Geiselgangster will keinen Spielfilm über Gladbecker Drama !

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Geiselgangster will keinen Spielfilm über Gladbecker Drama !

Aachen. Der seit langem inhaftierte Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner will einen Spielfilm über das Gladbecker Geiseldrama verhindern und notfalls auch klagen.
Die Verfilmung könne nach einer Entlassung die Resozialisierung Rösners gefährden, stellte dessen Anwalt Rainer Dietz am Dienstag fest und verwies auf ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Außerdem stelle der geplante Spielfilm eine Verletzung von Rösners Persönlichkeitsrechts dar.
Rösner sitzt in der JVA Aachen.
Die "Bild"-Zeitung hatte zunächst berichtet.

Im August 1988 hielt das Geiseldrama von Gladbeck Deutschland drei Tage lang in Atem.
Nach einem aus dem Ruder gelaufenen Bankraub starben in dem beispiellosen Drama, das sich quer durch die Republik zog, drei Menschen.
Nach insgesamt 27 Jahren Haft zeichnet sich für Rösner noch kein Entlassungstermin ab.

Das Gladbecker Geiseldrama gehöre zu den spektakulärsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte, betonte Ziegler Film mit Hinweis auf die Einschätzung seines Anwalts Christian Schertz.
Es habe sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.
"Insofern sind die Täter bis heute im wahrsten Sinne des Wortes Personen der Zeitgeschichte und müssen von daher grundsätzlich eine filmische Darstellung der Tat hinnehmen, vergleichbar mit den Terroristen der RAF", stellte Schertz demnach fest.


 
Degowskis klagt nicht gegen ARD-Film über Gladbecker Geiseldrama !

Werl. Der Gladbecker Geiselnehmer will nicht juristisch gegen den geplanten ARD-Film vorgehen.
Der Insasse der JVA Werl könnte Ende des Jahres freikommen.

Die Fotos von Dieter Degowski sind auch fast 28 Jahre nach dem Gladbecker Geiseldrama präsent.
Die fransigen Haare, der stoppelige Vollbart und das Karo-Hemd haben sich in das Gedächtnis eingeprägt.
„Der Film wird die Geiselnahme noch einmal ins öffentliche Bewusstsein rufen, und auch jüngere Fernseh-Zuschauer werden auf Dieter Degowski stoßen“, sagt seine Dortmunder Rechtsanwältin Lisa Grüter.

Erschwerte Resozialisierung
„Der Film“ ist das geplante Doku-Drama über das Geiseldrama, das ab diesem Sommer gedreht werden soll.
Degowskis damaliger Komplize Hans-Jürgen Rösner versucht mit allen juristischen Mitteln, eine Ausstrahlung zu verhindern.
Seinem Anwalt Rainer Dietz zufolge gefährdet das Vorhaben Rösners Resozialisierung und verletze dessen Persönlichkeitsrechte.
Auf Degowskis Seite ist man da zurückhaltender.
„Wir haben Derartiges nicht vor.
Mein Mandant will seine Ruhe haben“, sagt seine Anwältin, die auch fast 28 Jahre nach den Gladbecker Ereignissen ein öffentliches Interesse erkennt.

Seit dem Geiseldrama gibt es kein Foto von Dieter Degowski (59). Naturgemäß sieht er nicht mehr so aus wie vor einem Vierteljahrhundert.
Ein Umstand, der ihm bei einer Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach einer möglichen Haftentlassung aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Werl Ende des Jahres helfen könnte.
Und doch: Mit dem ARD-Film würde Degowski wieder ein großes mediales Thema sein, was eine Resozialisierung erschweren könnte.
Lisa Grüter: „Für einen Straftäter ist es leichter, in Freiheit Fuß zu fassen, wenn er nicht immer wieder Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung ist.“

Der Werler Gefängnisleiterin Maria Look zufolge will Degowski unter keinen Umständen in die Öffentlichkeit.
Ihm sei es wichtig, einen Schlussstrich unter das Gladbecker Geiseldrama zu ziehen.
„Er will nicht immer damit konfrontiert werden.
Er weiß, dass er es nicht ungeschehen machen kann, auch wenn es ihm sehr leid tut“, so Maria Look.
Der Strafgefangene wolle irgendwann ein neues Leben außerhalb der Gefängnismauern beginnen - möglicherweise mit einer neuen Identität, wie das NRW-Justizministerium vor einiger Zeit bestätigte.

Drehbeginn „im Sommer“
Das „irgendwann“ könnte Ende des Jahres sein.
Vor drei Jahren hatte das Landgericht Arnsberg bei der JVA Werl Haftlockerungen angemahnt.
Man solle mit den (dreijährigen) Entlassungsvorbereitungen beginnen.
„Die laufen unverändert“, sagt Anwältin Grüter.
Genaue Details will sie nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten.
Einen konkreten Termin für die nächste Haftprüfung seitens der Arnsberger Strafvollstreckungskammer gibt es nicht.
Ein neuer Antrag der Verteidigung auf Haftentlassung wurde noch nicht gestellt.
„Er ist aber geplant“, sagt Grüter.

Vor einer Entscheidung über eine Haftentlassung muss die Strafvollstreckungskammer ein Gutachten über die Gefährlichkeit des Strafgefangenen einholen.
JVA-Leiterin Look beschreibt Degowski als unauffällig.
Bei seinen bisherigen begleiteten und unbegleiteten Ausgängen im Rahmen der Haftlockerungen sei es nicht zu Zwischenfällen gekommen.
Ansonsten arbeite er auf dem JVA-Gelände „völlig lautlos und folgt allen Anweisungen“.
Nach Angaben von Anwältin Grüter ist der Mann, der eine Lehre zum Koch in der JVA Werl gemacht hat, als Hofreiniger eingesetzt.

Auch wenn Dieter Degowski die Ereignisse vom August 1988 am liebsten ein für allemal aus seinem Leben kehren möchte - der geplante TV-Film über das Gladbecker Geiseldrama frischt die Erinnerungen wieder auf.
Christian Stollwerk von der Berliner Ziegler Film GmbH bestätigt lediglich einen Drehbeginn „im Sommer“.
Von Seiten Dieter Degowskis habe es bislang keine Einwände gegeben.
Im Gegensatz zu Hans-Jürgen Rösner.
Hier spielt Stollwerk Ziegler-Anwalt Christian Schertz den Ball zu.
Aus dessen Sicht gehört das Gladbecker Geiseldrama zu den spektakulärsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte.
„Es hat sich in unser aller, vor allen Dingen auch visuelles, Gedächtnis eingebrannt.
Insofern sind die Täter bis heute im wahrsten Sinne des Wortes Personen der Zeitgeschichte und müssen von daher grundsätzlich eine filmische Darstellung der Tat hinnehmen, vergleichbar mit den Terroristen der RAF.“


 
Casting fürs Geiseldrama: Langes Warten auf eine kurze Rolle !

Gladbeck. Die Resonanz war groß.
Viele Menschen bewarben sich als Komparsen für einen ARD-Zweiteiler, der das Gladbecker Geiseldrama zum Thema hat.

Die Ersten stehen gegen 9 Uhr vor der Tür.
Das ist gut eine Stunde, bevor die Stadtbücherei Gladbeck öffnet. „Aber sicher ist sicher“, sagt Kevin Kremer aus Recklinghausen.
Der 23-jährige ist nämlich nicht gekommen, um ein Buch auszuleihen, er will sich vorstellen beim Casting, das eine Agentur an diesem Samstag ab 11 Uhr hier veranstaltet, um Komparsen zu finden.
Für die ARD soll das Geiseldrama von Gladbeck verfilmt werden.
Nicht jeder in der Stadt findet das gut.

Kurz nach zehn Uhr ist die Schlange der Wartenden bereits über 50 Meter lang.
Viele junge Leute sind erschienen, aber auch Rentner, ja ganze Familien haben sich eingereiht.
„Über 1000 Leute werden gesucht“, weiß einer aus „sicherer Quelle“, und eine Mutter weist eine Mitarbeiterin der Casting-Agentur noch darauf hin, dass ihre Tochter doch eine verblüffende Ähnlichkeit mit Silke Bischoff habe, der damals 18-Jährigen, die während der finalen Befreiungsaktion der Polizei ums Leben kam.
Ja, gut, ein paar Jahre jünger sei ihr Kind und eine andere Haarfarbe habe es auch: „Aber sonst...“

Ulli Florrack, die extra aus dem Rheinland angereist ist, ist schon so etwas wie ein Casting-Profi.
Vor ein paar Tagen erst war sie im Dritten Programm, 23.15 Uhr.
Ein paar Sekunden sichtbar, einen Satz gesprochen.
„Vielleicht haben Sie’s ja gesehen.“
Nun also Gladbeck, Geiseldrama.
Kein alltäglicher Film, schon weil er ja auf Tatsachen beruht.
„Natürlich habe ich überlegt, ob ich mich bewerben soll.“
Ja auch, ob man so ein Ereignis überhaupt verfilmen sollte, habe sie sich gefragt.
„Aber letztendlich ist das ja auch ein Stück Zeitgeschichte.“
Die Umstehenden nicken.
„Genau, Zeitgeschichte.“

Für viele Gladbecker ist das Drama noch ein Stück ihrer eigenen Geschichte
Für ältere Menschen in der Stadt ist es allerdings auch ein Stück ihrer eigenen Geschichte.
Kaum einer, der auch 28 Jahre nach den Ereignissen nicht genau weiß, wo er war und was er machte, als am Morgen des 16. August 1988 ein Überfall auf eine Deutsche Bank-Filiale im Geschäftszentrum Rentfort-Nord an der Schwechater Straße 38 zu einer Geiselnahme wurde, die sich den Deutschen ins Gedächtnis brannte.

Drei Tage, in denen die Polizei immer wieder versagte, sensationsgierige Journalisten jeden Anstand verloren und am Ende zwei junge Menschen tot waren.
Drei Tage, die immer noch mit der Stadt in Verbindung gebracht werden, auch wenn sie nur etwas mehr als zwölf Stunden Schauplatz der Ereignisse war.
„Sie können hinkommen, wo Sie wollen in Deutschland“, haben Mike und Michaela Zylstra festgestellt.
„Überall denken die Menschen nur an eines, wenn sie erfahren, dass wir aus Gladbeck kommen: Geiseldrama.“
Beworben haben sie sich dennoch für eine der Statistenrollen.
„Vielleicht wird ja noch mal aufgearbeitet, wie viel damals schief gelaufen ist.“

Selbst wenn, wäre das für Susan Mellinghaus kein Grund mitzumachen bei diesem Film.
„Nicht mal eine Litfaßsäule würde ich darin spielen“, stellt die 51-Jährige bei ihrem zufälligen Besuch in der Bücherei klar.
Schon wegen der Angehörigen der Opfer und der überlebenden Geiseln.
„An die denkt anscheinend wieder einmal niemand.“

Produktionsfirma versichert, "sehr sensibel" bei der Umsetzung vorzugehen
Die Produktionsfirma hat solche Reaktion einkalkuliert, will derzeit noch keine Statements abgeben, versichert aber immer wieder, sie sei sich ihrer „Verantwortung bewusst“ und werde bei der Umsetzung des Themas „sehr sensibel“ vorgehen.
„Aber an diesem Samstag geht es nur um Komparsensuche.“
Nicht ums Drehbuch, nicht um Drehorte, nicht um Sprech-, erst recht nicht um Hauptrollen.

Dementsprechend kurz ist das eigentliche Casting.
Zettel mit persönlichen Daten ausfüllen, Portrait- und Ganzkörperfoto – klick, klick.
„Dankeschön, wir melden uns in zwei Monaten.“
Bei manchen geht es dann doch schneller.
Kevin wird beim Rausgehen vom Fleck weg als Statist für eine Party-Szene im neuen Film von Söhnke Wortmann engagiert.
„So Typen wie dich suchen wir“, sagt ein Caster.
Knapp 100 Euro gibt es dafür, eine Nacht ist einzuplanen.
Mehr Zeitvertreib als Zeitgeschichte, aber das ist Kevin egal: „Da hat es sich doch gelohnt, dass ich so früh gekommen bin.“


 
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