Verkäuferin auf Diät: Hartz-IV-Minderung trotz Wurstverzicht?

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Verkäuferin auf Diät: Hartz-IV-Minderung trotz Wurstverzicht?

Selten passt das Normverständnis der Jobcenter zu den tatsächlichen Lebensverhältnissen der von ihnen zu betreuenden Leistungsempfänger. So auch im Falle einer "Aufstockerin", der trotz Enthaltsamkeit die Pausenverpflegung in Rechnung gestellt wird.

Nicht verzehrte Betriebsverpflegung darf nicht pauschal als Einkommen auf einen Hartz-IV-Anspruch angerechnet werden. Dies hat das Sozialgericht Berlin entschieden (Az.: S 175 AS 15482/14).

In dem verhandelten Fall arbeitete eine Frau als sogenannte "Aufstockerin" als Verkäuferin bei einem Berliner Betrieb für Fleisch- und Wurstwaren. Vom zuständigen Jobcenter erhielten sie und ihr Kind Hartz-IV-Leistungen. Auf den ALG-II-Anspruch rechnete das Amt jedoch nicht nur das an der Fleischtheke verdiente Einkommen von monatlich rund 1000 Euro an, sondern entsprechend den Vorgaben auch eine Pauschale für die Pausenverpflegung, die der Arbeitgeber seiner Angestellten in Höhe von monatlich 35 und 50 Euro zur Verfügung stellte.

Gegen die Anrechnung dieser Verpflegungspauschale wehrte sich die Frau mit einer Klage. Sie argumentierte, dass sie die zur Verfügung gestellten Speisen gar nicht gegessen habe. Aus gesundheitlichen Gründen habe sie viel abgenommen und sehr auf ihre Ernährung geachtet. Das Essen – viel Fleisch, Wurst, Salate mit Mayonnaise - sei jedoch sehr fett und kohlenhydratreich gewesen. Dass trotzdem eine Pauschale angerechnet werde, verletze sie in ihren Persönlichkeitsrechten.

Mit Erfolg. Demnach könne unter Beachtung des Selbstbestimmungsrechts und der allgemeinen Handlungsfreiheit der Leistungsbezieher eine Anrechnung von Verpflegung nur erfolgen, wenn sie auch tatsächlich verzehrt worden ist. Das Normverständnis des Jobcenters, das allein auf die Bereitstellung der Verpflegung abstellt, beeinträchtigt die Klägerin in ihrer Entscheidungsfreiheit. Laut Urteil des Sozialgerichts ist es zu respektieren, wenn Leistungsempfänger auf angebotene Verpflegung verzichteten, zum Beispiel aufgrund religiöser Speisevorschriften, aus gesundheitlichen oder ethisch-moralischen Gründen.
 
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