DVB-T2: Beim Antennen-Fernsehen wird nun fast alles anders !

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Essen. Am 31. Mai startet in NRW Antennen-Fernsehen in HD-Qualität. TV-Nutzer brauchen neue Empfangstechnik.
RTL, ProSieben und Co. senden verschlüsselt.

Kabel, Satellit, Internet?
Nichts davon: In fast 1,1 Millionen Haushalten in NRW wird Fernsehen ausschließlich per Antenne empfangen.
Jetzt kündigt sich das Aus für die bisherige Übertragungstechnik DVB-T an: DVB-T2 HD.

Wo und wann wird DVB-T2 HD in NRW starten?
Ab 31. Mai 2016 wird DVB-T2 HD in Ballungsräumen bundesweit offiziell zu empfangen sein.
Pilotregionen in NRW sind Düsseldorf/Rhein/Ruhr und der Raum Köln/Bonn/Aachen.
In vielen Teilen NRWs soll für DVB-T 2 HD eine Zimmerantenne reichen, etwa auf der Rheinschiene von Bonn über Köln und Düsseldorf bis Wesel und im Ruhrgebiet zwischen Duisburg und Dortmund und der jeweiligen Umgebung.
Abseits der Ballungsräume, etwa im Kreis Kleve und in südlichen Teilen des Münsterlandes braucht man eine Außenantenne am Haus, in anderen Gegenden gar eine Dachantenne.
In weiten Teilen des Sauer- und Siegerlandes und in Ostwestfalen wird DVB-T 2 HD vorerst nicht zu empfangen sein.

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Was bedeutet DVB-T2 HD überhaupt?
DVB-T2 ist das Kürzel für die zweite Generation der digitalen Videoübertragung von erdgebundenem Antennenfernsehen und steht für „Digital Video Broadcasting – Terrestrial, 2nd generation“.
HD bedeutet "High Definition", übersetzt: Bilder in hoher Auflösung bzw. mit größter Schärfe.
Beim DVB-T2 HD werden die Bilder mit 1920 mal 1080 Bildpunkten (2.073.600 Pixel) und mit 50 Vollbildern je Sekunde gesendet.

Was ist der Unterschied zum DVB-T?
Das neue System ist ein Sprung bei der Bildqualität.
Erstmals werden die Bildsignale per Antenne in HD-Qualität gesendet, sogar in super scharfem „Full HD“; das bieten selbst Kabel und Sat-TV derzeit nicht.

Wieviele TV-Programme sind beim DVB-T2 zu empfangen?
ARD (Das Erste), ZDF, RTL, ProSieben, Sat.1 und Vox machen den Anfang.
Im Regelbetrieb sind insgesamt 40 Programme geplant, jeweils zur Hälfte von privaten Sendern und von öffentlichen rechtlichen Anstalten; welche, kann wie beim Kabelfernsehen regional variieren.
Über DVB-T sind derzeit je nach Region zwischen 20 und 25 TV-Programme zu empfangen - nicht in HD.

Wie lange kann ich noch meinen DVB-T-Empfänger nutzen?
Der Regelbetrieb von DVB-T 2 HD soll im ersten Quartal 2017 starten und bis 2019 schrittweise in Deutschland ausgeweitet werden, bis auch ländliche Gebiete abgedeckt sind.
Das aber bedeutet: Wo ab 2017 auf DVB-T2 HD umgeschaltet wird, ist Schluss mit dem bisherigen DVB-T.
Den Parallel-Betrieb gibt es nur noch in der Zeit bis zum Regelbetrieb.
Für die öffentlich-rechtlichen Programme auch noch drei Monate danach.

Braucht man für DVB-T 2 HD neue Empfänger?
Ja. DVB-T 2 HD ist ein neuer Sendestandard.
Nur die bisherige DVB-T-Antenne kann bleiben.
Geeignete Fernseher mit Empfangs-Tuner oder Set-Top-Boxen, die man mit dem Fernseher verbindet, erkennt man an einem grünen Logo mit einem stilisierten Flachbildschirm und einem weißen Punkt über dessen oberen rechten Ecke.
Empfangsgeräte müssen auch den neuen Video-Komprimierungsstandard „HEVC“ 'verstehen'.
Die Verbraucherzentrale warnt: „Die einfache Bezeichnung "DVB-T2-Tuner integriert" oder "DVB-T HD" reicht nicht aus“.
Die Deutsche TV-Plattform listet im Internet auf, was an Geräten auf dem Markt ist.
Die Geräteliste werde laufend aktualisiert.
Und: DVB-T2-Geräte sind "abwärtskompatibel"; man kann damit auch DVB-T empfangen (solange es noch ausgestahlt wird).

Gibt es auch bei DVB-T2 eine Sende-Verzögerung?
Im Vergleich zur Übertragung per Kabel ist DVB-T oft ein paar Augenblicke hinterher.
Das könnte sich mit DVB-T2 vielleicht etwas verbessern.
Das Problem bei den Antennen-Signalen sei nicht nur die Datenmenge der Programme, sondern auch zum großen Teil die Zuführung zu den Sendern.
"An den bisherigen Empfängern haben wir keine großen Unterschiede festgestellt.
Die Datenmengen sind zwar größer geworden, aber eben auch die Rechenleistung dieser Empfänger, sodass diese mit den Datenmengen ganz gut umgehen können", heißt es beim Institut für Rundfunktechnik in München (IRT), Forschungs- und Entwicklungszentrum von u.a. ARD und ZDF.

Bleibt Antennen-Fernsehen weiter kostenlos?
Nein. Die großen privaten TV-Sender werden mit DVB-T 2 HD kostenpflichtig.
Ihre Sendesignale werden verschlüsselt, das sogar bereits mit dem Start des Pilotbetriebes am 31. Mai.
Dann aber vorerst noch kostenfrei.
Die Programme öffentlich-rechtlicher TV-Sender bleiben auf DVB-T2 per se kostenfrei (abgesehen natürlich vom Rundfunkbeitrag).

Wird es bei den Privaten auch unverschlüsselte DVB-T2-Programme geben?
„Nein“, sagt ein Sprecher von RTL.
Man gehe davon aus, „dass alle unsere Free-TV-Sender in HD und damit auch verschlüsselt verbreitet werden“.
Bei den anderen Privatsendern dürfte es ähnlich laufen.

Wie kann ich die privaten Sender künftig empfangen?
Wer auch künftig über Antenne Programme kommerzieller Anbieter sehen will, braucht ein TV-Gerät oder eine Empfangsbox mit integriertem "Irdeto"-Verschlüsselungssystem für die „Freenet TV“-Plattform von Media Broadcast.
Über die wird das Angebot der Privatsender vermarktet.
Media Broadcast betreibt als Dienstleister der hiesigen TV-Sender die Sendetechnik für das digitale terrestrische Antennenfernsehen in Deutschland.
Das nötige "CI+"-Modul, das in die CI-Schnittstelle am Fernseher oder der Empfangs-Box gesteckt werden muss, gibt es derzeit für etwa 80 Euro.

Warum soll man für private TV-Programme via Antenne Geld zahlen?
Ein RTL-Sprecher sagt: „Grundsätzlich kann es eine Zukunft für die Terrestrik (also für „erdgebundenes Antennen-TV“; die Red.) für uns nur mit einer ökonomisch tragfähigen Plattform im neuen Standard DVB-T2 geben.“

Ab wann wird Privat-TV kostenpflichtig?
Zur Einführung sind die Programme von RTL, Sat1, ProSieben und Co. noch kostenfrei, aber bereits verschlüsselt.
Mit dem Start des DVB-T2-Regelbetriebs - also ab dem 1. Quartal 2017 - gibt es eine dreimonatige kostenlose Probephase, bis Zuschauer tatsächlich zahlen müssten, erklärt ein Sprecher von Media Broadcast in Köln.
Wie soll das Bezahlsystem aussehen?

Konkrete Informationen sollen erst zur Internationalen Funkausstellung (Ifa) Anfang September in Berlin bekannt gemacht werden.
Ein Abo-Modell, wie etwa beim Pay-TV-Anbieter Sky ist wohl nicht geplant.
Abgerechnet werde später wohl per Prepaid-Modell, ist zu hören.

Wie hoch sind die Gebühren für das Antennen-Fernsehen der privaten Sender?
Das wird noch bekannt gegeben, sagt ein Sprecher von Media Broadcast.
Es dürfte wohl auf „einen niedrigen einstelligen Eurobetrag pro Monat“ hinauslaufen.
Zum Vergleich: Das „HD plus“-Angebot für Fernsehempfang per Satellit kostet derzeit pro Monat 5 Euro.
Der Kabel-TV-Anbieter Unitymedia bietet allen Kabelanschluss-Kunden derzeit vier TV-"Pakete" an, Kosten reichen pro Monat von 4.99 Euro ("TV Start") bis 19.99 Euro ("TV Premium").

Was ist, wenn ich für die privaten Sender nicht bezahle?
Dann wird man auf diesen Kanälen beim DVB-T2 nur Bildrauschen empfangen.
Bereits zum Start des Pilotbetriebs am 31. Mai werden die Signale der privaten Sender verschlüsselt.
Über DVB-T sind die Sender noch zu empfangen.
Kostenpflichtig werden die Programme erst, wenn DVB-T2 in den Regelbetrieb geht und DVB-T abgeschaltet wird.
Wer nicht zahlt, kann dann nur noch die HD-Programme der öffentlich-rechtlichen Sender über Antenne empfangen.

Kann ich weiterhin Sendungen privater TV-Sender aufnehmen?
Mit der Verschlüsselung haben Programm-Anbieter künftig auch Eingriffsmöglichkeiten, die sie beim DVB-T bis dato nicht haben - möglich machen das die zur Entschlüsselung nötigen CI-Module, beschreibt ein Experte vom Institut für Rundfunktechnik in München: "Man kann über sie die Aufzeichnung von Sendungen verhindern, begrenzen, nach einiger Zeit löschen, das Vorspulen verhindern, und vieles mehr".
Ob und wenn, was die Sender in diesem Punkt planen, ist offen.


 
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