Zeitzonen schlagen Haken: Spanien tickt falsch, China zu einheitlich !

collombo

MyBoerse.bz Pro Member
Wie war das mit den Zeitzonen?
Der Verlauf der Längengrade legt sie exakt fest?
Und von einer Zeitzone zur nächsten ist immer eine Stunde Unterschied?
Weit gefehlt.
Das Zeitzonen-Modell hat viele Ausnahmen - zum Beispiel in Westeuropa.

hgJa9C.jpg

Hier dargestellt: die Zonen gleicher Normalzeit mit allen Abweichungen. Die Sommerzeit ist unberücksichtigt.​

Es ist noch gar nicht so lange her, da galten allein rund um den Bodensee fünf Zeitzonen – und das bei nur 46 Kilometern Luftlinie.
In jedem der fünf Anrainerstaaten tickten die Uhren anders.
Wer den See einmal umrundete, musste neben der Karlsruher, Stuttgarter und Münchner Zeit auch die Berner und Prager Zeit (die in Österreich galt) berücksichtigen.

O4A2AP.jpg

Die fünf Zeitzonen am Bodensee, wie sie bis 1894 galten.​

Erst kurz vor Beginn des 20. Jahrhunderts war es damit vorbei.
Seit 1895 gibt es am Bodensee nur noch eine Zeit: die mitteleuropäische.
Denn 1884 hatte man sich auf der Internationalen Meridian Konferenz in Washington D.C. darauf geeinigt, die Erde in nicht mehr als 24 Zeitzonen aufzuteilen.
Dabei orientierte man sich an den Längengraden, denn in Orten auf demselben Längengrad steht die Sonne zur selben Zeit im Zenit.
Ausgehend vom Nullmeridian, der durch den Londoner Stadtteil Greenwich führt, ließ man nach 15 Längengraden die nächste Zeitzone beginnen.
Und so ging es in Abständen von je 15 Grad weiter, bis die Erde nach 24 Zeitzonen einmal umrundet war (15x24=360).

Mitteleuropäische Zeitzone ist eine Ausnahme
Eigentlich ist es also gar nicht so schwer.
Die Zeitzonen berücksichtigen den Sonnenstand.
Jeweils in der Mitte einer Zeitzone ist es ziemlich genau dann 12 Uhr, wenn die Sonne am höchsten steht.
An den Rändern einer Zone weicht die Zeit eine halbe Stunde von dieser sogenannten mittleren Sonnenzeit ab.
So gibt es am Ende von Zeitzone zu Zeitzone einen sauberen unterschied von einer Stunde.

Das ist das Ideal.
Im wirklichen Leben verhält es sich mit den Zeitzonen ganz anders.
Es gibt diverse Abweichungen vom streng mathematischen Plan.
Bestes Beispiel: die uns vertraute mitteleuropäische Zeitzone.
Sie ist viel breiter als 15 Grad.
Die Abweichung von der Sonnenzeit ist an ihren Rändern demzufolge größer als eine halbe Stunde.
Wenn die Sonne im Westen Spaniens ihren höchsten Punkt erreicht, stehen die Zeiger dort auf 13.40 Uhr.
In Polen hingegen ist es der Uhr zufolge erst 11, wenn die Sonne im Zenit steht.

Spanien ist in der falschen Zone
Eigentlich müsste Spanien - und übrigens auch Frankreich, Belgien und die Niederlande - derselben Zeitzone angehören wie Portugal, Großbritannien und Irland.
Dass dem nicht so ist, hat politisch-historische Gründe.
In Frankreich und den Niederlanden war es die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg, die die mitteleuropäische Zeit für das Land festlegte.
In Spanien hatte Franco 1942 die Angleichung an die deutsche und italienische Zeit verfügt.

Neben Politik und Geschichte ist es oft einfach die Geografie, die um die ideale Zeitzone einen Bogen macht.
Westliche und östliche Grenzen eines Landes folgen keinem Längengrad und stimmen nicht mit der Idealeinteilung überein.
Das sorgt dann für ausgefranste Ränder.
Auch Traditionen, wirtschaftliche Gesichtspunkte und kulturelle Bindungen an Nachbarstaaten spielen eine Rolle.
So wollen die südostasiatischen Länder Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam, Kambodscha, Laos und Myanmar eine gemeinsame Zeitzone einrichten, in der die Uhrzeit mit der in Peking übereinstimmt.
Ziel ist es, damit den Handel zu erleichtern.
Westchina macht um 15 Uhr Mittag

Auch ganz China richtet sich nach der Pekinger Zeit – was nicht selbstverständlich ist.
Das Land ist so groß, dass es sich über fünf Zeitzonen erstreckt; von UTC +5h bis UTC +9h. UTC ist der Nachfolger auf die Greenwich-Zeit, die koordinierte Weltzeit, die auf Englisch Coordinated Universal Time heißt.
In China gilt allerorten UTC +8h. Peking und Shanghai passt das gut.
Doch im westlichsten China ist es bereits 15 Uhr, wenn die Sonne im Zenit steht.
Im östlichsten Teil des Landes steht sie schon um 11 Uhr an ihrem höchsten Punkt.

Solche Verschiebungen gibt es auch in Russland, das in elf Zeitzonen unterteilt ist.
Deren Grenzen verlaufen nämlich teilweise weiter westlich als es den Bezugs-Längengraden entspräche.
Die Sonne erreicht daher in einigen russischen Großstädten erst deutlich nach 12 Uhr ihren höchsten Stand, so etwa in Sankt Petersburg, Irkutsk und Wladiwostok.
Die auf der Krim geltende Uhrzeit wurde in der Nacht zum 30. März 2014 der Moskauer Zeit angepasst.
Da wurden die Uhren zwei Stunden vorgestellt.

Hier und da ticken die Uhren anders
Iran, Afghanistan, Indien, Nepal, Mittel-Australien, Neufundland und Venezuela haben ganz eigene Zeiten. Hier ist der Bezugs-Längengrad jeweils ein anderer als der 15. nach dem vorausgegangenen.
Die Folge: In diesen Ländern weicht die Zeit von jener der Nachbarländer keine volle Stunde ab, sondern eine halbe, viertel oder dreiviertel.
Selbst auf demselben Längengrad ticken die Uhren anders.

Und auch Tonga, Kiribati und Samoa gehen eigene Wege: Die pazifischen Inselstaaten liegen an der Datumsgrenze, wählen für sich aber das Datum von der anderen Seite dieser Grenze.
Die Datumsgrenze liegt auf dem 180. Längengrad – doch wie jede Zeitzone schlägt auch sie einige Haken.


 
Zurück
Oben Unten