Verbraucherrecht - Urteile usw. !

Urteil in Rheinland-Pfalz: Reichsbürger müssen ihre Waffen abgeben !

Wer nicht an die Gesetze in Deutschland glaubt, wird sich womöglich auch nicht an sie halten – und sollte deswegen keine Waffen haben.
Das hat ein Gericht entschieden.


Wer als Sympathisant der sogenannten Reichsbürgerbewegung die Rechtsordnung in Deutschland anzweifelt, hat kein Recht auf Waffenbesitz.
Das hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz nun entschieden.

Anlass war ein Streitfall zwischen einem Waffenbesitzer und der Waffenbehörde eines Landkreises: Die zuständige Behörde hatte die Waffenbesitzkarten der beiden Männer widerrufen, weil sie gemäß mehrerer eigener Schreiben waffenrechtlich unzuverlässig seien.
Die Beschwerde der Männer wies das Oberverwaltungsgericht nun ab.

Das Gericht bestätigte die Ansicht der Behörde, wonach der Antragsteller seinen Waffenschein abgeben müsse.
Dies hatte das Amt an Schreiben der Antragsteller festgemacht, die sie an die Waffenbehörde geschickt hatten.
Darin zweifelten sie die Geltung der Strafprozess- und der Zivilprozessordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten an.
Die Bundesrepublik existiere nicht und sei vielmehr eine Nichtregierungsorganisation oder GmbH.

Anerkennung der Gesetze ist ausschlaggebend
Ausschlaggebend ist dem Urteil zufolge nicht die Sympathie eines potenziellen Waffenbesitzers mit den Reichsbürgern, die keine einheitliche und weltanschaulich homogene Bewegung darstellten.
Vielmehr geht es den Richtern grundsätzlich um die Anerkennung der Gesetzesgeltung.
Wer diese nicht als verbindlich betrachte, gebe Anlass zur Befürchtung, Vorschriften im Umgang mit Waffen und Munition nicht einzuhalten.

Die Aussage der beiden Männer, dass es mehr als 15 Jahre lang keine Gesetzesverstöße mit ihren Schusswaffen gegeben habe, war nach Meinung des Gerichts nicht von Bedeutung.
Ein Restrisiko bei der Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit mit den Waffen müsse nicht hingenommen werden.

Nach früheren Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums in Mainz gibt es landesweit rund 550 Reichsbürger.
77 davon gelten als gewaltbereit.


 
Schlechte Nachricht für Privatversicherte !

Keine Rückzahlungen für Versicherte - BGH kippt Urteil zu Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung.

Sind die Beitragserhöhungen der privaten Krankenversicherungen überhaupt zulässig?
Darüber hat der Bundesgerichtshof entscheiden.

Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung können nicht allein deshalb für unwirksam erklärt werden, weil ein für solche Anpassungen gesetzlich vorgeschriebener Treuhänder womöglich nicht unabhängig ist.
Wenn dieser ordnungsgemäß bestellt worden sei, finde eine gesonderte Prüfung seiner Unabhängigkeit durch die Zivilgerichte nicht statt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe.

Der BGH hob ein Urteil auf, das einen Versicherungskonzern zu Beitragsrückzahlungen verurteilt hatte.(Az. IV ZR 255/17)

Was wurde verhandelt?
Ein Privatversicherter hatte gegen Beitragserhöhungen der Axa-Versicherung in den Jahren 2012 und 2013 geklagt.
Dabei ging es um eine Summe von rund 1.000 Euro.
Das Amtsgericht und das Landgericht Potsdam erklärten die Erhöhungen für unwirksam und verurteilten den Versicherungskonzern zu Beitragsrückzahlungen.
Im Berufungsverfahren begründete das Gericht dies damit, dass der zur Prüfung der Änderungen eingesetzte Treuhänder nicht von dem Unternehmen unabhängig gewesen sei.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass ein solcher Prüfer einer Beitragsänderung zustimmen muss.

Die Bundesrichter hoben das Potsdamer Urteil nun auf.
Sie verwiesen aber darauf, dass die Zivilgerichte in einem solchen Rechtsstreit durchaus die Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhungen prüfen müssten.
Allein die Frage der Unabhängigkeit des Treuhänders reicht aber nicht aus, um die Erhöhungen vor Gericht zu kippen.


 
Verfassungsgericht entscheidet: Gewerkschaftsmitglieder dürfen bevorzugt werden !

Karlsruhe - Gewerkschaftsmitglieder und nicht in der Gewerkschaft organisierte Arbeitnehmer dürfen im Tarifvertrag unterschiedlich behandelt werden.

Dies verstoße nicht gegen das Grundgesetz, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem heute in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss.
Das gilt jedenfalls dann, wenn kein Zwang oder Druck zum Gewerkschaftsbeitritt ausgeübt wurde.

Die höchsten deutschen Richter wiesen eine Verfassungsbeschwerde eines nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten ab, der sich durch eine sogenannte Differenzierungsklausel benachteiligt sah.
Solche Klauseln legen in Tarifverträgen fest, dass bestimmte Vergünstigungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zugute kommen.

Die Gewerkschaft hatte im vorliegenden Fall für ihre Mitglieder im Sozialtarifvertrag Überbrückungs- und Abfindungsleistungen ausgehandelt.
Für Nichtmitglieder galten die Regelungen aus dem Arbeitsvertrag und dem Sozialplan.

Der Beschwerdeführer wollte die gleichen Leistungen wie Gewerkschaftsmitglieder.
Vor dem Arbeitsgericht war er zunächst erfolgreich.
Doch das Landesarbeitsgericht München und das Bundesarbeitsgericht wiesen seine Klage ab - zu Recht, entschieden nun die Verfassungsrichter.

Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes schütze zwar die Freiheit, Vereinigungen fernzubleiben.
Der mögliche Anreiz, wegen der unterschiedlichen Behandlung einer Gewerkschaft beizutreten, sei kein Zwang und damit verfassungsgemäß.
Der vom Beschwerdeführer behauptete "generalpräventive" Druck sei nicht belegt worden.
Auch der besondere Kündigungsschutz für diejenigen, die zu einem bestimmten Stichtag bereits in der Gewerkschaft waren, sei nicht zu beanstanden.
Ohnehin sei die Gewerkschaft nur befugt, Abreden für ihre Mitglieder zu treffen.

Sie sei schon aufgrund der Tarifautonomie nicht verpflichtet, alle Beschäftigten gleichermaßen zu berücksichtigen (Az.: 1 BvR 1278/16 - Beschluss vom 14. November 2018).


 
Datenschutzverletzung durch Facebooks "Gefällt mir"- Button !

Der Online-Händler Fashion ID GmbH & Co. KG hatte auf seiner Webseite Facebooks "Gefällt mir"-Button platziert, was der Verbraucherzentrale NRW e.V. aus Datenschutzgründen missfiel.

Weil der Händler die Abmahnung der Verbraucherschützer nicht akzeptieren wollte, landete der Fall vor Gericht.
Vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat nun dessen Generalanwalt seinen Schlussantrag vorgelegt.

Das Problem
Wenn eine Webseite Facebooks "Gefällt mir"-Button einbindet, handelt es sich dabei keinesfalls um eine einfache Grafik mit einem Link.
Vielmehr werden Skripte von Facebooks Servern nachgeladen und Daten über den Besucher der Webseite erfasst, darunter seine IP-Adresse und die Browser-Kennung.
Und dies betrifft nicht nur Mitglieder von Facebook, sondern alle Besucher dieser Webseite.
Das wirft die Frage auf, ob eine solche Datenweitergabe an Dritte mit europäischem Recht zu vereinbaren ist.

Die Einschätzung des Generalanwalts
Generalanwalt Michal Bobek hat nun seine Schlussanträge vorgelegt und stellt darin zunächst einmal fest, dass die Verbraucherzentrale NRW befugt ist, die Interessen der Verbraucher rechtlich gegen mutmaßliche Verletzer von Datenschutzrecht durchzusetzen.
Weiterhin ist derjenige, der die Drittanbieter-Inhalte in seine Seite einbindet, als ein für die Datenverarbeitung Verantwortlicher anzusehen.
Der Seitenbetreiber muss zudem über die Datenerhebung informieren und zuvor die Einwilligung seiner Besucher einholen.

Wie geht es weiter?
Bobeks Bewertung dient den Richtern des EuGH als Empfehlung, der sie folgen können, aber nicht folgen müssen.
Sie bezieht sich noch auf die Richtlinie 95/46/EG, welche am 25. Mai 2018 durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) abgelöst wurde.
Sobald der EuGH eine Entscheidung gefällt hat, wird diese an das Oberlandesgericht Düsseldorf zur abschließenden Urteilsfindung übermittelt.
Das Oberlandesgericht wird dann eine Entscheidung treffen, welche die aktuelle Auslegung des EU-Rechts widerspiegelt.

Die Tragweite der Entscheidung
Die Entscheidung des EuGH wird nicht nur den "Gefällt mir"-Button betreffen, sondern alle Inhalte von Drittanbietern.
Dazu gehören neben Social-Plug-ins auch Werbung, eingebettete Videos, sowie die allgegenwärtigen Analysedienste und externe Suchfunktionen.
Wer solche Inhalte nutzt, muss seinen Besuchern vorab die Möglichkeit geben, der Datenweitergabe zu widersprechen.
Versäumt der Inhaber der Webseite dies, verstößt er gegen Datenschutzrecht.
Allgemein wurde die DSGVO bereits auf diese Weise interpretiert.
Es fehlte allerdings die Bestätigung, dass die Vorgängerrichtlinie ebenfalls so auszulegen sei.


Quelle: curia.europa.eu
 
Deutscher Domain-Registrar haftet für Urheberrechtsverletzungen !

Wie das Oberlandesgericht in Köln in einem Urteil in einem Fall um eine Urheberrechtsverletzung auf der Plattform „The Pirate Bay“ entschied, haften Domain-Registrare als Störer für Urheberrechtsverletzungen – allerdings nur, wenn der Registrar nach einem Hinweis des Rechteinhabers den Zugang zur betroffenen Seite nicht sperrt.

Obwohl Domain-Registrare nicht als Betreiber der jeweiligen Plattformen gelten, ergebe sich trotzdem eine Haftung ihrerseits, da sie die betroffenen Domains registrieren und verwalten.

Geklagt hatte der Rechteinhaber des Spielfilms „Victoria“, nachdem der Film im November 2011 über die BitTorrent-Website „The Pirate Bay“ angeboten wurde.
Eine Revision des Urteils beim Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Zur Begründung des Urteils nannte das Oberlandesgericht in Köln unter anderem die allgemeine Bekanntheit der Verurteilung der Gründer im April 2009.
Bei dieser erhielten Peter Sunde, Svartholm Warg, Fredrik Neij und Carl Lundström für den Betrieb der illegalen Website Haftstrafen aufgrund der Beihilfe zu Urheberrechtsverletzungen


 
Arbeitsgericht fällt Urteil: Urlaubsanspruch geht auf Erben über !

Wenn ein Arbeitsnehmer stirbt, gehen die verbleibenden Urlaubstage auf den Erben über.
Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
In dem konkreten Fall muss die Stadt Wuppertal einer Witwe deswegen nun 5857 Euro zahlen.

Zu Lebzeiten nicht in Anspruch genommene Urlaubstage von gestorbenen Arbeitnehmern kommen nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt den Erben zugute.
Nach dem Bundesurlaubsgesetz sei der Resturlaub auch dann abzugelten, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers ende, teilte das höchste deutsche Arbeitsgericht mit.

Als Bestandteil des Vermögens werde der vor dem Tod nicht mehr in Anspruch genommene Jahresurlaub Teil der Erbmasse, urteilte der 9. Senat in einem Fall aus Nordrhein-Westfalen.
Er bezog sich dabei auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom November 2018.
Demnach dürfe der Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis verfallen.
Der Anspruch auf finanzielle Vergütung gehe auf die Rechtsnachfolger, also die Erben, gestorbener Arbeitnehmer über.

Damit blieb die Revision der Stadt Wuppertal beim Bundesarbeitsgericht erfolglos.
Sie muss der Witwe eines bis zu seinem Tod im Dezember 2010 dort angestellten Schwerbehinderten 5857 Euro zahlen.
Die Witwe hatte die Auszahlung des Resturlaubs von 25 Arbeitstagen, der ihrem Ehemann zum Zeitpunkt seines Todes noch zustand, verlangt und die Stadt deshalb verklagt.
Auch beide Vorinstanzen hatten ihr Recht gegeben.


 
Gericht entscheidet: Stadt muss Kita so lange öffnen, wie die Eltern arbeiten müssen !

Aachen - Für ihre ein- bis dreijährigen Kinder haben Eltern nicht nur Anspruch auf einen Kita-Platz.
Die Stadt muss unter Umständen auch dafür sorgen, dass die Kita so lange geöffnet hat, dass das die Eltern mit ihrer Arbeits- und Wegezeit vereinbaren können, entschied das Verwaltungsgericht Aachen (AZ: 8 L 700/18).
Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Im konkreten Fall benötigten Eltern für ihr einjähriges Kind einen Betreuungsplatz montags bis freitags in der Zeit von 8.00 bis 17.00 Uhr.
Die Stadt bot jedoch nur einen Betreuungsplatz bis 16.30 Uhr an.
Die Eltern klagten im Eilverfahren auf einen Platz entsprechend ihrem Betreuungsbedarf.

Stadt ist verpflichtet 45 Stunden Betreuungszeit zu garantieren
Mit Erfolg: Die Stadt sei verpflichtet, für das Kind einen Betreuungsplatz in einer Kita mit einer wöchentlichen Betreuungszeit von 45 Stunden zur Verfügung zu stellen.
Dabei müsse sichergestellt sein, dass in zeitlicher Hinsicht dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes und seiner Erziehungsberechtigten entsprochen wird, so das Gericht.


 
Bundesverfassungsgericht Posteo muss Kunden überwachen können !

Ermittler wollten von Posteo die IP-Adressen eines Verdächtigen haben.
Doch der E-Mail-Anbieter speichert diese Daten gar nicht.
Muss er aber können, hat nun das Verfassungsgericht entschieden.


Datensparsame E-Mail-Anbieter wie Posteo müssen die IP-Adressen ihrer Kunden an Strafverfolger herausgeben können, auch wenn sie diese gar nicht erheben wollen.
Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde von Posteo abgewiesen.

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es dazu: "Es verstößt nicht gegen das Grundgesetz, dass der Anbieter eines E-Mail-Dienstes im Rahmen einer ordnungsgemäß angeordneten Telekommunikationsüberwachung verpflichtet ist, den Ermittlungsbehörden die IP-Adressen der auf ihren Account zugreifenden Kunden auch dann zu übermitteln, wenn er seinen Dienst aus Datenschutzgründen so organisiert hat, dass er diese nicht protokolliert".


Posteo hatte sich selbst vom Zugriff auf IP-Adressen ausgesperrt
Ausgangspunkt war die 2016 vom Amtsgericht Stuttgart angeordnete Telekommunikationsüberwachung eines Verdächtigen, der in Drogenhandel und illegalen Waffenbesitz verstrickt gewesen sein soll.
Posteo wurde damals für insgesamt vier Monate verpflichtet, alle gespeicherten sowie weiter anfallende Daten des Betroffenen herauszugeben.
Darunter auch die IP-Adressen, über die er sich mit Posteos Servern verbindet.
Mithilfe dieser Adresse wollten die Ermittler den Verdächtigen selbst oder zumindest den Anschlussinhaber beim entsprechenden Internetprovider identifizieren.

Posteo erklärte jedoch, sein System so gestaltet zu haben, dass IP-Adressen gar nicht erst erhoben, sondern automatisch verworfen und durch andere ersetzt würden.
Auf diese Weise habe sich Posteo selbst vom möglichen Zugriff auf die echten IP-Adressen ausgeschlossen.
Mit dem Ansatz wirbt die Firma explizit um Kunden: Man biete anonyme Postfächer "für alle, die genug von der allgegenwärtigen Überwachung im Internet haben".
Eine Pflicht, "technische Vorkehrungen zur Erhebung von Daten zu treffen, die allein für Überwachungszwecke benötigt würden und während des üblichen Geschäftsbetriebes nicht anfielen", erkannte Posteo nicht.

Die Staatsanwaltschaft war anderer Ansicht. Paragraf 100b der Strafprozessordnung (StPO)

und Paragraf 110 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) würden Posteo zur Mithilfe bei der Überwachung verpflichten, konkretisiert in weiteren Verordnungen und Technischen Richtlinien.

"Auf eigene Kosten technische Einrichtungen zur Umsetzung gesetzlich vorgesehener Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation vorzuhalten und organisatorische Vorkehrungen für deren unverzügliche Umsetzung zu treffen", heißt es im TKG dazu wörtlich.


Umbau würde laut Posteo mindestens 80.000 Euro kosten
Posteo wehrte sich weiter mit juristischen Mitteln und argumentierte unter anderem, ein Zwang zum Umbau seines Systems sei rechtswidrig, würde zwölf Monate dauern und mindestens 80.000 Euro kosten.
Das sei unverhältnismäßig viel.
Das Landgericht Stuttgart als nächsthöhere Instanz wies das zurück.

Mit einer Verfassungsbeschwerde wollte Posteo schließlich feststellen lassen, dass der Zwang zum Umbau der technischen Infrastruktur einer Verletzung der Berufsausübungsfreiheit (Artikel 12 Grundgesetz) und des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Grundgesetz) entspricht.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde nun als "zum Teil bereits unzulässig, im Übrigen jedenfalls unbegründet" zurückgewiesen, wie es in der Entscheidung selbst heißt.

Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit sei von der StPO und ihren konkretisierenden Vorschriften durchaus gedeckt und nicht verfassungswidrig.
Zudem werde "dem Beschwerdeführer eine sinnvolle Ausübung seines Berufs nicht faktisch unmöglich gemacht".
Zwar sei das Anliegen von Posteo, ein datensparsames und dadurch für Nutzer attraktives Geschäftsmodell anzubieten, "grundsätzlich durchaus schützenswert".
Das entbinde die Firma jedoch nicht von ihren Pflichten zur Unterstützung rechtmäßiger Überwachungsmaßnahmen.

Eine Sprecherin von Posteo zeigt sich auf Anfrage "sehr überrascht von dieser Entscheidung".
Sie kehre die bisherige Auskunftssystematik um: "Bisher war unbestritten, dass sich die Auskunftspflicht nur auf Daten bezieht, die bei Telekommunikationsanbietern tatsächlich auch vorliegen.
Nun sollen Unternehmen Daten offenbar auch alleinig für Ermittlungszwecke erheben - Daten, die beim Anbieter nachweislich so gar nicht anfallen und die er im Geschäftsbetrieb auch nicht benötigt".

Bürgerrechtler: "Keine Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür"
Posteo sieht sich von einer Stellungnahme der damaligen Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, bestätigt.
Die hatte von einem "Präzedenzfall" geschrieben und davor gewarnt, Anbieter zur Speicherung von Daten, deren einziger Nutzungszweck die Strafverfolgung ist, zu verpflichten.

Der Verfassungsrechtler und Bürgerrechtler Ulf Buermeyer findet hingegen, man solle die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts "nicht überbewerten".
Hier werde "keine Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür" eingeführt.
Denn es gehe erstens ausschließlich um IP-Adressen, die während des im Überwachungsbeschluss festgelegten Zeitraum anfielen, und zweitens um die ganz spezielle Systeminfrastruktur von Posteo.
Eine generelle Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen ergebe sich daraus nicht.
Daher sei die Entscheidung "nicht skandalös, auch wenn hier ein Provider mit Mehraufwand belastet wird, der sich für den Datenschutz seiner Kunden einsetzt".

Posteo kündigte eine "architektonische Lösung" an, die "die Sicherheit und die Rechte unserer Kundinnen und Kunden nicht beeinträchtigt.
Wir werden nicht damit beginnen, die IP-Adressen unserer unbescholtenen Kundinnen und Kunden zu loggen.
Ein konservativer System-Umbau ist für uns keine Option."

Ob die Herausgabe der IP-Adressen im vorliegenden Fall überhaupt etwas gebracht hätte, ist unklar.
Der Verdächtige könnte seine IP-Adresse zum Beispiel mithilfe des Tor-Browsers verschleiert haben.
Dann hätte die Polizei den Anschlussinhaber nicht ermitteln können.


 
BGH-Urteil zu Lebendorganspende: Ärzte haften bei unzureichender Aufklärung !

Lebendorganspenden sind keine Seltenheit. Hunderte Menschen spenden jährlich eine Niere oder Teile der Leber an ihnen nahe stehende schwerkranke Menschen.
Über die damit einhergehenden Risiken müssen potenzielle Spender von ihrem Arzt vollständig aufgeklärt werden, wie der BGH feststellt.

Wer zu Lebzeiten ein Organ spenden will, hat Anspruch auf eine umfassende Aufklärung über mögliche Risiken.
Dieses Recht stärkte der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem Grundsatzurteil.
Zwei Nierenspender hatten Kliniken und Ärzten eine ungenügende Aufklärung vorgeworfen.
Nach einem jahrelangen Rechtsstreit waren sie nun in Karlsruhe erfolgreich.

Was sind die Voraussetzungen für Lebendorganspenden?
Zu Lebzeiten können eigentlich nur eine Niere oder Teile der Leber gespendet werden.
Möglich ist dies nur zwischen Menschen, die sich sehr nahestehen - also zum Beispiel Kinder und Eltern, Geschwister oder Ehepartner.
Das Transplantationsgesetz schreibt den Ärzten Aufklärung über die Risiken vor.
Darüber hinaus gibt es weitere Vorgaben wie die Anwesenheit eines neutralen Arztes beim Aufklärungsgespräch.

In Deutschland wurden im vergangenen Jahr nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation 638 Nieren sowie in 57 Fällen Teile der Leber transplantiert.
Die meisten Organe werden aber nach dem Tod eines Menschen gespendet.
Tausende schwer kranke Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan.

Über welche Fälle wurde in Karlsruhe verhandelt?
Auslöser für das Grundsatzurteil waren die Klagen von zwei Nierenspendern.
Bundesweit bekannt wurde vor allem der Fall von Ralf Zietz, der seiner Frau eine Niere spendete.
Er ist heute Vorsitzender der Interessengemeinschaft Nierenlebendspende.
Er leidet nach eigenen Angaben seit der Organentnahme an chronischer Erschöpfung.
Ebenfalls ein solches Fatigue-Syndrom sowie eine Niereninsuffizienz beklagt die zweite Klägerin, die ihrem Vater eine Niere spendete.
Beide werfen den Ärzten vor, sie nicht ausreichend aufgeklärt zu haben.
Sie fordern deshalb Schmerzensgeld und Schadenersatz.
In den Vorinstanzen blieben ihre Klagen erfolglos.

Wie hat der BGH entschieden?
Der BGH hob die Vorentscheidungen im Revisionsverfahren auf und verwies die Fälle zurück an das Oberlandesgericht Hamm.
Das muss nun den Schadensumfang feststellen.
Die Bundesrichter hielten die Klagen der beiden Spender aufgrund der "festgestellten inhaltlichen Aufklärungsmängel" für berechtigt.
Die Einwilligungen in die Organentnahme seien unwirksam, die Eingriffe rechtswidrig.

Was war der juristische Knackpunkt?
Auch das Oberlandesgericht Hamm stellte in den Berufungsverfahren Fehler bei der Aufklärung fest.
Es nahm aber an, dass die Kläger auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung der Organspende zugestimmt hätten.
Dieser Argumentation folgte der Bundesgerichtshof nicht.
Die im Arzthaftungsrecht entwickelten Grundsätze der sogenannten hypothetischen Einwilligung ließen sich nicht auf die Lebendorganspende übertragen.

Welche Folgen hat das Grundsatzurteil?
Ärzte dürften ganz genau darauf achten, die Vorgaben zur Aufklärung einzuhalten.
Die "bewusst streng formulierten" Vorgaben dienten dem "Schutz des Spenders vor sich selbst", mahnte der Bundesgerichtshof.
Der Spender befinde sich "in einer besonderen Konfliktsituation, in der jede Risikoinformation für ihn relevant sein kann".
Die Bundesrichter bezeichneten die Einhaltung der Vorgaben zudem als "unabdingbare Voraussetzung", wenn die Bereitschaft der Menschen zur Organspende langfristig gefördert werden solle.

Kläger und Interessenvertreter Zietz nannte es "besonders wichtig", dass die Möglichkeit der hypothetischen Einwilligung gefallen sei.
Auch er zeigte sich zugleich überzeugt, dass das Urteil einen Vertrauensgewinn für die Lebendorganspende bedeuten könnte.
Für ihn hat sich der jahrelange Rechtsstreit damit am Ende ausgezahlt: "Wir haben Rechtsgeschichte geschrieben", freute sich der Kläger nach der Urteilsverkündung in Karlsruhe.


 
Streit um Namen: Whisky-Urteil gefällt !

Den Streit zwischen Schotten und Schwaben um die Namensgebung von Whisky hat ein Gericht nun beendet – zu Ungunsten der schwäbischen Produzenten.
Der Whisky "Glen Buchenbach" darf nicht länger so heißen, weil er nicht aus Schottland kommt.
Doch vielleicht ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.


Der Whisky "Glen Buchenbach" darf nicht länger so heißen, weil er nicht aus Schottland kommt.
Das Landgericht Hamburg urteilte am Donnerstag, mit dem Namensbestandteil "Glen" werde die besonders geschützte geografische Angabe "Scotch" beeinträchtigt.
Es folgte damit einer Klage der Scotch Whisky Association (SWA) der schottischen Whisky-Produzenten, wie ein Gerichtssprecher in Hamburg mitteilte.

Die Waldhornbrennerei Klotz aus Berglen bei Stuttgart hat nun einen Monat Zeit zu entscheiden, ob sie gegen die Entscheidung in Berufung geht.
Dann müsste sich das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) mit dem Fall beschäftigen.

Whisky-Streit seit 2013
Das juristische Schlachtfeld, auf dem Schotten und Schwaben sich seit 2013 bekriegen, ist die EU-Spirituosenverordnung.
Sie schützt Dutzende von regionalen Herkunftsbezeichnungen, von "Scotch Whisky" bis zu "Haselünner Korn".
Von "Glen" ist im Anhang III der Verordnung keine Rede.
Aber es ist auch festgelegt, dass die Anbieter von Spirituosen ihre Kunden nicht über den Ursprung ihrer Produkte in die Irre führen dürfen.
Damit sollen nicht nur die Hersteller der Originalprodukte geschützt werden, sondern vor allem die Verbraucher in der EU.

Und "Glen", so die Schotten, stehe nun einmal für Whisky aus Schottland.
"Unsere Mandanten sind glücklich", sagte Anwältin Wiebke Baars von der Rechtsanwaltsgesellschaft Taylor Wessing, die in dem Verfahren die schottische Seite vertrat.
Es sei wichtig für die internationale Strategie der SWA, die schottische Whisky-Industrie zu schützen.
Deshalb gehe sie auch im Ausland gegen Nachahmer und mögliche Irreführung vor.
"Viele Gerichte quer durch viele Rechtssysteme haben geurteilt, dass Namen wie "Highland" und "Glen" oder Abbildungen wie Dudelsackspieler so stark mit Schottland und schottischem Whisky verbunden sind, dass ihre Benutzung in Verbindung mit anderem Whisky irreführend ist", sagte SWA-Direktor Alan Park.

Bei der Entscheidung des Hamburger Gerichts sei besonders hervorzuheben, dass falsche oder irreführende Angaben in der Bezeichnung des Produkts nicht durch klarstellende Hinweise auf der Verpackung ausgeglichen oder geheilt werden könnten.
"Damit könnte man den Schutz der geografischen Herkunft zu leicht aushebeln", sagte Baars.
"Der Gesetzgeber hat seinen Willen da sehr deutlich gemacht."

Die Argumentation der Brennerei Klotz
Die Brennerei Klotz äußerte sich enttäuscht über das Urteil.
"Zumal die Faktenlage aus unserer Sicht klar für die Waldhornbrennerei spricht", sagte Anwalt Sven Mühlberger.
Nach Umfragen, die von der Gegenseite in Auftrag gegeben wurden, hätten kaum Verbraucher einen unmittelbaren Bezug zwischen "Glen" und "Scotch Whisky" hergestellt. Zudem sei "Glen" kein schottisches, sondern ein englisches Wort, das aus dem Irischen stamme und weltweit benutzt werde.
"Mit der gleichen Argumentation könnte die SWA nahezu jeden schottisch anmutenden Begriff wie 'Mac' oder 'Maria Stuart' für sich beanspruchen."

Die Akte des langwierigen Rechtsstreits ist mittlerweile 5.000 Seiten dick und umfasst zehn Ordner.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte den Fall (Rechtssache C44/17) bereits im Juni vergangenen Jahres auf dem Tisch und ihn an die deutsche Justiz zurückgeschickt.


 
Düsseldorf : Lösegeldforderung verschwiegen: Versicherer sieht Verstoß !

Das Düsseldorfer Oberlandesgericht muss entscheiden, ob Autofahrer Lösegeldforderungen von Autodieben an ihre Versicherung weiterleiten müssen.
Mit dieser Frage werde sich das Gericht am kommenden Dienstag beschäftigen, wie ein Sprecher am Mittwoch mitteilte.


Einem Autofahrer aus dem Landkreis Ahrweiler war in Bosnien sein Geländewagen im Wert von rund 21 000 Euro gestohlen worden.
Telefonisch forderte ihn ein Unbekannter zur Zahlung von 4000 Euro auf, dann werde er seinen Wagen zurückerhalten.

Der Autofahrer ging nicht darauf ein.
Später berichtete er davon zwar der Polizei, nicht aber seiner Versicherung.
Darin sieht der Versicherer einen grob fahrlässigen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Versicherten.
Hätte er von dem Lösegeldangebot gewusst, hätte er es möglicherweise angenommen.

Der Versicherer zahlte deswegen nur ein Drittel des Wiederbeschaffungswertes.
Dagegen klagte der Autofahrer.
Vor dem Landgericht Düsseldorf hatte er Erfolg, doch der Versicherer ist in die Berufung gezogen.


 
Erben erwirken Zwangsgeldbeschluss gegen Facebook !

Berlin - Im Streit um das digitale Erbe eines Mädchens hat dessen Familie nach Angaben ihres Anwalts einen Zwangsgeldbeschluss gegen Facebook erwirkt.
Rechtsanwalt Christian Pfaff zufolge beläuft sich dieser auf 10.000 Euro.

Die Eltern der 15-Jährigen aus Berlin hatten den Zugriff auf die Facebook-Kontoinformationen ihrer Tochter, die 2012 in einem U-Bahnhof ums Leben kam, vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erstritten.
Aus dem nun ergangenen Beschluss des Berliner Landgerichts, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, geht hervor, dass Facebook das digitale Erbe des Mädchens nicht in ausreichender Form freigegeben habe.

Facebook sei bisher nicht der Verpflichtung nachgekommen, den Eltern "Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten" der verstorbenen Tochter zu gewähren, heißt es darin.
Das Gericht selbst äußerte sich zunächst nicht.
Von Facebook hieß es, man prüfe die Entscheidung und mögliche nächste Schritte.
Nach Auskunft von Anwalt Pfaff ist der Beschluss noch nicht rechtskräftig.

Facebook ist der Auffassung, dem BGH-Urteil nachgekommen zu sein: "Wir fühlen mit der Familie.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs haben wir der Familie die Informationen des Kontos ihrer verstorbenen Tochter übermittelt, einschließlich aller Nachrichten, Fotos und Posts", teilte das Netzwerk mit.

Nach Auskunft von Anwalt Pfaff hatten sich die Eltern erneut an ein Gericht gewandt, weil ihnen nur ein USB-Stick mit einem 14.000 Seiten langen pdf-Dokument zur Verfügung gestellt worden sei.
Die Eltern wollten laut Pfaff stattdessen auf das Facebook-Profil ihrer Tochter zugreifen, um dort Hinweise zu finden, ob die 15-Jährige möglicherweise Suizid beging.

Facebook erklärte, die Einrichtung eines "passiven Modus", bei dem man auf Inhalte zugreifen, aber nicht darüber kommunizieren kann, sei technisch unmöglich.
Im originalen, aktiven Modus verschickt ein Facebook-Profil beispielsweise auch selbsttätig Erinnerungen an Freunde.

Die Eltern der toten Jugendlichen hatten sich seit 2015 durch die Instanzen bis zum Bundesgerichtshof geklagt.
Dieser hatte im Juli 2018 in einem wegweisenden Urteil klargestellt, dass auch digitale Inhalte vererbbar sind und das Nutzerkonto des Mädchens für die Eltern zugänglich gemacht werde müsse.

Facebook hatte das aktive Konto des Teenagers nach dem Hinweis eines unbekannten Nutzers über den Tod des Mädchens in einen sogenannten Gedenkzustand versetz
. Auch den Eltern war damit kein Zugang zu dem originalen Facebook-Profil mehr möglich.


 
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