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Im NSU-Prozess gibt es nur eine halbe Wahrheit !
Im Gerichtssaal sitzen die Ankläger der Staatsanwaltschaft und die Angeklagten einander gegenüber.
Die Sitzordnung markiert den Frontverlauf zwischen den Strafverfolgern und den verfolgten Gesetzesverletzern.
Sind Nebenkläger an einem Strafprozess beteiligt – Opfer von Straftaten oder deren Hinterbliebene –, dann sitzen sie auf der Seite der Ankläger.
Beide verfolgen ja ein gemeinsames Ziel: Aufklärung und Sühne.
Im Münchner NSU-Prozess gibt es diesen klaren Frontverlauf nicht.
Die Bundesanwaltschaft hat von Beginn des Verfahrens an eine zweite Front eröffnet – hin zu den Nebenklägern und ihren Rechtsvertretern.
Während des mittlerweile gut vier Jahre andauernden Prozesses sparte sie nicht mit Attacken gegen die Anwälte und mit dem Blockieren ihrer Beweisanträge.
Auch verwehrte sie ihnen die Einsicht in wesentliche Aktenteile.
Alle Versuche der Nebenklage, durch Erheben zusätzlicher Beweise auf die Spur möglicher Mittäter zu kommen und eine Verwicklung zwielichtiger V-Leute des Verfassungsschutzes zu beleuchten, hintertrieben die Ankläger.
Zaghaftigkeit und Selbstbeschränkung
In ihrem Plädoyer trieben die Bundesanwälte diese Frontstellung gegen die mit ihnen doch eigentlich verbündeten Nebenkläger auf die Spitze.
Als lästiges „Fliegengesumme“ etwa taten sie deren Beharren auf gründlicherer Suche nach weiteren Hintermännern des NSU ab.
Die Nebenklägervertreter hätten ihren Mandanten „leichtfertig“ die Existenz von rechten Hintermännern an den Tatorten versprochen, ohne dass es dafür Indizien gebe, behauptete die Bundesanwaltschaft zynisch und diffamierte all jene Anwälte – und Journalisten – als „Irrlichter“, die sich mit der umstrittenen Trio-These der Anklage nicht zufriedengeben wollen.
Was hat die Bundesanwaltschaft nur geritten, so gegen ihre Verbündeten bei der Aufklärung der schrecklichsten Terrorserie in der deutschen Nachkriegsgeschichte auszuteilen?
Sehen sich die Ankläger einem Korpsgeist bundesdeutscher Sicherheitsbehörden verpflichtet, die eigene Verfehlungen lieber vertuschen als ehrlich aufarbeiten?
Oder wollen die Ankläger nur ihre Versäumnisse bei den NSU-Ermittlungen kaschieren?
Man kann nicht oft genug daran erinnern: Bundeskanzlerin Merkel hatte beim Staatstrauerakt für die NSU-Opfer im Februar 2012 öffentlich versprochen, die Verbrechen der rechten Terroristen aufzuklären und alle (!) Helfershelfer und Hintermänner aufzuspüren.
Das Versprechen ist bislang nicht eingelöst worden.
Was auch daran liegt, dass die strafrechtliche Aufarbeitung des NSU-Komplexes von Beginn an unter zu großer Zaghaftigkeit und Selbstbeschränkung der Ermittler litt.
Kein politisch unabhängiges Strafverfolgungsorgan
Frühzeitig legte sich die Bundesanwaltschaft auf die These einer abgeschottet agierenden dreiköpfigen Terrorzelle fest, von der weder Freund noch Feind wussten.
Hinzu kam, dass der politische Druck immens war, in möglichst kurzer Zeit eine belastbare Anklage gegen die einzige Überlebende des NSU-Kerns, Beate Zschäpe, zu zimmern.
Eine Anklage zudem, die eine Mitverantwortung staatlicher Behörden für die Mordserie aussparen sollte.
Viele Spuren, die tiefer in das Geflecht aus militanten Neonazis, Verfassungsschutzspitzeln und Geheimdiensten führen, verfolgten die Ermittler daher zunächst gar nicht, später nur halbherzig.
Der Fall NSU legt abermals die Nachteile bloß, die sich daraus ergeben, dass die oberste Anklagebehörde kein politisch unabhängiges Strafverfolgungsorgan ist.
Die halbe Wahrheit
Der Generalbundesanwalt ist ein politischer Beamter, der jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Bundesjustizminister abgesetzt werden kann.
Sein Entscheidungsspielraum ist somit erheblich eingeschränkt, insbesondere bei politisch heiklen Verfahren.
Im NSU-Komplex hat das verhindert, dass sich die Behörde deutlich mehr Zeit für umfassendere Ermittlungen nehmen und restriktiver gegen den Verfassungsschutz vorgehen konnte.
Der Geheimdienst hatte nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 in großem Stil Akten vernichtet, er hat Ermittlern – und Abgeordneten – Informationen vorenthalten, er hat sie vermutlich sogar belogen.
Die Bundesanwaltschaft hat all das hingenommen und dem Verfassungsschutz in ihrem Plädoyer vor Gericht jetzt sogar einen Persilschein ausgestellt: Die Ermittlungen hätten keine Hinweise auf eine strafrechtliche Verstrickung staatlicher Stellen ergeben, erklärten die Ankläger.
Zu Beginn des Schlussvortrages hatten die Bundesanwälte angekündigt, in ihrem Plädoyer die Wahrheit über Taten, Täter und Hintergründe des NSU vortragen zu wollen.
Was aber ist ein Plädoyer wert, dass nur die halbe Wahrheit erzählt?
Im Gerichtssaal sitzen die Ankläger der Staatsanwaltschaft und die Angeklagten einander gegenüber.
Die Sitzordnung markiert den Frontverlauf zwischen den Strafverfolgern und den verfolgten Gesetzesverletzern.
Sind Nebenkläger an einem Strafprozess beteiligt – Opfer von Straftaten oder deren Hinterbliebene –, dann sitzen sie auf der Seite der Ankläger.
Beide verfolgen ja ein gemeinsames Ziel: Aufklärung und Sühne.
Im Münchner NSU-Prozess gibt es diesen klaren Frontverlauf nicht.
Die Bundesanwaltschaft hat von Beginn des Verfahrens an eine zweite Front eröffnet – hin zu den Nebenklägern und ihren Rechtsvertretern.
Während des mittlerweile gut vier Jahre andauernden Prozesses sparte sie nicht mit Attacken gegen die Anwälte und mit dem Blockieren ihrer Beweisanträge.
Auch verwehrte sie ihnen die Einsicht in wesentliche Aktenteile.
Alle Versuche der Nebenklage, durch Erheben zusätzlicher Beweise auf die Spur möglicher Mittäter zu kommen und eine Verwicklung zwielichtiger V-Leute des Verfassungsschutzes zu beleuchten, hintertrieben die Ankläger.
Zaghaftigkeit und Selbstbeschränkung
In ihrem Plädoyer trieben die Bundesanwälte diese Frontstellung gegen die mit ihnen doch eigentlich verbündeten Nebenkläger auf die Spitze.
Als lästiges „Fliegengesumme“ etwa taten sie deren Beharren auf gründlicherer Suche nach weiteren Hintermännern des NSU ab.
Die Nebenklägervertreter hätten ihren Mandanten „leichtfertig“ die Existenz von rechten Hintermännern an den Tatorten versprochen, ohne dass es dafür Indizien gebe, behauptete die Bundesanwaltschaft zynisch und diffamierte all jene Anwälte – und Journalisten – als „Irrlichter“, die sich mit der umstrittenen Trio-These der Anklage nicht zufriedengeben wollen.
Was hat die Bundesanwaltschaft nur geritten, so gegen ihre Verbündeten bei der Aufklärung der schrecklichsten Terrorserie in der deutschen Nachkriegsgeschichte auszuteilen?
Sehen sich die Ankläger einem Korpsgeist bundesdeutscher Sicherheitsbehörden verpflichtet, die eigene Verfehlungen lieber vertuschen als ehrlich aufarbeiten?
Oder wollen die Ankläger nur ihre Versäumnisse bei den NSU-Ermittlungen kaschieren?
Man kann nicht oft genug daran erinnern: Bundeskanzlerin Merkel hatte beim Staatstrauerakt für die NSU-Opfer im Februar 2012 öffentlich versprochen, die Verbrechen der rechten Terroristen aufzuklären und alle (!) Helfershelfer und Hintermänner aufzuspüren.
Das Versprechen ist bislang nicht eingelöst worden.
Was auch daran liegt, dass die strafrechtliche Aufarbeitung des NSU-Komplexes von Beginn an unter zu großer Zaghaftigkeit und Selbstbeschränkung der Ermittler litt.
Kein politisch unabhängiges Strafverfolgungsorgan
Frühzeitig legte sich die Bundesanwaltschaft auf die These einer abgeschottet agierenden dreiköpfigen Terrorzelle fest, von der weder Freund noch Feind wussten.
Hinzu kam, dass der politische Druck immens war, in möglichst kurzer Zeit eine belastbare Anklage gegen die einzige Überlebende des NSU-Kerns, Beate Zschäpe, zu zimmern.
Eine Anklage zudem, die eine Mitverantwortung staatlicher Behörden für die Mordserie aussparen sollte.
Viele Spuren, die tiefer in das Geflecht aus militanten Neonazis, Verfassungsschutzspitzeln und Geheimdiensten führen, verfolgten die Ermittler daher zunächst gar nicht, später nur halbherzig.
Der Fall NSU legt abermals die Nachteile bloß, die sich daraus ergeben, dass die oberste Anklagebehörde kein politisch unabhängiges Strafverfolgungsorgan ist.
Die halbe Wahrheit
Der Generalbundesanwalt ist ein politischer Beamter, der jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Bundesjustizminister abgesetzt werden kann.
Sein Entscheidungsspielraum ist somit erheblich eingeschränkt, insbesondere bei politisch heiklen Verfahren.
Im NSU-Komplex hat das verhindert, dass sich die Behörde deutlich mehr Zeit für umfassendere Ermittlungen nehmen und restriktiver gegen den Verfassungsschutz vorgehen konnte.
Der Geheimdienst hatte nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 in großem Stil Akten vernichtet, er hat Ermittlern – und Abgeordneten – Informationen vorenthalten, er hat sie vermutlich sogar belogen.
Die Bundesanwaltschaft hat all das hingenommen und dem Verfassungsschutz in ihrem Plädoyer vor Gericht jetzt sogar einen Persilschein ausgestellt: Die Ermittlungen hätten keine Hinweise auf eine strafrechtliche Verstrickung staatlicher Stellen ergeben, erklärten die Ankläger.
Zu Beginn des Schlussvortrages hatten die Bundesanwälte angekündigt, in ihrem Plädoyer die Wahrheit über Taten, Täter und Hintergründe des NSU vortragen zu wollen.
Was aber ist ein Plädoyer wert, dass nur die halbe Wahrheit erzählt?