„Starfighter“: Ein desaströses Stück deutscher Nachkriegsgeschichte heute im TV !

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„Starfighter“: Ein desaströses Stück deutscher Nachkriegsgeschichte heute im TV !

Der aufwändig produzierte RTL-Film ‚Starfighter – Sie wollten den Himmel erobern‘ heute 20.15 Uhr beleuchtet einerseits den Skandal um Piloten, die zu Versuchskaninchen für ein unfertiges Flugzeug wurden, auf der anderen Seite die ungebrochene Anziehungskraft und Coolness des Starfighter-Milieus.

Wie berauscht starrt ein Trupp blutjunger Männer samt seinen bunt gekleideten Freundinnen in den stahlblauen Junihimmel 1962 über dem Militärflugplatz Nörvenich bei Köln.
Vier extrem schnittige Kampfmaschinen donnern dort in kühnen Kunstflug-Formationen.
Und produzieren nicht nur eindrucksvolle Kondensstreifen, sondern auch Sehnsucht beim lässig-launigen Luftwaffen-Nachwuchs.
Der kann spätere eigene Einsätze kaum erwarten.
Knapp darauf stürzen alle vier Flieger vom Typ F-104 ab, gehen auf in Rauch und Flammen.
Spektakulärer Einstieg in den RTL-Eventmovie „Starfighter – Sie wollten den Himmel erobern“.

Den Film, der ein desaströses Stück deutscher Nachkriegsgeschichte in eine attraktive Liebes- und Abenteuergeschichte verpackt, wollte der Privatsender ursprünglich am Gründonnerstag (2. April) zeigen.
Doch nach dem Absturz der Germanwings-Maschine am 23. März in den Französischen Alpen entschieden die RTL-Verantwortlichen, den Ausstrahlungstermin aus Respekt vor den Gefühlen vieler Menschen zu verschieben.
Jetzt, zur dunkleren Jahreszeit, scheint er also zu passen.
Die DVD ist schon seit 27. März auf dem Markt.


Nach dem Buch von Kit Hopkins und Thilo Röscheisen hat Regisseur Miguel Alexandre (‚Der Mann mit dem Fagott‚) den auf politisch-militärischen Tatsachen beruhenden, aber zugleich fiktiven Stoff mit vielen unverbrauchten, empathischen Akteuren umgesetzt.
Forsch und emotional packend, in kinoartig computerisierten Bildern und mit jeder Menge aerodynamischer Action.

Im Mittelpunkt der Produktion der Kölner Firma Zeitsprung Pictures steht die Beziehung zwischen der couragierten Parfümverkäuferin Betti (Picco von Groote) und dem Flieger-Ass Harry (Steve Windolf), die am Ende, 1975, in einen gigantischen Prozess gegen den Flugzeughersteller Lockheed münden wird.
Tatsächlich war es deutschen Pilotenwitwen in einem fulminanten Rechtsstreit in Los Angeles gelungen, dem US-Unternehmen Schmerzensgelder in Höhe von drei Millionen Mark abzuzwingen.

Denn zur düsteren Wahrheit gehört: Von den 916 von der Luftwaffe im Auftrag von Verteidigungsminister Franz Josef Strauß gekauften Starfighters stürzten 262 ab, 116 Piloten starben.
Darunter auch 1970 der einzige Sohn des Strauß-Amtsnachfolgers, Kai-Uwe von Hassel.
Der Spielfilm erhebt allgemein im Sinne des damaligen „Lockheed-Skandals“ Anklage gegen Verantwortliche, die sich im Rahmen von Wiederaufbau,
„Wir sind wieder wer“-Haltung und NATO-Neumitgliedschaft im Kalten Krieg in einem Milliardengeschäft für Abfangjäger entschieden hätten, die als die modernsten der Welt galten.
Deren Technik schien jedoch unausgereift, die Maschinen für unser Klima nicht geeignet.
Überdies seien die Abstürze offiziell dann auch noch als „Pilotenfehler“ dargestellt worden.

Wer mehr über die nie ganz geklärten Realitäten der Starfighter-Affäre und die Folgen für die Pilotenfamilien erfahren möchte, für den hält RTL im Anschluss um 22.45 Uhr die Dokumentation „Mein Mann war Nummer 57“ parat.
RTL-Anchorman Peter Kloeppel widmet sich darin dem Schicksal der Opfer mit Fokus auf die Witwe Elke von Hassel.
Abgeschafft wurden die Maschinen bei uns erst 1991.
Der Spielfilm erklärt die lang anhaltende Faszination der als „Witwenmacher“ und „Erdnagel“ bespöttelten Flieger auf ihre jungen Steuermänner nicht zuletzt mit der Coolness des Starfighter-Milieus.
Seinen Unterhaltungswert verschafft sich der Eventmovie dabei auch mit dem Bemühen um das detailgetreue Setting jener politischen Aufbruchzeit mit Mode, Autos sowie den jeweils aktuellen Pop-Songs eines Jahres.

„Wir wollten diesen Film gemeinsam mit RTL vor allem machen, weil wir bei Recherche zur Starfighter-Affäre auf die Geschichte dieser mutigen Witwen gestoßen sind“, erklärte Produzent Dominik Frankowski der Deutschen Presse-Agentur.
„Die wurden nach dem Tod ihrer Männer nicht einmal richtig über die Unfallursachen informiert.
Doch irgendwann haben sie sich das nicht mehr bieten lassen und zogen gegen alle Widerstände bis nach Amerika vor Gericht.
Das muss man sich für die damalige Zeit mal vorstellen.“
Der Film sei deshalb auch eine Hommage an die Frauenemanzipation und an den Gedanken, dass man sich nicht unterkriegen lassen soll.


 
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