Verbraucherrecht - Urteile usw. !

Kleinkrimineller haftet nicht für Polizei-Schäden an Tür !

Ein Mann, dem die Polizei bei einer Durchsuchung die Wohnungstür beschädigt hatte, muss seiner Vermieterin nicht die Reparatur bezahlen.
Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch entschieden.
Die Polizisten hatten dem Mann aus Nürnberg 2013 einen Besuch abgestattet, weil sie ihn als Drogendealer in Verdacht hatten.
Tatsächlich hatte er 26 Gramm Marihuana in der Wohnung und wurde deshalb später zu drei Monaten Haft verurteilt.
Der Verdacht, dass er auch mit Drogen gehandelt habe, bestätigte sich allerdings nicht.

Das schützt den Mann vor Schadenersatzansprüchen, wie die Karlsruher Richter feststellten.
Als Mieter habe er zwar seine Pflichten verletzt.
Denn "nach allgemeiner Lebenserfahrung" sei damit zu rechnen, dass Drogen in der Wohnung die Polizei auf den Plan rufen können.
Da die Durchsuchung auf einem falschen Verdacht beruhte, wäre es dazu aber laut BGH auch ohne das Marihuana gekommen.

Ob die Vermieterin noch an ihr Geld kommt, ist offen.
Das Urteil gibt keine Antwort auf die Frage, ob möglicherweise der Freistaat Bayern als Träger der Polizei für die Tür bezahlen muss (Az. VIII ZR 49/16).


 
Urteil: Jobcenter muss Flüchtling Hartz IV zahlen !

Ein Flüchtling kann trotz Wohnsitzauflage unter Umständen auch Hartz-IV-Leistungen in einem anderen Bundesland beanspruchen.
Das Landessozialgericht NRW hat einem in Mecklenburg- Vorpommern registrierten Flüchtling jetzt Hartz-IV-Leistungen durch das Jobcenter in Bochum zugesprochen.

Zur Begründung hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss, das zuständige Ausländeramt im Nordosten habe noch keinen konkreten Wohnsitz mit einem bestimmten Jobcenter festgelegt.
Der Flüchtling war nach Bochum gezogen und hatte dort Hartz IV beantragt.
Der Fall landete dann vor Gericht.


 
Arbeitsgericht Köln: Irre - Rentner klagen wegen Marzipantorte zu Weihnachten !

Köln - Alle Jahre wieder bekamen die Betriebsrentner rechtzeitig zum Fest ein Weihnachtsgeld in Höhe von 105 Euro von ihrem ehemaligen Arbeitgeber überwiesen - und obendrauf eine Marzipantorte geschenkt.

Doch als Torte und Geld jetzt ausgeblieben sind, zogen die Rentner vors Gericht und verklagten einen Kölner Nahrungsmittelhersteller.

Einmal Torte, immer Torte?
Die Kläger pochten darauf, dass alle Rentner in den vergangenen Jahren die Torte und das Weihnachtsgeld erhalten hätten und damit eine „betriebliche Übung entstanden sei, die einen Anspruch auch für die Zukunft begründe“.
Das Kölner Arbeitsgericht sieht das nicht so und hat die Klage der Rentner zurückgewiesen.

In dem jetzt veröffentlichten Urteil heißt es, dass der Arbeitgeber mit den jeweils gleichzeitig übermittelten Weihnachtsschreiben deutlich gemacht habe, dass die Leistungen immer nur für das aktuelle Jahr gewährt werden.

Urteil ist rechtsrkräftig
Die Rentner hätten deshalb nicht davon ausgehen dürfen, auch in den Folgejahren in den Genuss einer Marzipantorte und des Weihnachtsgeldes zu kommen.
Eine „betriebliche Übung“ sei auch deshalb nicht entstanden, weil nicht alle Betriebsrentner beschenkt wurden.

Das Urteil ist rechtskräftig, da die Berufung nicht zugelassen wurde (AZ: 11 Ca 3589/16).


 
Zahnarzt wollte Sohn austricksen: Erbverzicht sittenwidrig !

Ein Zahnarzt hat seinen Sohn beim Erbe austricksen wollen und vor Gericht eine krachende Niederlage erlitten.
Der Mann hatte seinem Filius zum 18. Geburtstag versprochen, er könne den heiß begehrten Sportwagen seines Vaters bekommen.
Doch davor kamen viele "Wenns": Erstmal sollte der Sohn 25 Jahre alt werden und bis dahin seine Ausbildung zum Zahntechniker mit der Bestnote abschließen.
Und auf sein Erbe sollte er vollständig verzichten.
Gesagt, getan, ein Notar besiegelte den Vertrag.
Doch der Sohn verlor schnell die Freude daran und zog vor Gericht, um die Nichtigkeit der Vereinbarung festzustellen.
Und er bekam Recht, wie das Oberlandesgericht Hamm am Dienstag mitteilte.

Unter anderem hielt es dem Vater vor, die Unerfahrenheit seines Sohnes und dessen Schwäche für Sportwagen ausgenutzt zu haben.
Seine Argumentation, er habe den Jungen zu einer zügigen und erfolgsorientierten Ausbildung motivieren wollen, sei vorgeschoben.
Der Erbverzicht sei bedingungslos, während die Gegenleistung - das Auto - nur unter Bedingungen fällig werde.
Gezielt habe er den 18. Geburtstag des jungen Mannes abgewartet, weil die geschiedene, aber erziehungsberechtigte Mutter niemals zugestimmt hätte.
Sittenwidrig sei das alles, fanden die Richter.


 
BGH: Kritik an Journalisten in Kabarettsendung rechtens !

Karlsruhe - Was darf Satire?
Das ZDF musste eine Nummer aus der Sendung „Die Anstalt“ wegen inhaltlicher Ungenauigkeiten vor Gericht verteidigen.

Kabarettisten müssen sich für den Inhalt ihrer Beiträge nicht bis in kleinste Detail rechtfertigen.
Es komme auf den Gesamteindruck an, der beim Zuschauer zurückbleibt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag entschieden.
Die Karlsruher Richter hatten es mit einer Ausgabe der ZDF-Satiresendung „Die Anstalt“ aus dem April 2014 zu tun.
Darin kritisierten die Kabarettisten mehrere Medienleute für deren Verbindungen zu bestimmten Organisationen im Bereich Sicherheitspolitik.

Die angeblichen Netzwerke waren auf einem Schaubild mit Hilfe vieler Linien skizziert.
Die beiden Kabarettisten unterhielten sich in dem Zusammenhang über die Frage, wie unabhängig die abgebildeten Journalisten in ihrer Berichterstattung über sicherheitspolitische Themen seien.
An einer Stelle fiel der Satz: „Die recherchieren da nicht, die sind da Mitglieder, Beiräte, Vorstände.“

Zwei Betroffene, der „Zeit“-Herausgeber Josef Joffe und ein Redakteur der Wochenzeitung, wollten sich das nicht bieten lassen.
Sie klagten, weil die Verbindungen nicht in allen Einzelheiten korrekt wiedergegeben seien.
Der Redakteur wehrte sich außerdem gegen den Vorwurf, er habe über eine Rede von Bundespräsident Joachim Gauck wohlwollend berichtet, an der er selbst mitgewirkt habe.

Vor dem BGH hatten sie damit in letzter Instanz keinen Erfolg.
Nach Einschätzung der Richter kommt es darauf an, „welche Botschaft bei einem unvoreingenommenen und verständigen Zuschauer angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke ankommt“.
Damit zählt für sie die Hauptaussage des Beitrags, dass es entsprechende Verbindungen gibt - und das sei zutreffend. (Az.: VI ZR 561/15, VI ZR 562/15)

Eine Verlagssprecherin der Wochenzeitung erklärte zu der BGH-Entscheidung: „Die Zeit“ respektiert das Urteil aus Karlsruhe, prüft aber weitere rechtliche Schritte.
Die Meinungsfreiheit ist für Journalisten natürlich das höchste Gut, falsche Fakten jedoch bleiben falsche Fakten.“


 
BGH klärt Streit um Einbau eines Fahrstuhls fürs Alter !

Fünf Stockwerke Treppensteigen zur eigenen Wohnung sind im Alter für viele Menschen nicht mehr zu schaffen - morgen klärt der Bundesgerichtshof (BGH), wann ein Fahrstuhl eingebaut werden darf.
In einem Plattenbau in Cottbus gibt es darüber Streit zwischen den Wohnungseigentümern.
Ein älteres Ehepaar, das in der fünften Etage wohnt, will im Treppenhaus-Schacht auf eigene Kosten einen Aufzug nachrüsten.
In der Eigentümerversammlung ließen sich aber nicht genügend Nachbarn überzeugen.
Zuletzt hatte das zuständige Landgericht entschieden, dass die Gegner den Einbau trotzdem dulden müssen.
Das letzte Wort hat jetzt der BGH.

Verbände erhoffen sich von dem Urteil mehr Klarheit.
Während es im Mietrecht einen Paragrafen zur Barrierefreiheit gibt, sind Umbauten bei Eigentumswohnungen nur allgemein geregelt. (Az. V ZR 96/16)


 
Heizöl: Mieterin scheitert mit Klage !

Informieren reicht - Vermieter muss nicht das billigste Heizöl kaufen .....

Vermieter dürfen nicht wahllos einen Heizöl-Lieferanten aussuchen.
Denn Mieter haben ein Recht darauf, dass der Vermieter wirtschaftlich handelt.
Aber das heißt nicht, dass es immer der günstigste Anbieter sein muss, so eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (Az.: 18 S 1/16).

Es kann ausreichen, dass sich der Vermieter über die Heizöl-Durchschnittspreise informiert und die angegebenen Werte mit den Preisen seines Lieferanten vergleicht.
Denn bei der Lieferung von Heizöl komme es unter anderem auch auf die Zuverlässigkeit des Lieferanten an.

In dem verhandelten Fall verweigerte eine Mieterin Nachzahlungen aus der Heizkostenabrechnung.
Ihre Begründung: Der Vermieter habe zu teures Heizöl gekauft und damit unwirtschaftlich gehandelt.
Das wies der Vermieter von sich: Er habe die veröffentlichten Heizölpreise mit denen seines Anbieters verglichen.
Seine Einkaufspreise lägen danach im mittleren Bereich.
So landete der Fall vor Gericht.

Informieren reicht aus
Das Gericht sah keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
Zwar sollte sich ein Vermieter durchaus über das Preisniveau informieren.
Ausreichend ist aber, wenn er hierfür die in den Medien veröffentlichen Durchschnittspreise für Heizöl sichtet, um die Angemessenheit des dann ausgewählten Angebots zu beurteilen.

Nach Ansicht der Richter entscheidet nicht allein der Preis.
Einbezogen werden dürfen auch Aspekte, wie beispielsweise die Zuverlässigkeit des Anbieters oder auch eine langjährige Geschäftsbeziehung mit dem Lieferanten.


 
Senior verliert vor Gericht: Kein Anspruch auf Fahrstuhl zur Eigentumswohnung !

Ein Rentner will auch im hohen Alter noch in seiner Wohnung im fünften Stock eines Plattenbaus leben können - aber gegen einen Aufzug im Treppenhaus sperren sich Nachbarn.
Vor dem Bundesgerichtshof verlor nun der 80 Jahre alte Kläger.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Recht von Behinderten und Gebrechlichen auf einen barrierefreien Zugang zu ihrer Eigentumswohnung präzisiert: Die Eigentümergemeinschaft in einem großen Wohnhaus muss den nachträglichen Einbau eines privaten Aufzugs im Treppenhaus bis in das fünfte Obergeschoss nicht dulden, weil dies massiv in die Bausubstanz des Hauses eingreift, wie es in einem am Freitag in Karlsruhe verkündeten Urteil heißt. (AZ. VZR 96/16)

Der 80-jährige Kläger bewohnt in einem ehemaligen DDR-Plattenbau ohne Aufzug eine Eigentumswohnung im fünften Obergeschoss.
Da er und seine Gattin gelegentlich eine zu 100 Prozent schwerbehinderte Enkelin betreuen, wollte er auf eigene Kosten einen Fahrstuhl im Auge des Treppenhauses einbauen und auch die Kosten für einen späteren Ausbau übernehmen.
Weil ihm die Eigentümergemeinschaft dies verweigerte, ging der Streit bis zum BGH.

Zwar hatte das Landgericht Cottbus dem alten Herrn den nachträglichen Einbau auf eigene Kosten von rund 90.000 Euro unter weiteren Auflagen noch zugebilligt und dabei auf das Grundgesetz verwiesen, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe.
Der BGH entschied nun aber, dass eine Eigentümergemeinschaft zwar etwa den nachträglichen Einbau eines Sesselliftes oder einer Rollstuhlrampe am Hauseingang akzeptieren müsse.
Für solch einen massiven Eingriff in die Bausubstanz wie den nachträglichen Fahrstuhleinbau zugunsten eines einzelnen Wohnungseigentümers sei aber laut Gesetz die Zustimmung aller anderen Eigentümer nötig.


 
Konto mit kostenpflichtiger EC-Karte ist nicht kostenlos !

Auch wenn nur die Karte zum Konto eine Kleinigkeit kostet - das Konto ist dann nicht mehr kostenlos.
Das befand dieser Tage das Landgericht Düsseldorf.

Benötigen Bankkunden zu ihrem Girokonto eine EC-Karte für zehn Euro, darf das Konto nicht mehr als kostenlos beworben werden.
Dies entschied das Landgericht Düsseldorf am vergangenen Freitag, wie die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg am Dienstag mitteilte. (Az. 38 O 68/16)

Konkret geht es um eine Sparda-Bank in Nordrhein-Westfalen.
Wie bei dieser Bankengruppe üblich warb sie für ihr kostenloses Girokonto.
Seit April 2016 müssen Kunden allerdings für ihre EC-Karte zehn Euro bezahlen.
Mit der Karte können Kontoauszüge gedruckt und am Automaten Geld abgehoben werden.

Die Wettbewerbszentrale hält dies für irreführend.
Der Betrag von zehn Euro sei zwar „überschaubar“, das Konto dennoch aber nicht mehr kostenlos.
Die Sparda-Bank verteidigte sich mit dem Argument, Auszahlungen am Automaten seien auch mit einer kostenlosen „White Card“ möglich.

Nach Angaben der Wettbewerbszentrale folgte dem das Landgericht nicht.
Unter einem „kostenlosen Girokonto“ verstünden Verbraucher ein Konto, bei dem auch die Girokarte kostenlos sei.

Damit habe das Gericht „dem Versuch, Kosten zu verstecken oder durch die Hintertür einzuführen, eine klare Absage erteilt“, erklärte die Wettbewerbszentrale.
Sie ist eine Selbstkontrollinstitution von Unternehmen, Kammern und Verbänden der Wirtschaft.
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, die schriftliche Begründung liegt noch nicht vor.


 
Menschenrechtsgericht urteilt über Internet für Gefangene !

Straßburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet heute über das Recht von Gefangenen auf einen Internetzugang.
Geklagt hat ein Häftling aus Litauen.
Ihm war der Zugang zum Internet aus Sicherheitsgründen verwehrt worden.

Der Mann sieht dadurch seine Informationsfreiheit verletzt.
In Deutschland testen die Bundesländer derzeit in Pilotprojekten, wie ein kontrollierter Internetzugang ausgestaltet werden könnte.


 
Wird die NPD verboten? - Karlsruhe verkündet heute Urteil !

Karlsruhe - Seit mehr als 60 Jahren hat es in Deutschland kein Parteiverbot mehr gegeben - heute entscheidet sich, ob die NPD weiter in der politischen Landschaft geduldet wird.
Am Vormittag verkündet das Bundesverfassungsgericht sein Urteil in dem Verfahren gegen die rechtsextreme Partei.

Ein Verbot setzt voraus, dass die Karlsruher Richter die NPD als verfassungswidrig einstufen.
Zuletzt hatte die Partei an Bedeutung eingebüßt, sie sitzt derzeit in keinem Landtag mehr.

Deshalb gibt es Bedenken, die NPD könnte politisch zu unbedeutend sein, um eine derart scharfe Maßnahme zu rechtfertigen.


 
Antrag auf NPD-Verbot abgewiesen: Zu unbedeutend - Verfassungsgericht lehnt NPD-Verbot ab !

Karlsruhe/Berlin - Zum zweiten Mal nach 2003 sind die Länder in Karlsruhe mit einem Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD gescheitert.
Die Partei sei verfassungsfeindlich - aber zu schwach und unbedeutend, um sie aufzulösen, entschied das Bundesverfassungsgericht.

Die Richter wiesen den Antrag des Bundesrats als unbegründet ab und zogen damit einen Schlussstrich unter die jahrelangen politischen Bestrebungen für ein NPD-Verbot. (Az. 2 BvB 1/13)


Die Länder kündigten an, die NPD weiter mit demokratischen Mitteln zu bekämpfen und auch durch den Verfassungsschutz zu beobachten.
Dies halte er "weiter für geboten", sagte auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).
Zudem wird überlegt, die NPD nun von der staatlichen Parteienfinanzierung abzuschneiden.

In seinem ersten Urteil zu einem Parteiverbot seit mehr als sechs Jahrzehnten setzte das oberste Gericht neue Maßstäbe für künftige Verfahren.
Der Zweite Senat stellte den Rechtsextremen keinen Persilschein aus.
"Das politische Konzept der NPD ist auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet", hieß es.
Die Idee der deutschen "Volksgemeinschaft", die Menschen anderer Religion oder mit ausländischen Wurzeln ausgrenze, verletze die Menschenwürde.
Dies und die antisemitische Grundhaltung lasse "deutliche Parallelen zum Nationalsozialismus erkennen".

Ein erstes Verfahren war vor 14 Jahren geplatzt, weil ans Licht kam, dass die Partei bis in die Spitze mit Informanten des Verfassungsschutzes (V-Leuten) durchsetzt war.
Bundesregierung und Bundestag, die das Verbot damals mitbeantragt hatten, schlossen sich daher diesmal dem Bundesrat nicht an.

Die Reaktionen schwankten am Dienstag zwischen Enttäuschung, Genugtuung und Respekt vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
So erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): "Das Gericht hat die Grenzen für ein Parteiverbot klar gezogen und auch sehr deutlich gemacht: Das politische Konzept der NPD missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar."

In seinem knapp 300-seitigen Urteil stellte der Senat zwar einstimmig fest, dass die NPD wesensverwandt mit dem Nationalsozialismus sei.
"Es fehlt aber derzeit an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass ihr Handeln zum Erfolg führt", sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Verkündung.
"Das Ergebnis des Verfahrens mag der eine oder andere als irritierend empfinden", räumte er ein.
Ein Parteiverbot sei jedoch "kein Gesinnungs- oder Weltanschauungsgebot".

Voßkuhle wies ausdrücklich auf "andere Reaktionsmöglichkeiten" hin - etwa den Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung.
Dies habe aber nicht das Verfassungsgericht zu entscheiden, sondern der verfassungsändernde Gesetzgeber.

Dies griff unter anderem Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) umgehend auf: "Wir können niemandem erklären, dass eine verfassungsfeindliche Partei aus Steuermitteln finanziert wird."
Auch Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) plädierte dafür, die NPD über die Parteienfinanzierung zu treffen: "Es kann nicht sein, dass der Staat Parteien finanzieren muss, die ihn offensiv bekämpfen."
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) warnte aber vor Schnellschüssen: "Da muss zunächst einmal geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen das möglich ist."

Sollte die NPD in der Zukunft erstarken, bleibt es der Politik außerdem unbenommen, erneut ein Parteiverbot zu beantragen.
Einzig das Bundesverfassungsgericht kann eine solche Sanktion dann aussprechen.
Geschehen ist das erst zwei Mal: 1952 wurde die Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten, 1956 traf es die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

Die 1964 gegründete NPD hat bundesweit nur noch etwa 5200 Mitglieder.
Ihre Hochburgen liegen in Ostdeutschland, insbesondere in Sachsen.
Im September 2016 verloren die Rechtsextremen in Mecklenburg-Vorpommern ihre letzten Landtagsmandate.
Seither ist die NPD nur auf kommunaler Ebene und mit einem Abgeordneten im Europaparlament vertreten.
Die Karlsruher Richter halten es derzeit für ausgeschlossen, dass die NPD durch Wahlen, ihre "Kümmerer-Strategie" vor Ort oder durch Druck und ein Klima der Angst ihre Ziele erreicht.
Eine Grundtendenz, dafür mit Gewalt oder Straftaten zu kämpfen, stellten die Richter nicht fest.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder, Markus Ulbig (CDU), sagte, zwar erfülle die NPD die Voraussetzungen eines Verbots derzeit nicht.
"Sie bleibt aber eine rechtsextremistische, verfassungsfeindliche Partei und sie wird als solche weiter von den Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern beobachtet werden."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte das Urteil "eine deutliche Warnung an alle Rädelsführer" der NPD.
"Es soll sich da keiner zu sicher fühlen."

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bedauerte das Urteil: "Für die jüdische Gemeinschaft und andere Minderheiten sowie all jene, die nicht in das Weltbild dieser Partei passen, wäre ein Verbot sehr wichtig und ermutigend gewesen."
Angesichts der Erfolge rechtspopulistischer Parteien stelle sich die Frage, "wie weit es kommen muss, bis eine Partei verboten wird".
Das Internationale Auschwitz Komitee sprach von einer "empörenden und erschreckend realitätsfernen Entscheidung" der Karlsruher Richter.

Die Rechtsextremisten äußerten derweil Genugtuung. NPD-Chef Frank Franz: "Der Bundesrat ist gescheitert, und darüber sind wir natürlich sehr glücklich."
Die Bundespartei schrieb zudem unmittelbar nach der Urteilsverkündung auf Facebook: "Der konsequente Einsatz für Volk und Vaterland kann weitergehen!".


 
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