Verbraucherrecht - Urteile usw. !

Urteil nach Klage von Bochumer Mietern: Bundesgerichtshof bestätigt lebenslanges Wohnrecht !

Bochum. Langjährige Mieter dürften bei diesem Urteil aufatmen.
Nach der Klage von Mietern einer Bergbausiedlung in Bochum hat der Bundesgerichtshof das lebenslange Wohnrecht bestätigt und damit Mieterrechte gestärkt.


Das vertraglich vereinbarte lebenslange Wohnrecht für Mieter gilt auch nach dem Verkauf der Wohnung.
Der neue Vermieter muss sich an die im Kaufvertrag enthaltene Wohnrechtsvereinbarung halten und darf auch dann nicht kündigen, wenn er selbst das Haus bewohnt, wie am Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe urteilte.

Mieter in Bochum klagten – und bekamen Recht
Konkret ging es um ein Hausgrundstück mit zwei Wohnungen in Bochum, welches die Stadt 2012 verkauft hatte.
Zum Schutz der Mieter wurde ihnen beim Verkauf der kommunalen Wohnungen ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt.

Nur bei „erheblicher“ Verletzung vertraglicher Pflichten - etwa wenn keine Miete gezahlt wird - war nach der Vereinbarung eine Kündigung möglich.

Der Käufer, der selbst in das Haus zog, kündigte dennoch den Mietern der anderen Wohnung.
Er berief sich auf ein erleichtertes gesetzliches Kündigungsrecht.

Danach ist eine Kündigung auch ohne ein berechtigtes Interesse möglich, wenn der Vermieter selbst in dem Gebäude wohnt und dieses nicht mehr als zwei Wohnungen hat.

Der BGH urteilte, dass in diesem Fall die beim Verkauf des Gebäudes bestehende Vereinbarung über das lebenslange Wohnrecht des Mieters greift.

Die Stadt Bochum habe als kommunaler Veräußerer mit der Vereinbarung die Mieter hier besonders schützen wollen.
Der Käufer des Hausgrundstücks sei wegen des lebenslangen Wohnrechts der Mieter nicht unangemessen benachteiligt worden.


 
Grundsatzurteil: Menschenrechtsgericht segnet Sicherungsverwahrung ab !

Straßburg - Das deutsche System zur Sicherungsverwahrung gefährlicher Straftäter hat sich erneut vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bewährt.

Ein verurteilter Mörder aus Deutschland, der durch seine Sicherungsverwahrung seine Menschenrechte verletzt sah, scheiterte endgültig vor der Großen Kammer des Straßburger Gericht (Beschwerdenummern 10211/12 und 27505/14).

Der Beschwerdeführer hatte 1997 im Alter von 19 Jahren in Niederbayern eine Joggerin ermordet.
Seit dem Ende seiner Jugendhaft im Jahr 2008 sitzt er in Sicherungsverwahrung, aktuell im bayerischen Straubing.

Die deutschen Gerichte hätten mittels Expertengutachten hinreichend dargelegt, dass der Mann an sexuellem Sadismus leide und in Freiheit weitere Straftaten begehen könnte, argumentierte das Gericht.
Seine Sicherungsverwahrung sei daher nicht willkürlich gewesen und habe nicht gegen das Recht auf Freiheit verstoßen.
Außerdem unterstrichen die Richter, dass die Unterbringung des Mannes vor allem darauf abgezielt habe, seine psychische Störung zu behandeln.
Seine Sicherungsverwahrung sei daher nicht als Strafe anzusehen - damit sei auch der Grundsatz "keine Strafe ohne Gesetz" nicht verletzt worden.

Das deutsche System zur Sicherungsverwahrung war im Jahr 2013 angepasst worden.
Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Deutschland mehrfach deswegen verurteilt - unter anderem, weil sich die Lebensbedingungen der Gefangenen früher nur unwesentlich von denen im regulären Strafvollzug unterschieden.
Zuletzt hatte sich das Straßburger Gericht mit der Neugestaltung aber wiederholt zufrieden gegeben.

Die Sicherungsverwahrung verhängen deutsche Gerichte anders als die Haft nicht als Strafe, sondern als präventive Maßnahme.
Sie soll die Bevölkerung vor Tätern schützen, die ihre Strafe für ein besonders schweres Verbrechen bereits verbüßt haben, aber weiter als gefährlich gelten.
Die Bedingungen müssen aber deutlich besser sein als im Strafvollzug; ein Schwerpunkt muss auf einem guten Therapieangebot liegen.

Das bayerische Justizministerium begrüßte das Urteil.
Damit sei Rechtssicherheit hergestellt worden.
Der Gerichtshof habe bestätigt, dass das in der Straubinger Einrichtung verfolgte Therapiekonzept für eine Behandlung des Beschwerdeführers geeignet sei.
"Damit können in Bayern auch künftig zum Schutz der Allgemeinheit gefährliche Straftäter unter höchsten Sicherheitsmaßnahmen therapiert und untergebracht werden."


 
Klage um ungedämmte Wohnungen: Keine Mietkürzung bei Schimmelgefahr !

Karlsruhe - Allein das Risiko von Schimmelbildung in älteren und nicht gedämmten Gebäuden berechtigt nicht dazu, die Miete zu kürzen.
Das hat am Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden und damit die Position von Vermietern gestärkt.

Diese schuldeten ihren Mietern keinen Neubau-Standard, so der zuständige Senat.
Damit scheiterten die Mieter zweier Wohnungen mit ihrer Klage gegen eine große Immobiliengesellschaft in Glinde (Schleswig-Holstein).

Die Kläger, die in günstigen und preisgebundenen Wohnungen wohnen, wollten weniger zahlen.
Das begründeten sie mit dem Zustand der 1968 und 1971 erbauten Objekte, in denen in jedem Winter Schimmel drohe.
Schon diese Gefahr sei ein Mangel.
Laut BGH ist jedoch entscheidend, dass die Wohnungen den seinerzeit gültigen Bauvorschriften entsprachen (Az.: VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18).


 
BGH urteilt: Rauchmelder? Alle Eigentümer entscheiden !

Wer Teil einer Eigentümergemeinschaft ist, kann mit seiner Wohnung nicht machen, was ihm gefällt.
Das gilt nicht nur für die Fenster und Türen, sondern auch für den Einbau und die Wartung von lebensrettenden Rauchmeldern.

Eine Eigentümergemeinschaft kann den Einbau und die Wartung von Rauchmeldern für alle Wohnungen eines Hauses beschließen.
Dies gelte auch dann, wenn Eigentümer einzelner Wohnungen bereits Rauchmelder angebracht haben, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Er wies damit die Revision von Wohnungseigentümern zurück, die mit ihrer Klage bereits in den Vorinstanzen gescheitert waren.
Hintergrund ist der Beschluss einer Eigentümergemeinschaft in Nordrhein-Westfalen, der die gemeinsame Anschaffung und Wartung für alle 32 Wohnungen einer Wohnanlage vorsieht.
Mehrere Eigentümer hatten aber bereits eigene Rauchmelder installiert und wollten von dem Beschluss ausgenommen werden.

Der Beschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann.
Einbau und Wartung für das gesamte Gebäude in eine Hand zu legen, gewährleiste ein hohes Maß an Sicherheit (Az.: V ZR 273/17).

Die Vorinstanzen hatten im Sinne der Eigentümergemeinschaft entschieden.
Laut Urteil des Landgerichts Düsseldorf gehören gemeinsam angeschaffte Rauchmelder ins Gemeinschaftseigentum und seien daher auch von der Gemeinschaft instandzuhalten.
Eine Regelung aus einer Hand sei aus versicherungsrechtlichen Gründen nachvollziehbar, die finanzielle Mehrbelastung der Kläger gering.

Die Vorsitzende BGH-Richterin wies in der Verhandlung im Oktober in Karlsruhe darauf hin, dass es für Mietwohnungen bereits eine höchstrichterliche Entscheidung gebe.
Ein Vermieter mehrerer Wohnungen hat demnach das Recht, seine Wohnungen einheitlich mit Rauchmeldern auszustatten.

Der Anwalt der Eigentümergemeinschaft nannte den Beschluss seiner Mandanten in der Verhandlung klug.
"Es ist vernünftig, das in eine Hand zu legen."
Der Anwalt der Kläger verwies dagegen auf das Landesrecht, das die Betriebsbereitschaft von Rauchmeldern der Verantwortung der Wohnungsbesitzer zuweist.
Die Pflicht zum Betrieb von Rauchmeldern ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt.
In den meisten Ländern ist die Frist zur Nachrüstung bereits abgelaufen (Az.: V ZR 273/17).


 
EuGH urteilt: Betreibt die EZB Staatsfinanzierung mit der Notenpresse ?

Seit März 2015 hat die Europäische Zentralbank für beinah 2,6 Billionen Euro Staatsanleihen gekauft.
Darf sie das?


Fragen und Antworten vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs.

Zur Rettung des Euro haben Europas Währungshüter alle Register gezogen.
Selbst Kritiker bescheinigen der Europäischen Zentralbank (EZB) unter Führung des Italieners Mario Draghi, den Währungsraum in den vergangenen Jahren stabilisiert zu haben.

Doch dass die Notenbank bis heute gewaltige Milliardensummen in den Kauf von Staatsanleihen steckt, ist umstritten.
Wieder einmal ist das Urteil des Europäische Gerichtshofs (EuGH) gefragt.

Um welche EZB-Maßnahme geht es?
Um das milliardenschwere Anleihenkaufprogramm der Notenbank – im Fachjargon "Quantitative Easing" (QE) genannt.
Seit März 2015 erwirbt die EZB in diesem Rahmen Anleihen von Eurostaaten.
Seit Juni 2016 stehen zusätzlich Unternehmensanleihen auf dem Einkaufszettel. Fast 2,6 Billionen Euro hat die EZB bisher in solche Papiere investiert.
Seit Oktober 2018 liegt das Volumen bei monatlich 15 Milliarden Euro.

Warum kauft die EZB überhaupt Wertpapiere?
Oberstes Ziel der EZB sind stabile Preise und damit eine stabile Währung für die gut 340 Millionen Menschen in den 19 Staaten des Euroraums.
Mittelfristig strebt die Notenbank für den Währungsraum eine Teuerungsrate (Inflationsrate) von knapp unter 2,0 Prozent an.

Weil die Teuerungsrate in den vergangenen Jahren sehr niedrig war, half die EZB nach, indem sie die Zinsen drastisch senkte und zugleich über den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen gewaltige Summen frisches Geld in Umlauf brachte.
Die Theorie: Wenn mehr Geld im Umlauf ist, steigen die Preise und damit zieht auch die Inflationsrate an.

Was haben Staaten davon, dass die Notenbank ihre Anleihen erwirbt?
Staaten kommen so günstiger an frisches Geld.
Denn sie müssen nicht so hohe Zinsen für neue Wertpapiere bieten, weil die EZB große Bestände kauft.
Das hilft auch starken Volkswirtschaften.

Nach älteren Berechnungen der Deutschen Bank dürfte der deutsche Staat allein in den Jahren 2008 bis 2016 fast 260 Milliarden Euro an Zinsen eingespart haben.
Darüber hinaus hat das Kaufprogramm der Notenbank einen psychologischen Effekt: Die EZB signalisiert Verbrauchern und Unternehmen damit, dass sie die Wirtschaft nicht im Stich lässt.

Darf die Notenbank überhaupt Anleihen kaufen?
Kritiker halten dies für Staatsfinanzierung mit der Notenpresse.
Ein Vorwurf: Deutschland bezahle indirekt die Rettung überschuldeter Staaten und maroder Banken in Südeuropa.
Zudem animiere das Anleihenkaufprogramm Staaten zum Schuldenmachen und bremse notwendige Reformen.

Der EuGH hatte jedoch bereits im Sommer 2015 entschieden: Grundsätzlich darf die EZB zur Euro-Rettung Staatsanleihen kaufen.

Wie argumentieren die Kläger nun vor dem EuGH?
Die Klage geht unter anderem von den Euro-Kritikern Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel aus, einst führende Vertreter der Alternative für Deutschland (AfD).
"Das Resultat des Staatsanleihekaufprogramms ist doch, dass die EZB derzeit der mit Abstand größte Gläubiger der Eurostaaten ist", sagt Lucke.
"Also finanziert die EZB die Staatsverschuldung in ungeheurem Ausmaß."

Die Klägerseite argumentiert zudem, dass die Entscheidung des EuGH darüber hinaus Strahlkraft hat, weil die EZB die Staatsanleihenkäufe mittlerweile zu einem Teil ihrem normalen geldpolitischen Instrumentariums erklärte habe.

Wie geht es mit dem Kaufprogramm weiter?
Europas Währungshüter haben den Ausstieg aus ihrer Anti-Krisen-Politik eingeläutet.
An diesem Donnerstag (13.Dezember) dürfte der EZB-Rat formal das Ende neuer Anleihenkäufe zum Jahresende 2018 beschließen.

Schlagartig schließen wird die EZB die Geldschleusen aber nicht: Gelder aus auslaufenden Staats- und Unternehmensanleihen will die Notenbank vorerst erneut investieren.

Wer kontrolliert die EZB überhaupt?
Die Notenbank ist de jure unabhängig.
Das war insbesondere den Deutschen bei der Gründung der gemeinsamen Notenbank zum 1. Juni 1998 wichtig, denn sie hatten mit der Deutschen Bundesbank gute Erfahrungen gemacht.

"Ich glaube, jeder wird heute sagen, dass wir auch dank Ihrer Arbeit, dank der Arbeit der Europäischen Zentralbank, heute besser dastehen als vor einigen Jahren mitten in der Krise", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei einem Besuch der EZB-Zentrale in Frankfurt im September dieses Jahres.
"Das Wichtige für uns ist, dass die Unabhängigkeit der Bank in ihrer Entscheidung in jedem Falle gewährleistet bleibt."

Darf die Notenbank also machen, was sie will?
Die EZB steht nicht außerhalb jeder Kontrolle, wie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, im Juni 2016 anlässlich eines Urteils des höchsten deutschen Gerichts in einem anderen Verfahren um die Machtfülle der EZB betonte: "Die Europäische Zentralbank unterliegt wie jede europäische Institution kompetenzbeschränkenden Regeln, deren Einhaltung von Gerichten kontrolliert werden kann."

Allerdings hat die EZB in der Regel schon lange Fakten geschaffen, bevor Gerichte abschließend urteilen.
Im vorliegenden Fall fällt das Bundesverfassungsgericht auf Basis des EuGH-Urteils seine abschließende Entscheidung, denn der EuGH entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit.

Wie könnte das Urteil ausfallen?
Die Chancen für einen Erfolg der Kläger scheinen gering.
Ein wichtiger EU-Gutachter hatte unlängst befunden, dass das Kaufprogramm rechtens sei.
Es verstoße nicht gegen das Verbot der Staatsfinanzierung und gehe nicht über das Mandat der EZB hinaus, meinte EuGH-Generalanwalt Melchior Wathelet.

Die Einschätzung des Generalanwalts ist für die Richter des obersten EU-Gerichts nicht bindend, in der Mehrzahl der Fälle folgen sie ihr aber.


 
EuGH hat geurteilt: EZB-Anleihenkäufe verstoßen nicht gegen EU-Recht !

Das Kaufprogramm von Staatsanleihen der Europäische Zentralbank ist rechtens.
Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte Zweifel.

Die Gegner der billionenschweren Anleihenkäufe der EZB haben vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Niederlage erlitten.
Die Richter in Luxemburg erklärten am Dienstag, die vor allem in Deutschland umstrittenen Transaktionen würden nicht gegen EU-Recht verstoßen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Sommer 2017 Zweifel geäußert, ob die Käufe noch in den Kompetenzbereich der Euro-Notenbank fallen.
Die Karlsruher Richter sahen "gewichtige Gründe", dass diese gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstoßen.
Sie wandten sich daraufhin an das EuGH.

Kaufprogramm könnte zum Jahreswechsel enden
Gegen die Käufe hatten unter anderem der CSU-Politiker Peter Gauweiler, der AfD-Gründer Bernd Lucke und der Berliner Professor Markus Kerber geklagt.

Der Erwerb von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren ist seit März 2015 die wichtigste Waffe der Währungshüter im Kampf gegen eine schwache Konjunktur und eine aus ihrer Sicht lange zu niedrige Inflation.
Doch inzwischen läuft die Wirtschaft wieder besser.

Die Euro-Wächter haben deshalb in Aussicht gestellt, die inzwischen auf fast 2,6 Billionen Euro angeschwollenen Transaktionen zum Jahreswechsel einzustellen.


 
Urteil zu betrieblicher Versorgung: Deutlich jüngere Ehefrau bekommt nur gekürzte Witwenrente !

Eine Witwe hat eine Hinterbliebenenrente vom Arbeitgeber ihres verstorbenen Mannes gefordert.
Das Bundesarbeitsgericht entschied nun: Sie wird diese Rente bekommen - aber nicht in vollem Umfang, denn der Altersunterschied ist zu groß.


Eine 73 Jahre alte Frau aus Bayern wollte vom Arbeitgeber ihres 15 Jahre älteren Mannes eine betriebliche Hinterbliebenenrente.
Ihr Mann war im August 2014 gestorben und die Frau bekam zunächst auch die volle Hinterbliebenenrente von dem Unternehmen.

Doch vier Monate später schrieb ihr die Firma, dass sie künftig nur noch eine gekürzte Betriebsrente erhalte.
Das Unternehmen bezog sich auf die Versorgungsordnung, in der es heißt: Ist die Ehefrau mehr als zehn Jahre jünger als der verstorbene Ehemann, wird die Witwenrente gekürzt - und zwar für jedes Jahr Altersabstand mehr - um fünf Prozent.

Die Frau aus Bayern wollte das nicht akzeptieren und ging vor Gericht.
Sie empfand die sogenannte Altersabstandsklausel als unzulässige Diskriminierung.

Seitdem streiten sich die Parteien um die Höhe der Rente.
Das Landesarbeitsgericht München hatte der Witwe zunächst Recht gegeben.

Das Unternehmen akzeptierte dies nicht und zog vor das Bundesarbeitsgericht.
Dieses urteilte nun: Die Frau bekommt weiterhin nur die gekürzte Betriebsrente. (Aktenzeichen: 3 AZR 400/17)

Die Benachteiligung wegen des Alters sei in diesem Fall gerechtfertigt: Der Arbeitgeber, der die Hinterbliebenenversorgung zugesagt habe, habe ein legitimes Interesse daran, das damit verbundene finanzielle Risiko zu begrenzen.

Das Gericht befand: Bei einem Altersabstand von elf Jahren, ab dem die Klausel greife, sei der gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner darauf angelegt, dass die Witwe oder der Witwer einen Teil ihres oder seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringe.

Im Februar hatte das Bundesarbeitsgericht in einem anderen Fall ähnlich entschieden: Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen hatte vom Arbeitgeber ihres verstorbenen Mannes eine Witwenrente erhalten.
Der Altersunterschied betrug allerdings 18 Jahre - deshalb weigerte sich der Arbeitgeber zu zahlen.
Dagegen hatte die Frau geklagt.
Dieses gab dem Arbeitgeber Recht.
Er musste nicht zahlen. (Aktenzeichen: 3 AZR 43/17)


 
EuGH-Urteil: Busfahrer dürfen keine Pässe kontrollieren !

Grenzübertrittskontrollen sind nicht mit dem Schengen-Raum vereinbar.
Das gilt auch für Busfahrer, die Drittstaatsangehörige ohne die erforderlichen Reisedokumente nach Deutschland befördern.
Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden.


Busunternehmen dürfen von deutschen Behörden nicht gezwungen werden, vor Fahrten in die Bundesrepublik den Pass und den Aufenthaltstitel ihrer Passagiere zu kontrollieren.
Solche Kontrollen hätten die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen und seien damit nicht mit der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen des Schengen-Raums vereinbar, entschied der Europäische Gerichtshof am Donnerstag.

Die Luxemburger Richter urteilten damit zugunsten von zwei Busunternehmen aus Deutschland und Spanien, die Linienverkehre nach Deutschland über die deutsch-niederländische und die deutsch-belgische Grenze betreiben.
Die Firmen waren vom Bundespolizeipräsidium abgemahnt worden, weil sie nach dessen Auffassung eine erhebliche Zahl von Drittstaatsangehörigen ohne die erforderlichen Reisedokumente nach Deutschland befördert hatten.

Mit Verfügungen sollten es ihnen dann unter Androhung eines Zwangsgelds untersagt werden, Drittstaatsangehörige, die nicht im Besitz des erforderlichen Passes und Aufenthaltstitels sind, in das deutsche Hoheitsgebiet zu befördern.
Dagegen klagten sie.

Grundlage des Vorgehens der Bundespolizei war Paragraf 63 des deutschen Aufenthaltsgesetzes.
Er sieht unter anderem vor, dass ein Beförderungsunternehmer Ausländer nur in das Bundesgebiet befördern darf, wenn diese im Besitz eines erforderlichen Passes und eines erforderlichen Aufenthaltstitels sind.
Nach dem EuGH-Urteil kann diese Regelung aber innerhalb des Schengen-Raums nicht angewandt werden.
Der Schengen-Raum umfasst gegenwärtig 26 europäische Staaten, darunter 22 EU-Mitgliedstaaten.


 
Karlsruhe: Patientin darf sterben - Patientenverfügung laut BGH wirksam !

Eine Frau im Wachkoma, über deren Patientenverfügung jahrelang vor Gericht gestritten wurde, darf nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) sterben.
Die Karlsruher Richter wiesen eine Beschwerde ihres Mannes gegen eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Landshut ab, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte.

Damit setzte sich in letzter Instanz der Sohn der Frau durch: Er ist anders als der Ehemann der Überzeugung, dass seine Mutter ein Ende der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr gewollt hätte. (Az. XII ZB 604/15)

Der Fall hat grundsätzliche Bedeutung: Es ging im Kern darum, wie konkret Menschen für den Ernstfall festhalten müssen, wann sie weiterleben wollen und wann nicht, damit ihre Wünsche auch Berücksichtigung finden.
Die Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wollen, reicht zum Beispiel in der Regel nicht aus, weil sie viel zu allgemein ist.
Im Fall der 1940 geborenen Frau, die vor mehr als zehn Jahren einen Schlaganfall erlitten hatte, hatte der BGH aber schon Anfang 2017 Zweifel angemeldet, ob die Vorinstanzen von der Patientenverfügung nicht zu viel verlangt hatten.

Seit 2009 eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, im Vorhinein schriftlich festzulegen, ob und wie man in bestimmten Situationen medizinisch behandelt werden möchte.
Um die Auslegung zu erleichtern, können in der Patientenverfügung auch persönliche Hinweise stehen, zum Beispiel zu den eigenen Wertvorstellungen oder zu religiösen Fragen.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz geht davon aus, dass inzwischen jeder Dritte in Deutschland eine Patientenverfügung hat.

Eine erste BGH-Entscheidung von 2016 hatte den Patientenschützern zufolge viele Menschen verunsichert.
In diesem Fall hatte eine Frau verfügt, dass bei einem Dauerschaden des Gehirns "lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben" sollten.
Nach einem Hirnschlag stritten die Töchter darum, ob die Mutter weiter künstlich ernährt werden wollte.
Dem BGH war die Formulierung als Grundlage zu dünn.
Sie enthalte keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung, hieß es damals.

Die Patientin, um die es jetzt ging, hatte sich ganz ähnlich ausgedrückt.
Sie lehnte lebensverlängernde Maßnahmen außerdem für den Fall ab, "dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht".
Vor ihrem Schlaganfall hatte sie zwei Wachkoma-Fälle im Umfeld miterlebt und mehrere Male Angehörigen und Bekannten gesagt, so wolle sie nicht daliegen, sie wolle nicht künstlich ernährt werden, lieber sterbe sie.
Mit ihrer Patientenverfügung habe sie zum Glück vorgesorgt.
Einmal konnte sie nach dem Schlaganfall noch mit ihrer Therapeutin sprechen, damals sagte sie: "Ich möchte sterben."

Das Landgericht war zunächst der Ansicht, dem lasse sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Frau auch eine bereits eingeleitete künstliche Ernährung hätte abbrechen wollen.
Dem trat der BGH 2017 entgegen und stellte klar: Selbst wenn ärztliche Maßnahmen nicht ganz detailliert beschrieben sind, kann eine Patientenverfügung konkret genug sein, wenn bestimmte Krankheiten oder Behandlungssituationen genannt werden.
Ob es noch eine Chance gibt, dass die Frau wieder zu Bewusstsein kommt, lasse sich durch einen Sachverständigen klären.

Das hat das Landgericht inzwischen nachgeholt und das Dokument daraufhin doch für hinreichend bestimmt und wirksam erklärt - dem Experten zufolge sind bei der Frau die Funktionen des Großhirns komplett ausgelöscht.
Damit ist umzusetzen, was sie sich für diesen Fall gewünscht hat, Familie und Ärzte müssen sich daran halten.

Für die Stiftung Patientenschutz macht der Beschluss noch einmal deutlich: "Je konkreter eine Patientenverfügung ist, umso besser.
Wenn es keine Auslegungsmöglichkeiten gibt, werden Streitereien überflüssig", erläuterte Vorstand Eugen Brysch.
"Daher sollte in der Patientenverfügung immer klar beschrieben sein, bei welcher Krankheit welche ärztlichen Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden."


 
EuGH-Urteil: Urlaubsgeld darf bei Kurzarbeit nicht pauschal gekürzt werden !

Erst verordnet der Arbeitgeber Kurzarbeit, dann streicht er auch noch das Urlaubsgeld zusammen.
Ist das erlaubt?
Jein, hat der Europäische Gerichtshof entschieden.


Wer in Kurzarbeit beschäftigt wird, muss nicht hinnehmen, dass der Arbeitgeber ihm das Urlaubsgeld pauschal kürzt.
Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.
Beschäftige haben demnach während ihres rechtlich garantierten Jahresurlaubs Anspruch auf normale Vergütung - ungeachtet vorheriger Kurzarbeitszeiten.
Beim Urlaubsgeld müssen sie aber trotzdem Einbußen hinnehmen.

Denn: Die Dauer des gewährten Jahresurlaubs hänge von der tatsächlichen Arbeitszeit ab, entschieden die Richter.
Damit könne Kurzarbeit dazu führen, dass auch der Jahresurlaub gekürzt werde.
Das führt unter Umständen zu weniger Urlaubstagen - und damit unterm Strich auch zu weniger Urlaubsgeld.

Hintergrund ist die Klage eines Betonbauers vor dem Arbeitsgericht Verden.
Im Jahr 2015 war er insgesamt 26 Wochen lang - also die Hälfte des Jahres - in Kurzarbeit beschäftigt.
Sein Arbeitsverhältnis bestand in dieser Zeit fort, praktisch arbeitete er aber nicht.

Der Arbeitgeber berechnete die Bezahlung nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe.
Danach ist der Anspruch auf 30 Tage Jahresurlaub zwar garantiert, das zu zahlende Urlaubsgeld kann durch Kurzarbeitszeiten jedoch niedriger ausfallen.
Entsprechend zahlte der Arbeitgeber während des Urlaubs nur einen gekürzten Lohn aus.
Der Betonbauer hielt dies für unzulässig und klagte.
Das Arbeitsgericht Verden legte den Streit dem EuGH vor.

Die EuGH-Richter dagegen urteilten nun, der Tagessatz beim Urlaubsgeld müsse voll ausgezahlt werden und dürfe nicht aufgrund von Kurzarbeit gekürzt werden.
Im konkreten Fall hat der Betonbauer aber nur für zwei Urlaubswochen Anspruch auf den vollen Lohn, weil er nur das halbe Jahr gearbeitet hat.
Für die restlichen 16 Urlaubstage richtet sich der Anspruch nach dem Bau-Tarif.
Die Summe muss nun das Arbeitsgericht Verden berechnen.


 
Urteil gefallen: EU-Gericht fällt wegweisendes Urteil - Deutscher Rundfunkbeitrag ist rechtens !

13.12.2018 - Für die öffentlich-rechtlichen Sender ist er die wichtigste Einnahmequelle.
Aber ist der Rundfunkbeitrag auch rechtens?
Darüber hat am Donnerstag das höchste EU-Gericht entschieden.
Seine Antwort: Ja, ist er.


Der Europäische Gerichtshof urteilte am Donnerstag, dass die Erhebung des deutschen Rundfunkbeitrags mit dem EU-Recht vereinbar ist.
Die Luxemburger Richter beschäftigten sich unter anderem mit der Frage, ob es sich dabei um eine verbotene staatliche Beihilfe handelt, die gegen EU-Recht verstößt (Rechtssache C-492/17).

Beitragszahler klagen seit Jahren
Der Rundfunkbeitrag ist die wichtigste Einnahmequelle für ARD, ZDF und Deutschlandradio.
2017 kamen knapp acht Milliarden Euro zusammen.
Seit 2013 wird der Beitrag pauschal für jede Wohnung kassiert – egal, wie viele Leute dort leben und ob sie überhaupt einen Fernseher oder ein Radio haben.
Aktuell beträgt er 17,50 Euro pro Haushalt im Monat.

Früher war die Rundfunkgebühr noch geräteabhängig, Kontrolleure zogen von Haus zu Haus, um Nichtzahler aufzuspüren.
Mehrere Beitragszahler klagten vor deutschen Gerichten gegen die geänderten Regeln, nach denen auch diejenigen zahlen müssen, die kein Rundfunkgerät haben.
Dabei ging es vor allem um die Art und Weise, wie der Beitrag von säumigen Zahlern eingetrieben wird.
Das Landgericht Tübingen rief daraufhin den EuGH zur Klärung mehrerer Fragen an.

Staatliche Beihilfe für Rundfunkanbieter?
Dabei vertrat es die Ansicht, die Neuregelung stelle eine wesentliche Umgestaltung des Einzugssystems dar und hätte der EU-Kommission deshalb mitgeteilt werden müssen.
Zudem habe das Beitragsaufkommen seitdem deutlich zugenommen.

Außerdem befanden die Tübinger Richter, den Rundfunkanbietern werde eine staatliche Beihilfe gewährt, weil sie säumige Zahlungen selbst eintreiben dürften - und nicht ordentliche Gerichte anrufen müssten.
Vom EuGH möchten die Richter unter anderem wissen, ob der Rundfunkbeitrag eine verbotene staatliche Beihilfe für den Südwestrundfunk (SWR) und das ZDF sei, und somit gegen EU-Recht verstoße.

Chancen für Gebühren-Gegner standen schlecht
Ein wichtiger EU-Gutachter hatte im September betont, die Erhebung des Rundfunkbeitrags sei rechtens.
Diese Einschätzung ist für die EuGH-Richter zwar nicht bindend, häufig folgen sie ihr aber.
Über die einzelnen Fälle in Deutschland müssen letztlich die nationalen Gerichte urteilen.
Dabei richten sie sich jedoch nach der EuGH-Entscheidung als höchstem EU-Gericht.

In Deutschland leisten Kritiker seit Jahren heftigen Widerstand gegen die Zahlung des Rundfunkbeitrags – früher „GEZ-Gebühr“.
Sie lehnen ihn aus verschiedenen Gründen ab.
Einige aus Prinzip, andere finden, sie würden zu stark zur Kasse gebeten.
Wer etwa allein lebt, zahlt unterm Strich mehr als jemand in einer WG.
Nach Ansicht der Sendeanstalten soll der Beitrag sicherstellen, dass sie nicht von politischen oder wirtschaftlichen Interessen abhängig werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Rundfunkbeitrag im Juli nicht grundsätzlich beanstandet und erklärte das Beitragsmodell für verfassungsgemäß.
Menschen mit zwei oder mehr Wohnungen dürfen dem Urteil zufolge künftig jedoch nur noch einmal zur Kasse gebeten werden.


 
Urteil im Flixbus-Verfahren - Zusatzgebühren für Zahlung via Paypal sind unzulässig !

Bislang verlangte der Fernbusanbieter Flixbus von Kunden bei Zahlung mit Paypal oder Sofortüberweisung eine Zusatzgebühr.
Diese hat das Landgericht München jetzt aber für unzulässig erklärt.

Wer Tickets beim Fernbusanbieter Flixbus per Paypal oder Sofortüberweisung bezahlen möchte, musste bislang eine obligatorische Zusatzgebühr entrichten.
Die ist allerdings ab sofort Geschichte, denn das Landgericht München I hat die Gebühr jetzt im Rahmen eines Grundsatzurteils für unzulässig erklärt (Az.: 17 HK O 7439/18).

Zuvor hatte die deutsche Wettbewerbszentrale Klage eingereicht, weil Flixbus mit den Zusatzgebühren gegen eine Neuregelung in §270a BGB verstoße, die die Erhebung von zusätzlichen Entgelten bei den gebräuchlichsten Zahlungsmethoden untersagt.


In einer entsprechenden Mitteilung erklärte die Wettbewerbszentrale, man habe die Klage nach dem Eingang entsprechender Verbraucherbeschwerden erhoben.

Urteil klärt gesetzliche Regelung für Paypal
Interessant ist das Urteil insofern, weil zwar die Bezahlmethode der Sofortüberweisung im Rahmen des SEPA-Verfahrungs bislang eindeutig unter die gesetzliche Regelung zum Verbot von Zusatzgebühren fiel.
In Bezug auf Paypal herrschte wegen einiger unklarer Formulierungen im Gesetzestext allerdings noch Uneinigkeit - die das Urteil des LG München I jetzt vorerst ausgeräumt hat.

In der Urteilsbegründung erklärte das Gericht, dass sowohl die Zahlungsmethode der Sofortüberweisung als auch Paypal eindeutig von §270a BGB eingeschlossen seien.
Außerdem handele es sich bei der Vorschrift um eine Marktverhaltensregel, die mit den Mitteln des UWG [Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Anm. d. Red.] im Wege der privaten Rechtsdurchsetzung geltend gemacht werden könne.
Verbraucher dürften es künftig also leichter haben, branchenübergreifend gegen Gebühren bei der Nutzung von Paypal vorzugehen.


 
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