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Ruhe in Frieden
Frank Plasbergs Talk über den Generationenkonflikt droht in Harmonie zu versinken – bis der Journalist Sven Kuntze seiner Generation den Spiegel vorhält und eine provokante Forderung aufstellt.
Der Generationenkonflikt. Zum wievielten Mal eigentlich? In deutschen Talkshows ist er ein Dauerbrenner. Wenn gerade sonst nichts passiert oder den aktuellen Themen Quotentauglichkeit fehlt, dann funktioniert der Kampf Alt gegen Jung (und umgekehrt) immer noch. So jetzt auch in Frank Plasbergs Sendung "Hart aber fair". Und dann wird auch wieder gefragt: Droht das Ende der Toleranz? Können die Jungen die Rentenlast überhaupt noch schultern? Was wird aus der Pflege? Business as usual.
Es treten also auf: Eine Lobbyistin der Alten (Ulrike Mascher, die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland). Eine Lobbyistin der Jungen (Lencke Wischhusen, die Bundesvorsitzende des Verbands Die jungen Unternehmer). Ein Alter, der mit seiner eigenen Generation schwer ins Gericht geht (der Journalist und Buchautor Sven Kuntze). Ein ganz Alter, der immer noch wahnsinnig agil ist und auch heute noch arbeitet (der 84 Jahre alte Schauspieler Peter Weck, der vor wenigen Wochen erst in einem "Tatort" zu sehen war). Und Hajo Schumacher, der sowieso zu jedem Thema etwas zu sagen hat (und praktischerweise selbst ein Buch übers Altern geschrieben hat).
Und wie eigentlich sonst auch immer wird der angekündigte Kampf der Generationen, die große Generalabrechnung, dann doch wieder nicht aufgeführt. Stattdessen bekundet jede Generation pflichtbewusst und artig Respekt für die jeweils andere. Lobt Lebensleistungen oder den Mut zu Flexibilität. Das tut keinem weh, bringt die Diskussion aber auch nicht unbedingt voran.
Die Sätze, die dann fallen, meint man auch schon unendlich oft gehört zu haben. "Ich bin erst alt, wenn ich mich alt fühle", sagt Peter Weck. "Ein paar Prozente Rente mehr sind ganz schön, aber wirklich jung halten nur soziale Kontakte", weiß Hajo Schumacher. Lenke Wischhusen beteuert, dass sie "der älteren Generation etwas zurückgeben will". Und dann soll sie doch bitte auch gleich noch erklären, was "Generation Y" bedeutet.
Alles ganz schön zahm. Auch Ulrike Maschner gesteht ein, "dass die junge Generation schwere Aufgaben vor sich hat". Das Erwerbsleben der Jüngeren – von einem befristeten Job zum nächsten – will sie jedenfalls nicht führen. "Wenn wir heute gegen die Absenkung der Renten kämpfen, dann kämpfen wir auch für die Jungen", betont sie noch mit ernster Stimme.
Und zum ersten Mal keimt ein bisschen Disput auf. "Wenn Frau Mascher mir erklären will, sie würde für meine Rente kämpfen, dann fühle ich mich veräppelt", sagt Hajo Schumacher. Ein zartes Wortgefecht entsteht zwischen den beiden – wird von Frank Plasberg aber schnell wieder abgewürgt, weil er dann doch lieber einen neuen Einspieler zeigen will.
Schulden und Kinderarmut – Bilanz der Alten?
Einmal kracht es an diesem Abend trotzdem noch – als der ehemalige "ARD Morgenmagazin"-Moderator und jetzige Buchautor Sven Kuntze seiner Generation die Leviten liest. Kurz und knapp fasst er dafür die Thesen seines Buches "Die schamlose Generation" zusammen. Kuntze wünscht sich mehr Demut von seiner Generation, den in den 40er-Jahren Geborenen. "Wir sollten Scham darüber empfinden, was wir unseren Nachfahren hinterlassen", sagt er. Als da wären: Klimakatastrophe, Atommüll, zu wenig Nachwuchs, ein riesiger Schuldenberg und die Dominanz der Märkte. Kuntzes bitteres Fazit: "Eine höhere Rücksichtslosigkeit als die meiner Generation ist kaum denkbar."
Vor allem, dass seine Altersgenossen der Nachwelt so wenige Kinder hinterlassen haben, wurmt ihn. "Wir hatten keine Lust darauf, uns waren Kinder zu mühselig", beschreibt Kuntze das Lebensgefühl seiner Generation. "Der substanziellste Beitrag zur Rente aber sind Kinder", sagt er – und benennt Konrad Adenauer als Zeugen für seine These. Die Forderung, die er aus diesem Dilemma ableitet, ist provokant: "Keine Kinder, keine Rente!"
Jede Rentenreform ist politischer Selbstmord
Ulrike Mascher ist erbost über Kuntzes Standpunkt, würde das Ganze am liebsten "hinter den Kulissen" besprechen. Sie erinnert daran, dass viele Frauen sich auch gegen Kinder entschieden haben, weil sie keinen vernünftigen Partner finden konnten. Und sie weist darauf hin, dass viele Paare sich zwar Kinder wünschen, trotzdem aber keine bekommen. Die von Kuntze proklamierte Rücksichtslosigkeit der Kinderlosen findet Mascher deshalb "ein bisschen heftig".
Dass sich am deutschen Rentensystem in den kommenden Jahren etwas grundlegend ändern wird, ist sowieso nicht zu erwarten. Hajo Schumacher erklärt, woran das seiner Meinung nach liegt: "Jeder Politiker weiß doch: Wenn ich jetzt etwas an der Rente drehe, begehe ich politischen Selbstmord."
Was muss also passieren, damit das Alter für die kommenden Generationen nicht zur bloßen Belastung wird? "Wir müssen solidarisch älter werden", sagt Sven Kuntze. Der Journalist träumt davon, in ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu ziehen. Genau so stellt sich das auch Hajo Schumacher vor. "Gründet Banden, gründet WGs", schlägt er vor. Er ist sich sicher: "Die Kommunen kommen wieder."
Quelle:
Der Generationenkonflikt. Zum wievielten Mal eigentlich? In deutschen Talkshows ist er ein Dauerbrenner. Wenn gerade sonst nichts passiert oder den aktuellen Themen Quotentauglichkeit fehlt, dann funktioniert der Kampf Alt gegen Jung (und umgekehrt) immer noch. So jetzt auch in Frank Plasbergs Sendung "Hart aber fair". Und dann wird auch wieder gefragt: Droht das Ende der Toleranz? Können die Jungen die Rentenlast überhaupt noch schultern? Was wird aus der Pflege? Business as usual.
Es treten also auf: Eine Lobbyistin der Alten (Ulrike Mascher, die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland). Eine Lobbyistin der Jungen (Lencke Wischhusen, die Bundesvorsitzende des Verbands Die jungen Unternehmer). Ein Alter, der mit seiner eigenen Generation schwer ins Gericht geht (der Journalist und Buchautor Sven Kuntze). Ein ganz Alter, der immer noch wahnsinnig agil ist und auch heute noch arbeitet (der 84 Jahre alte Schauspieler Peter Weck, der vor wenigen Wochen erst in einem "Tatort" zu sehen war). Und Hajo Schumacher, der sowieso zu jedem Thema etwas zu sagen hat (und praktischerweise selbst ein Buch übers Altern geschrieben hat).
Und wie eigentlich sonst auch immer wird der angekündigte Kampf der Generationen, die große Generalabrechnung, dann doch wieder nicht aufgeführt. Stattdessen bekundet jede Generation pflichtbewusst und artig Respekt für die jeweils andere. Lobt Lebensleistungen oder den Mut zu Flexibilität. Das tut keinem weh, bringt die Diskussion aber auch nicht unbedingt voran.
Die Sätze, die dann fallen, meint man auch schon unendlich oft gehört zu haben. "Ich bin erst alt, wenn ich mich alt fühle", sagt Peter Weck. "Ein paar Prozente Rente mehr sind ganz schön, aber wirklich jung halten nur soziale Kontakte", weiß Hajo Schumacher. Lenke Wischhusen beteuert, dass sie "der älteren Generation etwas zurückgeben will". Und dann soll sie doch bitte auch gleich noch erklären, was "Generation Y" bedeutet.
Alles ganz schön zahm. Auch Ulrike Maschner gesteht ein, "dass die junge Generation schwere Aufgaben vor sich hat". Das Erwerbsleben der Jüngeren – von einem befristeten Job zum nächsten – will sie jedenfalls nicht führen. "Wenn wir heute gegen die Absenkung der Renten kämpfen, dann kämpfen wir auch für die Jungen", betont sie noch mit ernster Stimme.
Und zum ersten Mal keimt ein bisschen Disput auf. "Wenn Frau Mascher mir erklären will, sie würde für meine Rente kämpfen, dann fühle ich mich veräppelt", sagt Hajo Schumacher. Ein zartes Wortgefecht entsteht zwischen den beiden – wird von Frank Plasberg aber schnell wieder abgewürgt, weil er dann doch lieber einen neuen Einspieler zeigen will.
Schulden und Kinderarmut – Bilanz der Alten?
Einmal kracht es an diesem Abend trotzdem noch – als der ehemalige "ARD Morgenmagazin"-Moderator und jetzige Buchautor Sven Kuntze seiner Generation die Leviten liest. Kurz und knapp fasst er dafür die Thesen seines Buches "Die schamlose Generation" zusammen. Kuntze wünscht sich mehr Demut von seiner Generation, den in den 40er-Jahren Geborenen. "Wir sollten Scham darüber empfinden, was wir unseren Nachfahren hinterlassen", sagt er. Als da wären: Klimakatastrophe, Atommüll, zu wenig Nachwuchs, ein riesiger Schuldenberg und die Dominanz der Märkte. Kuntzes bitteres Fazit: "Eine höhere Rücksichtslosigkeit als die meiner Generation ist kaum denkbar."
Vor allem, dass seine Altersgenossen der Nachwelt so wenige Kinder hinterlassen haben, wurmt ihn. "Wir hatten keine Lust darauf, uns waren Kinder zu mühselig", beschreibt Kuntze das Lebensgefühl seiner Generation. "Der substanziellste Beitrag zur Rente aber sind Kinder", sagt er – und benennt Konrad Adenauer als Zeugen für seine These. Die Forderung, die er aus diesem Dilemma ableitet, ist provokant: "Keine Kinder, keine Rente!"
Jede Rentenreform ist politischer Selbstmord
Ulrike Mascher ist erbost über Kuntzes Standpunkt, würde das Ganze am liebsten "hinter den Kulissen" besprechen. Sie erinnert daran, dass viele Frauen sich auch gegen Kinder entschieden haben, weil sie keinen vernünftigen Partner finden konnten. Und sie weist darauf hin, dass viele Paare sich zwar Kinder wünschen, trotzdem aber keine bekommen. Die von Kuntze proklamierte Rücksichtslosigkeit der Kinderlosen findet Mascher deshalb "ein bisschen heftig".
Dass sich am deutschen Rentensystem in den kommenden Jahren etwas grundlegend ändern wird, ist sowieso nicht zu erwarten. Hajo Schumacher erklärt, woran das seiner Meinung nach liegt: "Jeder Politiker weiß doch: Wenn ich jetzt etwas an der Rente drehe, begehe ich politischen Selbstmord."
Was muss also passieren, damit das Alter für die kommenden Generationen nicht zur bloßen Belastung wird? "Wir müssen solidarisch älter werden", sagt Sven Kuntze. Der Journalist träumt davon, in ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu ziehen. Genau so stellt sich das auch Hajo Schumacher vor. "Gründet Banden, gründet WGs", schlägt er vor. Er ist sich sicher: "Die Kommunen kommen wieder."
Quelle: