Warum ein Ausbruch aus Gefangenschaft nicht strafbar ist !

collombo

MyBoerse.bz Pro Member
Essen. Immer wieder fliehen verurteilte Straftäter aus Gefängnissen oder Kliniken.
Warum sollten sie es auch nicht?
Sie tun damit nichts Illegales.

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Es ist ein merkwürdiger Widerspruch: So ein Gefängnis-Ausbruch kann Städte und Landkreise in Angst versetzen.
Er kann einen tagelangen Groß-Einsatz der Polizei auslösen.
Und er kann dazu führen, dass aus einem gewöhnlichen Straftäter ein besonderer Bösewicht wird, den man nach dem zweiten oder dritten Mal vielleicht "Ausbrecherkönig" nennen wird.
Nur eines kann so ein Gefängnis-Ausbruch nicht: bestraft werden.
Denn wer aus einem Gefängnis oder aus dem Maßregelvollzug ausbricht, hat das Gesetz auf seiner Seite.
Ernsthaft?
Ernsthaft.

Ein Drang, der jedem innewohnt
Im Strafgesetzbuch der Bundesrepublik gibt es keinen Paragrafen, der die Flucht eines Menschen aus einer Haftanstalt oder aus einer psychiatrischen Klinik unter Strafe stellt.
Der Rechtsstaat schweigt in diesem Punkt - und respektiert damit den Freiheitsdrang, von dem er unterstellt, dass er jedem Menschen innewohnt.

Es gibt noch mehr solche Beispiele.
Auch bei der Notwehr oder dem Recht, die Aussage zu verweigern, hat der Gesetzgeber der Justiz Fesseln angelegt, um den Selbstbehauptungstrieb des Menschen zu schützen: Niemand muss sich widerstandslos verletzen oder töten lassen, niemand muss sich vor Gericht selbst belasten - und so muss sich auch niemand darin fügen, dass man ihn einsperrt.
Typisch Bundesrepublik, könnte man jetzt meinen.
Aber die Flucht aus dem Knast ist in vielen anderen Ländern ebenfalls straffrei und sie war es bei uns auch schon zu Kaisers Zeiten.
So weit jedenfalls die Theorie.

In der Praxis sieht es schnell anders aus
In der Praxis ist es jedoch so: Kaum einem Häftling gelingt die Flucht, ohne dabei Dinge zu tun, die dann doch strafbar sind, es sei denn er nutzt dafür den Hafturlaub oder den offenen Vollzug.
Sägt der Flüchtende ein Gitter durch - so ist das Sachbeschädigung.
Droht er einem Wärter mit einer selbst gebastelten Pistolen-Attrappe - so ist das Nötigung.
Gibt er ihm Geld - so ist das Bestechnung.
Schlägt er ihn gar nieder oder gibt er ihm Schlafmittel, so ist das Körperverletzung.
Und verabredet er die Flucht mit anderen Insassen, dann erfüllt das vielleicht sogar den Straftatbestand der Gefangenenmeuterei.

Für all diese Dinge wird man einen entflohenen Häftling noch einmal vor Gericht stellen und bestrafen, wenn man ihn denn erwischt.
Und selbst wenn sich herausstellt, dass er ganz gewaltfrei über die Mauer gesprungen ist, so hatte er dabei vielleicht noch ein Stück Anstaltskleidung an - ein klarer Fall von Diebstahl.

Die Flucht an sich hingegen, sie ist noch nicht einmal ein Kavaliersdelikt, ist weniger kriminell als falsches Parken.
Warum passiert es dann nicht öfter?
Der Grund dürfte sein, dass die meisten Gefängnisse so gut gesichert sind, dass man nur mit fremder Hilfe entkäme.
Und wer gibt sich dafür schon her.
Schließlich kann sich ein Fluchthelfer - anders als der Flüchtige selbst - nicht auf seinen Freiheitsdrang berufen.

Fluchthelfern drohen bis zu fünf Jahre
Wer andere befreit, wird bestraft, er kann sogar selbst ins Kittchen kommen: Gefangenenbefreiung, wie der Tatbestand im Strafgesetzbuch (§120) heißt, kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei, bei Amtspersonen sogar mit bis zu fünf Jahren geahndet werden.
Ja, schon das heimliche Austauschen von Nachrichten mit einem Gefangenen wäre eine Ordnungswidrigkeit, ein Bußgeld wäre fällig.

Außerdem darf nicht vergessen werden, dass eine Justizvollzugsanstalt einen Häftling, der einmal ausgebrochen ist oder es versucht hat, anders behandeln darf als einen, der sich in sein Schicksal fügt.
Ausbrecher werden strenger bewacht, müssen auf Hafterleichterungen verzichten und kommen auch für eine vorzeitige Haftentlassung in der Regel nicht mehr in Frage.
All das sind allerdings nur disziplinarische Reaktionen des Justizvollzugs - mit einer erneuten Strafverfolgung hat das nichts zu tun.


 
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