Alle reden von Craft Beer (Bier): Was ist das eigentlich ?

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Köln – Deutschland gilt als Bier-Nation, als Land der Braukunst.
Doch die Wirklichkeit sieht etwas anders aus.
Seit Jahren haben die großen Brauereien den Markt fest im Griff und bestimmen den Geschmack.

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Nun bekommt der „Einheitsbrei“ kräftig Gegenwind – Craft Bier heißt das Zauberwort und ist das Gegenstück zu industriell hergestelltem Bier.
Der Trend mischt seit einiger Zeit Deutschlands Brauerszene auf.
Ob fruchtig, exotisch oder herb - Craft Bier kennt kaum Geschmacksgrenzen.

Doch worum handelt es sich dabei eigentlich genau?
Wir beantworten die wichtigsten Fragen...

Was ist Craft Bier?
Craft Bier wird handwerklich von einer kleinen Brauerei hergestellt und ist oft nur regional erhältlich.

Ihren Ursprung hat die Craft-Bier-Bewegung in den USA. Dort bedeutet Craft Bier, dass ein Brauer in kleinen Mengen auf traditionelle Weise Bier braut - unabhängig von großen Konzernen.

„Diese Definition lässt sich aber nicht einfach so ins Deutsche übertragen“, sagt Holger Eichele vom Deutschen Brauer-Bund.
Nach der amerikanischen Definition bedeutet „kleine Menge“ 9,5 Millionen Hektoliter Bier.

„Bei dieser Menge wäre wohl jede große Brauerei in Deutschland eine Craft-Bier-Brauerei.“
Deshalb schlägt Eichele vor, Craft Beer nach dem Geschmack zu definieren: „hopfenbetont und aromaintensiv“.

Wie wird Craft Bier hergestellt?
In der Regel wird Craft Bier nach dem Reinheitsgebot gebraut - in Deutschland sowieso.
Das heißt, das Bier enthält nur Wasser, Hefe, Hopfen und Malz.

„Bei diesen vier Zutaten gibt es zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten, die Millionen von unterschiedlichen Geschmacksvariationen zulassen“, sagt Eichele.

Wichtig ist beim Craft Bier außerdem, dass nur natürliche Zutaten verwendet werden und keine künstlichen Aromen oder Konservierungsstoffe.

Und auch in einem Bier, das nach Mango oder Waldbeere schmeckt, ist weder eine echte Mango noch Waldbeere zu finden.
„Das ist die große Kunst: Wasser, Hefe, Hopfen und Malz so zu kombinieren, dass es fruchtig schmeckt.“

Warum ist das Craft Bier meist teurer als normales Bier?
Craft Bier wird in kleineren Mengen hergestellt - schon allein das macht es teurer.
„Außerdem wird es oft wertiger präsentiert“, sagt Eichele.
Das können etwa besondere Bierflaschen sein oder aufwendig designte Etiketten.

Alle reden von Pale Ale oder Indian Pale Ale (IPA) – was ist das?
Gerne werden „Pale Ales“ als die typischen Craft Biere bezeichnet...

Pale Ales sind helle Biere die mit obergäriger Hefe hergestellt werden und sehr hopfenbetont sind.

Oftmals wird hierfür Cascade Hopfen verbraut, der ein sehr ausgeprägtes, blumiges und würziges Aroma hat.
Im Gegensatz zu Lager-Bieren ist die Gärung hier kürzer und erfolgt bei höheren Temperaturen.

Eine Sonderform der „Pale Ales“ sind die „India Pale Ales“ oder auch kurz „IPA“ genannt.

Die Abkürzung „IPA“ steht für „India Pale Ale“ oder auch „Imperial Pale Ale“.
Beide Begriffe bezeichnen aber das Gleiche.
Gebraut wurden „IPA“ erstmals im 19. Jahrhundert.

Damals war Indien noch eine britische Kolonie.
Damit die Briten auch in ihrer indischen Kolonie Bier trinken konnten, musste das Bier von England nach Indien verschifft werden.
Den Suez-Kanal gab es noch nicht - die Segler umrundeten als Afrika.

Aufgrund der langen Überfahrt ist daher das Bier häufig schlecht geworden.
Um das Bier haltbarer zu machen, musste es also mit viel Alkohol und Hopfen eingebraut werden.

Damit weisen „Pale Ales“ generell einen höheren Alkoholgehalt auf als andere Craft Biere, die mit 4 bis 5 % in die Flasche kommen.

Groß-Brauereien halten dagegen
Inzwischen haben auch die Groß-Brauereien den Craft-Bier-Trend entdeckt.
So hat unter anderem Beck's drei neue Sorten ins Sortiment aufgenommen.
Darunter auch ein „Pale Ale“, das die Craft-Bier-Szene ansprechen soll.

Auch die Radeberger Gruppe bietet mit „Braufactum“ Craft Bier an und Bitburger füllt unter dem Namen „Craft Werk“ Bierspezialitäten ab.

Und seit dem 1. April bietet die Köstritzer Schwarzbierbrauerei ein „Pale Ale“ in englischem Stil - mit herber Zitrusnote.
„Damit reagieren wir auf den wachsenden Wunsch der Verbraucher nach besonderen Bieren“, sagt Geschäftsführer Andreas Reimer.

Biermarkt im Wandel
Der deutsche Biermarkt werde sich wandeln, davon ist Sommelier Norbert Gehring überzeugt: „Hin zu mehr Vielfalt.“
Weltweit gebe es 30 verschiedene Malz- und 180 Hopfensorten.
„Da können noch viele unterschiedliche Biere gebraut werden.
Und alle nach dem Reinheitsgebot.“

Das Craft Bier sieht er nicht als Konkurrenz für die großen Massenbiere - eher als Gewinn und Belebung des Marktes.
„Wenn Bier wieder zum Kulturgut wird, profitieren alle davon.“

Kann man dieses Bier auch selber brauen?
Theoretisch ja. In den USA hat sich eine große Heimbrauer-Szene entwickelt.
Viele brauen ihr eigenes Bier, etwa in der Garage.

Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht: „Wer zu Hause braut, stellt fest, wie schwierig das eigentlich ist“, erklärt Eichele.
„Das ist sicher nichts für den Feierabend.“

Im Handel gibt es Brausätze, mit denen jeder zum Hobbybrauer werden kann.
Allerdings empfiehlt es sich, vorher zumindest einen Bierbraukurs zu besuchen.
Die Kurse werden etwa von Brauhäusern angeboten.

Achtung: Hobbybrauer dürfen nicht mehr als 200 Liter Bier im Jahr brauen - und das auch nur für den Eigenbedarf.
Ansonsten wird eine Biersteuer fällig.


 
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