Kurzschluss im Elektroauto: Wohin geht die Stromer-Reise?

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Eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2020 - so will es die Bundesregierung. Die Bürger wollen offenbar etwas anderes, wie die Verkaufszahlen der E-Mobile beweisen. Rufe nach Subventionen werden laut. Aber ergeben die denn Sinn?

"Der Elektromobilität steht ihre beste Zeit noch bevor!", so die Meinung von Mattias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), im Frühjahr 2015. Womit er zweifellos recht hat, denn nach einem mehr als kläglichen Start kann die Zukunft für die Elektromobilität nur besser werden.

Man kann der deutschen Automobilindustrie alles Mögliche vorwerfen, nur nicht, dass sie das Zeitalter der Elektromobiliät verschlafen hat. Böse Zungen behaupten sogar, sie sei zu früh aufgewacht. Denn noch produzieren die deutschen Autohersteller rund 15 Millionen hochwertiger Automobile jährlich, die alle mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sind - ökologisch vom Feinsten! Jedes fünfte verkaufte Auto am Weltmarkt stammte 2014 aus einer deutschen Autofabrik oder trägt ein deutsches Markenzeichen.

Es ist aller Ehren wert, dass sich diese Schlüsselindustrie trotz ihres überwältigenden globalen Erfolges bei ihren klassischen Automobilen bei der Entwicklung und Verbreitung von Elektroautos so ins Zeug legt. Nach Auffassung von VDA-Präsident Wissmann ist Deutschland bei der Elektromobilität gut aufgestellt. Im vergangenen Jahr gab es bereits 17 Serienmodelle in den Autohäusern, eine Anzahl, die auf 29 bis Ende 2015 steigen soll. Vom Klein- bis zum Sportwagen gibt es dann deutsche Elektroautos in allen Segmenten, eine Vielfalt, wie sie nach Wissmann keine andere Automobilnation bieten kann.

Münchener Placebo-Prämie

An ihnen liegt es also nicht, wenn das Elektroauto am deutschen Markt einen Kurzschluss hat. Trotz des breiten Angebots ist der Verkauf von E-Fahrzeugen im Vergleich zu anderen Ländern noch sehr überschaubar. Zu Jahresbeginn fuhren gerade 25.337 E-Fahrzeuge auf deutschen Straßen - und dies bei einer Pkw-Flotte von etwa 43 Millionen. Oder, um es anschaulicher zu machen: In München waren zu Jahresbeginn 740.400 Fahrzeuge zugelassen, davon 1067 E-Autos.

Was aber die Stadtväter partout nicht davon abhält, München zum Vorreiter der E-Mobilitätsbewegung zu machen und Gewerbetreibenden (Handwerker, Pflegedienste, Pizzaboten) ab Jahresanfang 2016 die Anschaffung von Elektroautos und E-Lieferwagen mit einem Zuschuss von 2500 bis 4000 Euro schmackhaft zu machen - eine Placebo-Prämie angesichts von Anschaffungskosten von E-Autos zwischen 40.000 bis 50.000 Euro. Die Stadtwerke München erhalten zusätzlich mehrere Millionen Euro zum Auf- und Ausbau eines Netzes von 100 E-Tankstellen. Insgesamt will München dafür 30 Millionen Euro aufwenden.

Immer noch eine Million bis 2020

In China, dem inzwischen weltgrößten Automobilmarkt mit über 20 Millionen Neuzulassungen im Jahr, spielen Elektroautos noch überhaupt keine Rolle. In den USA konnte Milliardär Elon Musk von seinem Vollelektrofahrzeug Tesla S 2014 immerhin 31.650 Einheiten verkaufen, das aber auch nur mit hohen Verlusten an Barmitteln von knapp einer Milliarde US-Dollar. Um seine Aktionäre bei Laune zu halten, stellte Musk ihnen mit der Erweiterung der Palette um die Modelle Tesla 3 und den Elektro- SUV Tesla X noch höhere Verluste in Aussicht. Offensichtlich stieß die Botschaft auf Wohlgefallen, denn der Aktienkurs zog danach an.

Trotz des offensichtlichen Desinteresses der Autokäufer hält die Bundesregierung bislang tapfer an dem Ziel fest, bis 2020 eine Million dieser Fahrzeuge auf die deutschen Straßen zu bringen. Selbst wenn man die Hybridautos dazu rechnet, also Fahrzeuge, die mal konventionell mit Verbrennungsmotor, mal mit Elektromotor betrieben werden können, fahren gerade 130.000 Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen.

Angesichts dieser mageren Zwischenbilanz wachsen bei Verkehrsexperten und nicht nur bei der Opposition schon länger Zweifel daran, ob die Bundesregierung ihr Ziel noch erreichen kann. Die Eine-Million-Marke zu erreichen hält Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer für "illusorisch" - eine Stimme unter vielen. Auch die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) hält der Bundesregierung vor, ihre Klimaschutzziele im Verkehrsbereich kaum mehr erreichen zu können, weil die Deutschen zu wenige Elektroautos kaufen.

Anreize setzen

In der Tat - elektrisiert sind nicht die Autokäufer, sondern vor allem die am Verkauf von E-Autos interessierten Seiten. So ist es nicht verwunderlich, dass aus der Industrie und ihrer Lobby (VDA), der NPE sowie den Grünen gebetsmühlenartig die Forderung an die Politik erhoben wird, man müsse rasch die Nachfrage in Schwung bringen. Dazu brauche es jetzt rasch eine Politik, die Anreize setzt und stimuliert, etwa in Form einer Kaufprämie, wie sie in anderen Ländern bereits üblich ist. Immer muss alles rasch geschehen! Nachdenken darüber, ob das gegen den Markt überhaupt Sinn ergibt, scheint aus der Mode gekommen zu sein.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt Kaufanreize bislang ab. Aus gutem Grund, denn der Erfolg solcher pekuniärer Anschaffungsanreize im Ausland ist mehr als bescheiden - trotz teils hoher Subventionen stehen die E-Autos wie Blei in den Läden. Dobrindt möchte stattdessen die E-Mobilität durch Lockerung der strengen Beschaffungsrichtlinien bei Fuhrparkautos bei Bund, Länder und Kommunen fördern, so dass diese leichter die teuren Elektroautos anschaffen können, was bislang nicht möglich ist.

Ist Reichweite alles?

Um der Kritik zu begegnen, hat die Bundesregierung das Elektromobilitätsgesetz erlassen, das Nutzern von Autos mit Elektro- und Plug-in-Hybridantrieb Sonderrechte einräumt. Damit soll auch die Straßenverkehrsordnung geändert werden. Kommunen können Fahrern von Elektroautos Sonderrechte erteilen, ihnen Parkplätze kostenlos zuweisen und ihnen gestatten, Busspuren zu nutzen. Die Kriterien für förderfähige Elektroautos sind im Gesetz ebenfalls festgelegt worden. Neben reinen Elektrofahrzeugen werden auch Plug-in-Hybride privilegiert, Fahrzeuge, die an der Steckdose geladen werden können und auch vollelektrisch fahren können, aber zudem einen Verbrennungsmotor besitzen, der bei Bedarf zugeschaltet werden kann, um die Reichweite zu erhöhen. An der rein elektrisch fahrbaren Reichweite macht die Bundesregierung fest, ob der Plug-in-Hybrid wie ein Elektroauto ein Sonderkennzeichen und Sonderrechte erhält. Dazu muss es mindestens 40 Kilometer (ab 2020: 60 Kilometer) elektrisch fahren können.

Bei reinen Elektroautos dürfte eigentlich kein aktuelles Fahrzeug Probleme mit der Regelung bekommen. Ihre Reichweite liegt deutlich über 100 Kilometer. Der Nissan Leaf kommt nach Herstellerangaben auf 190 Kilometer, der Tesla Model S gar auf rund 400 Kilometer. Der BMW i3 mit reinem Elektroantrieb soll auf 160 Kilometer kommen.
"Deutschland muss Gas geben"

Bei Plug-in-Hybriden gibt es derzeit noch nicht so viel Auswahl, die privilegiert werden kann. Der Opel Ampera fährt rein elektrisch zwischen 40 und 80 Kilometer, während der Volvo V60 D6 AWD Plug-in- Hybrid auf diese Weise etwa 50 Kilometer weit kommt. Der Supersportler BMW i8 soll rein elektrisch nur 35 Kilometer fahren. Der Prius Plug-in-Hybrid legt mit seinem kleinen Akku nur etwa 25 Kilometer zurück - auch wenn er bei Taxi-Fahrern sehr beliebt ist.

Was lernen wir daraus? Wenn Elektroautos auch in Zukunft mit normalen Verbrenner- Pkws weder in Reichweite noch im Anschaffungspreis konkurrieren können, haben sie am Markt keine Chance. Was erfahrene Ökonomen schon lange wissen: Staatliche Subventionen gegen den Markt sind rausgeworfenes Geld. Da helfen auch Prognosen nicht weiter, wonach in zehn Jahren über 15 Prozent aller Neufahrzeuge weltweit elektrifiziert sein werden. Offensichtlich hat das auch VDA Präsident Wissmann so gesehen. Seine Schlussfolgerung auf dem E-Summit in Berlin: "Deutschland muss Gas geben." - Nun ja, das tut es ja!

 
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