Die Netzpolitik.org-Affäre !

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Die Netzpolitik.org-Affäre !

Nach „Netzpolitik.org“-Affäre: Justizminister Maas schmeißt Generalbundesanwalt Range raus !

Berlin – Nach den schweren Anschuldigungen gegen das Bundesjustizministerium muss Generalbundesanwalt Harald Range seinen Posten räumen.

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Justizminister Heiko Maas (SPD) kündigte am Dienstagabend in Berlin an, Range werde in Absprache mit dem Kanzleramt in den Ruhestand versetzt.
Dies werde er noch am Abend beim Bundespräsidenten beantragen.
Nachfolger solle der Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank werden.

Das Vertrauen zu Range sei nachhaltig gestört, sagte der Ressortchef.
Die jüngsten Äußerungen und das Vorgehen des Generalbundesanwalts seien nicht nachvollziehbar und vermittelten der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck.

In der Affäre um Landesverrats-Ermittlungen gegen Journalisten des Blogs „Netzpolitik.org“ hatte Range das Justizressort zuvor frontal attackiert und dem Ministerium politische Einflussnahme vorgeworfen.


 
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Verdacht des Landesverrats: Ermittlungen gegen netzpolitik.org eingestellt !

Nach dem vorübergehenden Aussetzen hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen gegen netzpokitik.org nun eingestellt. Als Grund hierfür wird die Einschätzung, dass es sich bei den veröffentlichten Dokumenten nicht um Staatsgeheimnisse im Sinne des § 93 StGB gehandelt habe, genannt; auch das Bundesjustizministerium geht hiervon aus.


Er geht davon aus, dass zumindest auf Seiten des Bundesinnenministeriums die Unwahrheit gesagt wurde.
Dabei geht es vor allem um die Frage, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz das Ministerium frühzeitig informiert hatte.
Allerdings habe man noch immer keine Akteneinsicht erhalten, vermutlich aufgrund von dort enthaltenen Unterlagen des Verfassungsschutzes.

Generell stellt sich die Frage, wer wann was gewusst hat.
So erklärte Generalbundesanwalt Range am vergangenen Dienstag, er hätte am vorherigen Freitag einen beauftragen externen Gutachter wie vom Bundesjustizministerium gewünscht von seinem Auftrag entbunden, laut letzterem sei dieser am Montag aber noch immer tätig gewesen.
Zudem muss geklärt werden, wer die entsprechende Weisung erteilt habe, nach eigener Aussage kam sie nicht von Bundesjustizminister Maas.

Unmittelbare Konsequenzen hatten die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Landesverrat nur für Range selbst: Nach seinen Äußerungen wurde er abberufen.

Wer die Unterlagen an netzpolitik.org weitergeleitet hat, ist noch nicht geklärt.
Diesbezüglich wird die Untersuchung jedoch fortgesetzt.


 
Rechtsausschuss berät am Mittwoch über Fall Netzpolitik.org !

Berlin. Im Fall Netzpolitik.org gibt es noch viele offene Fragen.
Der Rechtsausschuss hat daher vier Beteiligte eingeladen.
Doch die müssen nicht erscheinen.

Der Rechtsausschuss des Bundestages berät am Mittwoch über die Affäre um den Blog Netzpolitik.org.
Das Gremium soll vor und nach der Sondersitzung des Parlaments tagen, wie die Ausschussvorsitzende Renate Künast (Grüne) am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte.
Eingeladen sind Justizminister Heiko Maas (SPD), der scheidende Generalbundesanwalt Harald Range, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen.
Ob sie erscheinen werden, ist noch unklar.
Verpflichtet sind sie dazu nicht.

"Wirklich aufgeklärt ist bislang noch nichts", sagte Künast.
Die vier Beteiligten müssten ihre Rolle in dem Fall erklären.
Offen sei etwa, warum Justizminister Maas nicht früher interveniert habe.
Auch die Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, mahnte, die Regierung müsse erklären, "wie es zu diesem Angriff auf die Pressefreiheit kommen konnte und wer darüber informiert war".

Der Blog Netzpolitik.org war ins Visier der Bundesanwaltschaft geraten, nachdem die Gruppe vertrauliche Verfassungsschutz-Dokumente im Internet veröffentlicht und der Inlandsgeheimdienst deswegen Anzeige erstattet hatte.
Nach heftiger Kritik wurden die Ermittlungen wegen Verdachts des Landesverrats gegen die Blogger eingestellt.
Range kostete die Affäre seinen Posten.
Offiziell ist er laut Künast noch im Amt, da er seine Entlassungsurkunde noch nicht erhalten hat.


 
Rechtsausschuss will Verfahren aufklären !

Die Landesverrat-Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wurden zwar mittlerweile eingestellt, doch politisch ist der Fall noch nicht abgehakt.
Nun hat sich auch der Rechtsausschuss des Bundestags im Rahmen einer Sondersitzung mit dem Verfahren befasst.

Bei dieser Sitzung ging es in erster Linie um den Streit zwischen Justizminister Heiko Maas und dem ehemaligen Generalbundesanwalt Harald Range, der infolge des Skandals seinen Hut nehmen musste.
Im Kern geht es dabei um das Gutachten, das Range bei einem externen Sachverständigen in Auftrag gegeben hatte.
Dieser sollte klären, ob es sich bei den von Netzpolitik.org veröffentlichten Verfassungsschutz-Dokumenten tatsächlich um Staatsgeheimnisse gehandelt hat, die eine Anklage wegen Landesverrat rechtfertigen.

Der Vorwurf von Range lautet nun: Nachdem Ende Juli bekannt wurde, dass die Generalbundesanwaltschaft wegen Landesverrat ermittelt, habe das Justizministerium Druck ausgeübt.
Der Auftrag für das externe Gutachten sollte zurückgezogen werden, ansonsten müsse der Generalbundesanwalt seinen Hut nehmen – für Range ein politischer Eingriff, der die Unabhängigkeit der Justiz untergräbt.

Doch gegen diese Darstellung wehren sich sowohl Maas als auch die zuständige Staatssekretärin.
Demnach habe sich das Justizministerium zusammen mit der Generalbundesanwaltschaft drauf verständigt, dass externe Gutachten zu stoppen, weil die Fertigstellung zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte.
Darüber hinaus sei Ranges Versetzung in den Ruhestand keine Konsequenz aus dem Ermittlungsverfahren selbst gewesen.
Dieser Schritt sei vielmehr eine Folge von der Pressekonferenz, in der Range dem Ministerium einen „unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz“ vorgeworfen hatte.
Damit sei keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich gewesen, so Maas.

Bereits vor der Sondersitzung im Rechtsausschuss hatten zahlreiche Juristen die Haltung von Range kritisiert.
Denn bei diesem handele es sich letztlich nicht um einen klassischen Richter, sondern einen politischen Beamten, der an die Weisungen des Justizministeriums gebunden ist.
Allerdings wird auch Maas vorgeworfen, dass er erst eingegriffen hat, als das Ermittlungsverfahren publik wurde – und nicht bereits in den Wochen zuvor.

Innenministerium und Verfassungsschutz stellen sich stumm
Derweil steht immer noch die Frage im Raum, inwieweit das Bundesinnenministerium in die vom Verfassungsschutz gestellte Anzeige involviert war.
Dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen nicht selbst an der Sitzung teilnahmen, sondern lediglich Vertreter schickten, wurde vor allem von der Opposition kritisiert.
Denn nach wie vor ist unklar, inwieweit im Innenministerium bekannt war, dass Ermittlungen sich nicht nur gegen Unbekannt richten, sondern auch auf Journalisten abzielen sollten.
Ebenso umstritten ist die Rolle von Maaßen, der das Chaos mit seiner Anzeige erst ausgelöst hat.

Abgehandelt ist das Thema noch nicht. Nach der parlamentarischen Sommerpause will sich der Rechtsausschuss erneut damit befassen.
Derweil hat die Generalbundesanwaltschaft das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Berlin abgegeben.
Denn bislang wurden nur die Ermittlungen gegen die Netzpolitik.org-Journalisten eingestellt – nach dem Whistleblower fahnden die Behörden immer noch.


 
Hacker-Kongress 32C3: Was von den Landesverrat-Ermittlungen bleibt !

Die Landesverrat-Ermittlungen gegen Netzpolitik.org bestimmten im Sommer die Schlagzeilen.
Mittlerweile wurde das Verfahren zwar offiziell eingestellt, doch einige Fragen sind immer noch offen, erklärt Netzpolitik.org-Autor Markus Beckedahl anlässlich eines Vortrags auf dem Hacker-Kongress 32C3.

Die Vorgeschichte der Landesverrat-Klage ist schnell erzählt: Im Februar dieses Jahres hatte Netzpolitik.org die Haushaltspläne vom Verfassungsschutz veröffentlicht, die unter anderem zeigen: Der Dienst plant eine massenhafte Auswertung von Internetinhalten.
Für die ohnehin von Leaks geplagten Geheimdienste war das offenbar zu viel.
Der Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen erstattet Anzeige.
Diese richtete sich zwar offiziell gegen Unbekannt, doch mit prominent platzierten Namen der Netzpolitik.org-Autoren Markus Beckedahl und Andre Meister war relativ klar, wen die Geheimdienstler im Auge hatten.

Was die Geheimdienstler allerdings offenkundig unterschätzt hatten, war die öffentliche Wirkung.
Zu stark ist das David-gegen-Goliath-Motiv.
Denn nachdem die Landesverrat-Ermittlungen gegen die Netzpolitik.org-Autoren publik wurden, startete eine Solidaritätswelle, die die Betreiber des Portals regelrecht überrollte.
In den Redaktionsräumen von Netzpolitik.org rappelte das Telefon praktisch im Minutentakt, so Beckedahl.
Zudem bestimmte das Thema über Tage die Schlagzeilen, selbst die klassischen Nachrichtensendungen wie Tagesschau und Heute Journal berichteten mehrmals.
Hinzu kamen zahlreiche Spenden, bei Twitter wurde die IBAN-Kontonummer von Netzpolitik.org sogar zum Trending-Topic.

Dass in den Medien so viel Raum für Empörung eingeräumt wurde, lag allerdings auch am Zeitraum.
Anfang August herrschte in puncto Nachrichten die typische Sommerflaute, kein Thema wie etwa die Euro- oder die Flüchtlingskrise konkurrierten mit den Landesverrat-Ermittlungen.
„Wir hatten Glück, dass wir ins Sommerloch gefallen sind“, lautet daher auch das Fazit von Beckedahl.

Viele offene Fragen
Letztlich sind die Ermittlungen aber noch glimpflich verlaufen und wurden mittlerweile auch offiziell eingestellt.
Einige Fragen sind aber immer noch offen.
So ist etwa nach wie vor unklar, warum der Generalbundesanwalt überhaupt die Ermittlung gestartet hat, wenn offenkundig klar war, dass so ein Verfahren zu nichts führt?
Da liegt nach wie vor der Verdacht nahe, dass in erster Linie die Quellen innerhalb der Sicherheitsbehörden und Ministerien eingeschüchtert werden sollten.

Ebenso erstaunlich wirkt, dass im Nachhinein niemand verantwortlich sein will.
Sowohl das Justizministerium als auch das Innenministerium hatten erklärt, praktisch erst aus den Medien von den Landesverrats-Ermittlungen erfahren zu haben.
An dieser Version bestehen allerdings Zweifel.
Denn im Verlauf der Debatte zeigte sich, dass eigentlich das halbe Innenministerium von den Ermittlungen gewusst haben muss.
Wie viel Justizminister Maas wusste, ist ebenfalls unklar.
Auf alle Fälle hat sein öffentliches Scharmützel mit Generalbundesanwalt Harald Range dazu geführt, dass dieser – als praktisch einziger politischer Kollateralschaden – zurücktreten musste.

Und welche Rolle Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen im Hintergrund spielte, lässt sich auch nur erahnen.
Beckedahl findet es ohnehin fragwürdig, dass deutsche Geheimdienste zwei Jahre nach den Enthüllungen von Edward Snowden in einer Art „Machbarkeitsstudie“ prüfen können, wie sich hierzulande gegen unliebsame Berichte vorgehen lässt.

Wie das Verfahren genau eingeleitet wurde, lässt sich allerdings auch nicht mit den Ermittlungsakten nachvollziehen.
Diese wollten die Anwälte von Netzpolitik.org zwar einsehen, übermittelt wurden aber lediglich „frisierte Akten“, so Beckedahl.
Es gab zwar Vermerke, die Gespräche zwischen Generalbundesanwalt und Verfassungsschutz protokollieren, doch die Inhalte fehlen.
Ein bezeichnender Aspekt ist allerdings, dass die Ermittlungsakten mit einer noch höheren Geheimhaltungsstufe versehen sind als die Haushaltsdokumente des Verfassungsschutzes, die Netzpolitik.org Anfang des Jahres veröffentlicht hatte.

Politische Forderung: Besserer Schutz für Whistleblower und Journalisten
Eine der Kernfragen ist auch noch, welche politischen Schlüsse aus dem Landesverrat-Skandal gezogen werden.
Laut Beckedahl werde zumindest eine neue Definition für Staatsgeheimnisse benötigt.
Denn bis dato können Behörden praktisch willkürlich entscheiden, mit welchem Geheimhaltungsgrad ein Dokument eingestuft wird.
Allerdings: „Vorgänge des Zeitgeschehens dürfen kein Staatsgeheimnis sein“, so Beckedahl.
Das würde vor allem die Arbeit von Journalisten erleichtern, weil diese dann nicht vom Damoklesschwert einer Landesverrat-Klage bedroht sind.
Darüber hinaus müsse die Pressefreiheit künftig für alle gelten, die journalistisch arbeiten – und nicht nur die, die damit Geld verdienen.
Ebenso müsse in Deutschland endlich für einen rechtlichen Schutz von Whistleblowern gesorgt werden.
Und damit Journalisten ihre Quellen effektiv absichern können, müsse auch die Vorratsdatenspeicherung inklusive des Datenhehlerei-Paragraphen wieder abgeschafft werden.


 
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