemnitz bat, eine Waffe zu besorgen.
Er habe dies aber abgelehnt, weil er fürchtete, dass Böhnhardt damit Selbstmord begehen könnte.
Auf die Idee, dass Morde an Ausländern geplant seien könnten, sei er gar nicht erst gekommen.

Angeklagter leugnet, die Mordwaffe besorgt zu haben
Und, Wohlleben räumt ein, dass er Carsten S. geraten habe, den Jenaer Szeneladen „Madley“ wegen des Waffenkaufs aufzusuchen.
Allerdings sei dieser Tipp ursprünglich von Böhnhardt oder Mundlos gekommen; er habe ihn daher nur weitergeleitet.
Wortreich schildert der Angeklagte, wie „erschrocken“ und „verärgert“ gewesen sei, als dann S. mit der Waffe bei ihm in seiner Wohnung auftauchte.
„Ich weiß noch genau, dass ich überrascht war, dass ein Schalldämpfer dabei war.
Ich habe dann aus Neugier den Schalldämpfer aufgeschraubt.“

Ganz unbeteiligt wirkt das nicht.
Doch selbst für den Fall, dass daraus etwas konstruiert werden sollte, hat Wohlleben vorgesorgt.
Die Waffe, insinuiert er, habe gar nicht wie eine Ceska-Pistole ausgesehen.
Sie sei zu „klobig“ gewesen und hätte einen kürzeren Schalldämpfer als das tschechische Fabrikat besessen.
Zudem habe Böhnhardt die Waffe später als „Schrott“ bezeichnet.

Wohlleben sieht sich als unschuldig – und als Opfer des Staates
Auch alles andere, was Carsten S. ausgesagt hatte, nämlich dass Wohlleben ihn ständig angeleitet und auch die nötigen 2500 D-Mark gegeben habe, dementiert der Angeklagte.
Eher, sagt er, habe das Geld von Tino Brandt gestammt.
Der Verfassungsschutz-Spitzel habe im Übrigen gewusst, wo sich das Trio aufhalte.
Dies jedenfalls hätten ihm Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe beim letzten Treffen in Zwickau im Jahr 2001 mitgeteilt.

Kurzum, Wohlleben fühlt sich unschuldig.
Er sieht sich, wie Beate Zschäpe, als Opfer des Staates und des Verfassungsschutzes, eingesperrt und getrennt von seiner Frau und seinen zwei Töchtern.
Erst im November 2011 habe er, „so wie alle anderen“, von den Morden, Bombenanschlägen und Überfällen erfahren.
Er sei „entsetzt“ gewesen, dass Böhnhardt und Mundlos so „kaltblütig“ handeln konnten.
Er habe, sagte der Angeklagte, sie doch nur „aus Freundschaft“ unterstützt.

All dies klingt dann wieder sehr nach Beate Zschäpe, die sich ebenso als Opfer der Umstände und ihrer Emotionen gezeichnet hatte.
Und so wie sie hat Ralf Wohlleben dann auch für die anderen Opfer am Ende ein paar Worte übrig: „Ich bedauere jede Gewalttat“, sagt er.
„Den Angehörigen der Opfer gilt mein Mitgefühl.“


 
Zschäpe rechnet mit ihren Verteidigern ab !

Beate Zschäpe gibt keine Ruhe: Erneut hat sich die angeklagte mutmaßliche Rechts-Terroristin bei Gericht über ihre drei Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm beschwert - diesmal sehr detailliert und in Form eines handgeschriebenen dreiseitigen Briefes.

Zschäpe wirft dem Anwalts-Trio vor, ihr bewusst geschadet und ihren Wunsch nach einer Aussage im Münchner NSU-Prozess nicht respektiert zu haben.

Die mutmaßliche Rechtsterroristin beschreibt in dem Brief die Reaktion ihrer drei Anwälte, als sie zum ersten Mal vorschlug, vor Gericht auszusagen und damit ihr jahrelanges Schweigen über die Serie der zehn NSU-Morde und ihr Untergrundleben mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zu brechen.
Als Antwort darauf will sie gehört haben: "Sind Sie irre, Frau Zschäpe?"

Anwälte pochten angeblich auf Schweige-Strategie
Die drei Verteidiger hätten ihr dann auch mitgeteilt, dass sie "für eine solche Verteidigung nicht zur Verfügung stünden".
Die Diskussion über ein Ende der Schweige-Strategie hätten die Anwälte immer "im Keim erstickt" und von "prozessualem Selbstmord" gesprochen.

Als Zschäpe dann vor zwei Wochen tatsächlich ihr Schweigen brach, da hätten Heer, Stahl und Sturm fortwährend nonverbal in aller Öffentlichkeit gezeigt, was sie davon halten.
Zschäpe klagt über "abfällige Gesten", während ihr vierter Pflichtverteidiger Mathias Grasel ihre Aussage verlas.
Tatsächlich war auch von der Zuschauerempore aus zu sehen, wie die drei Verteidiger immer wieder die Köpfe schüttelten.
"Dieses Verhalten werte ich als bewusst schädigend", schrieb Zschäpe.

Kurz vor der Weihnachtspause hatten sowohl Zschäpe als auch der wegen Beihilfe zum neunfachen Mord angeklagte Ralf Wohlleben, ein Vertrauter des NSU-Trios, der Waffen geliefert haben soll, ihr Schweigen gebrochen.
Heer, Stahl und Sturm wollten sich auf Anfrage nicht zu Zschäpes Schreiben äußern.

Zschäpe will Anwälte loswerden
Ihr Streit mit den Anwälten über ihr Aussageverhalten dauert schon mindestens ein halbes Jahr.
Über einen erneuten Antrag Zschäpes auf Abberufung der drei Verteidiger hat das Gericht noch nicht entschieden.

Auch über ihren Wunsch, stattdessen Grasels Kanzleipartner Hermann Borchert zum weiteren Pflichtverteidiger zu bestellen, gibt es noch keine Entscheidung.
In ihrem Schreiben bat Zschäpe die Richter, ihre jetzt nachgereichten Gründe zu berücksichtigen.

Angeklagte bestreitet NSU-Mitgliedschaft
Im NSU-Prozess muss sich Zschäpe seit Mai 2013 dem Vorwurf stellen, sie sei als Mitglied der "terroristischen Vereinigung NSU" für die zehn Morde mitverantwortlich, die dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) zugeschrieben werden.
Neun Opfer sollen aus rassistischen Gründen ermordet worden sein, das zehnte Opfer - eine Polizistin - aus Hass auf den Staat.
Zschäpe ist die einzige Überlebende des NSU-Trios.

In ihrer verlesenen Aussage bestritt sie jede Beteiligung an den zehn Morden und an zwei Sprengstoffanschlägen und schob die Schuld allein ihren toten Freunden Böhnhardt und Mundlos zu.
Diese hatten vor dem Polizeizugriff Selbstmord verübt.
Zschäpe will nicht einmal Mitglied einer rechten Terrorgruppe gewesen sein.

Der NSU-Prozess geht planmäßig am 12. Januar weiter, mutmaßlich mit Nachfragen der Richter an beide Angeklagte.
An Zschäpe hatten die Richter bereits zahlreiche Fragen gerichtet.
Zschäpe-Verteidiger Grasel kündigte an, die Antworten schriftlich abzufassen und im Gericht zu verlesen.


 
Zschäpe will erste Fragen des Gerichts beantworten !

München (dpa) - Im Münchner NSU-Prozess soll heute die Befragung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe fortgesetzt werden.
Das Gericht hatte an einem der letzten Verhandlungstage im Dezember zahlreiche Fragen an Zschäpe und ihren Verteidiger Mathias Grasel formuliert.

Grasel sagte am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, er habe über den Jahreswechsel mit seiner Mandantin die Antworten besprochen.

Zschäpe hatte im Dezember ihr jahrelanges Schweigen mit einer schriftlichen, von Grasel verlesenen Erklärung gebrochen.
Sie kündigte außerdem an, sie werde auch Fragen des Gerichts beantworten, allerdings ebenfalls nur schriftlich und von einem Anwalt verlesen.
Der sonst übliche Dialog aus Fragen und Antworten ist damit nicht möglich.

Erwartet wird, dass Zschäpe am Dienstag zunächst Fragen zu ihrer Person beantworten wird.
Erst danach will sie auf Fragen zum Zusammenleben mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und über ihr Wissen über die Straftaten des NSU eingehen.

Zschäpe ist die einzige Überlebende des rechtsextremen NSU-Trios.
Die Bundesanwaltschaft wirft ihr die Mittäterschaft an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen der Gruppe vor.


 
Zschäpe nennt Namen von Unterstützern aus der Neonazi-Szene !

München - Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat in ihrer von einem ihrer Anwälte verlesenen neuen Erklärung mehrere Neonazis als Helfer genannt.

So habe der Anführer der Chemnitzer "Blood & Honour"-Gruppe, Jan W., eine Waffe beschafft, hieß es im NSU-Prozess in der Erklärung.
Das habe ihr Uwe Böhnhardt erzählt.
Dabei sei auch von einem Schalldämpfer die Rede gewesen.

Darüber hinaus nannte sie die Namen weiterer Helfer, die das Trio bei sich versteckten, Wohnungen mieteten oder Papiere oder Krankenkassenkarten zur Verfügung stellten.
Davon waren die meisten bereits bekannt und teilweise im Prozess als Zeugen gehört worden.

Ein besonders enges Verhältnis habe sie zu dem als Terrorhelfer angeklagten André E. und dessen Frau gehabt.
Mit der Frau sei sie "befreundet" gewesen und habe diese ab 2006 bis zum Auffliegen des NSU regelmäßig getroffen.
Meist seien sie mit den Kindern der Familie E. auf einen Spielplatz gegangen.


 
Von Morden nichts gewusst: Zschäpe bleibt bei ihrer Version !

München. Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe bleibt auch in ihrer zweiten Aussage vor Gericht bei ihrer Version: Mit den Morden der rechtsextremen Terrorzelle NSU will sie nichts zu tun gehabt haben.

Zwar habe sie in ihrer Jugend durchaus rechtsextreme Hetzlieder gesungen.
Aber: "Ich sehe einen großen Unterschied zwischen dem Singen solcher Lieder im jugendlichen Alter einerseits und dem Töten von Menschen andererseits."
Das ließ sie von ihrem Anwalt Hermann Borchert vor dem Oberlandesgericht München verlesen.

Die wegen Mordes angeklagte Zschäpe hatte erstmals im Dezember ihr jahrelanges Schweigen im NSU-Prozess gebrochen und ihren Anwalt Mathias Grasel eine lange Erklärung verlesen lassen.
Die Nachfragen von Richter Götzl beantwortete sie schriftlich.

In den Antworten heißt es erneut, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten die zehn Morde an Migranten und einer Polizistin, die dem "Nationalsozialistischen Untergrund" zur Last gelegt werden, ohne Zschäpes Wissen und ohne ihre Zustimmung verübt.
Sie will davon - wie auch von dem Bombenanschlag in Köln - immer erst im Nachhinein erfahren haben.

Den Kummer darüber habe sie sogar in Alkohol ertränken müssen: "Wenn ich alleine zu Hause war, trank ich mehr - ebenso, wenn ich wieder von Straftaten der beiden erfahren hatte."
Zeitweise habe sie zwei bis drei Flaschen Sekt am Tag getrunken.

Anders als bei ihrer ersten Einlassung äußerte Zschäpe sich aber detaillierter zu Mitgliedern der Neonazi-Szene, die dem Trio im Untergrund geholfen hätten.
So habe Böhnhardt ihr erzählt, der Anführer der Chemnitzer "Blood & Honour"-Gruppe, Jan W., habe eine Waffe beschafft.

Sie nannte die Namen weiterer Helfer, die das Trio bei sich versteckten, Wohnungen mieteten, Papiere oder Krankenkassenkarten zur Verfügung stellten oder ein Konto eröffneten.
Davon waren die meisten allerdings bereits bekannt und teilweise im Prozess als Zeugen gehört worden.

Zschäpe schilderte nun aber die enge Freundschaft zu dem Mitangeklagten André E. und seiner Frau.
Mit der Frau und den Kindern der Familie sei sie oft auf Spielplätze gegangen.
"Diese Treffen mit den Kindern taten mir gut, weil ich selbst keine eigenen Kinder bekommen kann."

Die politische Einstellung Böhnhardts zum Zeitpunkt ihres Kennenlernen schilderte Zschäpe so: "Er war dagegen, dass zu viele Ausländer in Deutschland leben und dadurch eine Überfremdung stattfindet."
Im Untergrund sei Politik zuletzt aber kaum noch Thema gewesen, hieß es in Zschäpes Erklärung: "In den letzten Jahren haben wir praktisch gar nicht mehr über politische Themen oder Ausländer geredet."
Dafür seien sie häufig in Restaurants "mit ausländischer Küche" essen gegangen.

Böhnhardt sei ihr gegenüber handgreiflich geworden, ließ Zschäpe verlauten.
Er sei sehr reizbar und cholerisch gewesen - und von Waffen besessen: "Uwe Böhnhardt war ein Waffennarr."
Sie selbst habe keinen Einfluss auf Böhnhardt und Mundlos gehabt, betonte Zschäpe erneut. "Ich kannte Uwe Böhnhardt seit meinem 19. Geburtstag.
Er hat immer das gemacht, und nur das, was er wollte."


 
Erneutes Scheitern: Gericht lehnt Abberufung von Zschäpes Anwälten ab !

Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe darf ihre drei Pflichtverteidiger nicht abberufen.
Für den Vorsitzenden Richter im Münchner NSU-Prozess, Manfred Götzl, ist der Antrag nicht ausreichend begründet.
An der mangelhaften Kommunikation sei Zschäpe selbst schuld.

Damit ist die Angeklagte erneut mit ihrem Antrag gescheitert, Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl zu entlassen.
In einem achtseitigen Beschluss urteilte Götzl, es gebe keinen ausreichenden Grund dafür.

Der Richter hielt Zschäpe überdies vor, "dass es die Angeklagte ist, die sich der durch die Pflichtverteidiger Heer, Stahl und Sturm mehrfach angebotenen Kommunikation verschließt".
Der Beschluss, den das Gericht am Donnerstag zustellen ließ, liegt der dpa vor.

Prozess gerät erneut ins Stocken
Damit dürfte der NSU-Prozess in der kommenden Woche ein weiteres Mal ins Stocken geraten.
Zschäpe, so ist aus Justizkreisen zu hören, erwäge als Reaktion einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht.

Zschäpe muss sich seit Mai 2013 im NSU-Prozess für die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" verantworten.
Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft vor.
Bei neun der zehn angeklagten Morde soll das Motiv Rassismus und Fremdenhass gewesen sein.

Die Opfer waren türkisch- oder griechischstämmige Gewerbetreibende.
Neben ihren drei Pflichtverteidigern wird Zschäpe inzwischen auch von zwei Wahlverteidigern vertreten.


 
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