Verbraucherrecht - Urteile usw. !

Eventim-Urteil: Selbstausdrucken darf nichts kosten !

Der Online-Tickethändler CTS Eventim darf seinen Kunden das Selbstausdrucken von Konzertkarten nicht in Rechnung stellen.
Eine pauschale Gebühr in Höhe von 2,50 Euro sei unzulässig, entschied der Bundesgerichtshof am Donnerstag in Karlsruhe.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen.
Aus deren Sicht betrifft das Urteil auch weitere Anbieter auf dem Markt, die pauschal Geld dafür verlangen, wenn ihre Kunden die Tickets am eigenen Drucker ausdrucken.

"Das Urteil schiebt der Unsitte einiger Anbieter einen Riegel vor, Verbrauchern mit Extra-Gebühren zusätzlich Geld aus der Tasche zu ziehen", teilten die Verbraucherschützer am Donnerstag mit.

Eventim hatte bis zuletzt 2,50 Euro für die Option verlangt.
"Wir nehmen das Urteil des BGH zur Kenntnis und werden dieses umsetzen", teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.

Bis die Urteilsbegründung bekannt sei, werde der Service weiterhin zur Verfügung stehen, ohne dass Zusatzgebühren verlangt würden.
Nach Angaben von Marktteilnehmern werden in Deutschland rund zehn Prozent aller Konzertkarten ausgedruckt.
In Skandinavien liegt der Anteil demnach bei rund der Hälfte.

Mit Live-Veranstaltungen und dem Verkauf von Online-Tickets hat der Händler und Veranstalter CTS Eventim seinen Umsatz in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 24 Prozent auf 606,6 Millionen Euro gesteigert, wie er am Donnerstag mitteilte.

Unterm Strich stieg der Gewinn um 19 Prozent auf 112,8 Millionen Euro.
Die CTS Eventim AG & Co. KGaA hat ihren Sitz in München und die Hauptverwaltung in Bremen.


 
Urteil: Freistellung ist für Arbeitslosengeld relevant !

Bei der Berechnung des Arbeitslosengelds muss eine vorhergehende Freistellung berücksichtigt werden.
Das bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlte und abgerechnete Geld müsse bei der Bemessung einbezogen werden, erklärte das Bundessozialgericht in Kassel am Donnerstag mit.

Entscheidend für die Höhe des Arbeitslosengelds sei eine Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinn.
Die Richter gaben damit einer Frau aus Nordrhein-Westfalen Recht, die von der Arbeitsagentur ein höheres Arbeitslosengeld forderte.

Die Pharmareferentin hatte mit ihrem Arbeitgeber das Ende des Arbeitsverhältnisses vereinbart und war ab Mai 2011 ein Jahr unwiderruflich freigestellt.
Sie wurde während dieser Zeit weiter bezahlt, bezog dann ein weiteres Jahr Krankentagegeld.
Die Arbeitsagentur berücksichtigte anschließend die Freistellung nicht und bewilligte nur 28,72 Arbeitslosengeld Euro pro Tag.
Begründung: Die Klägerin sei faktisch 2011 aus der Beschäftigung ausgeschieden.

Korrekt sei aber ein Arbeitslosengeld von 58,41 Euro, urteilten die Kasseler Richter und bestätigten damit eine vorherige Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen.


 
Oberlandesgericht München: Facebook muss beim Kommentar-Löschen Meinungsfreiheit achten !

München - Facebook darf nach einer einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts München beim Löschen von Kommentaren der Meinungsfreiheit seiner Nutzer keine engeren Grenzen setzen, als staatliche Stellen dies dürften.

Vor Gericht ging es um eine umstrittene Äußerung der bayerischen AfD-Politikerin Heike Themel, die von Facebook mit Verweis auf die eigenen Gemeinschaftsstandards gelöscht wurde.
Mit der Löschung der Äußerung habe Facebook seine Vertragspflicht verletzt, auf die Rechte der Nutzerin Rücksicht zu nehmen, insbesondere ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit, heißt es in der Verfügung (Az.: 18 W 1294/18).

Über den Beschluss vom 27. August 2018 hatte zunächst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet.

Themel war in einer hitzig geführten Debatte um einen Bericht über österreichische Grenzkontrollen auf Facebook als "Nazischlampe" bezeichnet worden.
Sie hatte daraufhin einer Anwenderin, die diese Äußerung mit einem "Like" unterstützt hatte, unter anderem geschrieben: "Ich kann mich argumentativ leider nicht mehr mit Ihnen messen.
Sie sind unbewaffnet und das wäre nicht besonders fair von mir."

Das OLG München entschied nun, es wäre mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, wenn Facebook "gestützt auf ein "virtuelles Hausrecht" den Beitrag eines Nutzers auch dann löschen dürfte, wenn der Beitrag die Grenzen zulässiger Meinungsfreiheit nicht überschreitet."

Facebook hat sich in seinen Geschäftsbedingungen das Recht vorbehalten, Kommentare zu löschen, "wenn wir der Ansicht sind, dass diese gegen die Erklärung oder unsere Richtlinien verstoßen".
Das OLG erklärte nun, diese Bestimmung benachteilige die Nutzer auf unzulässige Weise, weil sie die Löschung von Kommentaren letztlich ins freie Belieben von Facebook stelle.

Der Hamburger Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, der die AfD-Politikerin in dem Rechtsstreit vertrat, wertete die einstweilige Verfügung "als Meilenstein im Kampf um die Meinungsfreiheit in den sozialen Medien".
Facebook erklärte, die Verfügung liege noch nicht vor.
Sobald wir sie erhalten, werden wir sie prüfen", sagte eine Facebook-Sprecherin.

Facebook sei eine Plattform, auf der sich Menschen weltweit, über Grenzen hinweg, austauschen und Inhalte teilen könnten, die ihnen wichtig seien.
"Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit und des Wohlergehens anderer erfolgen.
Deshalb haben wir weltweit geltende Gemeinschaftsstandards, die festlegen, was auf Facebook erlaubt ist und was nicht."


 
EuGH urteilt über Kündigung eines katholischen Chefarztes !

Luxemburg/Düsseldorf - Darf der Chefarzt eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf entlassen werden, weil er nach einer Scheidung wieder geheiratet hat?

Der Europäische Gerichtshof urteilt heute, ob das katholische St. Vinzenz-Krankenhaus an einen katholischen Arzt andere Anforderungen stellen darf als an nicht katholisches oder konfessionsloses Personal (Rechtssache C 68/17).

In dem Fall geht es um den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) in Erfurt hatte den Fall an den EuGH in Luxemburg verwiesen.

Der Chefarzt hatte nach der Scheidung von seiner ersten Frau erneut standesamtlich geheiratet.
Weil die erste Ehe nicht annulliert wurde, ist die zweite nach Kirchenrecht ungültig.
Die Klinik kündigte ihm mit der Begründung, er habe damit gegen Loyalitätspflichten laut Arbeitsvertrag verstoßen.
Das Lebenszeugnis leitender Mitarbeiter müsse der katholischen Glaubens- und Sittenlehre entsprechen.

Ein hoher EU-Gutachter hatte dieser Sichtweise im Mai widersprochen.
Diese Anforderung aus dem katholischen Dienstrecht stehe in keinem Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit des Arztes, argumentierte er.
Es handele sich somit nicht um eine berufliche Anforderung und schon gar nicht um eine wesentliche.
Oft folgt der EuGH seinen Gutachtern.

Der Gutachter würdigte aber auch die besondere Stellung der Kirche nach deutschem Verfassungsrecht.
Letztlich geht aus seiner Sicht das EU-Diskriminierungsverbot in Zivilstreitigkeiten aber vor: Finde das in Deutschland zuständige Bundesarbeitsgericht keine Möglichkeit, das deutsche Recht im Einklang mit der EU-Richtlinie auszulegen, müsse es "erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Vorschrift unangewendet" lassen.


 
EuGH stärkt Arbeitnehmerrechte in Kircheneinrichtungen !

Luxemburg - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Grundsatzurteil die Rechte von Arbeitnehmern in kirchlichen Einrichtungen gestärkt.
Die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus nach seiner Wiederheirat könne eine verbotene Diskriminierung darstellen.


Das deutsche Gericht müsse nun prüfen, ob die Religion bei der ausgeübten Tätigkeit eine maßgebliche Anforderung sei, urteilten die Luxemburger Richter (Rechtssache C-68/17).

Im vorliegenden Fall hatte der Chefarzt nach der Scheidung von seiner ersten Frau erneut standesamtlich geheiratet.
Weil die erste Ehe nicht annulliert wurde, ist die zweite nach Kirchenrecht ungültig.
Die Klinik in Düsseldorf kündigte ihm mit der Begründung, er habe damit gegen Loyalitätspflichten laut Arbeitsvertrag verstoßen.
Das Lebenszeugnis leitender Mitarbeiter müsse der katholischen Glaubens- und Sittenlehre entsprechen.
Der Rechtsstreit darüber läuft seit 2009.

Die obersten EU-Richter widersprachen nun der Kirchenauffassung.
"Die Anforderung an einen katholischen Chefarzt, den heiligen und unauflöslichen Charakter der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche zu beachten, erscheint nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung", erklärte das Gericht.

Ähnliche Stellen seien zudem an Beschäftigte vergeben worden, die nicht katholischer Konfession und damit nicht derselben Anforderungen unterworfen seien.
Im konkreten Fall muss nun das Bundesarbeitsgericht in Erfurt auf der Grundlage des EuGH-Urteils entscheiden.

Einen tiefen Einschnitt bringt die EuGH-Entscheidung nach Ansicht des Leiters der Forschungsstelle für kirchliches Arbeitsrecht an der Universität in Tübingen, Hermann Reichold: "Das individuelle Arbeitsrecht, also Einstellung und Kündigung von kirchlichen Arbeitnehmern, wird sich in Zukunft stärker nach weltlichen Maßstäben richten müssen, egal, was in der Grundordnung der katholischen Kirche derzeit noch drinsteht."

Das Grundgesetz garantiert den Kichen in Deutschland ein Selbstbestimmungsrecht, das auch Auswirkungen auf ihre Rolle als Arbeitgeber hat.
Die Sonderrechte fußen noch heute auf Gesetzen der Weimarer Republik.
Dies betrifft über eine Million Menschen, darunter hauptberuflich Angestellte bei den öffentlich-rechtlich organisierten Religionsgemeinschaften, aber auch bei Wohlfahrtsverbänden wie der Diakonie oder der Caritas.
Reichold zufolge ist die Sonderstellung der Kirchen in Deutschland europaweit einmalig.

Die Deutsche Bischofskonferenz äußerte sich unzufrieden zum Urteil.
Die verfassungsrechtliche Position der Kirchen sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, erklärte Konferenzsekretär Hans Langendörfer.
Man werde nun die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abwarten.
"Anschließend muss geprüft werden, ob die Entscheidungen mit den Vorgaben des Grundgesetzes in Einklang stehen."

Erfreuter äußerte sich Johannes Grabmeier, Sprecher bei der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche".
"Kaum jemand akzeptiert und versteht mehr, dass der Staat den Kirchen das Recht zugesteht, in dieser Weise zu diskriminieren", erklärte er.
Mit dem Urteil werde "zum Wohl der Kirche die Rechtsprechung nun in die richtige Richtung gelenkt."


 
BGH verhandelt über Kündigung von Mietern wegen Mietschulden !

Karlsruhe Der Rausschmiss von Mietern, die ihre Miete nicht bezahlt haben, beschäftigt heute den Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH).

Größerer Zahlungsverzug erlaubt Vermietern die fristlose Kündigung.
Wer seine Schulden innerhalb einer Schonfrist von zwei Monaten begleicht, darf allerdings bleiben.

Nach den Erfahrungen des Deutschen Mieterbundes sprechen deshalb so gut wie alle Vermieter gleichzeitig die ordentliche Kündigung mit mehreren Monaten Kündigungsfrist aus - um sicherzugehen, dass der Mieter tatsächlich ausziehen muss.
Das Landgericht Berlin stellt diese Praxis nun anhand zweier Fälle infrage und fordert die obersten Zivilrichter zur Klärung auf.
Die Berliner Richter meinen, mit der fristlosen Kündigung erlösche das Mietverhältnis augenblicklich.
Die ordentliche Kündigung laufe ins Leere. (Az. VIII ZR 231/17 u.a.)

Der BGH kann sein Urteil am Verhandlungstag oder später verkünden.


 
Rechnung über 34.000 Euro: BGH - Patientin muss Zahnarzt-Pfusch nicht bezahlen !


Karlsruhe - Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkt die Rechte von Patienten bei Pfusch durch den Zahnarzt.
Sie müssen keine Leistungen bezahlen, die so schlecht erbracht wurden, dass auch der Nachbehandler nichts mehr retten kann.


Das haben die obersten Zivilrichter in Karlsruhe im Fall einer Patientin aus Bremen entschieden.
Der Frau hatte ein Zahnarzt acht Implantate gesetzt, ehe sie die Behandlung wegen Komplikationen abbrach.
Für die Behandlung sollte sie ein Honorar von mehr als 34.000 Euro bezahlen.

Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass dem Arzt trotz der missglückten Behandlung knapp 17.000 Euro zustehen - die Weiterverwendung der Leistungen sei für die Frau "jedenfalls eine Option".
Das sieht der BGH anders.
Ein Zahnarzt könne zwar kein Gelingen versprechen.
Im konreten Fall seien aber gravierende Behandlungsfehler passiert, die erbrachten Leistungen seien für die Frau nutzlos.

Ein Sachverständiger im Prozess hatte sämtliche der in Hannover gefertigten Implantate als unbrauchbar bezeichnet, weil sie nicht tief genug im Kieferknochen säßen und falsch positioniert seien.
Für die Weiterbehandlung gebe es deshalb nur die Wahl zwischen "Pest und Cholera": Bleiben die Implantate im Kiefer, muss die Frau auf Jahre mit einem erhöhten Entzündungsrisiko leben.
Lässt sie sie entfernen, kann der Knochen so geschädigt werden, dass neue Implantate nicht mehr halten.

Nach Auffassung des BGH sind die Leistungen damit "objektiv und subjektiv völlig wertlos".
Der Klägerin bleibe keine zumutbare Behandlungsvariante.
Deshalb muss sie dafür auch nichts bezahlen.

Welche Posten auf der Honorarrechnung möglicherweise berechtigt sind, muss jetzt eine andere Kammer des OLG Celle ermitteln.
Dort wird der Fall neu verhandelt und entschieden. (Az. III ZR 294/16)


 
Düsseldorf: Nach Sturz auf Rolltreppe - Kein Schmerzensgeld für Rentnerin !

Eine 68-jährige Rentnerin ist nach einem Sturz auf einer Rolltreppe mit einer Schmerzensgeldklage gegen den Düsseldorfer Flughafen gescheitert.
Das Landgericht habe ihre Klage am Montag abgewiesen, sagte eine Gerichtssprecherin (Az.: 21 O 184/16).

Die Klägerin hatte sich bei einem Sturz am Ende einer Rolltreppe im Airportgebäude den Fuß gebrochen.
Sie hatte 6000 Euro Schmerzensgeld sowie die Erstattung aller künftigen Kosten gefordert.

Die Rolltreppe sei zu schnell gewesen, behauptete die Frau aus dem niedersächsischen Lingen.
Der Flughafen habe dies gewusst und sie nicht rechtzeitig reparieren lassen.

Das wies der Anwalt des Airports zurück: Der Fehler sei bereits vor dem Sturz der Frau behoben worden.
Der Hersteller habe einen Drehzahlbegrenzer eingebaut.
Bei zu hohem Tempo schalte sich der Motor automatisch ab.
Daraufhin befand das Gericht, dem Flughafen sei keine Pflichtverletzung vorzuwerfen.


 
Karlsruhe: Doppelte Kündigung wegen Mietschulden - BGH urteilt !

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verkündet heute ein richtungsweisendes Urteil zur Kündigung wegen Mietrückständen.
Überprüft wird die Praxis, neben einer fristlosen gleichzeitig eine ordentliche Kündigung auszusprechen, wenn ein Mieter mit seinen Zahlungen in größeren Rückstand geraten ist.


Laut Deutschem Mieterbund ist das gängige Praxis, um sicherzustellen, dass der Mieter tatsächlich ausziehen muss.

Eine Kammer des Landgerichts Berlin hatte die Räumungsklagen zweier Vermieter abgewiesen.
Die Mieter hatten nach der Kündigung die Rückstände schnell ausgeglichen, was laut Gesetz die fristlose Kündigung unwirksam macht.
Eine ordentliche Kündigung sei nicht parallel zur fristlosen Kündigung möglich.

In der Verhandlung hatten die Richter des BGH aber angedeutet, die Urteile des Landgerichts Berlin aufzuheben.
Um die ordentliche Kündigung abzuwenden, müssten die Mieter nachweisen, dass sie für die Mietrückstände nichts konnten (Az.: VIII ZR 231/17 u.a.).


 
BGH: Doppelte Kündigung bei Mietschulden ist zulässig !

Der BGH hat geurteilt, dass Vermieter doppelt kündigen dürfen, um säumige Mieter loszuwerden.
Zwei Fälle müssen neu verhandelt werden.


Karlsruhe. Mieter müssen bei Zahlungsverzug zusätzlich zur fristlosen auch mit einer ordentlichen Kündigung rechnen.
Dies war bisher bereits gängige Praxis und ist nun nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe zulässig.

Der Achte Zivilsenat, der für Mietsachen zuständig ist, übergab dabei zwei Fälle an das Landgericht Berlin zur Neuverhandlung.
In beiden Fällen hatten die Vermieter ihren Mietern fristlos gekündigt, nachdem diese zwei Monatsmieten schuldig geblieben waren.

Die Vermieter sprachen deshalb neben einer fristlosen auch eine ordentliche Kündigung mit mehreren Monaten Kündigungsfrist aus.
So sollte sichergestellt werden, dass das Mietverhältnis auch dann endet, wenn die rückständige Miete in der gesetzlich vorgesehenen zweimonatigen Schonfrist bezahlt und damit die fristlose Kündigung unwirksam wird.
Die Räumungsklagen zweier Vermieter waren vom Landgericht Berlin abgewiesen worden.

Landgericht muss entscheiden, ob ordentliche Kündigung rechtens war
Die Vorsitzende BGH-Richterin Rhona Fetzer widersprach der Argumentation des Landgerichts.
Das hatte geurteilt, dass die ordentliche Kündigung ins Leere laufe, weil mit Zugang der fristlosen Kündigung das Mietverhältnis beendet sei und bis zur nachträglichen Mietzahlung ein Schwebezustand herrsche.
Dabei bedeute die Schonfristzahlung nach dem Willen des Gesetzgebers aber gerade, dass das Mietverhältnis ununterbrochen weiterbesteht, betonte Fetzer.

Das Landgericht muss nun entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung vorlagen.
Sie ist nach Paragraf 573 des Bürgerlichen Gesetzbuches möglich, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.
Die Richter hatten dabei zu prüfen, ob die Zahlung der Mietschulden wenige Tage nach der Kündigung die ordentliche Kündigung treuwidrig erscheinen lässt.

Mieterbund drängt seit Jahren auf eine Gesetzesänderung
Der Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht, Andreas Griebel, hält das Urteil für richtig: „Das Vertrauen in den Mieter ist erschüttert, wenn er die Miete in einem derartigen Umfang nicht bezahlt, dass der Vermieter zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt wäre“, teilte Griebel mit.
„Hierin liegt in jedem Fall ein ordentlicher Kündigungsgrund.“

Der Deutsche Mieterbund fordert seit Jahren eine Gesetzesänderung.
Ein Verhalten des Mieters, das eine fristlose Kündigung ungeschehen mache, müsse auch eine ordentliche Kündigung ungeschehen machen.
Aus Sicht des Mieterbundsprechers Ulrich Ropertz nimmt die aktuelle Regelung säumigen Mietern den Reiz, Schulden auszugleichen.


 
Verfassungsschutz muss über NSU-Aktenvernichtung informieren !

Über die Vernichtung von Akten im NSU-Skandal muss der Verfassungsschutz anfragende Journalisten laut einem Gerichtsurteil informieren.
Allerdings ist der Anspruch stark eingeschränkt, wie das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) am Donnerstag entschied (A.: 15 A3070/15).

Kurz nach Bekanntwerden der Mordserie durch die Rechtsterroristen des NSU im November 2011 hatte ein Beamter des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit dem Tarnnamen "Lothar Lingen" einige der dort geführten Akten zu V-Leuten in der rechten Szene vernichtet.
Daraufhin ermittelte das Bundesamt gegen den Mitarbeiter.
Ein Journalist wollte mehr über das Disziplinarverfahren wissen, der Verfassungsschutz verweigerte die Auskunft.

Die Richter stellten nun klar, dass das Bundesamt den Journalisten etwa zum Umfang des Verfahrens informieren müsse.
So habe er ein Recht zu erfahren, wie dick die Akte sei, wie lange ermittelt wurde und wieviele Menschen befragt wurden.
Auch ob der Beamte eigenmächtig gehandelt habe, sei von überragendem öffentlichen Interesse.
Das gelte jedoch nicht für die vermuteten Motive, die Kollegen in den Befragungen angegeben hatten, und auch nicht für den konkreten Ausgang des Verfahrens.

In der öffentlichen Diskussion um den NSU habe die Frage eines Versagens der Sicherheitsbehörden - auch mit Blick auf die Aktenvernichtung - stets einen breiten Raum eingenommen, so die Richter.
Insofern überwiege bei diesen Punkten das öffentliche Interesse, begründete das Gericht.
Wie das Verfahren am Ende ausging, könne der Verfassungsschutz dagegen weiterhin unter Verschluss halten, so das Gericht.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Kläger und Verfassungsschutz können in Revision gehen.


 
BGH entscheidet: Streit um Trompete - "Wir wollen einfach, dass es leise ist" !


Karlsruhe - Ein Trompeter will daheim seine Stücke proben, die Nachbarn hätten gern ihre Ruhe - am Freitag sind beide Seiten vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe aufeinandergetroffen.


Der Berufsmusiker, der beim Staatstheater Augsburg spielt, übt zu Hause und gibt dort jede Woche zwei Stunden Unterricht.
Das stört die Nachbarn im Reihenhaus eine Tür weiter.
Sie fordern, dass der Mann seine Wände besser dämmt, damit bei ihnen nichts mehr zu hören ist.
"Wir wollen einfach, dass es leise ist", sagte ihr BGH-Anwalt.

Das Landgericht hatte dem Musiker stattdessen Auflagen gemacht: Von seltenen Ausnahmen abgesehen darf er nur noch werktags zu bestimmten Zeiten in einem Übungsraum unter dem Dach spielen - insgesamt nicht mehr als zehn Stunden die Woche.
"Das scheint uns deutlich zu streng zu sein", sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann in der Verhandlung in Karlsruhe.
Der Trompeter könne aber auch nicht ständig spielen.
Das Urteil wird am 26. Oktober verkündet. (Az. V ZR 143/17)

"95 Dezibel hat eine Trompete, das ist wie ein Presslufthammer", sagte Siegfried Mennemeyer, der die genervten Nachbarn aus der Augsburger Reihenhausanlage vertritt.
Jemand, der vom Trompetespielen lebe, könne auch Geld für einen Proberaum in die Hand nehmen.

Dass sein Mandant Berufsmusiker sei, tue nichts zur Sache, hielt ihm BGH-Anwalt Volkert Vorwerk entgegen.
Es gehe einfach ums häusliche Musizieren.
Wer in einem älteren Reihenhaus ohne Trennwände und modernen Schallschutz wohne, müsse mit höherer Lärmbelastung leben.

Stresemann machte klar, dass beide Seiten zu ihrem Recht kommen müssten.
"Es gilt natürlich nicht das Alles-oder-nichts-Prinzip", sagte sie.
Mit der jetzigen Regelung dürfe der Musiker seine Trompete aber nicht einmal bei einer Familienfeier im Wohnzimmer spielen.
Der Senat sieht auch kritisch, dass das Landgericht den heimischen Musikunterricht komplett untersagt hat.
Vielleicht würden dabei mehr Tonleitern geübt und häufiger falsche Töne getroffen, sagte Stresemann.
Dem sei aber mit zeitlichen Einschränkungen zu begegnen.

Den Nachbarn stört auch der Profi.
"Das ist kein Trompetenspiel, sondern ständiges Üben von Sequenzen - stundenlang", sagte er.
Sein Sohn arbeite nachts als Gleisbauer und müsse tagsüber schlafen.

Das wird für die Richter aber eher nicht den Ausschlag geben.
Man könne immer nur auf die üblichen Ruhezeiten abstellen, sagte Stresemann.
Sonst dürften Nachbarn eines Schichtarbeiters am Tag gar nichts mehr.


 
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