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397. Verhandlungstag: Der Polizistenmord von Heilbronn und die Zweifel der Nebenklage !
Dass der NSU im April 2007 den Polizistenmord in Heilbronn verübte, daran hat auch die Nebenklage keinen Zweifel.
Allerdings machten die Anwälte der Opfer und Hinterbliebenen heute klar, dass sie viele Fragen noch für ungeklärt halten.
Zuvor hatte ein Opferanwalt detailliert geschildert, warum der Angeklagte Ralf Wohlleben vermutlich eine zentrale Rolle für die Terrorgruppe spielte.
Es war eine Tat, die aus der Reihe fällt: Der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter und der versuchte Mord an ihrem Kollegen Martin A. am 25. April 2007 in Heilbronn.
Die beiden Beamten machten gerade ihre Mittagspause auf der Theresienwiese, als sich von hinten die Täter dem Einsatzfahrzeug näherten und unvermittelt schossen.
Was war das Motiv für den Polizistenmord?
Es ist die einzige Mordtat, die dem NSU zugeschrieben wird und zu der er sich auch in einem Video bekannt hat, die sich nicht gegen Migranten richtete – anders als die drei Bombenattentate und neun Morde zuvor.
Bei einem Anschlag gegen deutsche Polizisten kommt Rassismus als Motiv kaum infrage.
Aber was dann?
Hass auf den Staat und seine Vertreter, vermutet die Bundesanwaltschaft.
Doch Rechtsanwalt Walter Martinek, der den damals schwerverletzten Polizisten Martin A. im NSU-Prozess vertritt, hat da seine Zweifel.
Brauchte der NSU wirklich neue Waffen?
Auch die Vermutung der Bundesanwaltschaft, dass die Neonazi-Terroristen zuschlugen, um sich neue Waffen zu besorgen, ist für Anwalt Martinek nicht schlüssig:
Was Opferanwalt Martinek zudem stutzig macht: Zahlreiche Hinweise und Zeugenaussagen zum Heilbronner Polizistenmord seien die Ermittlungsbehörden nicht nachgegangen – insbesondere solchen, die darauf hindeuten, dass es mehr als zwei Täter vor Ort gegeben haben muss.
Zweifel an der Trio-These
Auch der Ex-Polizist und einstige CDU-Bundestagsabgeordnete Clemens Binninger, der bis vor einem halben Jahr den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages leitete, kann sich schwer vorstellen, dass der NSU in Heilbronn – und auch anderswo – nur zu zweit zuschlug:
Nebenklage-Anwalt Walter Martinek glaubt jedoch nicht, dass im Fall Heilbronn die Polizei schlecht gearbeitet hat, er vermutet, dass Geheimdienste Einfluss genommen haben auf die Ermittlungen: "Es ist eher ein Problem auf der Ebene der Dienste oder weit oben, als ein Problem bei den Ermittlungsbehörden", so Martinek.
"Die haben ermittelt bis zum Umfallen.
Es ist ja alles ermittelt worden – ohne irgendein Ergebnis."
Leider, so der Opferanwalt, hat auch der Prozess keine weitergehende Aufklärung im Heilbronner Polizistenmord erbracht, das sei aber wohl auch nicht Aufgabe des Prozesses.
Der Prozess: Eine große Leistung des Rechtsstaates
Für Martineks Kollegen Stefan Gärtner, der die Mutter der ermordeten Polizistin vertritt, ist der NSU-Prozess dennoch eine große Leistung des Rechtsstaates.
In seinem Plädoyer nahm Gärtner die Hauptangeklagte besonders ins Visier: Beate Zschäpe sei eine eiskalt berechnende, selbstbezogene und selbstsüchtige Person.
Dass sie von den Morden immer erst im Nachhinein erfahren haben will, sei völlig unglaubhaft.
Der Prozess habe alle Gerüchte widerlegt, die Tat könnte irgendetwas damit zu tun haben, dass Michèle Kiesewetter wie das NSU-Kerntrio aus Thüringern stammte.
Im Gegensatz zur Terroristin Zschäpe sei die Beamtin Kiesewetter dabei gewesen, etwas aus ihrem Leben zu machen.
Gärtner wörtlich: "Michèle Kiesewettter ist die wahre Botschafterin Thüringens – nicht Sie, Frau Zschäpe."
Die Rolle Ralf Wohllebens
Am Vormittag stand Zschäpes alter Bekannter aus Jena, der Mitangeklagte Ralf Wohlleben, im Zentrum des Interesses.
Er sei die zentrale Gestalt der NSU-Unterstützer-Szene gewesen, führte Nebenklage-Anwalt Alexander Hoffmann aus: Er sei beteiligt gewesen an Angriffen auf politische Gegner in Jena, er habe sich mit den Zielen des NSU identifiziert, habe auch selbst überlegt, in den Untergrund zu gehen und habe mindestens eine Waffe für die Untergetauchten besorgt; die berüchtigte Ceska, mit der neun Migranten ermordet wurden.
Den ideologischen Boden bereitet
"Auch wenn Wohlleben nicht nachgewiesen werden kann, dass er sich selbst die Hände schmutzig gemacht hat, so hat er doch ideologisch alles getan, damit seine Kameraden mit reinem Gewissen ihre Verbrechen begehen konnten", so Rechtsanwalt Hoffmann.
Zuvor hatte der Opferanwalt ausführlich die Ideologie des NSU und seiner Unterstützer herausgearbeitet: Vorbild seien amerikanische und britische Terrorgruppen und Netzwerke gewesen, deren Konzepte sowohl in der thüringischen Neonaziszene diskutiert wurden, wo Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe herstammten, als auch in Sachsen, wo die drei Anfang 1998 untertauchten: Konzepte wie der führerlose Widerstand oder das Entfachen eines Rassenkrieges.
Zwar habe Ralf Wohlleben vor Gericht versucht, sich als Opfer darzustellen, das Gewalt stets abgelehnt habe – das aber sei reine Heuchelei.
Tatsächlich teile er die Ideologie des NSU bis heute.
Dass der NSU im April 2007 den Polizistenmord in Heilbronn verübte, daran hat auch die Nebenklage keinen Zweifel.
Allerdings machten die Anwälte der Opfer und Hinterbliebenen heute klar, dass sie viele Fragen noch für ungeklärt halten.
Zuvor hatte ein Opferanwalt detailliert geschildert, warum der Angeklagte Ralf Wohlleben vermutlich eine zentrale Rolle für die Terrorgruppe spielte.
Es war eine Tat, die aus der Reihe fällt: Der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter und der versuchte Mord an ihrem Kollegen Martin A. am 25. April 2007 in Heilbronn.
Die beiden Beamten machten gerade ihre Mittagspause auf der Theresienwiese, als sich von hinten die Täter dem Einsatzfahrzeug näherten und unvermittelt schossen.
Was war das Motiv für den Polizistenmord?
Es ist die einzige Mordtat, die dem NSU zugeschrieben wird und zu der er sich auch in einem Video bekannt hat, die sich nicht gegen Migranten richtete – anders als die drei Bombenattentate und neun Morde zuvor.
Bei einem Anschlag gegen deutsche Polizisten kommt Rassismus als Motiv kaum infrage.
Aber was dann?
Hass auf den Staat und seine Vertreter, vermutet die Bundesanwaltschaft.
Doch Rechtsanwalt Walter Martinek, der den damals schwerverletzten Polizisten Martin A. im NSU-Prozess vertritt, hat da seine Zweifel.
Brauchte der NSU wirklich neue Waffen?
Auch die Vermutung der Bundesanwaltschaft, dass die Neonazi-Terroristen zuschlugen, um sich neue Waffen zu besorgen, ist für Anwalt Martinek nicht schlüssig:
Was Opferanwalt Martinek zudem stutzig macht: Zahlreiche Hinweise und Zeugenaussagen zum Heilbronner Polizistenmord seien die Ermittlungsbehörden nicht nachgegangen – insbesondere solchen, die darauf hindeuten, dass es mehr als zwei Täter vor Ort gegeben haben muss.
Zweifel an der Trio-These
Auch der Ex-Polizist und einstige CDU-Bundestagsabgeordnete Clemens Binninger, der bis vor einem halben Jahr den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages leitete, kann sich schwer vorstellen, dass der NSU in Heilbronn – und auch anderswo – nur zu zweit zuschlug:
Nebenklage-Anwalt Walter Martinek glaubt jedoch nicht, dass im Fall Heilbronn die Polizei schlecht gearbeitet hat, er vermutet, dass Geheimdienste Einfluss genommen haben auf die Ermittlungen: "Es ist eher ein Problem auf der Ebene der Dienste oder weit oben, als ein Problem bei den Ermittlungsbehörden", so Martinek.
"Die haben ermittelt bis zum Umfallen.
Es ist ja alles ermittelt worden – ohne irgendein Ergebnis."
Leider, so der Opferanwalt, hat auch der Prozess keine weitergehende Aufklärung im Heilbronner Polizistenmord erbracht, das sei aber wohl auch nicht Aufgabe des Prozesses.
Der Prozess: Eine große Leistung des Rechtsstaates
Für Martineks Kollegen Stefan Gärtner, der die Mutter der ermordeten Polizistin vertritt, ist der NSU-Prozess dennoch eine große Leistung des Rechtsstaates.
In seinem Plädoyer nahm Gärtner die Hauptangeklagte besonders ins Visier: Beate Zschäpe sei eine eiskalt berechnende, selbstbezogene und selbstsüchtige Person.
Dass sie von den Morden immer erst im Nachhinein erfahren haben will, sei völlig unglaubhaft.
Der Prozess habe alle Gerüchte widerlegt, die Tat könnte irgendetwas damit zu tun haben, dass Michèle Kiesewetter wie das NSU-Kerntrio aus Thüringern stammte.
Im Gegensatz zur Terroristin Zschäpe sei die Beamtin Kiesewetter dabei gewesen, etwas aus ihrem Leben zu machen.
Gärtner wörtlich: "Michèle Kiesewettter ist die wahre Botschafterin Thüringens – nicht Sie, Frau Zschäpe."
Die Rolle Ralf Wohllebens
Am Vormittag stand Zschäpes alter Bekannter aus Jena, der Mitangeklagte Ralf Wohlleben, im Zentrum des Interesses.
Er sei die zentrale Gestalt der NSU-Unterstützer-Szene gewesen, führte Nebenklage-Anwalt Alexander Hoffmann aus: Er sei beteiligt gewesen an Angriffen auf politische Gegner in Jena, er habe sich mit den Zielen des NSU identifiziert, habe auch selbst überlegt, in den Untergrund zu gehen und habe mindestens eine Waffe für die Untergetauchten besorgt; die berüchtigte Ceska, mit der neun Migranten ermordet wurden.
Den ideologischen Boden bereitet
"Auch wenn Wohlleben nicht nachgewiesen werden kann, dass er sich selbst die Hände schmutzig gemacht hat, so hat er doch ideologisch alles getan, damit seine Kameraden mit reinem Gewissen ihre Verbrechen begehen konnten", so Rechtsanwalt Hoffmann.
Zuvor hatte der Opferanwalt ausführlich die Ideologie des NSU und seiner Unterstützer herausgearbeitet: Vorbild seien amerikanische und britische Terrorgruppen und Netzwerke gewesen, deren Konzepte sowohl in der thüringischen Neonaziszene diskutiert wurden, wo Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe herstammten, als auch in Sachsen, wo die drei Anfang 1998 untertauchten: Konzepte wie der führerlose Widerstand oder das Entfachen eines Rassenkrieges.
Zwar habe Ralf Wohlleben vor Gericht versucht, sich als Opfer darzustellen, das Gewalt stets abgelehnt habe – das aber sei reine Heuchelei.
Tatsächlich teile er die Ideologie des NSU bis heute.