Legendärer Boxkampf 1974 - "Ali, töte ihn"

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Legendärer Boxkampf 1974 - "Ali, töte ihn"

George Foreman - Muhammed Ali - Der legendärste Kampf der Boxgeschichte

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Foreman gegen Ali: Der scheinbar unbesiegbare Weltmeister Foreman gegen den Jahrhundertsportler. Ihr Duell im Boxring von Kinshasa wurde zu einer Legende des Sports - auch weil Ali den finalen Treffer nicht setzte.

Hunderttausend Menschen wollen Foreman sterben sehen, aber Ali hängt in den Seilen. "Ali, boma ye!", kreischen sie auf den Tribünen, "Ali, töte ihn!" Sie stampfen, sie brüllen, es wirkt, als ob ihre Stimmen zu einer Faust werden könnten, die George Foreman niederstreckt; Foreman, der Muhammad Ali seit Minuten schon durch den feuchtnassen Boxring prügelt, immer wieder Treffer setzt, ins Gesicht, auf den Torso, Runde um Runde, Schlag um Schlag. Ali tanzt nicht mehr, er weicht nicht mehr aus, Ali windet sich in den Ringseilen und kassiert und kassiert und kassiert. Das Stadion in Kinshasa bebt, das hier ist kein fairer Boxkampf, Foreman gegen Ali, das ist ein Vorschlaghammer gegen einen Schmetterling, die Naturgewalt gegen das Weltkulturerbe. Der "Rumble in the Jungle". Foreman soll sterben, so schallt es von den Rängen, aber es ist Ali, der vor seiner eigenen Hinrichtung steht.

40 Jahre, so lange ist es her, dass es "polterte im Dschungel", dass Muhammad Ali seine letzte Kraft zusammennahm, um sich George Foreman in den Weg zu stellen. An jenem 30. Oktober 1974 kämpften sie um zehn Millionen Dollar Preisgeld, steuerfrei, ausgelobt von Zaires Diktator Mobutu Sese Seko, aber im Boxring von Kinshasa ging es um viel mehr: Foreman wollte sein eigenes Denkmal bauen, indem er das lebende Denkmal Ali zertrümmerte. Hier in Afrika, hier in der Wiege der Menschheit kämpften zwei afro-amerikanische Boxer, vielleicht die besten aller Zeiten. Ein abgehalfterter Ex-Champ gegen den jugendlichen Weltmeister: Ein Kampf, dessen Ausgang klar schien - und der wegen seines filmreifen Endes zur Legende wurde.

Schauplatz Folterstätte

Im Ring war es ein Duell der Generationen: Ali, der beliebteste, berühmteste Sportler des 20. Jahrhunderts, der 32-jährige Maulheld, "The Greatest of All Time"; jener Boxer, für den die halbe Welt nachts vor dem Fernseher saß, Ali, der mit Worten so hart zuschlagen konnte wie mit seinen Fäusten. Ein Ali aber auch, der den Zenit seiner Karriere lange überschritten hatte.

Und auf der anderen Seite Foreman, der 25-jährige Mann aus dem Ghetto, der seit 40 Kämpfen jeden Gegner einfach umhaute, fast immer durch Knock-out gewann; Foreman, der selbst Joe Frazier in zwei Runden demütigte, jenen Frazier, der Ali drei Jahre zuvor im New Yorker Madison Square mit einer Linken auf den Ringboden geprügelt hatte.

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Vor Wochen waren die beiden in Kinshasa aus dem Flugzeug gestiegen, nach einer Reise über den Atlantik, aus der man geradezu hysterisch eine Rückkehr der Kämpfer zu ihren Wurzeln gemacht hatte: "Back to Africa!", zwei schwarze Boxer auf dem schwarzen Kontinent.

Eingefädelt vom Boxpromoter Don King hatten Ali und Foreman den Kampf in Kinshasa zugesagt, der Hauptstadt des damaligen Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Hier herrschte Mobutu, der seiner gewaltsamen Diktatur mit dem "Rumble in the Jungle" einen friedfertigen Anstrich verpassen wollte. Seht her, rief die Propaganda, ein Ex-Weltmeister und ein Weltmeister kommen in unser Land, um sich sportlich zu messen. Kein Wort wurde im Vorhinein darüber verloren, dass Mobutu in den Katakomben des Stadions seine politischen Gegner foltern ließ, dass nur wenige Meter unter dem Boxring das Blut die Wände herunterlief. Ali gegen Foreman sollte ein Fest des wiedererstarkten afrikanischen Selbstbewusstseins sein: Begleitet wurde der Kampf von einem Musikfestival, das Stars wie Miriam Makeba, The Spinners, B. B. King und Bill Withers versammelte. Ein schweißnasser James Brown schrie von der Bühne die Hymne dieses Moments: "Say It Loud - I'm Black and I'm Proud."

Gebrochener Held

Doch dieser Kampf ist alles andere als eine euphorische Party: Ali scheint chancenlos gegen Foremans Fäuste, die Löcher in Sandsäcke schlagen können. Dieser Gewalt hat er nur seine Worte entgegenzusetzen: "Das sind ja nur Tupfer!", brüllt er dem mechanisch auf ihn eindreschenden Foreman entgegen. Im Stadion macht sich die Angst breit, dass Ali den Ring nicht lebend verlässt. Immer wieder stemmt sich Ali in die Seile, dort versucht er der brachialen Kraft von Foreman zu entkommen, "rope a dope" nennt er die Taktik.

Es hat etwas von Nächstenliebe, so bereitwillig wie er Foreman seine Wangen hinhält, kein Vergleich mehr zu seinen tänzelnden Siegen, die ihn weltberühmt gemacht haben. Zum ersten Mal sieht man in Alis Gesicht die Angst vor der Niederlage - obwohl der sich nach jeder hoffnungslos verlorenen Runde feiern lässt. Seine Entourage hat vorgesorgt: ein Flugzeug steht bereit, um Ali im schlimmsten Falle in einem spanischen Krankenhaus wieder zusammenflicken zu können. Und doch hat er das Publikum auf seiner Seite: Ali, töte ihn, Ali töte ihn, Ali töte ihn!

Das Stadion fürchtete Foreman, während es Ali liebte: Bei seiner Ankunft war Ali wie ein Messias gefeiert worden. Auf welchen Straßen er sich in der Schwüle des Kongo-Deltas auch blicken ließ, die Massen sammelten sich um ihn. Ali war einer, der geschickt das Image nährte, sich gegen die weißen Eliten der USA aufzulehnen, und dem deshalb ein Platz in den Herzen der Unterdrückten und Armen sicher wahr: Als Olympiasieger in Rom 1960 noch von den Amerikanern gefeiert, war er später wegen seiner öffentlichen Weigerung, in Vietnam zu kämpfen, von Patrioten geächtet und jahrelang aus dem professionellen Boxen verbannt worden. Er war Cassius Clay gewesen, bis er sich der "Nation of Islam" zuwandte und fortan als Muhammad Ali durch die Boxringe und Talkshows zog - natürlich Muhammad, wie der Prophet. Ali stand in der Tradition von Jack Johnson, dem ersten schwarzen Schwergewichtsweltmeister, von Joe Louis, dem "braunen Bomber". Sie waren groß gewesen, sie hatten das Boxen zu einer Metapher des Kampfes zwischen Schwarz und Weiß gemacht, und Ali wusste, dass dies sein Ass war: Er wirkte wie der wahre Schwarze, wie der echte Heimkehrer. Ein ungebrochener Held, der sich nicht den Mächtigen des Westens angedient hatte.

Achte Runde

Kontrahent George Foreman hingegen galt als angepasst. Ein Resozialisierungsprogramm des US-Präsidenten Lyndon B. Johnson hatte den Kleinkriminellen aus der Unterschicht zum Boxen gebracht. Er wollte wie sein Vorbild Ali sein, aber er war nicht so mutig, das gab er nachher offen zu. 1968 erhoben einige schwarze Sportler bei der Siegerehrung der Olympischen Spiele in Mexiko-Stadt die Faust zum "Black Power"-Gruß und wurden aus dem Team ausgeschlossen. Foreman war nicht darunter, er feierte seinen Schwergewichtssieg, indem er die amerikanische Flagge schwenkte. Zudem machte er einen folgenschweren Fehler, weil er in Zaire mit einem Schäferhund auftrat, ein Tier, das die Kongolesen an die furchtbaren Zeiten der belgischen Kolonialherrschaft erinnerte.

Der Kampf geht nun in seine achte Runde. Es ist mitten in der Nacht, weit nach vier Uhr, der Gong kündigt die Sekunden an, die den "Rumble in the Jungle" entscheiden werden: "Ist das alles, was du draufhast?", brüllt Ali. Foreman ist müde geworden, Alis ständiges Wegfedern in die Ringseile scheint ihn zermürbt zu haben, seine Treffer sind seltener geworden. Ali packt all seine Entschlossenheit in zwei schnelle Links-Rechts-Kombinationen, das Publikum tobt, die Kehlen der Zehntausenden werden zu seiner Waffe. Ein paar Schläge auf Foremans Kopf, der wankt, taumelt, Ali setzt zum entscheidenden Schlag an, zielt auf die Schläfen, seine Faust zuckt. Doch Ali zerstört den Moment nicht. Mit überlegenem Blick sieht er Foreman langsam in die Knie gehen, kein unnötiger Haken nimmt dem Ende der Schlacht seine Dramatik.

Fast wie von selbst sackt der Koloss vor Ali auf den Boden. Foreman ist besiegt, der haushohe Favorit liegt in diesem Ring mitten in Kinshasa, als sei er gestorben.

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Hier das Youtube-Video zum "Rumble in the jungle" auf Englisch



und hier das zum Kampf auf Deutsch


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