Verbraucherrecht - Urteile usw. !

EuGH-Urteil: Mobilfunk - O2 erstattet Gebühren für bestimmte Kunden !

Bei bestimmten Mobilfunk-Kunden holt Telefónica (O2) aktuell eine Umstellung auf den seit 2017 geltenden EU-Roaming-Tarif nach und erstattet in diesem Zusammenhang Gebühren.
Damit setzt das Unternehmen die Vorgaben eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem September 2020 um (Rechtssache C-539/19).
Das teilte der Verbraucherzentralen-Bundesverband [vzbv] mit, der geklagt hatte.


Die Umstellung hätte bereits Mitte 2017 automatisch erfolgen müssen, wenn Kunden nicht widersprachen.
Ein Widerspruch ist auch heute noch möglich, etwa wenn ein alternativer Roaming-Tarif vorteilhafter ist, so der vzbv. Telefónica werde Betroffene hierüber rechtzeitig und individuell informieren.

Automatische Erstattung
Für den Zeitraum ab dem 3. September 2020 (Zeitpunkt des EuGH-Urteils) bis zum Zeitpunkt der möglichen nachträglichen Umstellung werden etwaige Mehrkosten für EU-Roaming oberhalb der Kosten des regulierten Tarifs automatisch erstattet, erklärt Telefónica auf einer Informationsseite.


Über die Seite können Betroffene zudem die Erstattung angefallener Gebühren im Zeitraum 15. Juni 2017 bis 2. September 2020 beantragen, die bei einer automatischen Umstellung in den regulierten EU-Roaming-Tarif nicht angefallen wären.

Erstattung auf Antrag
Dafür müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: Der Kunde hat mit Telefónica bereits vor dem 15. Juni 2017 einen Mobilfunkvertrag geschlossen und diesen nach dem 15. Juni 2017 innerhalb der Europäischen Union, beziehungsweise in Liechtenstein, Norwegen oder Island verwendet.

Außerdem muss Telefónica dafür Roaming-Entgelte in Rechnung gestellt haben, die bei einer Nutzung in Deutschland nicht angefallen wären.
Die Höhe der Entgelte müssen Kunden anhand entsprechender Belege wie Rechnungen oder Einzelverbindungsnachweisen nachweise.

2017 trat die letzte Stufe der EU-Roaming-Regulierung für den Mobilfunk innerhalb der EU in Kraft: die Abschaffung aller Extragebühren, damit Nutzer auch in anderen Ländern zu den gleichen Kosten wie daheim telefonieren und surfen können („Roam like at home“).

Zehn Prozent der Kunden betroffen
Mobilfunkanbieter mussten zum 15. Juli 2017 automatisch auf den regulierten EU-Roaming-Tarif umstellen, wenn Kunden dem nicht widersprachen.
Telefónica (O2) hatte aber nur bei jenen automatisch umgestellt, die auch schon vorher mit einem regulierten Roaming-Tarif telefonierten - nach Unternehmensangaben waren das 90 Prozent aller Kunden.

Die übrigen zehn Prozent hatten sich demnach für einen Roaming-Tarif zu anderen Konditionen entschieden, die Mobilfunk-Kunden nach wie vor buchen können.
Diese Gruppe war nicht automatisch umgestellt worden, sondern vom Unternehmen aufgefordert worden, die Umstellung per SMS zu beantragen.


 
Verfassungsklage abgelehnt: Ehepaar muss weiter auf Sterbehilfe warten !

Im Prozess um die Zugangsforderung zu einem tödlichen Medikament für zwei Senioren weist das Bundesverfassungsgericht die Klage ab.
Das Ehepaar solle in eigener Initiative nach "suizidhilfebereiten Personen" suchen und um eine "ärztliche Verschreibung des gewünschten Wirkstoffes bemühen".

Ein älteres Ehepaar, das seinen Tod selbst in die Hand nehmen möchte, bekommt auch durch eine Verfassungsbeschwerde keinen Zugang zu einem tödlichen Medikament vom zuständigen Bundesinstitut.
Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage von 2019 als unzulässig ab und verwies auf das Grundsatzurteil zur Sterbehilfe aus dem Februar 2020.

Dadurch hätten sich die Möglichkeiten der Kläger wesentlich verbessert, "ihren Wunsch nach einem selbstbestimmten Lebensende zu verwirklichen", teilte das Gericht in Karlsruhe mit.

Die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats hatten damals das Ende 2015 eingeführte Verbot von Sterbehilfe als Dienstleistung (§ 217 Strafgesetzbuch) für nichtig erklärt.
Die Politik wollte damit professionellen Sterbehelfern das Handwerk legen, die - oft gegen Bezahlung - tödliche Medikamente stellen oder eine Sterbewohnung organisieren.
Staat und Gesellschaft hätten aber zu respektieren, wenn jemand nicht mehr weiterleben wolle, urteilten die Richter, die erstmals ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben anerkannten.

Seither dürfen Sterbehilfe-Vereine wieder praktizieren.
Auch Ärzte, die Schwerstkranken ein tödliches Medikament zur Verfügung stellen, müssen keine Strafverfolgung mehr befürchten.
Die aktive Sterbehilfe - also die Tötung auf Verlangen - bleibt verboten.
Das Urteil nimmt dem Gesetzgeber aber nicht die Möglichkeit, die Sterbehilfe zu regulieren, etwa durch Aufklärungspflichten oder eine vorgeschriebene Wartezeit bis zum Vollzug.
In diesen Wochen werden dazu gerade die ersten Vorschläge vorgelegt und diskutiert.
Die Richter begründen ihre jetzige Zurückhaltung auch damit, dass sie den politischen Gestaltungsspielraum nicht einschränken wollen.

Sterbehilfe-Angebote nicht nur den unheilbaren Kranken vorbehalten
Die 1937 und 1944 geborenen Kläger sind nicht schwerkrank.
Sie hatten ihren Sterbewunsch damit begründet, dass sie nicht erleben möchten, wie ihre Kräfte nachlassen.
Zudem wolle nach einer langen Ehe keiner ohne den Anderen weiterleben.
Für ihren geplanten Suizid beantragten sie eine tödliche Dosis Natriumpentobarbital beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Dort wurde der Antrag 2014 abgelehnt.
Gerichte bis hinauf zum Bundesverwaltungsgericht bestätigten die Entscheidung.

Das hatte zwar selbst 2017 mit einem Urteil für Furore gesorgt, das die Abgabe eines tödlichen Medikaments in bestimmten Fällen vorsah.
Diese Ausnahme bezog sich aber nur auf schwer oder unheilbar kranke Menschen "in einer extremen Notlage".
Auf ausdrückliche Weisung des Gesundheitsministeriums hatte das Bundesinstitut trotzdem weiterhin sämtliche Anträge abgelehnt, das Urteil also nie umgesetzt.
Das Verfassungsgericht vertritt eine andere Position.
Nach seinem Urteil dürfen Sterbehilfe-Angebote nicht den unheilbar Kranken vorbehalten sein.
Der damalige Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hatte bei der Urteilsverkündung gesagt, das Recht, selbstbestimmt zu sterben, bestehe "in jeder Phase menschlicher Existenz".

In dem neuen Beschluss heißt es nun, das klagende Ehepaar sei "zunächst gehalten, durch aktive Suche nach suizidhilfebereiten Personen im Inland, durch Bemühungen um eine ärztliche Verschreibung des gewünschten Wirkstoffs oder auf anderem geeignetem Weg ihr anerkanntes Recht konkret zu verfolgen".
Nur so lasse sich "ermessen, welche konkreten Gestaltungsmöglichkeiten und tatsächlichen Räume die nunmehr geltende Rechtslage bietet".
Die Richter - diesmal einer Kammer des Ersten Senats - äußern auch die Hoffnung, dass dabei Konzepte zum Schutz vor Missbrauch erarbeitet werden könnten.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz liest die Entscheidung als Aufforderung an den Bundestag, trotz der Wahl im September keine vorschnellen Festlegungen zu treffen.
"Insbesondere wenn es um staatlich organisierte Beratungsangebote geht, sieht man, dass die vorgelegten Konzepte kaum in der Lage sind, die Selbstbestimmung eines Menschen objektiv zu ermitteln", sagte Vorstand Eugen Brysch.


 
OLG: Ansammlungsverbot hatte ausreichende Basis !

Das Ansammlungsverbot der im April und Mai vorigen Jahres geltenden Coronaschutzverordnung von Nordrhein-Westfalen hat eine ausreichende gesetzliche Grundlage und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Über entsprechende Entscheidungen berichtete am Dienstag das Oberlandesgericht (OLG) in Hamm.

Das OLG bestätigte zwei Urteile der Amtsgerichte Lemgo und Brakel wegen Verstößen gegen die Verordnung.
Die Gerichte hatten zwei Männer zu Geldbußen verurteilt, weil sie sich jeweils mit zwei weiteren Personen getroffen und den Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten hatten.
Erlaubt waren nur Zusammenkünfte von zwei Personen.
Die Männer waren gegen die Entscheidungen vorgegangen.
Die OLG-Beschlüsse sind nicht anfechtbar.

In einem Fall hatte im Mai 2020 ein Mann in Bad Salzuflen in der Nähe eines Jugendzentrums zwei weitere Personen getroffen, ohne Abstand zu halten.
Er war zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt worden.
Im anderen Fall war im April vorigen Jahres ein Mann in Brakel mit zwei anderen ohne die geforderte Distanz unterwegs.
Statt der vom Amtsgericht ausgesprochene Geldbuße von 230 Euro sah das OLG einen Betrag von 200 Euro als angemessen an.

In der seit dem 11. Januar geltenden Coronaschutzverordnung dürfen sich Menschen aus einem Haushalt nur noch mit einer weiteren Person treffen.


 
Urteil eines Sozialgerichts: Hartz IV - Anspruch auf 20 FFP2-Masken pro Woche !

Die Verwendung von FFP2-Masken ist auch eine Frage des Geldbeutels.
Wer ohnehin schon als Hartz-IV-Empfänger arm dran ist, muss wenigstens nicht noch mehr auf Kosten der Gesundheit knapsen.
Denn Jobcenter müssen ihnen kostenlose Masken zur Verfügung stellen oder den Regelsatz erhöhen.

Hartz-IV-Empfänger haben laut einem Urteil des Sozialgerichts (SG) Karlsruhe Anspruch auf wöchentlich 20 FFP2-Masken - als Sachleistung durch das Jobcenter oder als Geldleistung in Form eines um 129 Euro erhöhten monatlichen Regelsatzes durch die Behörde.
Das Gericht gab damit dem Eilantrag eines Arbeitsuchenden auf Gewährung eines im Epidemie-bedingten Einzelfall unabweisbaren Hygienebedarfs an FFP2-Masken bis zum Sommeranfang am 21. Juni 2021 statt (Az.: S 12 AS 213/21 ER).

Laut Urteil hatte der Kläger einen besonderen Mehrbedarf an wöchentlich 20 FFP2-Masken glaubhaft gemacht.
Ohne Mund-Nasen-Bedeckungen dieses Standards seien Empfänger von Grundsicherungsleistungen in ihrem Grundrecht auf sozialen Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt.
Nach drei Monaten Lockdown müssten Arbeitsuchende wieder am Gemeinschaftsleben in einer dem sozialen Existenzminimum entsprechenden Art und Weise teilnehmen können, befand das SG.

Nicht nur zur Befriedigung privater Bedürfnisse
Auf Alltagsmasken oder OP-Masken müssten sie sich nicht verweisen lassen.
Diese seien für den Infektionsschutz vor Sars-Cov-2-haltigen Aerosolen etwa in der Straßenbahn, im Supermarkt, im Treppenhaus, im Wartezimmer - auch angesichts der Virusvarianten - nicht gut genug geeignet.
Wer bei der Verrichtung alltäglicher Erledigungen trotzdem lediglich eine OP-Maske gebrauche und einen Mitmenschen mit dem lebensgefährlichen Virus anstecke, schädige eine andere Person an der Gesundheit und verstoße gegen das gesetzliche Verbot gefährlicher Körperverletzungen.
Dieses verbotswidrige Verhalten sei auch nicht allein deswegen außerhalb von Krankenhäusern oder Pflegeheimen erlaubt, weil die Corona-Verordnung FFP2-Masken lediglich dort vorschreibe und andernorts OP-Masken genügen lasse.

Zudem diene die Anerkennung individueller Mehrbedarfe an FFP2-Masken nicht nur der Befriedigung privater Bedürfnisse, befand das Gericht.
Sie bezwecke den Infektionsschutz der Allgemeinheit vor einer weiteren Verbreitung des Virus.
Zur effektiven Abwehr dieser gesteigerten Ansteckungsgefahr müsse die Mehrbedarfsgewährung wöchentlich 20 FFP2-Masken umfassen.
Dem Infektionsschutz werde ein Bärendienst erwiesen, falls nicht mindestens täglich eine neue Maske sowie durchschnittlich circa zwei weitere neue Ersatz-FFP2-Masken bereitgestellt würden.
Es sei davon auszugehen, dass wenige Personen bereit und fähig seien, fortlaufend zuverlässig die sehr hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen.

Das Urteil ist rechtskräftig.


 
BGH stellt klar: Auch Taschenrechner am Steuer tabu !

Wer sein Handy am Steuer benutzt, dem droht Ungemach.
Das gilt auch für andere elektronischen Geräte.
Zum Beispiel für einen herkömmlichen Taschenrechner.

Am Steuer gilt: Finger weg vom Mobiltelefon.
Wer sein Handy dann mit den Händen benutzt, muss mit Bußgeldern, Punkten und Fahrverboten rechnen.
Doch Autofahrer dürfen am Steuer auch keinen Taschenrechner benutzen.
Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt auch für den herkömmlichen Taschenrechner klargestellt.
Das teilten die Karlsruher Richter mit.

Der Autofahrer in dem konkreten Fall wird nun ein Bußgeld zahlen müssen.
Der Immobilienmakler war 2018 mit dem Taschenrechner in der Hand am Steuer erwischt worden.
Er wollte die Provision für einen bevorstehenden Kundentermin berechnen (Az.: 4 StR 526/19).

Sicherer, beide Hände am Lenkrad zu haben
Gesetzliche Grundlage der Entscheidung ist eine Änderung der Straßenverkehrsordnung aus dem Jahr 2017.
Bis dahin war nur das Benutzen von Mobil- und Autotelefonen am Steuer ausdrücklich verboten.
Die Neuregelung hat das Verbot auf alle elektronischen Geräte erweitert, die der Kommunikation, Information und Organisation dienen.
Erfasst sind außerdem Geräte der Unterhaltungselektronik und Navigationsgeräte.
Sie dürfen vom Fahrzeugführer nur noch benutzt werden, wenn sie hierfür weder aufgenommen noch in der Hand gehalten werden.
Auch dann darf der Fahrer den Blick nur kurz vom Verkehr abwenden oder er muss eine Sprachsteuerung nutzen.
Die entsprechende Verordnung soll gewährleisten, dass der Fahrzeugführer auch dann, wenn er ein Mobiltelefon benutzt, beide Hände frei hat, um die "Fahraufgabe" zu bewältigen.

Unklar war, ob auch der Taschenrechner unter die Vorschrift fällt.
Das Oberlandesgericht Hamm hatte beim BGH angefragt, weil sich die Gerichte nicht einig waren.
Der Makler, der nicht nur mit Rechner, sondern auch zu schnell unterwegs war, war vom Amtsgericht Lippstadt in Westfalen zu einem Bußgeld von 147,50 Euro verurteilt worden.

Grundsätzlich ist es immer sicherer, beide Hände am Lenkrad zu haben.
Jede Bedienung von Kommunikationsgeräten stört die Konzentration.
Einer Studie eines britischen Instituts zufolge verlängert sich die Reaktionszeit um mehr als 2,5 Sekunden, wenn Autofahrer beispielsweise eine Smartwatch im Wagen nutzen.
Damit reagieren sie sogar langsamer als beim Gebrauch eines Smartphones (etwa 1,85 Sekunden).


 
Kilometer-Leasing: Bundesgerichtshof prüft Widerrufsrecht !

Karlsruhe - Der Bundesgerichtshof (BGH) klärt heute (11.00 Uhr), in welchen Fällen Verbraucher einen Leasing-Vertrag für ein Auto widerrufen können.
Beim Leasen kauft der Kunde das Auto nicht, sondern zahlt monatliche Raten.

Es gibt zwei Modelle: Entweder wird vereinbart, wie viele Kilometer der Kunde voraussichtlich fährt.
Oder es wird festgelegt, wie viel das Auto am Laufzeit-Ende noch wert sein dürfte.
Restwert-Verträge können widerrufen werden.

Beim Kilometer-Leasing dagegen ist unklar, ob das geht - jetzt soll die Frage in Karlsruhe letztinstanzlich entschieden werden.
In dem Musterfall richtet sich die Klage gegen die Leasinggesellschaft von Mercedes Benz.
Ob es schon ein Urteil gibt, ist offen.

Der Hintergrund: Normalerweise beträgt die Frist für den Widerruf 14 Tage.
Wird der Verbraucher aber nicht ordnungsgemäß über seine Rechte informiert, beginnt diese Frist gar nicht zu laufen.
Der Vertrag kann dann noch nach Jahren widerrufen werden.
Entdecken Anwälte so einen "Widerrufsjoker", kann das für Verbraucher eine gute Möglichkeit sein, ihr Auto günstig wieder loszuwerden. (Az. VIII ZR 36/20)


 
Klostreich im Büro kann Folgen haben !

Harmloser Spaß ? Warum Sie Ihre Kollegen nicht auf der Toilette ärgern sollten.

Egal ob im Spaß oder im Streit: Wer seinen Kollegen auf der Toilette einsperrt, riskiert die fristlose Kündigung.
Das bestätigt nun auch ein Gerichtsurteil.
In diesem Fall hatte der Arbeitgeber gleich mehrere Gründe.

Den Kollegen aus Wut auf der Toilette einzusperren, ist nicht nur kindisch.
Es kann Sie auch den Job kosten.
Das zeigt der Fall eines Lageristen aus Siegburg.
Dieser geriet mit einem Kollegen immer wieder in Streit.

Eines Tages entschloss er sich, dem ungeliebten Kollegen eins auszuwischen.
Als sich dieser auf der Toilette befand, schob der Lagerist mit einem Gegenstand den Toilettenschlüssel aus dem Schloss.
Der fiel auf ein Blatt Papier, mit dem der Lagerist den Schlüssel nach außen zog.

Der ungeliebte Kollege saß nun fest: Er konnte selbst nicht mehr aufschließen.
Nach Gerichtsangaben verharrte er so lange in der Toilette, bis er kurzerhand die Tür eintrat.

Es braucht nicht einmal eine Abmahnung
Daraufhin verlor der Lagerist seinen Job.
Nun klagte er vor Gericht gegen die fristlose Kündigung – doch das Gericht sieht den Arbeitgeber im Recht.
Denn der Kläger habe seinen Kollegen "zumindest zeitweise seiner Freiheit und der ungehinderten Möglichkeit des Verlassens der Toilette beraubt".
Dies stelle laut Gericht eine "ganz erhebliche Pflichtverletzung" dar.

Außerdem sei mit der Toilettentür das Eigentum des Arbeitgebers beschädigt worden.
In einem solchen Fall muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht vorher abmahnen, so das Gericht.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Gegen das Urteil kann der Kläger Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln einlegen.


 
BGH entscheidet: Kein Widerrufsrecht beim Kilometer-Leasing !

Ein neues Auto ein paar Jahre fahren - und dann mit einem juristischen Kniff via "Widerrufsjoker" kostengünstig loswerden.
Klingt pfiffig, ist beim sogenannten Kilometer-Leasing für Verbraucher aber nicht möglich, entscheidet der Bundesgerichtshof.

Verbraucher haben beim Kilometer-Leasing kein gesetzliches Widerrufsrecht.
Es gebe hier keine Gesetzeslücke, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.
Ein Leasingnehmer hatte gegen die Mercedes Benz Leasing GmbH geklagt. (Az. VIII ZR 36/20)

Der Mann hatte Anfang 2015 mit der Gesellschaft einen Kilometer-Leasingvertrag für vier Jahre vereinbart.
Nach etwas mehr als drei Jahren widerrief er den Vertrag jedoch.
Ab dem Zeitpunkt zahlte er die monatlichen Raten nur noch unter Vorbehalt.

Gegen die Leasinggesellschaft zog er vor das Landgericht Stuttgart, das die Klage allerdings abwies.
Auch in der Berufung vor dem Oberlandesgericht scheiterte er, weshalb er beim BGH Revision einlegte.
Von der Leasinggesellschaft verlangte er nun noch knapp 20.000 Euro.

Keine Gesetzeslücke bei Kilometer-Leasingverträge
Im Gesetz werden Kilometer-Leasingverträge nicht ausdrücklich erwähnt.
Ein gesetzliches Widerrufsrecht bei der sogenannten entgeltlichen Nutzung eines Gegenstands ist nur für bestimmte Fälle vorgesehen.
Etwa wenn der Verbraucher nach dem Auslaufen des Vertrags entweder für den Restwert einstehen oder den Gegenstand kaufen muss oder der Unternehmer den Kauf verlangen kann.

Beim Kilometer-Leasing ist all dies nicht der Fall.
Der Leasingnehmer vereinbart bei Vertragsabschluss nur eine bestimmte Anzahl von Kilometern, die er fahren wird.
Nach der Rückgabe des Autos werden die zu viel oder zu wenig gefahrenen Kilometer finanziell ausgeglichen - fährt der Verbraucher also mehr, muss er auch mehr zahlen.
Im gegenteiligen Fall bekommt er Geld zurück.

Die zentrale Frage in der Verhandlung war, ob es womöglich eine Gesetzeslücke gibt und die gesetzliche Regelung auch für Kilometer-Leasingverträge angewandt werden muss - der Kunde den Vertrag also widerrufen darf.
Das sei aber nicht so, entschied der BGH.

Das Urteil ist für zahlreiche andere Fälle wegweisend: Allein am BGH sind nach Angaben der Vorsitzenden Richterin Karin Milger noch beinahe 30 ähnliche Verfahren anhängig.
Es handle sich also um eine "Frage von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung", sagte sie.


 
Altersdiskriminierung vor BGH: Mann klagt, weil er bei Party nicht reinkommt !

Wer Party machen will und am Türsteher scheitert, ärgert sich.
Vor allem dann, wenn der Grund der Zurückweisung nach Diskriminierung klingt.
In München wurde ein Mann abgewiesen, weil er zu alt aussah.
Er klagt nun vor dem Bundesgerichtshof.

Graue Haare im Stoppelbart, Lachfalten um die Augen: Sieht Nils Kratzer deswegen zu alt aus, um an einem Sommerabend beim "Isarrauschen" auf der Praterinsel in München zu feiern?
Ja, entschieden die Sicherheitsleute an der Einlasskontrolle - und verwehrten dem damals 44-Jährigen und zwei Begleitern den Zutritt.
Nein, findet Kratzer und sah sich diskriminiert.
Er beruft sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und fordert 1000 Euro Entschädigung.
Damit hat er sich durch die Instanzen geklagt.
Sein Fall wurde am Donnerstag vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt. (Az. VII ZR 78/20)

"Ich habe noch nie erlebt, dass mir jemand ins Gesicht sagt, ich sei zu alt für ein Festival", erklärte Kratzer vor der Verhandlung.
"Im Gegenteil.
Ich bin in der Vergangenheit bundesweit mit meinen Freunden oft auf Festivals gegangen, auf denen alle Altersklassen vertreten sind."
Dort treffe man auch über 70-Jährige an.
"Teilnehmer in meinem Alter sind dort der Regelfall und keine Aliens."
Er wolle auch mit 70 Jahren noch die Möglichkeiten haben, "mich mit Alt und Jung zu amüsieren", so Kratzer.
"Die Interaktion von Alt und Jung ist in jeglicher Hinsicht befruchtend für alle Generationen."

"Nicht passendes Gästepotenzial"
Im konkreten Fall konnten sowohl das Münchner Amtsgericht als auch das Landgericht München I aber die Entscheidung der Veranstalter nachvollziehen.
Das Open-Air-Event im August 2017 sei nicht für ein allgemeines Publikum, sondern für Personen im Alter von 18 bis 28 Jahren gedacht gewesen.
Dem Geschäftsführer zufolge gab es kein generelles Zutrittsverbot für Menschen ab einem bestimmten Alter.
Er sei selber 39 Jahre alt.
Aber das Türpersonal habe die Anweisung bekommen, "nicht passendes Gästepotenzial" auszusortieren.
"Hinsichtlich der Zugehörigkeit zur altersmäßig definierten Zielgruppe sei es auf den optischen Eindruck angekommen, eine Alterskontrolle habe nicht stattgefunden", beschreibt der BGH.

Entscheidend dabei war aus Sicht der Gerichte auch, dass die Teilnehmerzahl auf 1500 begrenzt war.
Für den Erfolg einer so kleinen Veranstaltung sei ein "nach Alter und Aufmachung homogenes Publikum" ein maßgebliches Kriterium.
Deutlich anders sei dies bei größeren Events wie Konzerten in Fußballstadien oder Musikfestivals mit zig Tausenden Besuchern zu beurteilen, befanden die Münchner Richter.
Das Benachteiligungsverbot gemäß AGG sei auf Massengeschäfte beschränkt.

Das AGG, auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, ist seit 2006 in Kraft.
Seither gab es bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sechs Anfragen von Menschen, die sich wegen ihres Alters beim Einlass in Diskotheken oder Clubs diskriminiert sahen.
Deutlich häufiger wurde Diskriminierung wegen des Geschlechts als Grund angegeben (73 Anfragen).
Noch öfter - 320 Anfragen - sahen sich den Angaben nach Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft beziehungsweise aus rassistischen Gründen beim Einlass diskriminiert.
Hierzu gebe es auch schon relativ viel Rechtsprechung, erklärte ein Sprecher.
Weil aber in puncto Altersdiskriminierung Leitsätze zur Auslegung der Vorschriften fehlten, ließ das Landgericht die Revision zum BGH zu.

Nicht jede Ungleichbehandlung Diskriminierung?
Sandra Warden, Geschäftsführerin im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), erklärt: "Nicht jede Ungleichbehandlung ist eine Diskriminierung."
Der Gastronom dürfe frei entscheiden, wen er bewirtet.
"Das Hausrecht ist in unserem Land ein hohes Gut."
So könnten Gäste, die den Dresscode nicht erfüllen oder die stark alkoholisiert sind, abgewiesen werden.
Dabei gehe es auch um das Sicherheitsbedürfnis.
Auch altersbedingte Ungleichbehandlungen können aus Wardens Sicht gerechtfertigt sein.
Als Beispiel nennt sie Ü30-Partys, die bestimmte Gäste gezielt ansprechen sollen.

Rechtsgrundlage für das Handeln der Türsteher ist dem Allgemeinen Schutz- und Sicherheitsverband zufolge die Hausordnung und der Vertrag mit dem Veranstalter.
In der Hausordnung müsse klar definiert sein, wer reingelassen werden darf.
Zudem sollte ein sogenanntes Wachbuch, ein Dienstprotokoll, geführt werden.
"Anhand dieses Protokolls könnte man vergleichen, ob andere ältere Gäste auch abgewiesen wurden.
Solche Vorfälle müssen dokumentiert werden."

Kratzers Fall treibt mitunter kuriose Blüten.
Zum Beweis, dass er "keinesfalls" alt aussehe oder wirke, bot er vor dem Amtsgericht seine damalige, jüngere Partnerin als Zeugin an.
München scheine überdies ein "besonderes Pflaster für Diskriminierungen jeglicher Art zu sein", findet der 47-Jährige und verweist auf eine Bar, die ihn als Mann abgewiesen habe, sowie auf andere Fälle in der Stadt, in denen Gäste wegen ihrer Hautfarbe abgewiesen worden seien.

Die Gegenseite argumentierte wiederum mit diversen Verfahren Kratzers, in denen er unter Berufung auf das AGG vor Gericht zog und damit Geld gemacht habe.
Solche Vorwürfe weist der 47-Jährige vehement zurück: Die Geltendmachung der Geldansprüche solle nach der Gesetzesintention abschreckende Wirkung auf die Diskriminierenden haben.
"Ich verfolge meine Rechte diesbezüglich nunmehr seit fast vier Jahren", erklärte er.
"Ich habe Geld hierfür investiert, das die eingeklagte Entschädigungssumme um ein Vielfaches übersteigt."

Eine Entscheidung will der siebte Zivilsenat am 5. Mai verkünden.


 
Ein Hartz-IV-Empfänger hatte geklagt: Gericht urteilt - Jobcenter muss Kosten für FFP2-Masken nicht übernehmen !

Hartz-IV-Bezieher haben nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Dresden keinen Anspruch auf zusätzliches Geld vom Jobcenter für den Kauf von FFP2-Masken.
Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in dieser Sache sei am Montag abgelehnt worden, teilte das Gericht am Dienstag mit.

Ein alleinstehender Arbeitsloser hatte verlangt, dass ihm zum Schutz vor dem Corona-Virus monatlich zwölf FFP2-Masken bezahlt werden.
Er habe jedoch nicht nachweisen können, dass „unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht“, so das Gericht.
Der Beschluss kann nicht angefochten werden.

Gericht begründete Ablehnung mit der sächsischen Corona-Verordnung

Das Sozialgericht Karlsruhe hatte Mitte Februar entschieden, dass Hartz-IV-Empfängern monatlich 129 Euro mehr zum Arbeitslosengeld II gezahlt werden müssen.
Dies solle zur Deckung des Mehrbedarfs für Corona-Schutzmasken dienen.
Nachdem dieses Urteil bekannt wurde, gingen auch beim Sozialgericht Dresden einige Eilanträge dieser Art ein.
Im nun vorliegenden Fall sahen die Richter den Einzelfall offensichtlich anders als ihre Kollegen in Karlsruhe.

Eine absolute Pflicht zum Tragen einer Maske mit höheren Schutz sei in der sächsischen Corona-Verordnung nur für wenige Ausnahmen etwa in der ambulanten Pflege vorgeschrieben.
Dies träfe für den Antragsteller jedoch nicht zu.
Für den Nahverkehr, beim Einkaufen und in Arztpraxen und Krankenhäusern reichten OP-Masken aus, die der Mann günstig im Discounter kaufen könne.
Diese Masken würden bei korrekter Anwendung einen ausreichenden Fremd- und hinreichenden Eigenschutz bieten.
Für deren Erwerb seien die Hartz-IV-Zahlungen ausreichend, die der Antragsteller bereits erhalte.


 
Karlsruhe schmettert Eilantrag ab: Krebskranker erhält keine sofortige Corona-Impfung !

Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag eines älteren krebskranken Mannes aus Bayern abgewiesen, der vor seiner Chemotherapie sofort gegen das Coronavirus geimpft werden wollte.
Der Mann, der eigentlich erst in der zweiten Impfgruppe an der Reihe ist, habe „nicht hinreichend nachvollziehbar vorgetragen“, warum ihm durch das Abwarten ein schwerer Nachteil entstehe, heißt es in der Entscheidung.
Der Beschluss vom 22. Februar wurde am Freitag in Karlsruhe veröffentlicht (Az. 1 BvQ 15/21).

Der Mann hatte sich zuvor schon vergeblich an die bayerischen Verwaltungsgerichte gewandt.
Der Verwaltungsgerichtshof in München hatte seinen Eilantrag am 10. Februar mit der Begründung abgewiesen, dies sei „kein atypischer Einzelfall“.
Auch die Verfassungsrichter schreiben, der Mann habe nicht dargelegt, warum er nicht auch in Gruppe zwei eine erste Impfung „alsbald erhalten könne“.
Außerdem habe er „nicht hinreichend vorgetragen, dass ihm eine risikoverringernde Isolation unmöglich sei“.


 
Wichtiges Urteil zum Arbeitsrecht !

EU-Urteil - Rufbereitschaft kann voll als Arbeitszeit gelten.

Zählt die Rufbereitschaft auch als Arbeitszeit? Normalerweise tut sie das nicht.
Nun ist ein wichtiges Urteil dazu gefallen.

Berufliche Rufbereitschaft kann bei erheblichen Einschränkungen komplett als Arbeitszeit betrachtet werden.
Das geht aus einem am Dienstag verkündeten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervor.

Hintergrund ist ein Fall aus Offenbach, bei dem ein Feuerwehrbeamter während seiner Bereitschaft zwar nicht in der Dienststelle, aber binnen 20 Minuten einsatzbereit an der Stadtgrenze sein muss.
Das letzte Wort in diesem Fall habe ein deutsches Gericht, hieß es. (Rechtssache: C-580/19)


Urteil sagt nichts über Bezahlung aus
Die Luxemburger Richter stellten klar, dass Bereitschaftszeit Arbeitszeit sei, wenn die auferlegten Einschränkungen der Bereitschaft die Möglichkeiten seine Zeit "frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen".

Neben Einschränkungen müssten aber auch Erleichterungen berücksichtigt werden.
Dies könne etwa ein Dienstwagen mit Blaulicht und entsprechenden Sonderrechten sein.
Im Offenbacher Fall kann der Feuerwehrmann ein Einsatzfahrzeug nutzen.

Das EuGH-Urteil sagt darüber hinaus nichts dazu, wie eine Bereitschaftszeit bezahlt werden muss, wenn sie als Arbeitszeit eingestuft wird.
Zudem kann es auf andere Berufsgruppen übertragen werden.
Der EuGH betont jedoch, dass immer der konkrete Einzelfall betrachtet werden müsse.


 
Zurück
Oben Unten