Der NSU Prozess !

420. Verhandlungstag: Zschäpes Anwalt beklagt Spekulationen !

Zweiter Tag der Verteidiger-Plädoyers im NSU-Prozess: In scharfem Ton hat erneut einer von Beate Zschäpes Vertrauensanwälten die Bundesanwaltschaft kritisiert.
Am Donnerstag werden die ersten Verteidiger-Plädoyers vermutlich abgeschlossen.

Mit scharfer Kritik an der Bundesanwaltschaft hat Hermann Borchert, der Vertrauensanwalt von Beate Zschäpe, sein Plädoyer fortgesetzt.
Eine Mitwirkung der Hauptangeklagten an den Mordtaten und Raubüberfällen des Nationalsozialistischen Untergrunds habe es nicht gegeben, sagte Borchert.

Borchert orientierte sich in seinem Plädoyer am Schlusswort der Anklageseite.
Darin fänden sich zahlreiche Unterstellungen und nicht nachgewiesene Behauptungen, die sich als reine Spekulationen herausgestellt hätten.
Die Fakten würden aber das Gegenteil belegen.

Verteidiger zeichnet völlig anderes Bild
Der Münchner Strafverteidiger stieß erst 2015, also zwei Jahre nach Beginn zum Prozess dazu.
In seinem Plädoyer zeichnet er ein völlig anderes Bild von Zschäpe als die Bundesanwaltschaft.
Die Karlsruher Ankläger, die die 43-Jährige als Mittäterin und nicht nur als Mitwisserin einschätzen, forderten bereits eine lebenslange Haftstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.

Verteidiger sieht keine Mittäterschaft Zschäpes
Zschäpe ging 1998 mit den 2011 verstorbenen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in den Untergrund
. Im Jahr 2000 begann die Mordserie an acht türkischstämmigen Kleinunternehmern und einem griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie einer deutschen Polizistin.

Borchert sagte am Mittwoch, Zschäpe habe sich 1998 nicht für den Weg in den Terror, sondern in den Untergrund entschieden, um einer drohenden Gefängnisstrafe zu entgehen.
An Vorbereitungs- oder Durchführungshandlungen in Zusammenhang mit Mord- und Bombenanschlägen sei sie aber nicht beteiligt gewesen.

Weitere Unterbrechung droht
Am Donnerstag setzt Borcherts Kollege Mathias Grasel das Plädoyer fort.
In seinem Vortrag wird es um die rechtliche Würdigung der Zschäpe vorgeworfenen Taten gehen.
Prozessbeobachter erwarten mit Spannung, welches Strafmaß Borchert anschließend für Zschäpe beantragen wird.

Danach könnte es zu einer längeren Unterbrechung des Verfahrens kommen, die die mit Zschäpe zerstrittenen Altverteidiger beantragen wollen, um sich auf ihr eigenes Plädoyer vorzubereiten.


 
421. Verhandlungstag: Verteidiger fordern für Zschäpe maximal zehn Jahre Haft !


Zwei der Verteidiger der NSU-Hauptangeklagten Beate Zschäpe haben für die 43-Jährige eine Gesamtfreiheitsstrafe von maximal zehn Jahren gefordert.
Sie solle nur wegen besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zu Raubüberfällen verurteilt werden - nicht aber wegen Mordes, so Hermann Borchert und Mathias Grasel, Verteidiger des Vertrauens von Zschäpe.


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Nicht mehr als zehn Jahre Haft fordern die Vertrauensverteidiger Mathias Grasel und Hermann Borchert für ihre Mandantin Beate Zschäpe.
Sie habe sich zwar unter anderem der Beihilfe zu schwerem Raub und zu schwerer räuberischer Erpressung schuldig gemacht sowie der schweren Brandstiftung - in allen anderen Anklagepunkte sei sie jedoch freizusprechen.

Zschäpe sei keine Mittäterin
Die zentralen Vorwürfe der Bundesanwaltschaft weisen die Anwälte damit zurück: Zschäpe sei nicht Mittäterin gewesen bei zehnfachem heimtückischem Mord und mehr als 30-fachen Mordversuch.
Zschäpe habe sich auch nicht der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung NSU schuldig gemacht.
Sie habe nichts gewusst von den Anschlägen und Morden, die Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos verübten, obwohl sie mit ihnen mehr als 13 Jahre im Untergrund lebte.

"All diese Verbrechen wurden allein von Böhnhardt und Mundlos begangen", so Anwalt Grasel wörtlich.
Dass beide Täter tot seien und nicht zur Rechenschaft gezogen werden könnten, rechtfertige es nicht, nun seine Mandantin dafür verantwortlich zu machen.
Zschäpe habe stets erst hinterher von den Taten erfahren, habe diese abgelehnt, sei den beiden Uwes, und insbesondere ihrem Liebhaber Böhnhardt, jedoch so hörig gewesen, dass sie es nicht gewagt habe, auszusteigen.

Nur in Raubüberfälle eingeweiht
Lediglich in die 15 Raubüberfälle des NSU sei sie eingeweiht gewesen.
Und sie habe schwere Brandstiftung begangen, als sie nach dem Selbstmord der Uwes die gemeinsame Wohnung in Zwickau anzündete.
Zschäpes Anwälte zweifeln sogar an, dass es überhaupt eine terroristische Vereinigung NSU gegeben hat - ebenso, dass das Motiv für die Morde an neun Migranten Ausländerhass gewesen sei.

Die Bundesanwaltschaft hatte für Zschäpe dagegen lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert.

Zschäpes Altverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm, denen die Hauptangeklagte das Vertrauen entzogen hatte, werden gesondert ihre Strafmaß-Forderung verkünden.


 
Überblick | Fünf Jahre NSU-Prozess - Wie das Verfahren um Zschäpe & Co enden könnte !

Seit genau fünf Jahren untersucht das Münchner Oberlandesgericht die Verbrechen des "Nationalsozialistischen Untergrunds".
In den kommenden Wochen könnte endlich ein Urteil fallen.

Es ist eine anstrengende, eine komplizierte, eine zähe Suche nach der Wahrheit im NSU-Prozess.
422 Verhandlungstage dauert sie schon.
An diesem Sonntag ist es exakt fünf Jahre her, dass das Verfahren vor dem Oberlandesgericht München begann – im fensterlosen Saal 101 des Strafjustizgebäudes.

Fragen und Antworten zu dem Prozess, der jedenfalls einer der längsten der Nachkriegsgeschichte ist:

Warum dauert der Prozess eigentlich so lange?
Das liegt schon an dem umfangreichen Stoff und der großen Zahl Beteiligter: fünf Angeklagte mit zusammen gut einem Dutzend Verteidigern, drei Vertreter der Bundesanwaltschaft, rund 90 Nebenkläger sowie fünf Richter plus Ergänzungsrichter, mehrere hundert Zeugen, mehr als 100.000 Aktenseiten – ein Mammutverfahren.
Erschwerend kommt hinzu, dass es sich einen Indizienprozess handelt.
Das Gericht muss die Verbrechen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" in akribischer Detailarbeit untersuchen: zehn Morde, neun davon rassistisch motiviert, einer an einer deutschen Polizistin; zwei Sprengstoffanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten; 15 Raubüberfälle, mit denen der NSU sein Untergrundleben finanzierte.
Es ist ein riesiges Mosaik, das das Gericht zusammensetzen muss, um am Ende über Schuld oder Unschuld der Angeklagten entscheiden zu können.

Aber was genau zieht das Verfahren so in die Länge?
Im wesentlichen sind drei Dinge: nämlich erstens die aufwendige Beweisführung, die sich teils mit Kleinstdetails befassen muss.
Zum zweiten die vielen juristischen Finessen, mit denen jede Seite kämpft – mal eine Verteidigerpartei gegen die Bundesanwaltschaft, mal Nebenkläger und Angeklagte gegen die Bundesanwaltschaft, mal Nebenkläger mit Bundesanwaltschaft gegen Angeklagte – je nach Prozess- und Interessenslage.
Und schließlich: Dutzende Befangenheitsanträge von Angeklagten, manchmal inhaltlich ineinander verschachtelt und nur sehr aufwendig aufzulösen.
Mit dem Mitangeklagten André E. wurde es zuletzt so arg, dass die Bundesanwaltschaft die Abtrennung seines Verfahrens forderte.
Eine Entscheidung hat das Gericht zurückgestellt.

Wo steht der Prozess nun?
Eigentlich unmittelbar vor dem Abschluss.
Die Bundesanwaltschaft hatte ihr Plädoyer schon im vergangenen Herbst beendet, die Nebenkläger waren im Februar fertig.
Und nach wochenlangen Verzögerungen laufen nun die Plädoyers der Verteidiger.
Die Wunschverteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe sind schon fertig, die Anwälte des Mitangeklagten Carsten S. ebenfalls.
Kurz nach Pfingsten sollen sämtliche Plädoyers beendet sein – wenn nichts dazwischenkommt.
Urteil noch vor den Sommerferien?
Möglich.
Wie gesagt: Wenn nichts dazwischenkommt.

Warum hat Zschäpe eigentlich so viele Anwälte?
Weil das Gericht keinen anderen Weg sah, den Prozess gegen sie rechtmäßig weiterzuführen.
Mit ihren drei ursprünglichen Pflichtverteidigern überwarf sie sich, als die Beweisaufnahme schon annähernd beendet war.
Darum wollte das Gericht sie nicht aus dem Verfahren entlassen.
Es berief darum nur einen weiteren Pflichtverteidiger, Mathias Grasel, der mit Wahlverteidiger Hermann Borchert zusammenarbeitet.

Welche Strafen könnte das Gericht am Ende gegen Zschäpe verhängen?
Das ist völlig offen.
Die Plädoyers von Bundesanwaltschaft, Nebenklägern und Verteidigern gehen jedenfalls weit auseinander.
Bundesanwalt Herbert Diemer hatte die Höchststrafe verlangt: lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung.
Die Angeklagte habe zwar nicht selber geschossen, sei aber trotzdem als Mittäterin an den Morden und Anschlägen ihrer Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zu verurteilen.
Borchert und Grasel argumentierten dagegen, auch unter Verweis auf höchstrichterliche Urteile, Zschäpe könne nicht als Mittäterin bestraft werden – weil sie von den Morden immer erst im Nachhinein erfahren, diese nicht gewollt und nicht unterstützt habe.

Und was ist mit den vier Mitangeklagten?
Für den mutmaßlichen Terrorhelfer Ralf Wohlleben forderte Diemer zwölf Jahre Haft wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen.
Wohlleben soll die "Ceska"-Pistole organisiert haben, mit der der NSU später neun Menschen ausländischer Herkunft ermordete.
Carsten S. soll die Waffe in Wohllebens Auftrag zu den abgetauchten NSU-Terroristen gebracht haben; er soll nach dem Willen der Anklage drei Jahre Jugendstrafe bekommen.
Seine Verteidiger fordern Freispruch – wegen fehlenden "bedingten Vorsatzes": Er habe von den Mordplänen nichts gewusst und hätte sie auch nicht gebilligt.

Für André E. forderte Diemer ebenfalls zwölf Jahre Haft, für Holger G. fünf Jahre.
Beide sollen das NSU-Trio bis zum Schluss unterstützt haben – mit Papieren, Legenden, falschen Identitäten und logistischer Hilfe für das Leben im Untergrund.

Ist der NSU-Komplex nach dem Prozess dann restlos aufgeklärt?
Nein.
Zu Hintermännern und weiteren Helfern führt die Bundesanwaltschaft seit Jahren parallel zum Prozess noch Ermittlungen gegen Dutzende Verdächtige.
Über diese Ermittlungen ist aber nur wenig bekannt.
Manche Ermittlungsergebnisse sind unter den Beteiligten strittig.
Etwa: War ein Geheimdienst-Beamter beim Kasseler NSU-Mord im Jahr 2006 wirklich nur zufällig während der Tat am Tatort?
Ging es beim Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter wirklich nur um die Dienstwaffe als Beute?
Viele dieser Fragen werden wohl offenbleiben.


 
422. Verhandlungstag: Carsten S.: Verteidiger fordern Freispruch !

Ohne das Geständnis von Carsten S. gäbe es im NSU-Prozess weite Teile der Anklage nicht.
Frühzeitig hat er eingeräumt, zusammen mit Ralf Wohlleben die Waffe beschafft zu haben, mit der Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos neun ihrer zehn Morde verübten.
Dass die beiden Verteidiger von Carsten S. dennoch auf Freispruch plädieren, stößt bei vielen Opferanwälten auf Unverständnis.

Welches Urteil ist tat- und schuldangemessen?
Darüber müssen die Richter am Ende eines jeden Strafprozesses entscheiden.
Auch bei Carsten S., der unter den fünf Angeklagten im NSU-Verfahren von Anfang an eine Sonderrolle einnimmt.
Nach dem Selbstmord der beiden NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im November 2011, hatte er aus freien Stücken ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Er räumte damals ein, zusammen mit Ralf Wohlleben im Auftrag von Böhnhardt und Mundlos die Ceska-Pistole besorgt zu haben.
Eine Aussage, aufgrund derer überhaupt erst Ralf Wohlleben der Prozess gemacht werden konnte.
Die aber auch Carsten S. wie Wohlleben eine Anklage wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen einbrachte.

Die Forderung der Bundesanwaltschaft
Trotzdem bewertet die Bundesanwaltschaft die Schuld der beiden Angeklagten völlig unterschiedlich.
Für Wohlleben fordert sie eine Haftstrafe von zwölf Jahren, bei Carsten S dagegen nur eine Jugendstrafe von drei Jahren.
Als Grund führt die Anklagebehörde nicht nur den Aufklärungswillen von Carsten S. an.
Auch, die Tatsache, dass er sich bereits im Jahr 2000 von der rechten Szene völlig abgewandt hatte und im Verfahren zudem echte Reue zeigte, bewog die Bundesanwaltschaft, für diese verhältnismäßig milde Haftstrafe zu plädieren.

Die Verteidiger plädieren dennoch auf Freispruch
Aus Sicht der Verteidiger wäre die aber immer noch nicht tat- und schuldangemessen.
Jacob Hösl und Johannes Pausch plädieren heute beide auf Freispruch.
Sie betonen, dass ihrem Mandanten kein bedingter Vorsatz unterstellt werden könne.
Carsten S. sei nicht aus ideologischen Gründen in die rechte Szene gekommen, sondern weil er sich als Jugendlicher gemobbt gefühlt habe.
Von den rechtsextremen Straftaten, die Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe in den Jahren 1996 bis 1998 verübten, habe er nichts gewusst.
Erst als die drei Anfang 1998 in den Untergrund gingen, habe ihn Ralf Wohlleben beauftragt, Kontakt zu dem Trio zu halten.
Im Jahr 2000 kam es dann zur Lieferung der Ceska-Pistole.

Differenzen zwischen Verteidigern und Anklägern
Seine Beteuerung, vom bestellten Schalldämpfer habe er nichts gewusst, wozu die Waffe eingesetzt werden könne, darüber habe er sich keine Gedanken gemacht, glaubt ihm die Bundesanwaltschaft allerdings nicht.
Sie spricht deshalb von einem taktischen Aussageverhalten, mit dem sich Carsten S. entlasten wolle.
Ein Vorwurf, der seine beiden Verteidiger ärgert.
Sie verweisen auch darauf, dass Carsten S. ja nicht lange der rechtsextremen Szene angehört habe.
Und anschließend ein völlig neues Leben begonnen habe, als er ein Studium begann und als Sozialarbeiter in Düsseldorf tätig war.
Als der NSU dann aufflog, sei er mit einem Weinzusammenbruch in der Küche gesessen.
Erst da, so seine Anwälte, sei ihm klar geworden, dass die von ihm beschaffte Waffe bei den Morden des NSU eingesetzt worden sein könnte.
Sie fordern deshalb einen Freispruch.

Nebenkläger kritisieren Verteidiger
Bei den Vertretern der Opfer stößt dies auf Unverständnis.
Nach dem Verhandlungstag betonen zwar mehrere Nebenklageanwälte, dass sie Carsten S. seine Reue abnehmen.
Aber dass ihm nicht bewusst gewesen sein will, wozu die Waffe genutzt werden könnte, ziehen sie in Zweifel.
"Wenn man eine Waffe besorgt mit Schalldämpfer, dann muss einem klar sein, was mit dieser Waffe geschehen wird", sagt etwa Mehmet Daimagüler, der die Angehörigen zweier NSU-Mordopfer vertritt.
"So eine Waffe mit Schalldämpfer ist keine Waffe, die man nutzt bei einem Überfall oder zur Selbstverteidigung, insofern ist es an dieser Stelle nicht glaubhaft."
Daimagüler hält deshalb wie andere Opferanwälte auch eine Bewährungsstrafe für angemessen.


 
423. Verhandlungstag: Freispruch für Angeklagten mit Nazi-Gesinnung gefordert !

Die Ehefrauen zweier mutmaßlicher NSU-Unterstützer sitzen mit auf der Anklagebank, auf der Zuschauerempore hocken zudem rechte Kameraden.
Die Verteidiger des Angeklagten André E. beantragen, ihren Mandanten von allen Vorwürfen freizusprechen.
Und per Pressemitteilung teilt der Karlsruher Anwalt Daniel Sprafke mit, er habe die erst kürzlich aufgenommene Verteidigung des André E. wieder beendet.

Beihilfe zum versuchten Mord und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, das sind zwei der Vorwürfe gegen den als Unterstützer des NSU angeklagten André E.
Aus Sicht seiner Verteidiger bleibt von den Tatvorwürfen der Bundesanwaltschaft gar nichts übrig: In ihrem heutigen Plädoyer beantragten die Rechtsanwälte Michael Kaiser und Herbert Hedrich für ihren Mandanten Freispruch - teils, weil die Taten verjährt seien, teils weil schlichtweg der Beweis fehle.

Händchen halten mit den Angeklagten
Der in Untersuchungshaft einsitzende André E. hatte heute im Gericht Besuch: von seiner Ehefrau Susann, die mal wieder als Beistand neben ihm auf der Anklagebank sitzen und mit Händchen halten durfte.
Und oben auf der Tribüne Besuch von Unterstützern aus der rechten Szene, denen E. zu Beginn zuwinkte.
Auch die Ehefrau des Mitangeklagten Ralf Wohlleben war heute als Beistand im Gericht.

Verteidiger Hedrich wollte sein Plädoyer wohl mit einem Paukenschlag beginnen: Als er zu sprechen anfing, war aber niemand im Saal so richtig überrascht, weil es sich sowieso wohl jeder schon längst gedacht hatte: "Unser Mandant ist Nationalsozialist, der mit Haut und Haaren zu seiner politischen Gesinnung steht, auch wenn er sich hier nicht geäußert hat."
Prozessbeteiligten wie Medien warf Hedrich eine Vorverurteilung seines Mandanten vor: "Seine Gesinnung scheint für die meisten Prozessbeteiligten und für die Medien als Tatnachweis zu genügen."

"Dünne Beweislage"
Aus Sicht von Hedrich und seines Kollegen Kaiser sind die Beweise der Bundesanwaltschaft dünn: Dass E. sich auf seinem Bauch den antisemitischen Spruch "Die Jew Die" ("Stirb Jude stirb") habe eintätowieren lassen, beweise nichts außer seine rechtsextreme Gesinnung.
Auch ein bei Strafprozessen beliebtes dramaturgisches Mittel wurde heute herangezogen: der Verweis auf den eineiigen Zwilling des Angeklagten.
Es gebe keinen Nachweis, behaupteten die Verteidiger, dass die Anmietung eines möglichen Tatfahrzeugs durch André E. erfolgte, oder vielleicht durch seinen eineiigen Zwillingsbruder Maik.

Tag der Befreiung
Der 8. Mai: Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus im Jahr 1945.
Ob sich der Karlsruher Rechtsanwalt Daniel Sprafke für seinen Schritt eigens diesen Tag ausgesucht hatte?
Erst vor wenigen Wochen hatte André E. den Anwalt als dritten Verteidiger verpflichtet.
Sprafke kündigte sofort Beweisanträge an, wollte neue Zeugen laden, und nicht wenige Prozessbeteiligten fürchteten erhebliche Verzögerungen des seit fünf Jahren laufenden Verfahrens.
Heute dann der nicht ganz überraschende Rückzug Sprafkes, es gab offensichtlich Meinungsverschiedenheiten: "Aufgrund sachlich divergierender Ansichten zwischen Verteidiger und Mandant, wie die weitere Verteidigung anzulegen sei, war dieser Schritt geboten", teilte der Strafverteidiger auf seiner Internetseite mit.

Schnelles Ende?
Einem schnellen Ende des längsten Strafverfahrens nach der Wende steht nun offensichtlich nichts mehr entgegen.
Das Urteil könnte, wenn nicht doch noch etwas dazwischen kommt, im Juni fallen.


 
424. Verhandlungstag: Etwas Neues im NSU-Prozess - Ein "Zeichen der Sühne" !

Nach den teils äußerst polemischen Verteidiger-Plädoyers der letzten Wochen haben die beiden Anwälte des Mitangeklagten Holger G. ihren Schlussvortrag heute bewusst nüchtern gehalten.
Für ihren Mandanten forderten die Verteidiger Stefan Hachmeister und Pajam Rokni-Yazdi eine milde Strafe.
Die Bundesanwaltschaft sieht G. als einen wichtigsten Unterstützer des NSU.

Holger G. stellte den Untergetauchten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe jahrelang einen Führerschein, Ausweispapiere und eine Krankenkassenkarte zur Verfügung, übergab ihnen eine scharfe Waffe und verbrachte mehrmals den Urlaub mit ihnen.
Zu Beginn des NSU-Verfahrens legte er zu seiner Tatbeteiligung ein umfangreiches Geständnis ab.

Er wollte ihnen nur helfen, nicht gefasst zu werden
War G. der eiskalte Mitwisser der Morde und Sprengstoffanschläge, wie es die Bundesanwaltschaft sieht?
Oder war er der harmlos naive Unterstützer, der seinen Freunden nur helfen wollte, damit sie nicht von der Polizei entdeckt wurden?
Die Karlsruher Staatsanwälte betrachten G.s Umgang mit seinen Unterstützungstaten als "stümperhaften Selbstbetrug".
In Wahrheit habe er nämlich erkannt, welche Gefahren von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe ausgingen.

"Holger, wir machen keinen Scheiß damit"
Erwartungsgemäß zeichneten G.s Verteidiger Stefan Hachmeister und Pajam Rokni-Yazdi in ihrem Plädoyer heute ein ganz anderes Bild: G. habe nicht gewusst, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe eine terroristische Zelle gegründet hätten, um politische Morde zu begehen.
Für G. sei der politische Kampf der drei Flüchtigen nicht sichtbar gewesen.
Heute fühle er sich deshalb getäuscht und missbraucht, den Tatvorwurf gegen ihn selbst – die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung - habe er nach seiner Festnahme auch zunächst nicht verstehen können.

G. fühlte sich durch die Freundschaft des NSU-Kerntrios zu ihm aufgewertet.
Und so glaubte er wohl auch den Beteuerungen von Böhnhardt, der mit Blick auf die geliehenen Ausweisdokumente sagte: "Holger, wir machen keinen Scheiß damit."
Warum wusste G. angeblich nichts von den Mord- und Sprengstoffanschlägen des NSU?
Seine Anwälte schildern den Angeklagten als einen unzuverlässigen Unterstützer, der als Mitwisser nicht dichtgehalten hätte, der ihm überlassenes Geld nicht aufbewahrt, sondern es für Drogen und Glücksspiele ausgegeben habe, der bereits seinen Ausstieg aus der rechten Szene bekundet hätte.

Angst vor dem 'Mir glaubt sowieso niemand'
G.s Verteidiger sind überzeugt: Von der Bundesanwaltschaft werde seine Einlassung immer im ungünstigsten Sinn ausgelegt, um eine Verurteilung zu erreichen.
Viele Aspekte hätte die Karlsruher Anklagebehörde ausgeklammert.
Ein Grund dafür sei der starke Öffentlichkeitsdruck während des fünfjährigen Maxiprozesses.
Die Öffentlichkeit in Deutschland wolle eine Verurteilung der fünf Angeklagten.
Ihr Mandant habe aber Angst davor, dass er als Sündenbock für das Verhalten der verstorbenen Täter herhalten müsse.

Er will für seine Tat gerade stehen
Aus Sicht des Prozessbeobachters ein durchaus klug konzipiertes Plädoyer, das einerseits nicht mit Kritik an der Bundesanwaltschaft spart, und andererseits die eigene Strategie nicht verhehlt: "Unsere Sichtweise bleibt subjektiv, auch wenn wir uns mehr als die Bundesanwaltschaft um Objektivität bemüht haben", räumte Anwalt Rokni-Yazdi am Ende des Schlussvortrags ein.
G. will in jedem Fall für seine Tatbeteiligung Verantwortung übernehmen, seine Anwälte hat er gebeten, kein konkretes Strafmaß zu fordern, er sei aber bereit, „die für ihn angedachte Strafe zu akzeptieren“.
Hachmeister wünscht sich für G. keinen Freispruch, aber ein mildes Urteil.
Das ist mal was Neues im NSU-Prozess, ein "Zeichen der Sühne", wie es die Verteidiger nennen.


 
425. Verhandlungstag: Verteidiger-Plädoyers für Wohlleben !

Korrekte Kurzhaar-Frisur, dunkle Hose, kariertes Hemd, darüber eine Strickjacke oder ein Pullover – so tritt der Angeklagte Ralf Wohlleben fast immer im Saal A 101 auf.
Auch heute, da er im Zentrum des Interesses stand, denn seine Anwälte begannen mit ihren Plädoyers.

Der mutmaßliche Lieferant der Mordwaffe des NSU sieht nicht so aus, wie man sich einen Neonazi im Allgemeinen vorstellt, also mit Glatzkopf, Bomberjacke und Springerstiefeln.
So sah er nicht mal in den 1990er Jahren aus, als er noch gemeinsam mit den späteren NSU-Killern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bei Nazi-Demos aufmarschierte.
Wohlleben fühlt sich stilistisch eher einer anderen extrem rechten Traditionslinie verpflichtet, einer Linie, die übrigens viel älter ist, als der erst in den 1970er Jahren entstandene rassistische Arm der Skinhead-Subkultur (es gibt auch linke Skins, aber das führt an dieser Stelle dann doch etwas zu weit).

Angehöriger des "bündischen Flügels"
Ralf Wohlleben orientiert sich ganz offensichtlich am sogenannten "bündischen Flügel" der rechten Szene, eine Art völkischen und antisemitischen Pfadfinderbewegung, die sich bereits in den 1920er Jahren entwickelte, dann in der Hitler Jugend aufging und nach dem Zweiten Weltkrieg in Organisationen wie Sturmvogel und Freibund oder in inzwischen verbotenen Gruppierungen wie Wiking Jugend und Heimattreuer deutscher Jugend (HDJ) weiterlebte.
Die völkisch-bündische Bewegung versteht sich als Kaderschmiede einer nationalen Elite (und nebenbei auch als Heiratsbörse für Kameraden und Kameradinnen).
Ihres Exponenten blicken oft herunter auf den Pöbel der "Saufnazis", die für sie meist nur nützliche Idioten sind.

Unterstützung durch Ehefrau und Wohlleben-Lookalikes
Vier Prachtexemplare bündischer Rechtsextremisten machten sich heute auf der Zuschauertribüne im Saal A101 breit: Pünktlich zum Beginn des Plädoyers seiner Verteidigung erhielt Ralf Wohlleben nicht nur moralische Unterstützung durch seine Ehefrau, die sich zu ihm auf die Anklagebank gesellte, sondern auch durch vier Wohlleben-Lookalikes:

Nicht mehr ganz junge Männer mit akkurater, über den Ohren besonders kurz geschorener Frisur, in Kniebund- oder Zimmermannshosen und im karierten Hemd.
Zwei sind als Szenegrößen bekannt, einer davon ein früherer HDJ-Funktionär.
Was sie von einer freien Presse halten, demonstrierten sie bereits vor Verhandlungsbeginn durch ihr durchaus provozierendes Verhalten gegenüber uns Journalisten: Aggressives Auf-die-Pelle-Rücken, offensives Über-die-Schulter-Starren auf unsere Monitore.
Anwälte sprechen von "Lügenpresse"

Auch mit der Wahl seiner Anwälte hat Ralf Wohlleben übrigens seine Verbundenheit zur Elite der extrem rechten Szene dokumentiert: Darunter ist – neben Rechtsrockmusikern und einer Ex-NPD-Funktionärin – auch der langjährige Chef der verbotenen Wiking Jugend.
Dass diese im Wortsinne Rechts-Anwälte von der "Systempresse" wenig halten, zeigen sie seit fünf Jahren, indem sie sich Interviews verweigern.
Heute setzten sie noch eins drauf und fabulierten von einer "Lügenpresse", die ihren Mandanten von Anfang an vorverurteilt und "verteufelt", die „Meinungsmache und Hetze“ betrieben habe.
Doch nicht nur wir Berichterstatter wurden aufs Korn genommen, auch die Politiker "der herrschenden Kasten", die angeblich Einfluss auf den Prozess genommen hätten.
Und sogar die Richter, die "mit aller Macht" die Aufklärung verhindert hätten und denen eine Verteidigerin schließlich sogar drohte, sie würden "sich einst vor dem Richterstuhl des Ewigen verantworten" müssen.

Satzbaukasten der Neonazipropaganda
Auch sonst gab es einiges aus dem Satzbaukasten der Neonazipropaganda zu hören: Etwa über einen angeblichen "Schuldkult", mit dem das deutsche Volk konditioniert werden solle, damit es sich "in den eigenen Untergang" füge.
Und dabei hat der hochrangigste Rechtsextremist unter Wohllebens Anwälten heute noch gar nicht das Wort ergriffen.
Wir dürfen uns also noch auf so einiges gefasst machen.

Fragt sich nur, was die Anwälte damit erreichen wollen.
Gleich mehrfach betonten sie heute, dass sie eigentlich gar nicht hätten plädieren wollen.
Dies sei ohnehin sinnlos, das Gericht habe sein Urteil ja bereits vor langer Zeit gefällt. Aber an wen richten sie sich denn dann mit ihren Plädoyers?
Etwa doch an uns Medien, die wir für sie doch nur Hetzer sind?
Vermutlich ist ihre Zielgruppe vor allem die rechte Szene selbst, in der ihr Mandant seit langem zum Märtyrer stilisiert wird, für den Soli-CDs gepresst und Spendengelder gesammelt werden.
Allzu groß allerdings scheint die Solidarität mit dem 43-Jährigen dann aber doch nicht zu sein.
Die befürchtete Mobilisierung von Seiten der Neonazis zum heutigen Plädoyerauftakt seiner Anwälte blieb jedenfalls aus.
Außer den vier Bündischen war keiner in den Saal A101 gekommen.
In ihrer Mitte hatten sie übrigens ein junges Mädchen: Wohllebens Tochter.
Die nächste Generation scheint bereits nachzuwachsen.


 
426. Verhandlungstag: Wohlleben-Verteidiger attackieren Bundesanwaltschaft und Mitangeklagten !

Im NSU-Prozess hat heute die Verteidigung des mutmaßlichen Mordwaffenlieferanten Ralf Wohlleben ihr Plädoyer fortgesetzt.
Dem 43-Jährigen wird Beihilfe zum Mord in neun Fällen vorgeworfen.
Seine Verteidiger attackierten insbesondere die Bundesanwaltschaft und den Mitangeklagten Carsten S.

Bereits gestern hatten die Wohlleben-Anwälte deutlich gemacht, dass sie ideologisch nicht weit von ihrem rechtsextremen Mandanten entfernt sind.
So hatte Anwältin Nicole Schneiders in ihren Vortrag etwa ein Zitat des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß eingebaut: Sie hatte den Richtern gedroht, sie müssten sich einst vor dem „Richterstuhl des Ewigen“ verantworten.
Die gleiche Phrase hatte Heß in seinem Schlusswort im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses verwendet, nachdem er zwei Sätze zuvor bekundet hatte: „Ich bereue nichts.“

"Volkstod", "Judaslohn" und Rudolf Heß
Schneiders Verteidiger-Kollege Olaf Klemke versuchte heute die extrem rechte Propagandaparole zu rechtfertigen, den Deutschen drohe durch Migration angeblich der „Volkstod“.
Dem Mitangeklagten und Kronzeugen der Bundesanwaltschaft Carsten S. bescheinigte Klemke, einen "Judaslohn" für seine Aussage erhalten zu haben.

Carsten S. hatte gestanden, im Auftrag von Ralf Wohlleben die berüchtigte Pistole Česká 83 geliefert zu haben, mit der der NSU neun Menschen türkischer und griechischer Herkunft ermordete.
Dementsprechend versuchte Wohllebens Verteidigung heute insbesondere die Glaubwürdigkeit von Carsten S. zu erschüttern.
Dessen Aussageverhalten sei höchst bedenklich, er sei von der Bundesanwaltschaft in unzulässiger Weise beeinflusst worden und unterliege einer Autosuggestion.
Ihm gehe es zudem vor allem darum, sich selbst zu entlasten und Ralf Wohlleben zu belasten.

Auch die Aussage des Verkäufers der Tatwaffe – ein Mitarbeiter eines früheren Szeneladens in der Innenstadt von Jena – sei nicht verwertbar, da dieser von der Bundesanwaltschaft nicht ausreichend belehrt, wenn nicht gar getäuscht worden sei.
Aufgrund von gesundheitlichen Problemen des Mitangeklagten André E. wurde das Plädoyer am frühen Nachmittag unterbrochen und soll morgen fortgesetzt werden.


 
427. Verhandlungstag: Die verpuffte Provokation der Wohlleben-Verteidiger !

Im NSU-Prozess haben heute die Anwälte des mutmaßliche Mordwaffenbeschaffers Ralf Wohlleben ihre dreitägigen Plädoyers beendet.
Die Verteidigung des 43-Jährigen forderte erneut Freispruch für ihren Mandanten und provozierte einmal mehr mit Neonazi-Propaganda.

Dass die Verteidiger von Ralf Wohlleben das extrem rechte Gedankengut ihres Mandanten weitgehend teilen, hatten sie schon an den vergangenen zwei Tagen bewiesen.
Zum Abschluss wollte heute Neonazi-Anwalt Wolfram Nahrath - der frühere Chef der verbotenen Wiking Jugend - noch eins draufsetzen.
Fast eine halbe Stunde lang rezitierte er Adolf Hitler, Rudolf Heß, Joseph Goebbels und andere Größen des Nationalsozialismus im Münchner Oberlandesgericht.

Adolf-Hitler-Zitate im Gerichtssaal
Doch die wohl einkalkulierte Reaktion auf diese Provokation blieb aus.
Mit stoischer Ruhe ertrugen der Senat und die Bundesanwaltschaft, aber auch die Nebenklage-Anwälte die Zitate, die offenbar belegen sollten, dass der Nationalsozialismus in Wahrheit eine zutiefst friedliebende Ideologie sei und schon allein deshalb die beiden Killer des NSU, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, keine echten Nationalsozialisten gewesen sein konnten – sie seien vielmehr unpolitische Psychopathen gewesen, deren Gefährlichkeit ihr Unterstützer Wohlleben nicht habe erahnen können.

Die Wohlleben-Verteidigung bezweifelte erneut den von der Bundesanwaltschaft als erwiesen angesehenen Lieferweg der Mordwaffe Ceska sowie die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen Carsten S..
Und sie stellte mehrere Beweisanträge, über die das Gericht nun entscheiden muss.
Die Verhandlung wird nach der Pfingstpause Anfang Juni fortgesetzt.
Dann sollen abschließend die Altverteidiger von Beate Zschäpe plädieren.


 
428. Verhandlungstag: Alt-Verteidiger von Beate Zschäpe fordern Freispruch in allen Anklagepunkten !

Im NSU-Prozess sorgten die Altverteidiger von Beate Zschäpe für eine Überraschung.
Sie forderten die sofortige Freilassung ihrer Mandantin.
Von allen Anklagepunkten soll sie freigesprochen werden.
Nur die Brandstiftung in der Zwickauer Frühlingsstraße räumten sie ein.
Damit gingen die Verteidiger, mit die Zschäpe nicht mehr persönlich spricht, deutlich über das Plädoyer von Zschäpes Vertrauens-Verteidigung hinaus.

"Zschäpe ist keine Terroristin"
"Frau Zschäpe ist keine Terroristin, keine Mörderin und keine Sprengstoff-Attentäterin", sagte Rechtsanwalt Wolfgang Heer zu Beginn seines Plädoyers.
Der Vorwurf gegen seine Mandantin sei "monströs": "Frau Zschäpe hat keine Morde geplant, sie hat keine Waffen beschafft, sie hat an den Taten nicht mitgewirkt", sagte Wolfgang Heer und sie habe die Taten auch nicht vom Küchentisch gesteuert.
Zschäpe sei wegen aller Anklagepunkte freizusprechen.
Zu verurteilen sei sie lediglich wegen einfacher Brandstiftung in der Zwickauer Frühlingsstraße.
Ein konkretes Strafmaß forderte er nicht, aber angesichts der sechs Jahre und sieben Monate dauernden Untersuchungshaft sei Zschäpe sofort aus der Haft zu entlassen.

Großes öffentliches Interesse an Plädoyer
Damit sorgte Wolfgang Heer für Überraschung auf der voll besetzten Presse- und Zuschauertribüne.
Hatte doch die Bundesanwaltschaft die Höchststrafe gefordert, sieht Beate Zschäpe als gleichberechtigtes Mitglied des Terror-Trios NSU, unter anderem schuldig an zehn Morden und zwei Bombenattentaten und zu bestrafen mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.

"Kein fairer Prozess"
Rechtanwalt Heer kritisierte, Zschäpe habe keinen fairen Prozess bekommen.
Bereits im Ermittlungsverfahren sei Zschäpe zu Aussagen verführt worden und damit verbotenen Vernehmungsmethoden ausgesetzt gewesen.
Heer schilderte die Gespräche, die Ermittler mit Beate Zschäpe führten, unmittelbar, nachdem sie sich im November 2011 gestellt hatte.
Heer hatte kurz danach Zschäpes Verteidigung übernommen und ihr geraten, zu schweigen.
Doch Zschäpe hielt das Schweigen nicht durch, auch nicht im Prozess.
Sie überwarf sich zwei Jahre nach Beginn des NSU-Prozesses mit ihren drei Pflichtverteidigern Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm und holte sich zwei weitere Anwälte.
Diese hatten eine schriftliche Aussage mit ihr vorbereitet, in der Zschäpe bestritt von den Morden und Sprengstoffanschlägen, die Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begingen, vorab gewusst zu haben.

Rundumschlag der Verteidigung
Zwar hatten die neuen Vertrauens-Verteidiger Zschäpes Ende April ebenfalls einen Freispruch von den meisten Anklagepunkten und eine Haftstrafe unter zehn Jahren gefordert.
Doch Wolfgang Heer ging wesentlich weiter.
Er holte zu einem Rundumschlag aus.
Auch gegen die Justiz und im Besonderen gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl.
Der habe die von Vorurteilen geprägten Ermittlungen in den Prozess ausführlich eingeführt.
Außerdem habe er die Verteidigung von Beate Zschäpe aktiv behindert.

Im Anschluss an den heutigen Verhandlungstag formulierte es Wolfgang Heer gegenüber der ARD so:
"Der Vorsitzende Richter Götzl hat es nicht nur in Kauf genommen, sondern hat darauf gesetzt, dass weder das Verteidigerlager noch das andere Lager vernünftig verteidigen können würde.
Er hat die neuen Verteidiger nicht vernünftig über die Beweislage informiert und uns hat er nicht darüber informiert, dass eine Erklärung Beate Zschäpes beabsichtigt sei.
Er hat uns bewusst wesentliche Erkenntnisse für die Verteidigung verheimlicht."

Kritik an den neuen Verteidigern
Die Erklärung sei als Beweismittel nicht uneingeschränkt verwertbar, da die neuen Verteidiger Zschäpes nicht zu einer ordnungsgemäßen Beratung in der Lage gewesen seien.
Zschäpe hätte die Risiken einer solchen Erklärung nicht überblicken können.

Beate Zschäpe wirkte während des gesamten Plädoyers ihres Altverteidigers aufmerksam, aber äußerlich ungerührt.
Wolfgang Heer wird sein Plädoyer morgen fortsetzen.
Vermutlich werden die Schlussvorträge der Altverteidiger noch mehrere Tage dauern.
Zschäpes Alt-Verteidiger schließen die Verteidiger-Plädoyers im NSU-Prozess ab.

Urteil absehbar
Am Vormittag hatte das Gericht noch offene Beweisanträge teils abgearbeitet, teil abgelehnt.
Nun stehen noch die letzten Worte der Angeklagten aus.
Danach könnte nach einer kurzen Prozesspause das Urteil gesprochen werden.


 
429. Verhandlungstag: Wie Zschäpe den Unterschlupf abfackelte und Neonazis provozierte !

Wolfgang Heer widmet sich in seinem Plädoyer im NSU-Prozess vor allem dem Brand in der Zwickauer Frühlingsstraße.
Er erreicht damit immerhin die Aufmerksamkeit von Beate Zschäpe, andere sind eher abgelenkt.
Journalisten werden auf der Pressetribüne von Neonazis bedrängt und auf der Anklagebank knutscht der Angeklagte André E. mit seiner Frau Susann.

Susann E. darf als Beistand neben ihrem in U-Haft sitzenden Ehemann auf der Anklagebank Platz nehmen.
André E. ist unter anderem wegen Beihilfe zu Mord im NSU-Prozess angeklagt und bekennender Nationalsozialist.
An seiner Gesinnung besteht kein Zweifel.
Er trägt sie durch zahlreiche Tatoos zur Schau, die er im Gerichtssaal allerdings durch ein langärmliges und hochgeschlossenes Shirt bedecken muss.

Provokationen von rechts
Anders ist das bei einem stark tätowierten Neonazi auf der Zuschauertribüne.
Der Mann trägt ein T-Shirt und zeigt am Ellbogen ein bei Neonazis beliebtes Symbol, die schwarze Sonne der SS.
Der Mann gehört zu einem Trio rund um den verurteilten Münchner Rechtsterroristen Karl-Heinz Statzberger, das heute den Prozess besuchte und ausgesprochen provokant auftrat.
Die drei Männer versuchten Journalisten auf der Pressetribüne buchstäblich auf den Leib zu rücken.
Sie schauten Kollegen demonstrativ über die Schulter und stierten in die aufgeklappten Laptops; stellten sich so nah hinter Journalisten, dass sie diese fast berührten.
Immerhin musste der tätowierte Blondschopf nach der Mittagspause das Nazisymbol auf seinem Ellbogen mit einem großen Pflaster überkleben.
Politische Symbole sind im Gerichtssaal verboten.

Zu Beginn des NSU-Prozesses übten sich Neonazis eher in Zurückhaltung.
Inzwischen ist zu beobachten, dass sie immer selbstbewusster auftreten.
Der inhaftierte André E. winkt den Szene-Freunden fröhlich lachend zu und in Verhandlungspausen werden von der Zuschauertribüne Herzen auf die Anklagebank geschickt.

Dass dann auch noch der Angeklagte André E. während des Plädoyers von Wolfgang Heer anfängt, mit seiner Frau zu knutschen, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.
Zur Erinnerung: Es geht hier um zehn Morde und zwei verheerende Bombenattentate mit zahlreichen Verletzten.
Allerdings wirkt die Romanze auf der Anklagebank reichlich zur Schau gestellt und ziemlich peinlich.
Denn der Spaß dürfte André E. bald vergehen.
Geht es nach der Bundesanwaltschaft, wandert André E. für über ein Jahrzehnt ins Gefängnis.

Was über diesen Ereignissen fast unterging, war das Plädoyer von Rechtsanwalt Wolfgang Heer - dem Anwalt, der Beate Zschäpe von Anfang an vertritt, mit dem sie sich aber vor drei Jahren überworfen hat.
Heute betrachtete sie ihn über lange Strecken aufmerksam.
Bemerkenswert – denn in den letzten Monaten und Jahren hatte sie Wolfgang Heer und ihre anderen Altverteidiger wie Luft behandelt.

Altverteidiger: Zschäpe nur der einfachen Brandstiftung schuldig
Heer widmete sich in seinem Plädoyer heute ausschließlich dem 4.11.2011, dem Tag, an dem sich der NSU durch den Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt selbst enttarnte und Beate Zschäpe ihren letzten Unterschlupf in der Zwickauer Frühlingsstraße in die Luft jagte.
Sie rettete ihre Katzen vor dem Feuer, gefährdete aber das Leben einiger Menschen schwer.
Die Bundesanwaltschaft beschuldigt sie der schweren Brandstiftung und des versuchten Mordes.

Wolfgang Heer sieht nur eine einfache Brandstiftung.
Seine Version: Zschäpe wollte nur ein Versprechen einlösen, das sie Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gegeben hatte.
Sie sollte nach deren Tod der beiden die Wohnung abfackeln, um Beweise zu vernichten und Unterstützter zu schützen.
Sie sei hektisch und unüberlegt vorgegangen, habe sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden und hätte nicht vorhersehen können, dass nach dem Verschütten von zehn Liter Benzin fast das ganze Haus in die Luft fliegen würde.

Und dann überraschte Heer auch noch mit einem neuen Beweisantrag.
Er will die Bausubstanz in der Zwickauer Frühlingsstraße noch einmal begutachten lassen – und zwar anhand eines Pressefotos.
Das Haus selbst wurde längst abgerissen.
Höchst fraglich, dass dieser Antrag zu diesem späten Zeitpunkt noch irgendetwas bewirken könnte.


 
430. Verhandlungstag: Zschäpe-Verteidiger erhebt schwere Vorwürfe !

Im dritten Teil seines Schlussvortrages hat Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Heer den Ermittlungsbehörden vorgeworfen, die Grundsätze des fairen Verfahrens missachtet zu haben.
Seine Mandantin sei dadurch wesentlich in ihren Verteidigungsrechten eingeschränkt worden.
Die Hauptanklagepunkte spricht er bislang gar nicht an.

Die Staatsanwaltschaft hat in einem Strafverfahren nicht nur nach belastenden Beweisen zu suchen, sie muss auch allen Spuren nachgehen, die einen Beschuldigten entlasten.
Nach Überzeugung von Wolfgang Heer, einem der drei sogenannten Altverteidiger von Beate Zschäpe, ist die Behörde bei den Ermittlungen zur Brandstiftung in der Zwickauer Frühlingsstraße dieser Pflicht nicht nachgekommen.
Denn obwohl zwei Anwälte der Hauptangeklagten im NSU-Prozess mehrfach die zeitnahe Vernehmung einer möglichen Entlastungszeugin beantragten, erfolgte die erst nach über zwei Jahren.
Was in diesem Fall weitreichende Konsequenzen hatte.

Mögliche Entlastungszeugin wurde zu spät vernommen
Bei der Zeugin handelte es sich um Charlotte E., die alte Frau, die sich im Nachbarhaus aufhielt, als Beate Zschäpe am 4.11. 2011 die letzte Wohnung der untergetauchten mutmaßlichen Rechtsterroristen in Brand steckte.
Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe deshalb versuchten Mord vor, sie selbst aber hat laut Zeugenaussagen von Anfang an erklärt, sie habe die alte Frau warnen wollen.
Deshalb habe sie vor der Inbrandsetzung bei ihr geklingelt.
Da E. aber auch nach mehrfachem Klopfen nicht geöffnet habe, ist Zschäpe nach eigenen Worten davon ausgegangen, ihre Nachbarin sei nicht zuhause.
In diesem Fall könnte man ihr dann keinen versuchten Mord vorwerfen.

Auch Polizist regte Vernehmung an
Trotz ihres fortgeschrittenen Alters von fast 90 Jahren war Charlotte E. im November 2011 zwar etwas gebrechlich, aber "geistig noch recht fit".
Diesen Eindruck hatte auch ein örtlicher Polizeibeamter, der die Frau wenige Tage nach der Brandlegung vernahm.
In seinem Protokoll vermerkt er damals handschriftlich: "Ich gehe davon aus, dass Zschäpe bei E. geklingelt hat.
Deshalb sollte E. als Entlastungszeugin vernommen werden.“
Doch weder das Bundeskriminalamt noch die Generalbundesanwaltschaft, so kommentiert es Heer heute mit einer gewissen Bitternis, hätten diesen "bedeutenden Ermittlungsansatz" berücksichtigt.
Obwohl er in einem eigenen Antrag darauf hinwies, dass wegen des "fortgeschrittenen Alters und des Gesundheitszustandes ein Beweismittelverlust" drohe.

Kritik auch am Oberlandesgericht
Diese Kritik richtet der Verteidiger nicht nur an die Ermittlungsbehörden, sondern auch an das Münchner Oberlandesgericht.
Dieses habe ebenfalls versäumt, die Entlastungszeugin zeitnah und ebentuell noch vor Beginn der Hauptverhandlung zu vernehmen.
Bis Mitte 2012 wäre dies problemlos möglich gewesen.
Erst danach verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand.
Eine Ladung in den NSU-Prozess nach München war nicht mehr möglich.
Statt zu einer richterliche Vernehmung ins Pflegeheim in Zwickau zu reisen, setzt der Senat "wohl aus Bequemlichkeit", wie Heer anmerkt, auf eine Videovernehmung.
Doch die 91jährige, die inzwischen zudem an einer Demenzerkrankung leidet, ist im Dezember 2013 mit der Situation völlig überfordert.
Sie kann einfachste Fragen nicht mehr beantworten.
Das Gericht muss die Vernehmung per Videoschaltung nach wenigen Minuten abbrechen.
"Insgesamt agierte die Justiz unvertretbar zögerlich.
Die verfahrensrechtliche Stellung von Zschäpe und ihre Verteigungsmöglichkeit wurden dadurch irreparabel geschädigt," fasst Wolfgang Heer die Konsequenzen für seine Mandantin zusammen.

Kein versuchter Mord
Im Anschluss daran legt er in aller Ausführlichkeit dar, warum aus seiner Sicht auch der Vorwurf der Bundesanwaltschaft nicht zutrifft, Zschäpe habe mit der Brandlegung das Leben zweier im Haus arbeitender Handwerker gefährdet, was die Ermittler ebenfalls als versuchten Mord anklagen.
Während sie es nur einem glücklichen Zufall zuschreiben, dass die beiden zum fraglichen Zeitpunkt nicht im Haus waren, versichert Heer, dass Zschäpe dies genau gewusst habe.
So habe sie gesehen, dass das Auto der beiden Männer nicht mehr vor dem Gebäude in der Zwickauer Frühlingsstraße geparkt war.
Und im Haus sei es absolut still gewesen.
Wenn die Handwerker gearbeitet haben, sei dies immer mit großem Lärm verbunden gewesen.

Nur einfache Brandstiftung
Mit seinem Schlussvortrag ist Heer damit noch lange nicht am Ende.
Im letzten Teil legt er ausführlich da, warum sich Zschäpe nur der einfachen und nicht - wie angeklagt - der schweren Brandstiftung schuldig gemacht hat.
Nachdem er schon gestern einen Beweisantrag zur baulichen Situation gestellt hat, schiebt er heute noch einen Hilfsbeweisantrag nach.
Die möchte Richter Manfred Götzl zum Schluss des Verhandlungstages gerne schriftlich haben.
Heer hatte das gestern auch noch so zugesagt, heute hat er es sich anders überlegt.
Er werde seine Anträge erst überreichen, wenn seine Kollegen Wolfgang Stahl und Anja Sturm ihre Teile des "gemeinsamen Plädoyers" vorgetragen haben.
Auf Nachfrage erklären Stahl und Sturm, dass sie zwei, wahrscheinlich aber eher drei Prozesstage brauchen.

Was kommt zu den Hauptanklagepunkten?
Das letzte Plädoyer im NSU-Prozess dauert also länger als ursprünglich angekündigt.
Aus drei sind sechs Verhandlungstage geworden.
In der nächsten Woche werden die drei sogenannten Altverteidiger vermutlich auf das zu sprechen kommen, was nach Ansicht vieler Beobachter bislang noch völlig fehlt: Wie wollen sie die schwerwiegendsten Anklagepunkte entkräften, die Mittäterschaft bei den zehn Morden des NSU und bei zwei Sprengstoffanschlägen mit vielen Schwerverletzten.
Denn schließlich geht es in diesem Prozess nicht nur um die Frage einfache oder schwere Brandstiftung.




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Plädoyer der Zschäpe-Altverteidiger zieht sich !

Die Plädoyers der sogenannten Altverteidiger von Beate Zschäpe werden wohl mindestens bis Ende nächster Woche dauern.
Bislang hat nur einer der drei Anwälte seine Ausführungen abschließen können.

Ab kommendem Dienstag will Zschäpe-Anwalt Wolfgang Stahl plädieren, anschließend Anja Sturm.
Sie wollen beweisen, dass ihre Mandantin mit den terroristischen Taten des NSU – zehn Morden und drei Anschlägen – nichts zu tun hat.
Ihr Kollege Wolfgang Heer schloss seinen Teil des Schlussvortrages heute ab.
Drei Tage lang hatte er sich der Brandstiftung gewidmet, die Zschäpe am 4. November 2011 verübte – in der gemeinsamen Wohnung des NSU-Kerntrios in Zwickau.

Versuchter Mord oder nur einfache Brandstiftung?
Zschäpe hat zugegeben, das Feuer in dem Mehrfamilienhaus gelegt zu haben, um Beweise zu vernichten.
Die Bundesanwaltschaft wertet das unter anderem als schwere Brandstiftung und versuchten Mord.
Verteidiger Heer versuchte nun wort- und detailreich nachzuweisen, dass es sich nur um einfache Brandstiftung gehandelt habe.
Er beantragte deshalb heute erneut, das Gericht solle einen weiteren Brandsachverständigen beauftragen, um noch offene Fragen zu klären.
Es ist wenig wahrscheinlich, dass das Oberlandesgericht darauf eingehen wird.
Zumal die Zschäpe-Anwälte bislang keine Begründung dafür geliefert haben, warum sie die Anträge erst zu diesem späten Zeitpunkt gestellt haben, denn die Beweisaufnahme im NSU-Prozess wurde offiziell bereits vor einem Jahr abgeschlossen.

Empörung bei den Nebenklägern
Nebenklage-Anwälte reagierten empört auf die Ausführungen Wolfgang Heers.
Den Zschäpe-Altverteidigern, die sich schon vor Jahren mit ihrer Mandantin überworfen haben, gehe es nur noch um Selbstdarstellung, so Rechtsanwalt Björn Elberling, der Geschädigte des Bombenanschlags in der Kölner Keupstraße vertritt.
Es sei aus Sicht der NSU-Opfer und ihrer Angehörigen geschmacklos, stundenlang über Details einer Brandstiftung zu philosophieren, die für die Gesamtstrafe, die Zschäpe zu erwarten hat, kaum von Bedeutung sei – angesichts all der Morde und Attentate, die dem NSU zugerechnet werden.


 
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