Wenn die Seniorenstifte leergefegt sind ...: ... dann spielen AC/DC im Olympiastadion

vladi63

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Es fahren viele Busse durch Berlin, aber an diesem Abend besonders viele. Denn ein Senioren-Ausflug steht an. Dafür gibt es keine Taxis. Dumm, echt dumm. Gar nicht Dumm-di-Dumm allerdings war der Abend mit den alten Australiern. *Devils's Hand*

"All night long" verspricht Brian Johnson, "we're gonna play Rock'n Roll in the Partystadt!" Yeah, tosender Applaus. Endlich geht's los. Die beiden Vorbands waren nicht schlecht - The Whiskey Foundation und besonders die Kalifornier Vintage Trouble - aber wirklich hören und sehen wollen die 70.000 im ausverkauften Berliner Olympiastadion die Australier, die seit 40 Jahren die Bühnen der Welt rocken. Ja, die Akustik ist nach wie vor eher so mittel in dieser Arena, aber das macht in diesem Fall nicht wirklich viel aus, denn hier geht's um Krach! Um feinsten Krach. Während sich die ersten Senioren bereits Taschentücher in die Ohren stopfen, guckt die Jugend noch etwas hilflos. Wie jetzt, blinkende Teufels-Hörnchen auf dem Kopf, die Hand zum "Devils Sign" geformt und dann Ohrstöpsel? Ja, so ist das eben inzwischen.

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Die Typen auf der Bühne sind nicht mehr die Jüngsten (Brian Johnson 67, Angus Young 60, Chris Slade 68, Stevie Young, das Küken mit 58, und Cliff Williams, 65) - und die Fans zu 80 Prozent eben auch nicht. Gediegen, angerockt, mit frisch am Merchandising-Stand erworbenen Hörnchen auf dem kahlen Kopf, einem AC/DC-T-Shirt über dem mächtigen Bauch oder einem riesigen Bier in der Hand schieben sich die Massen auf ihre Plätze. Männerüberschuss. Den Ladys sieht man an, dass sie mal echt heiße Metal-Mäuse waren. Zumindest denken sie das, und das ist schön.

Viele können alles mitsingen, textsicher oder nicht, aber das ist unwichtig, als um 20.45 Uhr auf den Riesenleinwänden ein Feuerball in Richtung Erde rast und für Explosionen, auf der Bühne und im Publikum, sorgt. Angus - selbst in der Farbe eines Feuerballs in der unvermeidlichen, samtigen, edel-roten, kurzhosigen Schuluniform - stürzt auf die Bühne. Er ist eine Urgewalt. Ein Wesen zwischen Baby und Greis, aber ein Wesen, das sein Instrument beherrscht, und zwar für über zwei Stunden. Das Wesen Angus schwitzt, redet mit seinen Saiten, zieht sich peu à peu immer weiter aus, bis er am Ende nur noch in seiner kurzen Schlabberhose dasteht, festgekrallt zwischen den Akkorden. "Rock or Bust" ist das neue Stück, das das Publikum gleich anfangs von den Sitzen reißt; es folgen viele weitere Stücke, die die australische Altherrenkombo da zum Besten gibt, alles immer zwischen Dynamit und dem Weg zur Hölle.

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Es scheppert und ballert und rummst, und Brian Johnsons noch immer feste, knarzige, Reibeisenstimme fragt: "Ey, wie geht's euch, Berlin, long time no see!". Ja, das ist wohl der Grund, warum so viele hier sind, und die Angst, es könnte das letzte Mal sein. Viel quatschen wollen die Männer aber nicht, sie arbeiten lieber. Brian Johnson, in schwarzer Jeans und T-Shirt, eher unspektakulär gekleidet bis auf die übliche Kopfbedeckung, kniet sich immer wieder hin. Wohl teils, um seinem Publikum näher zu sein, teils vielleicht aber auch, um sich immer mal wieder auszuruhen. Denn das ist Schwerstarbeit, was die da leisten. Und da es vorher so angekündigt war, weiß man, dass nach den Zugaben "Highway To Hell" und "For Those About To Rock (We Salute You)" Schluss ist. AC/DC-Fans rasten nicht aus, verlangen nicht mehr und sind glücklich, dass sie verlässlichen Rock, geiles Licht, ne Menge Konfetti und keinen blanken Angus-Arsch bekommen haben.

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Die 70.000 ziehen dann recht zivilisiert aus dem Stadion. So richtig ausrasten möchte man eigentlich erst, als der freundliche Herr von der Taxizentrale einem, bereits kilometerweit vom Stadion entfernt, mitteilt: "Nee, also da schicken wir jetzt natürlich keine Taxis hin, wenn so 'ne Großveranstaltung endet, dit is ja der Wahnsinn." Ja, Mann, echt Wahnsinn, ihr hättet euch dumm und dämlich verdienen können an diesem Abend, denn der AC/DC-Fan von heute möchte nach dem Konzert seiner alten Helden gepflegt nach Hause gefahren werden und nicht in die Vorgärten der Anwohner kotzen. Merken, bitte.

AC/DC sind noch bis Mitte Dezember unterwegs, zum Beispiel am 12. Juli in Gelsenkirchen, oder am 15. Juli auf dem Roskilde Festival (Dänemark)
 
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