Verbraucherrecht - Urteile usw. !

Noch keine BGH-Entscheidung über Einwilligung in Cookies !

Dürfen Unternehmen die Zustimmung von Internetnutzern in das Setzen von Cookies voreinstellen?
Nein, sagt der EuGH. Nutzer müssen den Haken selbst setzen.
Der BGH verhandelt auf Grundlage des EuGH-Urteils im Fall eines Anbieters von Online-Gewinnspielen.

Karlsruhe. Ein Online-Gewinnspiel verspricht einen schönen Preis.
Den Haken für die Zustimmung zum Setzen von Cookies hat das Unternehmen Planet49 schon mal gesetzt.
Ist das zulässig?
Nach europäischem Recht nicht, denn Nutzer müssen dem Setzen von Cookies im Internet aktiv zustimmen.

Ob das auch für den Fall aus dem Jahr 2013 gilt, den der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe verhandelt hat, ist noch nicht entschieden.
Ein Datum zur Verkündung des Urteils stand zum Ende der Verhandlung noch nicht fest. (I ZR 7/16).

Der Vorsitzende Richter des I. Zivilsenats, Thomas Koch, wies auf das deutschen Telemediengesetz hin, das im Gegensatz zur EU-Richtlinie eine Widerspruchslösung vorsieht.
Der Senat halte es aber für möglich, das deutsche Recht richtlinienkonform auszulegen und fortzubilden.
Die BGH-Richter hatten dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorab Fragen zur Klärung vorgelegt.

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Auf der Anmeldeseite des Gewinnspiels gab es ein Kästchen, bei dem bereits ein Haken für die Zustimmung in das Setzen von Cookies eingetragen war.
Wer nicht zustimmen wollte, konnte das Häkchen entfernen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagte gegen Planet49.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main sah in der Cookie-Voreinstellung keinen Rechtsverstoß.

Der Anwalt der Verbraucherschützer kritisierte, der deutsche Gesetzgeber habe seine Hausaufgaben nicht gemacht.
Er habe keinen Handlungsbedarf beim Telemediengesetzes gesehen, um die Ansprüche der EU-Richtlinie zu erfüllen.

Für Planet 49 argumentierte deren Anwalt, es sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen.
Daher sei die EU-Richtlinie nicht unmittelbar anwendbar.
Die Teilnehmer des Gewinnspiel hätten nach dem Telemediengesetz eingewilligt, dass Cookies gesetzt werden.


 
Kosten für Hausmeisternotdienst unzulässig: Mieter müssen nicht zahlen !

Allgemeine Kontroll- und Überwachungstätigkeit gehören zum Aufgebengebiet eines Hausmeisters.
Wie aber verhält es sich, wenn dieser nachts für Notdienste bereitstehen soll?
Darüber befand nun der BGH.


Vermieter dürfen die Kosten für eine Notfallbereitschaft des Hausmeisters nicht ihren Mietern aufbrummen.
Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem Streit aus Berlin entschieden.
Das Urteil aus dem Dezember wurde nun veröffentlicht.

Das Geld hatte der Hausmeister für eventuelle Noteinsätze außerhalb der Geschäftszeiten bekommen - zum Beispiel bei einem Stromausfall, einem Wasserrohrbruch oder einer kaputten Heizung.
Insgesamt belief sich die "Notdienstpauschale" in der Nebenkostenabrechnung für 2016 auf knapp 1200 Euro.
Die Mieter weigerten sich, ihren Anteil von gut 100 Euro nachzuzahlen.
Daraufhin verklagte sie der Vermieter.

Bisher waren die meisten Gerichte davon ausgegangen, dass so eine "Notdienstpauschale" zu den Kosten für den Hauswart gehört.
Diese Kosten dürfen als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden.
Die obersten Zivilrichter des BGH entschieden nun aber anders.

Die klassischen Hauswart-Kosten entstünden durch Aufgaben, die dieser routinemäßig erledigt.
Das Urteil nennt dafür viele Beispiele: etwa wenn der Hausmeister schaut, ob nachts die Türen verschlossen sind; oder überprüft, dass das Treppenhaus ordnungsgemäß gereinigt ist.

Hier gehe es aber gerade nicht um eine "allgemeine Kontroll- und Überwachungstätigkeit", heißt es in dem Urteil.
Der Hausmeister solle für das Problem erreichbar sein und dann eine Fachfirma alarmieren.
Laut BGH wäre das tagsüber Aufgabe der Hausverwaltung oder des Vermieters.
Die Kosten seien deshalb keine Betriebs-, sondern Verwaltungskosten.
Diese muss der Vermieter selbst tragen.


 
OLG: "Frecher Jude" ist Volksverhetzung - Haftstrafe !

Die Verwendung des Begriffs "frecher Jude" ist Volksverhetzung und nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) in Hamm entschieden und damit die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Bielefeld verworfen, wie das OLG am Mittwoch in Hamm mitteilte (Az.: III-3 RVs 1/20).

Die Verwendung des Begriffs stachele zum Hass an, ziele einzig und allein auf die Gefühle des Adressaten ab und sei mehr als nur Ablehnung und Verachtung.
Vielmehr sei die Formulierung ein Anreiz zu feindseligen Handlungen gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, teilte das Gericht zur Begründung mit.

Der 32-jährige Angeklagte aus Dortmund, Bundesvorsitzender der rechtsextremen Partei Die Rechte, hatte auf seiner Internetseite im Sommer 2016 den Vorsitzenden einer jüdischen Gemeinde aus Ostwestfalen als "frechen Juden-Funktionär" bezeichnet.

Das Amtsgericht Bielefeld hatte Sascha Krolzig daraufhin Anfang 2018 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
Das Landgericht Bielefeld bestätigte diese Entscheidung 2019 in einem Berufungsverfahren.


 
München: Gericht gibt Mietern Recht !

Aktuelles Urteil - Diese Kosten dürfen nicht auf den Mieter umgelegt werden.

Ein Blick in die Betriebskostenabrechnung kann sich lohnen.
Denn mitunter rechnen Vermieter Posten ab, die eigentlich nicht umlagefähig sind.
Ein aktueller Fall zeigt, wann Mieter die Kosten nicht tragen müssen.

Die Kosten für einen 24-Stunden-Wachdienst können Vermieter nicht in jedem Fall an ihre Mieter weitergeben.
Es kommt dabei immer auf die Umstände des Einzelfalls an, wie ein Urteil des Landgerichts München I zeigt (Az.: 14 S 15269/18).

Soll der Wachdienst innerhalb eines Quartiers überwiegend Park- oder Gartenflächen schützen, die auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind, können die Kosten demnach nicht umgelegt werden.

Anlage war für jedermann zugänglich
In dem vom Mieterverein München mitgeteilten Fall musste der Mieter laut den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2013 bis 2015 die anteiligen Kosten für den Sicherheitsdienst übernehmen.

Bei der Wohnanlage handelte es sich aber um eine für jedermann zugängliche parkähnliche Anlage.
Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht München bejahte eine anteilige Umlegbarkeit der Sicherheitskosten auf den Mieter.

Landgericht lehnt Umlegung der Kosten ab
Das Landgericht sah dies anders: Die Positionen Wach- und Sicherheitsdienst in den Betriebskostenabrechnungen stellen keine umlagefähigen Nebenkosten dar, wenn es an dem erforderlichen Bezug zur Mietsache fehle.
Dies sei hier der Fall, weil die parkähnliche Wohnanlage auch für die Nutzung der Öffentlichkeit freigegeben sei.

Zwar kämen einzelne Tätigkeiten des Wach- und Sicherheitsdienstes auch den Mietern zugute.
Die hauptsächlichen Tätigkeiten entfielen aber auf die öffentlich zugänglichen Flächen der Wohnanlage.
Daher überwiegen die Tätigkeiten des Sicherheitsdienstes zum Schutz des Eigentums des Vermieters und der Öffentlichkeit.


 
OVG: Ehepaar zahlt für Kind auch nach erfolgloser Adoption !

Erst wollte das rheinländische Ehepaar ein Mädchen aus Thailand adoptieren, es dann aber doch nicht haben und kurzfristig zurückschicken.
Aber auch nach einer solchen erfolglosen Auslandsadoption haftet und zahlt das Paar für den Lebensunterhalt des Kindes, wie das Oberverwaltungsgericht in Münster entschied.

Das OVG bestätigte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das eine Klage des Ehepaares gegen einen Kostenbescheid der Stadt Dormagen über rund 38.000 Euro allein für Juli 2014 bis Februar 2015 abgewiesen hatte.

Der am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung aus Münster zufolge, muss das Paar Kosten für den Lebensunterhalt des Kindes für einen Zeitraum von sechs Jahren ab dem Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland erstatten.
Das Paar hatte das damals fünfjährige Mädchen 2014 aus Thailand mit ins Rheinland gebracht, sich aber in der sechsmonatigen Adoptionspflegezeit umentschieden.
Die beiden beklagten "widerspenstiges Verhalten" und sahen sich schon nach Wochen überfordert, wie aus dem OVG-Beschluss hervorgeht.

Haften müssen sie trotzdem, denn: Die Kläger hatten im Vorfeld eine Erklärung abgegeben, die ihnen Pflichten auferlegt - auch im Falle des Scheiterns der Adoption während der vorausgehenden Pflegezeit.
Demnach muss das Paar "sämtliche durch öffentliche Mittel aufgewendeten Kosten" tragen - also für Unterbringung, Ausbildung oder Versorgung im Krankheitsfall.
Und zwar sechs Jahre lang nach Einreise des Kindes.

Das Ehepaar wollte das Mädchen zurückschicken nach Thailand, was auch aus Gründen des Kindeswohls nicht in Frage kam.
Die Kleine kam in eine Einrichtung, in der nur wenige Kinder in häuslicher Umgebung betreut wurden.

Die Eheleute sollten rund 5000 Euro monatlich zahlen und klagten dagegen.
Sie seien nicht ausreichend über die sechsjährige Haftungsdauer aufgeklärt worden, und auch nicht über "etwaige Verhaltensauffälligkeiten" des Mädchens.

Das OVG ließ das in seinem unanfechtbaren Beschluss nicht gelten.
Es sei rechtmäßig, dass das Paar die Kosten erstatten müsse, selbst wenn die Höhe der Zahlungen "möglicherweise existenzgefährdend" sei.


 
Gerichtsurteil: Netflix darf Abo-Preise nicht länger "grundlos" erhöhen !


Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass Netflix in Deutschland die Preise nicht nach Belieben erhöhen darf.
Damit gab die Zivilkammer einer Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen statt.


Netflix muss Preiserhöhungen in Deutschland künftig konkret begründen - und darf sich nicht einfach beliebige Änderungen der Abokosten in den eigenen Geschäftsbedingungen vorbehalten.
Das hat der 5. Zivilsenat des Landgerichts Berlin in einem Urteil vom 20. Dezember 2019 entschieden.


Preisanpassungsklausel verstößt gegen BGB
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) hatte zuvor gegen Netflix unter anderem auf Unterlassung in Bezug auf eine Formulierung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Streamingdienstes geklagt, die lautet:

Der VZBV hatte argumentiert, dass diese Klausel Verbraucher unangemessen benachteiligten.

Das Gericht gab dieser Argumentation statt und entschied:

Die Preisanpassungsklausel sei unwirksam, weil Netflix dadurch nicht nur konkrete Kostensteigerungen ausgleichen, sondern einen zusätzlichen Gewinn erzielen könne.
Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil der Verbraucher nicht vorhersehen könne, wann Kostenerhöhungen aufträten und inwiefern sie berechtigt seien.

Netflix darf dementsprechend die Preise nur erhöhen, um gestiegene Kosten zu mitigieren, und muss dabei eine Gewichtung der Kosten bei der Preiskalkulation offenlegen.
Der Streaming-Dienst wird also die eigenen AGB entsprechend anpassen und Kunden transparent über künftige Preiserhöhungen informieren müssen - ansonsten droht für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro ersatzweise Ordnungshaft.

Das Gericht gab mit dieser Entscheidung der Berufung des VZBV gegen das vorige Urteil der 52. Zivilkammer des Landgerichts Berlin statt.
Eine Revision ist ausgeschlossen, das Urteil ist damit rechtskräftig.



 
Gericht lehnt Eilantrag ab: Eiscafé bleibt geschlossen !

Ein Eiscafé-Betreiber aus dem Kreis Lippe darf sein Geschäft nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden derzeit nicht öffnen.
Der Geschäftsmann hatte sich per Eilantrag gegen die Entscheidung der Behörden zur Eindämmung der Corona-Infektionszahlen gegen die Schließung gewandt, wie das Gericht am Montag in Minden mitteilte.

Nach Meinung der Richter bietet der Antragsteller mit Kaffee und Eis keine lebenswichtigen Güter zur Versorgung der Bevölkerung an.
Die Genussmittel seien verzichtbar.
Auch ein Außerhaus-Verkauf komme nicht infrage.
Durch die Bildung einer Warteschlange vor dem Café würde eine Weiterverbreitung des Virus begünstigt.
Die Maßnahmen seien verhältnismäßig, da beim Besuch der Eisdiele nicht lebensnotwendige Sozialkontakte verursacht würden und damit die Gefahren für das Gesundheitssystem stiegen (Az.: 7 L 246/20, Beschluss vom 27. März).

Nach Angaben eines Gerichtssprechers muss das Verwaltungsgericht derzeit nur vereinzelt vergleichbare Streitfragen klären.


 
Klage unzulässig: Verfassungsbeschwerde gegen Corona-Mieterschutz gescheitert !


Ein Kläger legt gegen den Schutz vor Kündigung der Wohnung in der Corona-Krise eine Beschwerde ein.
Nun entscheidet das Bundesverfassungsgericht, dass die Klage nicht zulässig ist.


Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Übergangsregelungen zum Kündigungsschutz für Mieter in der Corona-Krise ist vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.
Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe stufte die Klage in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss als unzulässig ein und nahm sie nicht zur Entscheidung an.

Die in der vergangenen Woche von Bundestag und Bundesrat beschlossene Regelung soll Mieter oder auch Pächter schützen, damit sie nicht ihre Wohnung oder ihr Geschäft verlieren.

Beschwerdeführer erklärte eigene Betroffenheit nicht
Die mit der Verfassungsbeschwerde befasste Kammer des Bundesverfassungsgerichts begründete ihre Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer nicht dargelegt habe, dass er von den Regelungen betroffen sei.
Zudem fehle es an einer Auseinandersetzung mit dem Sinn und Zweck der Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.

Die am Mittwoch in Kraft getretene Regelung legt fest, dass Mietern und Pächtern für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni nicht wegen ausgefallener Mietzahlungen aufgrund der Covid-19-Pandemie gekündigt werden kann.
Die Miete bleibt für diesen Zeitraum aber weiterhin fällig, es können auch Verzugszinsen entstehen.


 
Gericht weist Klagen gegen Coronaschutzverordnung ab !

Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof in Münster hat zwei Klagen gegen die Coronaschutzverordnung als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beschwerden hatten sich laut Gericht insbesondere gegen das Kontaktverbot von Gruppen von mehr als zwei Personen gerichtet.
Gescheitert sind die Kläger an einer Formalie: Sie hätten zunächst das Oberverwaltungsgericht als zuständige Instanz anrufen müssen.

Eben jenes Gericht hat unterdessen in einem Eilverfahren die weitreichende Betriebsuntersagung für Geschäfte im Einzelhandel, so lange diese nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen, bestätigt.

Das teilte das Oberverwaltungsgericht (OVG) am Montag in Münster mit.
Ein Händler aus Dortmund, der Haushaltswaren und Geschenkartikel vor allem im Tiefpreissegment verkauft, hatte sich an das OVG gewandt.

Nach Auffassung des Gerichts ist die angegriffene Regelung des Landes wohl rechtmäßig und habe mit dem Infektionsschutzgesetz des Bundes eine hinreichende gesetzliche Grundlage (Az. 13 B 398/20.NE).


 
Klatsche für "Coronoia"- Anwältin am Bundesverfassungsgericht !

Sie wollte vom Bundesverfassungsgericht alle Corona-Regeln aufheben lassen: Juristin Beate Bahner ist damit krachend gescheitert – und will jetzt gar nicht mehr als Anwältin arbeiten.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag der Heidelbergerin Beate Bahner zu den Corona-Regeln in Deutschland abgelehnt.
Er ist unzulässig.
Diese Entscheidung (1 BvQ 26/20) ist eine Klatsche für die Anwältin, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus von "grässlichen Lügengeschichten" und "Coronoia" spricht und die Beschränkungen den "größten Rechtsskandal" in der Geschichte der Bundesrepublik genannt hat.

Der Entscheidung der 1. Kammer des auch als "Grundrechtssenat" bekannten Ersten Senats zufolge erfüllt Bahner mit dem drastisch formulierten Eilantrag diverse Voraussetzungen für die Zulässigkeit nicht: Bahner konnte nicht direkt vors Bundesverfassungsgericht ziehen und die Länderebene überspringen, um "die Corona-Regeln in allen Bundesländern bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug" setzen zu lassen.
Sie habe auch nicht begründet, wieso sie nicht auf der Ebene der Länder klagt, die die Corona-Regeln jeweils erlassen haben.

Betroffenheit nicht ausgeführt
Eine andere Entscheidung des Gerichts vom Freitag zeigt, wie das gemeint ist: Das Karlsruher Gericht befand (1 BvQ 28/20), dass Oster-Gottesdienste wegen der Corona-Pandemie in Hessen verboten bleiben, aber bei jeder Verlängerung streng zu prüfen ist, ob das Verbot noch verhältnismäßig ist.
Der Kläger war zuvor vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshofs gezogen und hatte dort keinen Erfolg gehabt.
Er hatte auch klar dargelegt, wieso es ihn als gläubigen Katholiken hart trifft, nicht an einer Heiligen Messe teilnehmen zu können.

Anders Beate Bahner in ihrem Eilantrag: Sie wollte einfach sämtliche Corona-Regeln deutschlandweit kippen, ohne zu erklären, wie sie konkret durch die entsprechenden Einschränkungen betroffen ist.
Sie hätte das darlegen müssen, so das Gericht.
Es nennt beispielhaft Regelungen, bei denen das gar nicht der Fall sein könnte: Schul- und Kitaschließungen, Maßnahmen für Ein- und Rückreisende oder die Regelungen für Erstaufnahmeeinrichtungen.

Peinlich werden für Bahner die Ausführungen des Gerichts zu ihrem Ansinnen, eine Demonstration gegen die Schutzmaßnahmen vorbeugend für zulässig erklären zu lassen.
Sie habe keine Einzelheiten zu ihrem Aufruf mitgeteilt und nicht erklärt, welche Dimensionen das mit welchen Teilnehmern haben könnte: "Eine verfassungsrechtliche Prüfung ist auf dieser Grundlage nicht möglich."
Und auch hier hätte Bahner sich erst an untere Gerichte wenden müssen, so das Bundesverfassungsgericht.

Beate Bahner: "Konnte Rechtsstaat nicht vor Tyrannei retten"
Bahner teilte als Reaktion auf ihrer Homepage mit, es sei ihr "leider nicht gelungen, den Rechtsstaat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland vor dem schlimmsten weltweiten Angriff und der blitzschnellen Etablierung der menschenverachtendsten Tyrannei zu retten, die die Welt jemals gesehen hat."

Ähnlich drastisch hatte sie zuvor auch formuliert.
Am Freitag war sie auch in sozialen Netzwerken dafür kritisiert worden, dass sie die Abschottung alter und kranker Menschen mit der "ungeheuerlichen Verfolgung und Ermordung der Juden und weiterer Bevölkerungsgruppen im Dritten Reich“ verglichen hatte.

Ermittlungen wegen Aufrufen auf der Homepage
Ihre Homepage war am Freitag wieder erreichbar.
Anbieter 1&1 Ionos hatte sie am Donnerstag auf Bitte der Polizei aus dem Netz genommen.
Gegen Bahner laufen auch Ermittlungen.
Hintergrund ist, dass sie in ihren Anträgen und Erklärungen auch dazu aufgerufen hat, zu bundesweiten Demonstrationen zu gehen und selbst Demonstrationen anzumelden.
Zudem hatte sie aufgefordert, als Widerstand die Regeln nicht mehr zu beachten.
Laut der Vorladung der Polizei, die Bahner veröffentlicht hat, geht es um den Vorwurf der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten.
Im Abschalten ihrer Seite sahen die Behörden einen Schritt zur "Beseitigung der bestehenden Störung der öffentlichen Sicherheit".

Dieses Vorgehen hat auch Unverständnis ausgelöst.
Kritiker sehen darin ein Angriff auf die Meinungsfreiheit.
Es müsse möglich sein, die gravierenden Grundrechtseingriffe auch überzogen oder hysterisch zu kommentieren, sagte etwa der Berliner Jura-Professor Niko Härting.


Quelle:
 
Busfahrer muss für Fahrgast-Sturz nicht haften !

Wer im Linienbus keinen Sitzplatz findet, muss sich unterwegs zumindest gut festhalten.
Denn kommt es bei einem Bremsmanöver zu einem Sturz, muss der Fahrer in der Regel nicht haften.


München - Fahrgäste in Linienbussen sind in erster Linie selbst dafür verantwortlich, festen Halt zu finden.
Kommt es zu einem Sturz, weil der Fahrer aufgrund des Verkehrsgeschehens plötzlich bremsen musste, kann ein betroffener Gast den Fahrer nicht haftbar machen.

Das zeigt zumindest ein Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) München, auf das der ADAC hinweist (Az.: 10 U 3110/17).

Im konkreten Fall war ein Fahrgast in einen Linienbus gestiegen und zunächst zum Fahrkartenautomaten gegangen.
Kurz nach dem Anfahren musste der Busfahrer dann eine Vollbremsung machen, weil ein Fußgänger auf die Straße gegangen war, ohne auf den Bus zu achten.
Der Fahrgast stürzte und zog sich schwere Verletzungen am Arm zu.

Die Versicherung des Mannes fordere Schadenersatz vom Fahrer.
Dieser verweigerte die Zahlung.
Als Begründung gab er an, dass ein Fahrgast selber für seine Sicherheit sorgen müsse, indem er möglichst zügig Platz nimmt oder sich festhält.
Die Sache ging daher vor Gericht.

Und die Richter konnten kein Verschulden des Fahrers feststellen.
Sie werteten die Vollbremsung als angemessenes Mittel, um eine Kollision mit schweren Folgen zu verhindern.
Ein Busfahrer, der einen Fahrplan einzuhalten hat, habe auch keine Kontrollpflicht, ob alle Passagiere vor der Weiterfahrt festen Halt haben oder nicht.
Jeder Fahrgast sei dafür selbst verantwortlich, befand das OLG.
Eine Ausnahme könne zwar dann gelten, wenn ein Fahrgast erkennbar eingeschränkt oder hilfsbedürftig ist - das jedoch war hier nicht der Fall.


 
Berliner Verwaltungsgericht: Trotz Corona keine Paketlieferungen an Sonn- und Feiertagen !

In der Corona-Krise wird mehr online bestellt, so dass Zusteller mehr Pakete als sonst zu den Kunden bringen müssen.
Trotzdem bleibe die Arbeit an Sonn- und Feiertagen verboten, teilte das Berliner Verwaltungsgericht am Dienstag mit.

Damit wurden Eilanträge von mehreren privaten Paketzustelldiensten abgewiesen (Beschlüsse der 4. Kammer vom 9. April – VG 4 L 132/20 u.a.).

Die Dienste hatten laut Gericht eine Ausnahmeregelung für die Ostertage beim Landesamt für Arbeits- und Gesundheitsschutz beantragt.
Sie argumentierten mit dem hohen Paketaufkommen und einem hohen Krankenstand.
Ausnahmslos stauten sich die unerledigten Zustellungen, die nicht zeitnah abgebaut werden könnten.
Die Behörde lehnte ab.

Das Gericht sah dies nicht anders.
Nach dem Arbeitszeitgesetz dürften Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden, begründete es seine Entscheidung.

Ausnahmen seien nur vorgesehen, um etwa einen unverhältnismäßigen Schaden zu vermeiden.
Die Antragsteller hätten aber nicht glaubhaft gemacht, dass ohne die Ausnahme schwere und unzumutbare Nachteile für sie eintreten könnten.

Zudem gebe es trotz der Coronavirus-Pandemie keine Versorgungskrise, die die Paketzustellung zur Sicherung der Versorgung von Haushalten dringend nötig machen würde.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.


 
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