BAG-Urteil: Miese Note im Arbeitszeugnis bleibt schwer anfechtbar !

collombo

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Auf dem Schulzeugnis ist die Note 3 okay - im Arbeitszeugnis will man sie nicht gern sehen.
Für eine bessere Bewertung zog eine Arzthelferin vors Bundesarbeitsgericht.
Das Urteil fiel zu ungunsten von Arbeitnehmern aus.

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Das Bundesarbeitsgericht hat Hoffnungen von Beschäftigten, sich künftig leichter eine bessere Gesamtbewertung im Arbeitszeugnis zu erstreiten, enttäuscht.
Die Erfurter Richter hielten am Dienstag an ihrer Linie fest, wonach die Formulierung „zu unserer vollen Zufriedenheit“ - das entspricht der Note 3 - eine durchschnittliche Leistung beschreibt.

Wolle ein Mitarbeiter eine bessere Bewertung, müsse er genaue Gründe dafür darlegen, entschied der 9. Senat.
Gegen ihren früheren Arbeitgeber geklagt hatte eine 25-Jährige, die ein Jahr in einer Berliner Zahnarztpraxis tätig war.
Sie wollte sich die Gesamtbewertung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ erstreiten.

Immer wieder gibt es nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Streit um das ausgestellte Arbeitszeugnis. Der Kölner Anwalt Christian Solmecke erklärt angesichts des aktuellen Urteils, welche Rechte die Arbeitnehmer bei Arbeitszeugnissen haben.

Gibt es einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
„Ja, Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf die Erstellung eines Arbeitszeugnisses“, weiß Solmecke.
Dies sei gesetzlich festgelegt. Arbeitnehmer haben die Wahl zwischen einem einfachen (Angabe von Dauer und Art der Tätigkeit) und einem qualifizierten Arbeitszeugnis (Beschreibung von Leistung und Verhalten).
Der Anspruch auf die Ausstellung eines Zeugnisses verjähre nach drei Jahren.
„Lediglich Selbstständige und freie Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf ein Zeugnis.
Etwas anderes gilt allerdings für Scheinselbständige, die arbeitnehmerähnlich tätig sind“, so Solmecke.


Haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein gutes Zeugnis?
Der Arbeitgeber muss gravierendes Fehlverhalten natürlich nicht verschweigen, aber er ist verpflichtet das Zeugnis mit Wohlwollen auszustellen (Urteil vom 26.11.1963, Az.: VI ZR 221/62).
„Das heißt, dass dem Arbeitnehmer nicht absichtlich Steine in den Weg gelegt werden sollen in Anbetracht der Tatsache, dass das Arbeitszeugnis eine entscheidende Rolle bei der Jobsuche spielt“, erklärt Anwalt Solmecke.

Wilde Spekulationen oder subjektive Eindrücke des Verhaltens des Mitarbeiters gehörten somit nicht in ein Arbeitszeugnis.
Der Arbeitgeber sei verpflichtet, sich an die reinen Fakten zu halten.

Häufig finden sich in Arbeitszeugnissen versteckte Aussagen.
Können sich Arbeitnehmer dagegen wehren?
Hinter manch vermeintlich positiver Aussage versteckt sich teilweise eine Kritik.
„Diese ist nicht immer einfach zu entlarven“, so Solmecke.
Mittlerweile finden sich im Internet jedoch viele Sammlungen, die typische Phrasen und ihre wahre Bedeutung erläutern.
Innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Zeugnisses kann der Arbeitnehmer, wenn er eine unberechtigte verdeckte Kritik entdeckt hat, eine Zeugnisberichtigungsklage einreichen.


Wann lohnt es sich, eine Zeugnisberichtigungsklage einzureichen?
„Ein Prozess ist dann sinnvoll, wenn die Bewertung unter dem Durchschnitt ist, denn hier hat der Arbeitgeber die Beweispflicht“, erklärt Rechtsexperte Solmecke.
„In anderen Fällen wird es darauf ankommen, ob der Arbeitnehmer genügend Tatsachen hervorbringen kann, die eindeutig für eine falsche Bewertung sprechen.“

Nach der Entscheidung des BAG stehe nun fest, dass die Bewertung als „befriedigend“ zwar unüblich sein möge, vor Gerichten jedoch standhalte, solange der Arbeitnehmer keine Tatsachen hervorbringen könne, die eine überdurchschnittliche Leistung bewiesen.
„Insofern kein günstiges Urteil für die Arbeitnehmer“, fasst Solmecke zusammen.


 
Nun ja. Ein Arbeitszeignis muss wohlwollend formuliert sein. Das bedeutet aber nicht, dass man etwas widergeben muss, das nicht den Tatsachen entspricht.

Wenn jemand im Arbeitsverhältnis so richtig scheiße war, darf dennoch keine negative Formulierung besutzt werden wie: "Herr K. taugte nichts, er stand meist nur faul herum und erledigte seine Arbeit kaum. Außerdem war er Kollegen und Vorgesetzten gegenüber stets respektlos und unkooperativ". Das Zeugnis darf keine Formulierungen zu den negativen Seiten des Arbeitnehmers enthalten, sondern es müssen die positiven Eigenschaften erwähnt werden.
Gibt es nicht viele positive Eigenschaften, so fällt das Zeugnis entsprechend schmal aus. Man beschränkt sich dann auf die Beschreibung des Unternehmens und der Tätigkeit, die er zugewiesen bekam. Dazu kommt die wohlwollend klingende Formulierung, dass Herr K. "seine Arbeit zu unserer Zufriedenheit ausgeübt" hat. Das ist allerdings ein glattes Mangelhaft. Wenn gar nichts zur Zufriedenheit geäußert würde, wäre es sogar ein Ungenügend.
Dass ein solches Zeugnis angefochten wird, ist allerdings sehr wahrscheinlich. Und wenn der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass der Arbeitnehmer wirklich so richtig und absolut scheiße war, wird er wohl nachbessern müssen. :RpS_wink:

Was das BAG seinerzeits geritten hat, als es den Arbeitnehmern grundsätzlich ein wohlwollendes Arbeitszeugnis zugesprochen hat, weiß man nicht. Vermutlich haben sie selbst nicht damit gerechnet, was daraus erwachsen wird.
Letztlich wäre es vielleicht einfacher, wären auch negative Bewertungen erlaubt - sofern sie objektiv sind und den Tatsachen entsprechen. Denn dann wüsste immerhin wirklich jeder, was wirklich gemeint ist und man würde stutzig werden, wenn nur Positives enthalten ist.
 
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